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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE DARK MIRROR (Robert Siodmak/USA 1946)


"How could you?"

The Dark Mirror (Der schwarze Spiegel) ~ USA 1946
Directed By: Robert Siodmak


Terry Collins (Olivia de Havilland), Hauptverdächtige im Mordfall an einem renommierten Arzt, entpuppt sich als eineiiger Zwilling ihrer Schester Ruth. Als der ermittelnde Polizist Stevenson (Thomas Mitchell) nicht herauszufinden vermag, welches der beiden vermeintlich identischen Idividuen nun am fraglichen Abend von all den Zeugen gesehen wurde, beginnt er zu resignieren. Doch der Psychologe Dr. Elliott (Lew Ayres) rückt den Schwestern mit Rorschach-Tests, Wortassoziationsübungen und einem Polygraphentest zuleibe. "Eine von beiden ist irrsinnig", konstatiert er bald fachmännisch. Und die Betreffende lässt nicht mit sich scherzen...

Die Psychoanalyse war anno 46 gerade hoch in Mode im US-Thrillerkino. Hitchcock hatte sich ihrer bereits in "Spellbound" bedient, in der mit Traumdeutung herumhantiert wurde, "The Dark Mirror" befleißigte sich der Zwillingsforschung, die vor allem den Opponenten in der Anlage-Umwelt-Debatte manch bahnbrechende Erkenntnisse lieferte. Im Film kamen noch weitere, oben erwähnte Analysewerkzeuge zum Tragen, die vor allem die diagnostische Griffigkeit der Psychiatrie unter Beweis stellen sollten. Deren Darstellung im Film ist zwar interessant, letzten Ende aber ziemlich unseriös und doch nur der Spannungsschürung geschuldet. Hier sind wir dann wieder beim Regiekünstler Siodmak - seine Fähigkeiten zum bloßen Spannungsaufbau wiederum beachtlich einsetzend, gerät der mit technisch brillanten "Zwillingseffekten" arbeitende "The Dark Mirror" zeitweise zum veritablen Nägelkauer, wobei er am Ende dann doch gefährlich in die Melodramatik abzurutschen droht. Dennoch, De Palmas "Sisters", Henenlotters "Basket Case" oder auch den erst letzthin von mir geschauten "Dead Ringers" wird man hiernach vielleicht mit etwas anderen Augen sehen.

8/10

Robert Siodmak Zwillinge Psychiatrie Film Noir Nunnally Johnson


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MODERATO CANTABILE (Peter Brook/F, I 1960)


Zitat entfällt.

Moderato Cantabile (Stunden voller Zärtlichkeit) ~ F/I 1960
Directed By: Peter Brook


Gefangen in der Isolation einer großbürgerlichen Ehe: Für die Fabrikantengattin Anne (Jeanne Moreau) sind die alltäglichen Ausflüge mit ihrem kleinen Sohn Pierre (Didier Haudepin) die einzige Möglichkeit zur Flucht aus ihrer sie anwidernden Existenz. Bei einer von Pierres Klavierstunden kommt es in einer benachbarten Kneipe zu einem Mord - Gelegenheit für den Arbeiter Chauvin (Jean-Paul Belmondo), die ihm bereits vor längerem aufgefallene Anne inmitten der Schaulustigen kennenzulernen. Eine fast körperlose Romanze beginnt, die Anne wegen ihres Jungen nicht erfüllen kann.

"Sanft, getragen". So Berückendes wie Bedrückendes von dem britischen Bühnenregisseur Peter Brook, der mittels dieser stillen Duras-Verfilmung seinen Beitrag zur Nouvelle Vague leistete. Dass Brook auch als Filmemacher zu reüssieren vermag, demonstrieren vor allem die erlesenen, spätwinterlichen Scope-Bilder des Médoc, die im Zuge eines höchst bewussten Symbolismus ganz auf die Gefühlslage der Protagonistin zugeschnitten sind. Annes letzte Nabelschnur zum Leben ist im Prinzip ihr Sohn; das Zusammenleben mit ihrem zugeknöpften Mann und dessen oberflächlicher Industriellenkaste sind dabei längst zur akuten Qual geworden. Der Ausbruch winkt in Form des verständigen Romantikers Chauvin, nicht jedoch die nötige innere Kraft dazu. Zu übermächtig die Angst davor, Pierre an den emotionslosen Noch-Gatten zu verlieren; zu unsicher der Wink der potenziellen Mittellosigkeit. "Ich bin gerade gestorben" sagt Anne am Ende, als Chauvin ihr unterbreitet hat, dass er, liebeskrank wie er sei, die Gegend nun ihretwegen verlassen werde und es ja ohnehin besser für sie sei, dass und wenn sie stürbe. Vermutlich irrte sie schon lange zuvor nurmehr als Gespenst durch ihre Welt.

