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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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DIE INSEL DER BLUTIGEN PLANTAGE (Kurt Raab/BRD, PH 1983)


"Tja. Dann ist das wohl so."

Die Insel der blutigen Plantage ~ BRD/PH 1983
Directed By: Kurt Raab

Der böse Otto Globocnik (Karl-Otto Alberty) unterhält auf einer kleinen Philippinen-Insel eine Mini-Diktatur: Einheimische Frauen müssen auf einer Kokosnussplantage allerlei sinnlosen Tätigkeiten nachgehen. Werden sie bei irgendwelchen Regelübertretungen erwischt, drohen ihnen u.U. Folter oder gar Exekution. Als Globocniks Aufseher Hartmann (Udo Kier) sich in Cora (Karen Lopez), eine der Sklavinnen, verkuckt, werden seine Kollegen (Kurt Raab, Mike Monty, Hans Zander) alsbald misstrauisch und Globocniks Frau missbraucht Hartmann als persönlichen Sexsklaven. Irgendwann wagen die Philippininnen dann den Aufstand und Hartmann und Cora können einer glücklichen gemeinsamen Zukunft entgegensehen.

Fassbinders koksverseuchte Überreste waren noch nicht ganz kalt, da taten sich einige seiner früheren Weggefährten zusammen, um einen vorsätzlichen Schundfilm rauszuhauen, der gehörig Kasse machen sollte, um der produzierenden Luxor Film von Peter Kern und Kurt Raab wiederum Gelder für die Produktion sperrigen Autorenkinos einzutragen. Ob und inwieweit jener Plan aufgegangen ist, weiß ich nicht, was ich aber weiß, ist, dass "Die Insel der blutigen Plantage" ein mustergültiges Exempel lupenreinen Schwachsinns im Exploitationfach ist, so drogen- und alkoholgeschwängert und von völliger mentaler Maßlosigkeit beseelt, dass es schwer in Worte zu fassen ist. Das Ding lässt sich bestenfalls noch mit den beiden Anders-Vehikeln "Die Brut des Bösen" und "Todesgöttin des Liebescamps" vergleichen, wobei die Analogien zu letzterem sowie recht augenfällig sind. Dass hier allerdings einige gestandene Feuilleton-Lieblinge die Sau raus lassen, macht Raabs Film dann doch wieder zu was nachhaltig Besonderem. Zu berichten gibt's sonst, dass es eigentlich nicht viel zu berichten gibt - im Vergleich zu anderen Exloitation-Vehikeln der Sorte Exotischer Eiland-Despotismus nebst Zwangsfron hält sich "Insel" relativ zurück. Hier und da ein Tittenpaar, ansonsten eine eklige Spinnenszene mit unangenehmen Folgen - das war's auch schon. Die eigentliche Schau bieten Udo Kier, der permanent geistlos dreinschaut, als würde er sich existenzielle Fragen stellen "Was zur Hölle mache ich hier bloß?", Mike Monty in seiner besten Rolle, bevor er endgültig in die Niederungen italienischer B- und C-Action abtauchte, Kurt Raab als tuckiger Inselimpresario, der sich später nur noch als 'Tiberius' anreden lässt und die gute Barbara Valentin, die als "Blutige Olga" noch am Meisten Vergnügen an der Sache zu finden schien. Ach, und dann ist da noch der brillante Titelsong von Jürgen Marcus, "Island Of The Bloody Plantation". Kein Witz, der heißt wirklich so.

5/10

Philippinen Europloitation Kurt Raab Peter Kern Trash Insel W.I.P.


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HOLLYWOOD OR BUST (Frank Tashlin/USA 1956)


"You like it?" - "I think it'll live forever. Maybe longer!"

Hollywood Or Bust (Alles um Anita) ~ USA 1956
Directed By: Frank Tashlin

Ihre Begegnung ist rein zufällig: Der windige Hallodri Steve Wiley (Dean Martin) schuldet einem wenig zimperlichen Buchmacher (Ben Welden) eine nicht geringe Summe Geld und hat sich für die Rückzahlung eine Lotterie ausgewählt, bei der es ein schickes Cabrio zu gewinnen gibt. Das fingierte Gewinnerlos erweist sich jedoch als veritable Niete, denn der einfältige Delikatessenverkäufer und Film-Buff Malcolm Smith (Jerry Lewis) ist im Besitz des echten Loses. Als Resultat müssen sich Steve und Malcolm den Wagen teilen und cruisen zusammen mit Malcolms dänischer Dogge Mr. Bascom Richtung Hollywood, um, wie Malcolm glaubt, dort Anita Ekberg zu treffen. Dabei will Steve Herrchen und Hund bloß klammheimlich irgendwo loswerden...

