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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE LAST AMERICAN HERO (Lamont Johnson/USA 1973)


"Nobody knows more than a rookie."

The Last American Hero (Der letzte Held Amerikas) ~ USA 1973
Directed By: Lamont Johnson

Das Herz des jungen Hillbilly-Boys Junior Jackson (Jeff Bridges) schlägt für schnelle Autos. Als wegen einer seiner Provokationen gegenüber der örtlichen Polizei sein Vater (Art Lund), der sich als illegaler Schnapsbrenner verdingt, verknackt wird, ist Junior gezwungen, semiprofessionell Rennen zu fahren, um den Anwalt bezahlen zu können. Dabei lernt er die leichtlebige Marge (Valerie Perrine) kennen.

Nettes kleines Familiendrama aus dem Hillbilly- und Redneck-Milieu, das eine dankbare frühe Hauptrolle für den jungen Jeff Bridges bereithält. Einige weitere bekannte Gesichter, unter anderem die von Gary Busey, Ed Lauter, William Smith und Ned Beatty zieren Johnsons Aufsteigerfabel, in der einmal mehr der Amerikanische Traum ausgelebt werden darf. Mit kompromissloser Dickköpfigkeit und einigen zu lernenden Lektionen in Sachen Liebe boxt Junior Jackson sich nach oben und der Film lässt am Ende durchblicken, dass sein weiterer Weg noch einiges an Erfolgsverwöhnung bereithalten wird. Glücklicherweise vermeidet Johnson eine allzu kitschige Mise-en-scène und pflegt, getreu den ungeschriebenen Gesetzen New Hollywoods, einen eher verhalten Realismus. Andererseits hätte "The Last American Hero" etwas mehr Emotionalität, in einem Maße etwa, wie sie sein etwas später entstandener "Nachfolger" "Rocky" transportierte, gut getan. So bleibt man zwar relativ untangiert von dem Geschicken Junior Jacksons, kann sich jedoch immerhin an ein paar fabelhaft inszenierten Rennsequenzen und der besagten, erstklassigen Besetzung erfreuen.

7/10

Lamont Johnson Tom Wolfe Südstaaten Appalachen Autorennen Familie Bootlegging Virginia


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L'AMANTE DELL'ORSA MAGGIORE (Valentino Orsini/I, F, D 1972)


Zitat entfällt.

L'Amante Dell'Orsa Maggiore (Der Geliebte der großen Bärin) ~ I/F/D 1972
Directed By: Valentino Orsini

Ostpolen, 1921: Nach dem Friedensschluss von Riga schlägt sich der mittellose Vladek (Giuliano Gemma) mehr schlecht als recht durchs Leben. Als er den Schmuggler Sacha (Bruno Cremer) kennenlernt, schließt er sich dessen buntgemischter Truppe an. Sacha und seine Leute exportieren auf illegalem Wege allerlei Waren in das postrevolutionäre Russland. Dabei geraten sie allenthalben an die ihnen übel gesonnenen Rotarmisten. Vladek gerät eines Tages in deren Gefangenschaft, kann jedoch von seiner russischen Geliebten Nina (Nicoletta Macchiavelli) wieder befreit werden. Er selbst hat derweil nur Sachas schöne Frau Fela (Senta Berger) im Kopf...

Sehr schleppend erzählte Oktoberrevolutionsfolklore, die gern den epischen Hauch eines "Dr. Zhivago" atmen würde, sich jedoch der mentalen Beschränktheit südeuropäischen Kitschkinos unterworfen findet. Die schwülstige Taiga-Romantik eines Herrn Konsalik glaubt man hier wiederzufinden, in dieser Mär der lustigen Schmuggler-Clique, die gern Kosakentänze und Vodka-Orgien praktiziert und auch sonst kein leichtes Leben hat angesichts der steifen politischen Brise, der nuerdings durch ihre Gefilde bläst. Giuliano Gemma, Sunnyboy des mediterranen Westerns, erweist sich neben dem wie immer großartigen Bruno Cremer und der schon abartig schönen Senta Berger schließlich als ziemlicher Ofenschuss, der eine episch umwehte Hauptrolle wie diese kaum zu tragen in der Lage ist. Als Zeugnis seiner Leinwandepoche nicht uninteressant, wird "L'Amante Dell'Orsa Maggiore" (dessen adäquat übersetzter deutscher Romanname "Der Geliebte der Großen Bärin" weitaus deutlichere Bände spricht als der Wiederaufführungs- und DVD-titel "Nur der Letzte kam durch") mir vor allem als gepflegter Langeweiler in Erinnerung bleiben.