8/10

Nouvelle Vague Peter Brook Médoc


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QUEIMADA (Gillo Pontecorvo/I, F 1969)


Zitat entfällt.

Queimada ~ I/F 1969
Directed By: Gillo Pontecorvo


Der britische Marineoffizier Walker (Marlon Brando) wird in den 1840ern auf die Antilleninsel Queimada geschickt, eine portugiesische Ansiedlung, die vom Zuckerrohranbau lebt. Walker hat den Auftrag, als agent provocateur die schwarzen Sklaven zu einem Aufstand zu führen, der dann mittelfristig zur politischen Autonomie und schließlich zu einer wirtschaftlichen Übernahme durch die britische Zuckerrohrgesellschaft führen soll. Seinen Mann findet Walker in dem wütenden, jungen Sklaven José Dolores (Evaristo Márquez), der tatsächlich bald die Revolution losschlägt, sich am Ende jedoch seiner Unerfahrenheit in politischen Dingen beugen muss. Zehn Jahre später, Walker steht nicht mehr im Dienst der Admiralität, wird er erneut nach Queimada abberufen. Dolores hat einen Guerillakrieg gegen die Zuckerrohrbosse vom Zaun gebrochen, den Walker entscheiden soll. Er trifft auf einen völlig veränderten Dolores, der jede Offerte ablehnt.

Erneut erzählt Ponecorvo, untermalt von heroisch-schmissigen, fast sakralen Revolutionsrhythmen von Ennio Morricone, von politischer Instabilität und vom immerwährenden Freiheitskampf der Unterdrückten gegen ihre imperialistischen Knechte. Marlon Brando, mit dem Pontecorvo ausnahmsweise einen Weltstar bei sich auftreten lässt, liefert ein faszinierendes Porträt des sich autodekonstruierenden Antihelden, der mit zunehmendem Alter an seiner Mission zu zweifeln beginnt und erst kurz vor seinem Ende ein einziges Mal eine Entscheidung um seiner selbst Willen trifft. Doch da ist es längst zu spät, für Dolores, für die Sklaven und auch für ihn selbst.
"Queimada" bedeutet "verbrannt", denn die titel- und handlungstragende Insel ist längst verbrannte Erde. José Dolores ist nicht der erste Rebell, dessen Aufstand hier sein lichterloh entflammtes Ende findet und er wird möglicherweise auch nicht der letzte sein. Der Weltspion Walker weiß, wie man diesen aufmüpfigen Inselpatron auszuschalten hat: Kurzerhand lässt er die Zuckerrohrfelder anzünden, so dass Dolores' Männer, die sich darin versteckt halten, gezwungen sind, sich zu zeigen um dann von den Soldaten seelenruhig abgeknallt werden zu können. Auf die Anmerkung des Company-Abgesandten, dass diese Kriegstaktik aber höchst unökonomisch sei, entgegnet Walker: "Manchmal muss erst alles niedergebrannt werden, damit etwas Neues daraus erstehen kann." Dass er selbst im weitesten Sinne zu jenen überkommenen Traditionen gehört, wird ihm erst viel zu spät bewusst.

9/10

Sklaverei period piece Historie Karibik Revolution Kolonialismus Gillo Pontecorvo


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LA BATTAGLIA DI ALGERI (Gillo Pontecorvo/DZ, I 1966)


Zitat entfällt.

La Battaglia Di Algeri (Die Schlacht um Algier) ~ DZ/I 1966
Directed By: Gillo Pontecorvo


1954 wird der kleinkriminelle Ali La Pointe (Brahim Hadjadj) in der algerischen Casbah von der nationalistischen FLN als Kämpfer rekrutiert. La Pointe erweist sich bald als wichtiges personelles Elelement in der ersten Phase des algerischen Unabhängigkeitskriegs, der anfänglich auf dem urbanen Terrain der Hauptstadt und gegen die französische Fallschirmspringergarde unter Colonel Mathieu (Jean Martin) gefochten wird.