Mit viel launigem Gesang garniertes Wohlfühlkino, das das Gespann Lewis & Martin in den typischen Rollen präsentiert: Der eine ein öliger Schlagersänger mit einem Bein in der Unterwelt und dem anderen im Bett einer schönen Dame, der andere ein doofer Naivling und Träumer und zu gut für die Boshaftigkeit der Welt. Am Ende sind sie dann dicke Freunde und treffen sich irgendwo in der Mitte ihrer beiden diametralen charakterlichen Spektren. Mein persönlicher Star des Films ist jedoch Mr. Bascom, der für einige hübsche Gags gut ist und sich sogar ein Gläschen Champagner munden lassen darf. Vermenschlichte Hunde im Film - schlag auch nach unter "Road Trip", "Little Nicky" und "Half Baked" - sind mir sowieso das Höchste. Möglicherweise ist Mr. Bascom sogar der Ahnherr all der lustigen Vierbeiner in diesen Kinohöhepunkten. Ansonsten ist der Studio-Habitus wie immer in solchen Star-Vehikeln aus den goldenen Showbiz-Jahren stets bemerkenswert. Wie Martin und Lewis als stolzes Paramount-Flaggschiff hofiert wurden, das ist heutzutage unvorstellbar. Wer's nicht glaubt, der sehe sich "Hollywood Or Bust" an. Garantiert keine Zeitverschwendung.

8/10

Martin/Lewis Frank Tashlin Hollywood Road Movie Auto Hund Freundschaft Jerry Lewis


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RETURN TO PARADISE (Mark Robson/USA 1953)


"Okay. Who's gonna help me rebuild satan's nest?"

Return To Paradise (Rückkehr ins Paradies) ~ USA 1953
Directed By: Mark Robson

Gegen Ende der Zwanziger landet der Aussteiger Morgan (Gary Cooper) auf einem kleinen polynesischen Eiland westlich von Hawaii. Außer den Eingeborenen lebt dort noch der erzpuritanische Pater Corbett (Barry Jones), der über sein missionarisches Regiment etwas dem Despotismus verfallen ist. Nachdem Morgan Corbett wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hat, gilt er für die Insulaner als ihr neuer "König". Mit der schönen Maeva (Roberta Haynes) erwartet Morgan bald ein Baby, doch seine Geliebte stirbt noch im Kindbett. Traurig verlässt Morgan die Insel und kehrt erst viele Jahre später, als die USA und Japan im Krieg stehen, zurück. Als Morgans mittlerweile erwachsene Tochter Tuira (Moira MacDonald) mit einem auf der Insel gestrandeten Air-Force-Piloten (John Hudson) anbandelt, bekennt er sich erstmals zu seinen väterlichen Pflichten.

Kein Klassiker, sondern ein kleines, oftmals übersehenes Inseldrama, das von Freud und Leid des Aussteigertums berichtet. Morgan ist zwar ein Michener-Held, könnte so ähnlich aber auch der Feder Hemingways entsprungen sein - ein kerniger Amerikaner, mit harter Schale und umso weicherem Kern; weltlich-patenter Praktiker mit Herz und Faust am jeweils rechten Fleck sowie eherner Agnostiker. Eine erstklassige Rolle für den späten Cooper, dessen "Gesichtszüge", ein gar vortreffliches (und vor allem glänzend zutreffendes) Godard-Zitat betreffs Manns "Man Of The West", "ins Reich der Mineralogie gehören". So ist denn der Konflikt mit dem zu Beginn noch psychisch irrlichternden Pater Corbett (ebenfalls grandios: Barry Jones), der sich später zu einem Sympahieträger entwickelt, das eigentliche Herz des Films. Die zeitlich abgetrennte Geschichte, in der Morgan zurückkehrt, um endlich sesshaft zu werden und seiner leicht wildwüchsigen Tochter der längst benötigte Vater zu sein, markiert da eher einen - wenn auch angenehmen - langgezogenen Epilog. Immerhin; ein Mann muss inneren Frieden finden und Morgan bekommt den seinen glücklicherweise von Robson spendiert.