4/10

Valentino Orsini Polen Russland period piece Schmuggel Sergiusz Piasecki


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SHANGHAI (Mikael Håfström/USA, CN 2010)


"Leave Shanghai - before it's too late!"

Shanghai ~ USA/CN 2010
Directed By: Mikael Håfström

Oktober 1941: Der Agent Paul Soames (John Cusack) tingelt, im Auftrag für die US-Regierung und getarnt als Journalist, durch die Krisenherde der Welt. In der kurz vor der Invasion durch die Japaner stehenden chinesischen Metropole Shanghai soll Soames aktuell aufklären, wer seinen Berufsgenossen und Freund Conner (Jeffrey Dean Morgan) ermordet haben könnte und warum. Soames, der sich im Nu in den höchsten gesellschaftlichen Kreisen der Stadt bewegt und Kontakte mit undurchsichtigen Menschen wie dem Triaden-Boss Anthony Lan Ting (Chow Yun-Fat), dessen Frau, der Untergrundkämpferin Anna (Gong Li) sowie dem japanischen Offizier Tanaka (Ken Watanabe) pflegt, findet bald heraus, dass Conner um geheimnisvolle maritime Truppenbewegungen der Japaner wusste. Als diese Pearl Harbor bombardieren und den Staaten den Krieg erklären, wird die Lage für Soames überaus brenzlig.

Spannender, im Noir-Stil gehaltener und stilvoller Politthriller, der ganz in der Tradition klassischen Hollywoodkinos zwischen prachtvoller Ausstattung und erlesener Garderobe steht. In bewusst unaufgeregter Weise entfaltet sich die von kühl-analytischen Voice-Over-Kommentaren durch den Protagonisten begleitete Geschichte an einem der illustersten, exotischen Kriegsschauplätze der Welt und steht damit in ähnlich guter Tradition wie die nicht minder romantisch konnotierten "Casablanca", "From Here To Eternity", "Love Is A Many-Splendored Thing" et.al.. In "Shanghai" knistert es nun zwischen John Cusack und der wunderschönen Gong Li, wobei sich ihre kleine amour fou leider nie gänzlich entfalten kann - zu undurchsichtig der Gegenpart für den jeweils Anderen, zu brisant ihre gedachte Romanze, zu explosiv der Schauplatz. Dass mit der Figur des Captain Tanaka sogar ein immerhin halbwegs sympathischer Widersacher eingeflochten wurde, ist dem Film, der immerhin aus chinesischer Ko-Produktion stammt, durchaus hoch anzurechnen. Auf welch feindselige Weise man dort im Film schon traditionell mit den verhassten Okkupanten umspringt, ist bekannt und die Beispiele dafür sind Legion. "Shanghai" lässt neben manch anderem durchblicken, dass die Zeit für eine Annäherung noch nicht zu spät ist.

8/10

Mikael Håfström China Shanghai WWII Pearl Harbor Spionage film noir neo noir Pazifikkrieg


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L'OCCHIO SELVAGGIO (Paolo Cavara/I 1967)


Zitat entfällt.

L'Occhio Selvaggio (Das wilde Auge ) ~ I 1967
Directed By: Paolo Cavara

Die verheiratete Amerikanerin Barbara Bates (Delia Boccardo) verfällt während einer Übersee-Reise dem Filmemacher Paolo (Philippe Leroy). Paolo hat es sich zum Ziel gesetzt, mit seinem neuesten Dokumentarfilm menschliche Grenzbereiche auszuloten, immer ganz nahe dran am Geschehen, an leidgeprüften Gesichtern, an der Trauer, an der Verzweiflung, am Tod. Als Barbara erkennt, dass Paolo und sein Team, der Kameramann Valentino (Gabriele Tinti) und der Produzent Rossi (Giorgio Gargiullo) ihre dramatischen Episoden zum Teil nicht nur planerisch terminieren, sondern mitunter sogar selbst inszenieren, ist es bereits zu spät für sie.