Emanzipation, Selbstbestimmung, politische Autonomie und Autarkie sind grundsätzlich begrüßenswerte Faktoren im Werden einer Nation. Algerien musste sich in den fünfziger und sechziger Jahren zunächst mit Gewalt aus der kolonialistischen Klaue Frankreichs befreien, um sich unter Benutzung solcher Termini definieren zu können. Dass der vorausgehende Kampf ein langer und blutiger war und wohl auch sein musste, zeigt dieses Meisterwerk von Pontecorvo. Seine Stärke und Kraft bezieht "La Battaglia Di Algeri" in erster Instanz aus seiner minutiösen Rekonstruktion bewusster Ereignisse in Algier, die seiner noch vom längst schon wieder im Abklingen begriffenen Neorealismus geprägten Inszenierung einen fast dokumentarischen Charakter verleihen. So funktioniert der Film mit seinem weitgehend neutralen, nüchternen Stil als zeitnahe Zusammenfassung der realen Ereignisse. Ferner sind die ersten Ideenphasen des Projekts auf die in politischer Haft verfassten Memoiren Yacef Saadis zurückzuführen, der den Film außerdem mitproduziert hat und eine der Hauptrollen spielt. Saadi war selbst eine Schlüsselfigur im ersten Konflikt um Algier und wie im Film, wo er sich praktisch selbst spielt. Höchst ungewöhnliche Entstehungsaspekte allesamt, aber durchweg Gründe dafür, warum "La Battaglia" nicht nur verpflichtendes, großes Kino ist, sondern auch einer der elementaren Marksteine des politischen Films.

10/10

Gillo Pontecorvo Algerienkrieg Kolonialismus Terrorismus


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THE BARBARIAN AND THE GEISHA (John Huston/USA 1958)


"How many wars have you led in the last two centuries?" - "Too many."

The Barbarian And The Geisha (Der Barbar und die Geisha) ~ USA 1958
Directed By: John Huston


Botschafter Townsend Harris (John Wayne) wird zusammen mit dem Dolmetscher Heusken (Sam Jaffe) in den 1850ern als Konsul nach Japan geschickt. Dort zeigt man sich wenig angetan von dem raubeinigen Klotz aus dem Westen, ändert seine Ansichten jedoch, als auf Harris' Initiative hin in einem Hafendorf erfolgreich eine Cholera-Epidemie abgewendet werden kann. Der Amerikaner wird zum Shogun (Hiroshi Yamato) vorgelassen und kann sogar den Ältestenrat überzeugen, diplomatische Beziehungen mit den USA zuzulassen. Seine große Liebe, die Geisha Okichi (Eiko Ando), kann Harris jedoch nicht behalten.

Farbenfrohes Rührstück von Huston, dessen einzige Zusammenarbeit mit Wayne dies blieb. Der liberale Lebemann und der stockkonservative Erzrepublikaner konnten sich, obschon beide von legendärer Trinkfestigkeit, gegenseitig nicht ausstehen, was auch dieses engagierte, vor Ort in Japan gefilmte Prestige-Projekt der Fox nicht zu ändern vermochte. Zwar bemerkt man die akuten Zwistigkeiten hinter der Kamera nicht; man darf aber wohl schon annehmen, dass der Film in erster Linie als Vehikel für seinen Star konzipiert war. Wayne spielt eine für ihn typische Rolle als Repräsentant des Imperialismus, stoisch hat er seine Politik und seine Kultur in einem zerrissenen, tradierten Staat vermeintlicher Hinterwäldler und Attentäter durchzusetzen, was ihm am Ende natürlich auch gelingt. Anders als Dukes Präsenz es erscheinen lässt, dürfte "The Barbarian And The Geisha" jedoch keineswegs als verspäteter Nackenschlag in Richtung Japan gedacht sein, sondern vielmehr als Vorreiterfilm einer folgenden, langen Ahnenreihe popkultureller Annäherungsversuche. Entspannung in Scope, sozusagen. Ob es dafür eines so versierten Regisseurs bedurft hätte, mag bezweifelt werden; auf diese Weise erhielten wir aber ein - vornehmlich aufgrund seiner bezaubernden Bilder - doch recht ansehnliches Resultat.