7/10

WWII Insel Aussteiger Mark Robson Südpazifik James Michener


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THE PHILADELPHIA EXPERIMENT (Stewart Raffill/USA 1984)


"What the hell are you dressed like that for?"

The Philadelphia Experiment ~ USA 1984
Directed By: Stewart Raffill

Im Jahre 1943 wird der Navy-Kreuzer "USS Eldridge" für eine Experiment zur Radarunterwanderung benutzt. Das Schiff stürzt jedoch in ein Zeitloch, das ins Jahr 1984 führt. Hier landen die beiden Infanteristen David Herdeg (Michael Paré) und Jim Parker (Bobby Di Cicco), die nicht schlecht staunen über das, was ihnen passiert ist und was sich in den letzten vierzig Jahren so verändert hat. Während Jim von der Raum-Zeit-Anomalie zurückgerissen wird, erweist es sich als Davids Aufgabe, mithilfe der Schauspielerin Allison (Nancy Allen) dafür zu sorgen, dass der Tunnel sich wieder schließt und die Welt somit gerettet ist.

Knackig-schnörkelloses Sci-Fi-Kino, wie man es aus den Achtzigern gewohnt ist: Mit wenigen, dafür pointierten F/X, einer konzentrierten Inszenierung und ohne großen Schnickschnack haut Raffill uns seine Geschichte um die Ohren, verwendet wenig Zeit für Erläuterungen oder physikalisches Brimborium und stellt das Publikum kurzerhand vor die gegebenen Fakten: Held/Heldin/Zeitreise/Welt in Gefahr. Fertig, Punkt. Dass David Herdeg sich auch einiges an Stress hätte sparen können, wenn er nicht permanent vor den Militärs geflüchtet, sondern gleich mit ihnen gekommen wäre, lässt sich einem immerhin halbwegs logischen Script-Kniff zuzuschreiben. Ansonsten hält "Philadelphia Experiment" einen gut bei der Stange und ist nach wie vor ein rundum sympathisches Genrestück, das immer wieder für eineinhalb schöne Stündchen gut ist. Außerdem ist dies der erste Film mit dem "Häh? Reagan ist Präsident???"-Gag. "Back To The Future" hat da nur nachgezogen.

7/10

WWII Stewart Raffill John Carpenter Zeitreise Schiff Experiment Militär


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THE KING'S SPEECH (Tom Hooper/UK 2010)


"Timing isn't my strong suit."

The King's Speech ~ UK 2010
Directed By: Tom Hooper

England in den Dreißigern: Nach dem Tode König George V (Michael Gambon) wird zunächst dessen älterer Sohn Edward (Guy Pearce) zum Monarchen der Nation; die Affäre und für später datierte Hochzeit mit einer noch verheirateten Frau (Eve Best) macht ihn jedoch unmöglich für seinen verantwortungsvollen Stand. Also übernimmt Edwards jüngerer Bruder Albert (Colin Firth) als König George VI den Thron. Dessen großes Handicap besteht jedoch in seiner Stotterei. Erst der Sprachtherapeut Lionel Logue (Geoffrey Rush) vermag es, "Berti", wie Albert von seinen Freunden gerufen wird, aus seiner royalen Misere herauszuhelfen Georges über Funk ausgestrahlte Reden während der Kriegsjahre werden schließlich zu legendären rhetorischen Kabinettstücken.

Die allgemeine Faszination, die "The King's Speech" auf die meisten seiner Zuschauer auszuüben scheint, entzieht sich mir leider. Sicherlich kein schlechter Film, eben gehobenes "Qualitätskino", aber nicht umsonst gilt jene Bezeichnung in mancherlei Kreisen bereits als Schimpfwort. Wenn es tatsächlich so etwas wie den "typischen Instant-Oscarfilm" gibt, dann dürfte Hoopers Werk jedenfalls genau ein solcher sein. Die Initiationsgeschichte eines liebenswerten Dickkopfes, der zum König der Herzen avanciert, knackte schon je die Nüsse des gepflegten Kinobesucher-Establishments (am liebsten pärchenweise, bitt'scheen) und dass jener König in diesem Falle gleich auch mal auf dem Papier ein König ist, kann natürlich als besonders neckischer Schachzug seiner authentischen Geschichte gewertet werden. Ansonsten erweist sich der Zweite Weltkrieg einmal mehr als dramaturgisch gewinnbringender historischer Hintergrund, besonders, da er als Projektionsfläche für das Charisma seines Protagonisten herhalten muss.
Die Oscar-Geschichte hat, unabhängig davon, was man von ihr oder dem Verleihprocedere halten mag, wahrhaft schöne, große, einmalige, prachtvolle Filme hervorgebracht. Dieser, ein netter, jedoch durchaus verzichtbarer Gewinner, gehört nicht dazu.