Der von Philippe Leroy gespielte Paolo könnte auch als eine Art "Mondo"-Filmer durchgehen: Alle Perversionen dieser Welt. Dabei scheint er stets größten wert darauf zu legen, sich selbst in seine gefilmten Episoden zu inkludieren; teilzuhaben an all der Unbill, die er da vordergründig dokumentiert. Dabei ist Paolo emotional nicht involviert und auch sein Gewissen hat unter all den seltsamen Vorkommnissen, derer es Zeuge wird, nicht zu leiden. Wenn Paolo einen buddhistischen Mönch, bittet, sich vor der Kamera selbst zu verbrennen, sind immer auch ein paar Spendengelder drin, wenn Paolo ein südvietnamesisches Erschießungskommando bei der Arbeit filmt, lässt er für die vermittelnde "Agentur" gern etwas springen. Die Barbareien des Orients werden zur Perversion des Okzidents: Auf Barbaras kritische Anmerkungen reagiert Paolo nurmehr unwirsch und pikiert, nicht jedoch mit der nötigen Selbsteinsicht. Dafür ist es ohnehin längst zu spät, wie die Schlusseinstellung zeigt, die Paolo endgültig als Partizipierer seiner eigenen, krankhaften Kunst entlarvt.

7/10

Paolo Cavara Film im Film Vietnamkrieg Singapur Filmemacher


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THE CALL OF THE WILD (William A. Wellman/USA 1935)


"I'll take bourbon. It kills you slower, but a lot more pleasant like."

The Call Of The Wild (Goldfieber In Alaska) ~ USA 1935
Directed By: William A. Wellman

Alaska, 1900: Durch Zufall erfährt der Glücksritter Jack Thornton (Clark Gable) von einem vakanten Claim in der Wildnis, dessen ehemaliger Besitzer kürzlich verstorben ist. Zusammen mit seinem Kumpel Shorty (Jack Oakie) und dem ungebärdigen, aber treuen Bernhardiner Buck macht sich Thornton auf, die Schürfstelle zu finden und in Beschlag zu nehmen. Mitten im Schnee lesen sie die verlassene Claire Blake (Loretta Young) auf, deren Ehemann John (Frank Conroy) von einer Jagd nicht zurückgekehrt ist. Jack verliebt sich in Claire, nicht ahnend, dass John noch lebt.

Brave London-Adaption von William Wellman, die weniger von einer Romanze in den eisigen Weiten des nördlichsten US-Staates erzählt, denn von der Freundschaft eines Mannes zu seinem Hund. Der knuffige Buck dient dabei als etwas plump codiertes Symbol des typisch maskulinen Freiheits- und Paarungsdranges: Während der bärenstarke Bernhardiner eine Romanze mit einer Wolfsdame pflegt, hat der arme Thornton beziehungstechnisch leider das Nachsehen. Wenngleich sich sich ihm die schöne Loretta bereits zur Hälfte hingegeben hat, so ergreifen ganz fix wieder zivilisatorische Domestizierung und Ratio Besitz von ihr, als ihr totgeglaubter Ehemann schließlich doch wieder auf der Bildfläche erscheint. Immerhin ist Buck mittlerweile stolzer Papa ein paar süßer kleiner Berner-Wolf-Bastarde und Jack und Shorty werden stinkreich. Auch nicht die schlechteste Entwicklung für ein Trio gestandener Mannsbilder.

7/10

William A. Wellman Alaska Goldrausch period piece Hund Jack London


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BARNEY'S VERSION (Richard J. Lewis/CA, I 2010)


"You look like a king, Dad!"

Barney's Version ~ CA/I 2010
Directed By: Richard J. Lewis

Als die heimtückische Alzheimer Krankheit sein Leben und seine Erinnerungswelt zu infiltrieren beginnt, lässt der Soap-Produzent Barney Panofsky (Paul Giamatti) sein erstaunliche, prall gefüllte Biographie nochmal Revue passieren: Über seine tragische erste Ehe und die übereilte zweite bis hin zur dritten mit seiner großen Lebensliebe Miriam (Rosamund Pike), die Barney selbst in den Sand setzt.