7/10

Japan John Huston Historie period piece


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THE FLESH AND THE FIENDS (John Gilling/UK 1960)


"I'm just responsible to my very own consciousness."

The Flesh And The Fiends (Der Arzt und die Teufel) ~ UK 1960
Directed By: John Gilling


Edinburgh in den 1820ern: Der renommierte Mediziner Dr. Knox (Peter Cushing) ist ein ausgesprochener Zyniker seiner Zunft. Vor dem Tode pflegt er keinerlei Respekt und beschäftigt somit diverse Leichenräuber, die ihn auf illegale Weise mit frischen "Versuchsobjekten" beliefern, da üblicherweise nur exekutierte Verbrecher für medizinische Experimente verwendet werden dürfen. Als die beiden Tagelöhner William Burke (George Rose) und William Hare (Donald Pleasence) auf Knox aufmerksam werden, beginnen sie, ihm die Körper just Verstorbener zu bringen. Dass es sich um Mordopfer von Burke und Hare handelt, spielt für Knox zunächst keine Rolle, da für ihn der Zweck die Mittel heiligt. Erst ein spätes Schlüsselerlebnis führt ihn auf den Pfad der Tugend zurück.

Wundervolle Kino-Adaption der berühmten West-Port-Mordserie, in deren Zuge die beiden skrupellosen Mörder Burke und Hare insgesamt siebzehn Personen töteten, um aus ihren Leichen Profit schlagen zu können. Bereits 1945 war der Fall als "The Body Snatcher" von Robert Wise innerhalb des neunteiligen Schauerzyklus von Val Lewton für die RKO produziert worden, in einem nicht minder prächtigen Film. Allerdings stand diesem vornehmlich Robert Louis Stevensons fiktionalisierende Kurzgeschichte vor, die die Knox-Affäre nah ihrem Ende weiterspinnt. Bei Gilling, der seine teils gewagten, buchstäblich labyrinthischen Schwarzweißbilder in edles, breites Scope einfasst, kommt allerdings mit deutlicher Vehemenz der ethische Aspekt um Knox' (zumindest historisch betrachtet) beinahe tragischen Werdegang zum Tragen. Für Cushing, der soeben in den ersten großen Hammer-Filmen zu Ruhm gelangt war, stellte die Rolle des Dr. Knox eine Art Gratwanderung zwischen seinen zwei vorherigen Medizinern dar: Dem kühlen, aber im Zeichen des Guten agierenden Professor Van Helsing und dem wahnsinnigen, über jede Moral hinwegsehenden Victor Frankenstein. In Knox' Fall gewinnt, etwas anders als es die Tatsachen diktieren, am Ende das Berufsethos: Er wird zu einer Art heldenhaftem Pionier der medizinischen Progression und, nach einer kurzen Phase der Abwendung, auch für seine Studenten wieder der Doktorvater nach Herzenslust. Der tatsächliche Knox konnte nach den Gerichtsprozessen um ihn herum nicht weiter erfolgreich lehren noch praktizieren und musste schließlich nach England gehen.

9/10

Serienmord Historie period piece Edinburgh Schottland West-Port-Morde John Gilling Medizin


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KING DAVID (Bruce Beresford/USA, UK 1985)


"Any man can learn, but David's are the gifts of God."

King David (König David) ~ USA/UK 1985
Directed By:


Tausend Jahre vor Christi Geburt herrscht König Saul (Edward Woodward) über das Volk Israel. Da Gott, wie ihm der Prophet Samuel (Dennis Quilley) versichert, mit ihm unzufrieden ist, soll statt eines seiner Söhne einst der Hirtenjunge David (Ian Sears) König werden. Als dieser während einer Schlacht gegen die Philister mutig vortritt und den riesigen Krieger Goliath (George Eastman) besiegt, ist zugleich sein Schicksal besiegelt. David, zum Manne (Richard Gere) gereift, wird zum Liebling des Volkes und für Saul ein Dorn im Auge. Nach Sauls Freitod auf dem Schlachtfeld ist Davids Zeit als König gekommen. Doch Macht und Reichtum drohen ihn zu korrumpieren...