5/10

Biopic London Tom Hooper WWII period piece England Historie Freundschaft Best Picture


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JENNIFER 8 (Bruce Robinson/USA 1992)


"I'm running out of questions... and you're running out of lies."

Jennifer 8 ~ USA 1992
Directed By: Bruce Robinson

Der großstadtflüchtige, privat frustrierte Cop John Berlin (Andy Garcia) stößt auf die Spur eines bereits seit längerer Zeit umtriebigen Serienkillers, der es ausschließlich auf blinde Frauen abgesehen hat. Zusammen mit seinem Partner und besten Freund Freddy Ross (Lance Henriksen) verfolgt er die Fährte des Mörders zu einem Blindeninstitut, wo er die sensible Helena (Uma Thurman) kennenlernt und sich in sie verliebt. Als Berlin und Ross ausgerechnet in der Weihnachtsnacht und angetrunken zum Institut fahren und dort nach dem Killer suchen, wird Ross von diesem erschossen. Der Verdacht fällt auf Berlin, dessen Hauptsorge jedoch Helena gilt, die als Zeugin nunmehr in besonderer Gefahr schwebt.

Wie Robinson verlauten lässt, bereitete ihm diese vorletzte seiner aktuell auf vier angestiegenen Regiearbeiten wenig Vergnügen. "Jennifer 8" bedeutete nämlich den nicht selten frustrierenden Schritt heraus aus der künstlerischen Autarkie und hinein ins Studiosystem, was eine Vielzahl von Einmischungen und Änderungszwängen nach sich zog, die sich zu einer erbitterten Kopfschere ausgewachsen haben müssen. Als Prä-"Se7en"-Serienkillerfilm enthält sich "Jennifer 8" einer später verpflichtenden Düternis und legt deutlich mehr Gewicht auf die Silhouettierung seiner Hauptfiguren, wobei mit Ausnahme des wie immer brillanten, leider jedoch nur as Joker eingesetzten John Malkovich, kein darstellerisches Schwergewicht zu erwarten ist. Die Enthüllung der Identität des Killers ist ganz offensichtlich der nur allzu selten durchbrochenen Konvention geschuldet, dass jener sich aus dem der Zuschauerschaft bekannten Figurenkreis zu rekrutieren hat. Entsprechend unglaubwürdig und verquer ist seine Motivik und entsprechend uninteressant letzten Endes der eigene Fall. Reizvoller erscheinen da eher der innere Stoizismus und die ungestörte Ruhe, mit der "Jennifer 8" seinem Erzählfluss nachgeht - offensichtlich ein gutes trademark Robinsons.

7/10

Kalifornien Bruce Robinson Serienmord Weihnachten


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WITHNAIL & I (Bruce Robinson/UK 1987)


"Free to those that can afford it, very expensive to those that can't."

Withnail & I ~ UK 1987
Directed By: Bruce Robinson

London, Ende 1969: Die swingende Dekade geht zur Neige und suhlt sich in Katerstimmung, während die beiden arbeits- und mittellosen, in einer Zweier-WG hausenden Schauspieler Marwood (Paul McGann) und Withnail (Richard E. Grant) den Absprung nicht bewältigen können. In ihrer zugemüllten Bude kreist alles um einen möglichst ungesunden Lebensstil, der nun, in der kalten Jahreszeit, einer zumindest mittelfristigen Veränderung bedarf. Raus aufs Land heißt die Devise und den buchstäblichen Schlüssel dazu hält Withnails so exzentrischer wie stockschwuler, reicher Onkel Monty (Richard Griffiths) in Händen. Nachdem Withnail Onkel Monty also die Erlaubnis zum Aufenthalt in seinem Landhaus aus den wohlbeleibten Rippen geleiert hat, geht es ab ins Blaue, pardon, Graue. Schlechtes Wetter und die argwöhnische Landbevölkerung stellen sich auch nicht al das Gelbe vom Ei heraus und als noch Monty hinterherkommt und Marwood zu verführen versucht, ist Schluss mit Lustig: Zurück nach London, wo Marwood endlich die Chance, Mitglied des Establishments zu werden, winkt.