Warum mich "Barney's Version" so sehr mitnahm und berührte, kann ich eigentlich gar nicht ganz genau bestimmen, vielleicht befand ich mich auch lediglich in der richtigen Laune dafür. Das Rad erfindet er ganz gewiss nicht neu. Ich kenne die Romanvorlage von Mordecai Richler (dem der Film gleichsam gewidmet ist) nicht, aber hätte man mich im Vorhinein raten lassen, ich hätte bezüglich der Inspirationsquelle für Barney Panofskys Vita wohl eher auf ein frühes Epos von John Irving getippt. Allzu bizarr und dabei romantisch sind die Erlebnisse dieses Lebemannes, der zu jeder Zeit gute Zigarren und guten Whiskey schätzt, die Tradition seiner jüdischen Herkunft, und darin ähnelt er seinem Vater (fulminant: Dustin Hoffman), nur höchst unzureichend bedient und einen unverfälschten und vor allem unbestechlichen Blick auf das Dasein hat - bis ein wohl von jedermann gefürchtetes Krankheitsbild ihm einen Strich durch die Rechnung macht. Doch "Barney's Version" ist keinesfalls das simple, melancholische Porträt eines schweren Krankheitsverlaufs, er ähnelt mehr der großen, schönen Achtzigerschnulze "Terms Of Endearment", wenn er die so sorgsam vorgestellte Biographie seines Heden irgendwann zu einem - leider nur allzu schlüssigen - Abschluss bringt. Lewis' Film macht sich nicht durch hintergründige Unvorhersehbarkeiten oder Unwägbarkeiten interessant, er will nur in Ruhe seinen Erzählteppich ausbreiten und zu zweistündigem, gemütlichen Verweilen darauf einladen, ohne umstürzlerisch zu wirken oder einen durch eine rezeptionistische Spießrute zu schicken. Das ist manchmal ebenso bequem wie dankenswert.

9/10

Ehe Familie period piece Richard J. Lewis Biopic Alzheimer


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MIDNIGHT IN PARIS (Woody Allen/USA, E 2011)


"You can fool me, but you cannot fool Ernest Hemingway!"

Midnight In Paris ~ USA/E 2011
Directed By: Woody Allen

Der amerikanische Drehbuchautor und versuchsweise Romancier Gil Pender (Owen Wilson) reist mit seiner Verlobten Inez (Rachel McAdams) nach Paris, wo seine Schwiegereltern (Kurt Fuller, Mimi Kennedy) in spe einige Geschäfte zu tätigen haben. Schnell bemerkt Gil zu seinem Leidwesen, dass Inez das künstlerische Flair der Seine-Metropole in keinster Weise wahrzunehmen imstand ist und sich stattdessen liebe von dem altklugen Geschwätz ihres Ex-Kommilitonen Paul (Michael Sheen) einlullen lässt. Ein mitternächtlicher Ausflug Gils sorgt dann für ein eruptives Erlebnis: Eine alte Limousine bringt ihn geradewegs in das Paris der zwanziger Jahre zurück, in dem sich alle von Gils künstlerischen Vorbildern, darunter das Ehepaar Fitzgerald, Hemingway, Faulkner, Picasso, Dalí, Buñuel, Gertrud Stein, Cole Porter und T.S. Eliot, praktisch gegenseitig auf die Füße treten. In dieser entrückten Zeit, die Gil fortan immer nur zu mitternächtlicher Stunde besuchen kann, lernt er zugleich die Künstlermuse Adriana (Marion Cotillard) kennen, die jedoch, ebenso wie Gil, ihrer Gegenwart am Liebsten in die Vergangenheit entfliehen würde...