Ein Film, ganz nach meinem - zugegeben manchmal eigentümlichen - Geschmack: ausladende Landschaftspanoramen, schöne Kostüme, große Paläste und Festungen, eine großzügige Schlachtensequenz in der Mitte, Pomp und Verschwendung. Außerdem eines der vordringlichen Beispiele für Hollywoods Misskalkulationen grandios gescheiterte Megaflops in den Achtzigern, s. auch "Inchon", "Revolution", "Ishtar" oder Gilliams "Munchhausen"; Filme, die selbst die Geschichte ihren untröstlichen "Verbrechern" bis heute nicht vergeben hat und die mitunter unter dicken Staubschichten des Vergessens vor sich hinrotten. Dabei lohnt es sich freilich, sie wiederzuentdecken. "King David" ist ziemlich unglaublich in seinem kaltschnäuzigem Berichtsstil, allerdings merkt man dem Film und seiner Montage diverse Kürzungen an, die offenbar auf eine allzu extensive Lauflänge und die wie üblich nichtssagenden Testvorführungen zurückgehen. Leider weiß ich nichts über die Entstehungsgeschichte des Films, nehme mir jedoch hiermit vor, dies bei Gelenheit zu ändern. Wie gesagt, ich bin recht angetan und vor allem fasziniert von der ganzen Art des Filmemachens, die "King David" transportiert. Ziemlicher Wahnsinn auch die Besetzung: Nicht nur, dass unter dem Helm Goliaths gut sichtbar die Augenbrauen von George Eastman hervorlugen; in einem grandiosen Kleinauftritt ist ferner der unkreditierte Tomas Milian zu sehen, der stets sehenswerte Hurd Hatfield gibt einen von einem Speer durchbohrt endenden Hohepriester und Jean-Marc Barr spielt Davids aufmüpfigen Sohn Absalom. Wahrlich, ich verkünde euch: ein ziemliches 'Hallo' ist diese Schwarte.

7/10

Bruce Beresford period piece Israel Bibel Historie Biopic


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HEREAFTER (Clint Eastwood/USA 2010)


"A life that's all about death is no life at all."

Hereafter ~ USA 2010
Directed By: Clint Eastwood


Die Pariser TV-Journalistin Marie (Cécile De France) fällt beinahe einem Tsunami zum Opfer, der einsame Fabrikarbeiter George (Matt Damon) aus San Francisco besitzt mediale Fähigkeiten, die ihn sich jedoch zunehmend von den Menschen distanzieren lassen und der kleine Londoner Marcus (Frankie McLaren) verliert seinen Zwillingsbruder Jason (George McLaren). Bei einer Londoner Buchmesse kreuzen sich schließlich ihre Wege, was ihre Existenzen jeweils ausnehmend positiv beeinflusst.

Eine als Ensemblefilm angelegte, brave, ja, fast biedere Meditation über das Thema "Leben nach dem Tod", vermutlich ein Topos, das einen Mann von rund 80 zwangsläufig umtreibt. Dem versöhnlichen Alt-Eastwood, der nurmehr stille, philanthropische Filme macht, kommt "Hereafter" sehr zu, so wie ein Freund des Regisseurs sein Werk grundsätzlich sicher mögen wird. Dennoch sollte auch gezielte Kritik ihre Berechtigung finden. Besonders die sich stark an Klischees entlang hangelnde Episode um Marcus und seine heroinsüchtige Mutter verlangt einem einiges an Toleranzgebahren ab. Konzentriert auf die umwegige Liebesgeschichte zwischen der bezaubernden Cécile De France und Matt Damon, die wirklich schön und herzerwärmend daherkommt, wäre "Hereafter" womöglich stärker ausgefallen. So kann er sich, wie schon "Invictus" zuvor, immerhin als ein weiterer solider Eintrag in Eastwoods hoffentlich noch einige Filme anhaltendem Œuvre niederlassen.

7/10

Tod Nahtoderfahrung Medium Tsunami London San Francisco Paris Clint Eastwood Zwillinge


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SALOME (William Dieterle/USA 1953)


"The desperate can only survive by taking desperate measures."

Salome ~ USA 1953
Directed By: William Dieterle


Zusammen mit Pontius Pilatus (Basil Sidney), dem neuen Statthalter Jerusalems, wird auch die in Ungnade gefallene Königstochter Salome (Rita Hayworth) Richtung Osten verschifft. Nicht nur Pilatus' rechte Hand Claudius (Stewart Granger), der Christenbewegung sehr zugetan, wirft ein Auge auf die schöne Salome, auch ihr Stiefvater Herodes (Charles Laughton) ist ganz entzückt über die zur Schönheit gereifte junge Dame. Da der Täufer Johannes (Alan Badel) durch seine Ehebruchsvorwürfe gefährlich an Herodes' Thron sägt, macht sich dessen machtgierige Frau Herodia (Judith Anderson) die Zuneigung des Königs zu ihrer Tochter zunutze, um Johannes exekutieren zu lassen. Claudius kann das Schreckliche trotz aller Gegenmaßnahmen nicht verhindern.