Da habe ich so ganz mirnichts-dirnichts und ohne damit zu rechnen doch tatsächlich einen neuen Lieblingsfilm entdeckt. Eigentlich wollte ich mich "nur mal schnell" mit dem überschaubaren Regiewerk von Bruce Robinson vertraut machen, bevor in Kürze seine Thompson-Adaption "The Rum Diary" anläuft, und dann sowas: Kaputte Typen vor heimeliger Kulisse, garantiert nicht pharmazeutikainteressenlos. Dachte immer, mir ist längst alles Wesentliche aus dieser von mir heißgeliebten Sparte Film bekannt, aber nein; der wahrhaft große "Withnail & I" war mir bis dato schändlicherweise völlig durchgegangen. Mit wunderbarstem, zynischem Weltverstehen nimmt sich Robinson seiner kleinen, unspektakulären Coming-of-Age-Story an, die im besten Sinne eigenwillig daherkommt, sich jedweden erhobenen Zeigefinger verkneift und die Verschrobeheit zum obersten Daseinsprinzip erklärt. Ohne ethische Dogmen, allerhöchstens denkanstoßend, zeichnet Robinson das Ende einer Ära, den Umsturz einer Dekade der Sorglosigkeit. Dass der Kater umso schlimmer ist, je rauschender sich die Party gestaltete, ist ein Existensprinzip, das Marwood und besonders Withnail (noch) nicht ganz verinnerlicht haben. Nach der Devise "fight fire with fire" hören sie nicht auf, sondern machen einfach weiter. Dass das Ganze nichtmal didaktisch, sondern ungeheuer witzig gestaltet wurde, macht "Withnail & I" erst zu diesem Meisterwerk des Slackertums, "all along the watchtower" eingerahmt von "vodoo chile" Hendrix.
Cheech und Chong in der bildungsbürgerlichen Version, von jetzt an häusliches Pflichtprogramm bei mir.

10/10

Coming of Age Bruce Robinson Provinz London Freundschaft Herbst Homosexualität Drogen Alkohol Marihuana


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DRAGONSLAYER (Matthew Robbins/USA 1981)


"If it weren't for sorcerers, there wouldn't be any dragons."

Dragonslayer (Der Drachentöter) ~ USA 1981
Directed By: Matthew Robbins

Eine Abordnung aus dem entfernten Urland kommt zur Feste des großen alten Zauberers Ulrich von Craggenmoor (Ralph Richardson), um dessen Hilfe im Kampf gegen den Urland terrorisierenden Drachen Vermithrax Pejorativ zu erbitten. Casiodorus (Peter Eyre), der König von Urland, hat mit dem Drachen einen Pakt geschlossen, demzufolge dieser zu jeder Sonnenwende eine Jungfrau geopfert bekommt und dafür Casiodorus' Ländereien in Frieden lässt. Die Einwohner von Urland mutmaßen nicht zu Unrecht, dass die erwählten Jungfrauen jeweils stets aus armen, bäuerlichen Häusern stammen, während die adeligen und reichen Mädchen verschont bleiben. Diesen Zuständen gilt es Abhilfe zu schaffen. Allerdings bleibt die vornehmliche Bürde dieser Aufgabe scheinbar an Ulrichs Schüler Galen Bradwarden (Peter MacNicol) hängen, der sich dem Monster und der sozialen Ungerechtigkeit von Urland jedoch tapfer entgegenstellt.

Die frühen bis mittleren Achtziger waren eine gute, florierende Zeit für das Fantasy-Genre mit ihren Barbaren-Filmen, Boormans "Excalibur" oder Bakshis Zeichentrickepen. Aufgezäumt mit dem Mut zu kompromissloser Düsternis, zum Transport einer archaischen Blut-und-Boden-Ideologie sowie zu wildwüchsigen, realitätsfernen Plots, die an Tolkiens epische Konstrukte erinnerten, kamen so einige Schätze in die Kinos, die in dieser Form heute kaum mehr denkbar wären: Fantasy muss heuer - ein ungeschriebener Kodex - paradoxerweise luzide und familienfreundlich sein. "Dragonslayer" war da noch ein anders Kaliber. Mir unerfindlicherweise von Disney mitproduziert wirft der Film uns ohne große Vorwahnung in eine geschichtsentrückte der Zeit der Sagen und Mythen, in der Magie und Drachen ebenso ihren festen Platz haben wie Aristokratie und Klerus. Die meisterliche Photographie erlaubt nur natürliche Lichtquellen, was zur Folge hat, dass Robbins' Film sich in ein Netz aus dunkel gehaltenen Bildern legt und seine Totalen vom schottischen Hochland zu einem Fest für die Augen werden lässt. Die Tricks um den Drachen sind hervorragend und sehr gediegen gemacht, wirken nie artifiziell oder gar albern. Am Schönsten an "Dragonslayer" scheint mir jedoch, dass er von vornherein klarstellt, etwas verschroben und keinesfalls für jeden gemacht zu sein. Echtes, eigensinniges Genrekino eben.

8/10

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BURKE & HARE (John Landis/UK 2010)


"I did it for love!"

Burke & Hare ~ UK 2010
Directed By: John Landis

Edimburgh, 1827: Die beiden höchst unterschiedlichen Mediziner Dr. Knox (Tom Wilkinson) und Dr. Monro (Tim Curry) konkurrieren um das größte Renommee ihrer Zunft in der Stadt. Hauptbestandteil ihres jeweiligen Ruhm sind anatomische Studien, wozu sie permanent neue Leichen benötigen. Als die beiden Ganoven und Berufsnepper William Burke (Simon Pegg) und William Hare (Andy Serkis) dies spitz bekommen, wittern sie eine veritable Geldquelle. Und tatsächlich: Dr. Knox zeigt sich hocherfreut über ihre "Lieferungen" und ermöglicht Burke und Hare mit seinen Zahlungen ein luxuriöses Leben. Zunächst fallen den Beiden die Leichen noch wie zufällig in den Schoß, als der Nachschub jedoch zu versiegen droht, nehmen Burke und Hare die Sache selbst in die Hand...

John Landis ist für mich stets ein Sorgenkind gewesen. Nachdem er drei seiner Komödien aus den Siebzigern und Achtzigern auf den vorderen Plätzen meiner Lieblingsfilme platzieren und den Rest als kaum minder geschätzte Qualitätsobjekte in meinem Kopf zu verankern wusste, kam irgendwann das große, böse Loch in den Neunzigern. Nach dem immer noch gloriosen "Coming To America" brach Landis ein; man munkelt, dass daran ein langwieriger und zermübender Gerichtsprozess betreffs fahrlässiger Tötung im Zuge des "Twilight Zone"-Projekts nicht ganz unschuldig war. Hierbei waren der Schauspieler Vic Morrow und zwei widerrechtlich am Set anwesende Kinder vom Rotor eines Helikopters enthauptet und hernach Landis mitsamt einem Großteil der am Set anwesenden unter Anklage gestellt worden. Zwar wurde der Komödienmeister freigesprochen, doch seine Filme litten fortan unter einer kritisch höchstens mühevoll zu umreißenden Kraft- und Formlosigkeit. "Beverly Hills Cop III", "Susan's Plan" und "Blues Brothers 2000" sind dafür drei hervorstechende Beispiele. Es folgte eine elfjährige Absenz von der Leinwand-Inszenierung, die nun mit "Burke & Hare" ihr vorläufiges Ende fand. Für Landis und sein Publikum bedeutet dieser Film etwas geflissentlich Unerwartetes, nämlich die Rückkehr zu alter Größe; einen Film, der sich kein bisschen um gegenwärtige Vorgaben schert, sondern formal und atmosphärisch an frühere Großtaten anschließt. Mittels perfekt eingefangenen Lokalkolorits und einer ästhetisch ausgesucht reizvollen Bildsprache erzählt "Burke & Hare" die bereits mehrfach erfolgreich adaptierte Geschichte der West-Port-Morde, allein mit der Neuerung, dass die Titelhelden sich diesmal als zwei überaus liebenswerte Zeitgenossen gezeichnet finden, die lediglich einem etwas unkonventionellen Beruf nachgehen. Besonders Simon Pegg, der sich zum Mäzen einer mittellosen Bühnen-Aktrice (Isla Fisher) aufschwingt muss man einfach ganz doll liebhaben. Hinzu kommen angemessen verrückte, regelrecht tiefschürfende Meditationen und historische Mutmaßungen, die die beiden Protagonisten nachträglich zu Helden des Zeitalters der Aufklärung deklarieren, die Medizin und Kunst um wichtige Schritte nach vorn gebracht haben.
Mit Landis ist also wieder zu rechnen. Das macht mich glücklich.