Schön schmieriger Bibeltrash, der, eidieweil er über die männermordende Rita Hayworth verfügt, uns einen der größten Bären der gesamten Sandalenfilmgeschichte aufzubinden trachtet: Angeblich diente Salomes becircender Schleiertanz nämlich überhaupt nicht dazu, Johannes' Leben zu beenden, sondern im Gegenteil dazu, es zu retten. Umso entsetzter und spektakulärer der Hayworth' weitäugiger Blick, als Johannes' Haupt auf einem Tablette in den Königspalast getragen ward. Für den feisten Charles Laughton, der wenig mehr zu tun hat als mit den Augen zu rollen und die Hayworth zu begeifern, ist die ganze Kiste ein Heimspiel, Stewart Granger nimmt die Sache wesentlich ernster als es ihr denn zukommt. Wirkliche darstellerische Klasse offenbart die für den Part grauenhafter Schwiegermütter praktisch auserlesene, später zur "Dame" gekürte Judith Anderson als intrigante Horrortante. Ansonsten ist es das als exzessive Ausdrucksform benutzte Technicolor, das den vor Ort in Israel gefilmten "Salome" so oberflächlich-aufreizend gestaltet. Allerdings kommt hier zwar der feurige Rotschopf der Hayworth zur Geltung, dass die Aktrice jedoch keine Farbe benötigt, um Laszivität zu veräußern, beweist Vidors "Gilda" umso eindrucksvoller.

6/10

Antike Roemisches Reich period piece Jesus Christus Historie William Dieterle Bibel Camp


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SPIDER (David Cronenberg/CAN, UK 2002)


"The less there is of the man, the more the need of the clothes."

Spider ~ CAN/UK 2002
Directed By: David Cronenberg


Der schizoide Dennis Cleg (Ralph Fiennes) kommt in ein Londoner Pensionat für psychisch Kranke, geführt von der resoluten Mrs. Wilkinson (Lynn Redgrave). Da das Haus inmitten seines Kindheitsviertels liegt, durchlebt Dennis, den seine Mum (Miranda Richardson) einst 'Spider' nannte, die prägenden Stationen seiner Kindheit und die Ursachen für seine zerschmetterte Seele erneut und wird am Ende mit einer bitteren Selbsterkenntnis konfrontiert.

Die Erkundung des labyrinthischen Wesens der Psyche löste in den letzten Jahren mehr und mehr Cronenbergs Faible für körperliche, äußere Absonderlichkeiten ab. Schon "Dead Ringers" war ja ein entscheidender Schritt auf diesem Wege und in Kürze erwartet uns mit "The Dangerous Method" gar ein Film über die Psychologen und Zeitgenossen Freud und Jung. In "Spider" begibt sich der Regisseur, der hier erstmals seit langem nicht als Scriptautor involviert ist, auf das trügerische Terrain schwerer psychischer Störungen und führt uns einen Charakter vor, der in groben Zügen an den filmischen Urvater aller Muttermörder, Norman Bates, erinnert. Auch in "Spider" geht es um einen Jungen, der seiner Mutter in ödipaler, obsessiver Liebe zugetan ist, den Vater als Konkurrenten erachtet und zu eifersüchtigen, radikalen Gegenmaßnahmen greift, um nicht weiter "teilen" zu müssen. Um mit dieser Realität überhaupt ansätzlich fertigwerden zu können, spinnt Dennis/Spider sich, so wie er es gegenständlich geübt hat, ein Netz, ein Konstrukt aus Scheinwahrheiten und falschen Erinnerungen. Darin liegt zugleich die kleine Fallschlinge dieses ansonsten stillen Films; dass man dem personalen Erzähler Spider als vertrauenswürdiger Zuschauer auf einen Weg höchst subjektiver, zumal irregeleiteter Wahrnehmung zu folgen gezwungen ist.

8/10

Psychiatrie London David Cronenberg Madness





Filmtagebuch von...

Funxton

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