9/10

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THE DEERSLAYER (Kurt Neumann/USA 1957)


"Well, all Indians are superstitious."

The Deerslayer (Lederstrumpf: Der Wildtöter) ~ USA 1957
Directed By: Kurt Neumann

Zu Zeiten des Englisch-französischen Krieges gerät auch der Kampf der Siedler gegen die Ostküsten-Stämme der nordamerikanischen Indianer zu einem erbitterten Nebenschauplatz: Die Huronen, Delawaren, Mohikaner, Irokesen und Mingos gehen erbarmungslos gegen die weiße Landnahme vor, was dazu führt, dass die Skalpjägerei auf der Seite der Weißen zu einem gesetlich legitimierten, einträglichen Geschäft wird. Inmitten dieser Scharmützel treffen die Blutsbrüder Wildtöter (Lex Barker) und der Mohikanerhäuptling Chingachcook (Carlos Rivas) auf den fanatischen alten Skalpjäger Hutter (Jay C. Flippen), seine beiden Töchter Hetty (Rita Moreno) und Judith (Cathy O'Donnell), sowie seinen Geschäftspartner Harry March (Forrest Tucker). Die Mingos sind hinter Hutters Skalps her und Wildtöter und Chingachcook beschützen ihn nach Kräften vor den grausamen Indianern, wenngleich sie mit seiner Vorgehensweise alles andere als einverstanden sind.

Ausnahmsweise ein reiner Erfahrungsbericht: Die jüngst auf DVD erschienene, mir vorliegende Fassung von "The Deerslayer" zu beurteilen, erweist sich als praktisch unmöglich, da sie keinesfalls den von Neumann inszenierten Integralschnitt beinhaltet, sondern eine im Deutschland der Sechziger ummontierte "Spezialversion". Diese entstand, um Lex Barker, der als Natty Bumpoo im Grunde nichts anderes als eine Vorstudie zu seinem Old Shatterhand gibt, vor dem Hintergrund der May-Filme von Rialto und CCC eine zusätzliche Erfolgsplattform im deutschen Kino zu verschaffen. 1965 wurde der Film, erleichtert um einige Skalpier-Sequenzen und stattdessen "angereichert" mit einigen im Grunde völlig unpassenden Actionszenen aus Ernst Hofbauers "Die schwarzen Adler von Santa Fé", von den Münchenern neu synchronisiert (u.a. mit Barkers jetzigem Stammsprecher G.G. Hoffmann) und mit typischer "Euro-Musik" von Gert Wilden ausgestattet, wiederaufgeführt, um die wachsende Zahl May-Fans in die Kinos zu holen. Aus diesem Umstand heraus erfolgt wohl auch die Nennung des mysteriösen Zweitregisseurs "Clinf Reinard", dessen reale Existenz ich für fraglich halte. Erwartungsgemäß ist infolge all dieser Modifikationen vom Original wenig übrig geblieben und wenngleich die Ummontierung durchaus sorgfältig gelungen ist, so bleibt sie doch eine künstlerisch überaus fragwürdige Angelegenheit, die retrospektiv bestenfalls eine sekundäre Vergleichsfunktion erfüllen kann. Natürlich ist es rein basal betrachtet nicht nur völliger Blödsinn, sondern darüber hinaus eine handfeste Unverschämtheit, die von Cooper vor dem historischen Hintergrund des Siebenjährigen Krieges angesiedelten "Lederstrumpf"-Geschichten um handelsübliche Wildwest-Sequenzen mit Planwagen und Militärforts zu ergänzen, die sich, laut Off-Erzähler-Weissagung, zudem im Osten des Landes befinden sollen, dabei jedoch ganz offensichtlich den Westen darstellen, und dem gutwilligen Zuschauer somit eine blamable Halbbildung zu unterstellen. Ebendiese Version, die wie erwähnt kaum mehr als ein nationales, filmhistorisches Kuriosum markiert, befindet sich jedoch, in immerhin schöner Qualität, als einzige auf der DVD. Von Neumanns ursprünglicher Fassung ist weit und breit nichts zu sehen und die Anschaffung des Silberlings damit höchstens für Komplettisten zuzuraten. Bleibt zu hoffen, dass uns irgendwann auch die Integralversion mit originaler Synchro zugänglich gemacht werden kann.

period piece Kurt Neumann Lederstrumpf J.F. Cooper French-/Indian War Siebenjähriger Krieg





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