Zeitreise au Woody Allen, natürlich nicht mit einem feurigen DeLorean, sondern mit einem Peugeot, Baujahr 1920-irgendwas und letzten Endes als faktisch unaufklärbarer Trip ins Innere eines unter dem "Golden-Age-Syndrome" leidenden Künstlers inmitten einer seiner Lebenskrisen. Ob Gil Pender tatsächlich in der Zeit zurückreist oder lediglich weingeschwängerten Phantasien, Träumerein, und/oder dem Flair seiner sommerlichen Lieblingsstadt aufsitzt, ist auch völlig nebensächlich - von Belang ist einzig der progressive Wert seiner regressiven Robinsonade, die ihn am Ende lehrt, dass alles, was vom aufrechten Arrangement mit der Gegenwart abweicht, nichts als bloße Selbsttäuschung wäre. Woody Allen mit 76 ist auch ein edukativer Filmemacher, der, anders als sein jüngeres alter ego, der tragikomischen Stagnation innerhalb der Neurose abgeschworen hat und seine Figuren stattdessen einen therapeutischen Reifeprozess zu durchleben zwingt, der sie am Ende gesicherten Fußes zurück in die Realität des Hier und Jetzt entlässt. Und glücklich dazu, wohlgemerkt. Dies ist ja selbst ein mittlerweile etabliertes, künstlerisches Syndrom, das des alternden Filmautoren, der mit seinem Spätwerk einen Funken Hoffnung sowohl für seine Anhänger als auch für seine Märchen-Ichs aufblitzen lassen will.

8/10

Woody Allen period piece Paris Literatur Autor Bohème Zeitreise


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LOVE IS A MANY-SPLENDORED THING (Henry King/USA 1955)


"We shall now have tea and speak of absurdities."

Love Is A Many-Splendored Thing (Alle Herrlichkeit auf Erden) ~ USA 1955
Directed By: Henry King

Hong Kong, 1949: Der US-Korrespondent Mark Elliott (William Holden) verliebt sich in die eurasische Ärztin Han Suyin (Jennifer Jones), die vor Ort in einem Krankenhaus arbeitet. Die langsam aufkeimende Beziehung ist weit davon entfernt, problemlos zu verlaufen: Nicht genug damit, dass Mark noch eine getrennt von ihm lebende Ehefrau in Singapur hat, die sich weigert, die Scheidung zu akzeptieren, werden er und Suyin bald zudem Opfer des gesellschaftlichen Klatschs in der Kronkolonie. Dennoch stehen sie tapfer zu ihrer Beziehung. Als der Koreakrieg ausbricht, geht Mark als Kriegsberichterstatter dorthin und wird bei einem Bombenangriff getötet.

Wie man liest, verkaufte die Ärztin und Autorin Han Suyin die Filmrechte an ihrem Roman "A Splendoured-Thing" nur, um das Geld für eine lebensnotwendige Operation ihrer Adoptivtochter zusammenzubekommen. Das vorliegende Kinostück hat sie sich nach eigenem Bekunden niemals angesehen. Angesichts der Tatsache, dass King mit dem unverhohlen kitschigen Studiovehikel der Fox, der mit CinemaScope und der berühmten Musik von Alfred Newman (das von Sammy Fain komponierte, bombastische Titelthema wird alle naselang eingespielt), welche in der Folge zu einer Hitsingle der 'Four Aces' kulminierte, sein womöglichstes weichgespültestes Werk auf Kurs brachte, verwundert diese aufrechte Entscheidung nicht sonderlich.
Wenn in Fachkreisen von der 'hohlen Orientierungslosigkeit' des 50er-Jahre-Hollywood gesprochen wird, dann ist man in heutiger Zeit ja nur allzu sehr dazu geneigt, derlei Aussagen angesichts alles überstrahlender Arbeiten von Ford, Hawks, Hitchcock, Mann, Ray oder Wilder als nichtig abzustempeln, vergisst dabei jedoch gern, dass das Gros der Kinolandschaft von ganz anderen "Schätzchen" besiedelt wurde. Natürlich konnte King ein famoser Regisseur sein, wenn er hinreichend Ambition mitbrachte; zum Zeitpunkt von "Love Is A Many-Splendoured Thing" jedoch war er bereits um die 69 Jahre alt und wohl doch nicht mehr ganz so taufrisch und von Elan beseelt, wie ihn andere Produktionen dieser Zeit (so z.B. die gefällige, immerhin noch zwei Jahre jüngere Hemingway-Verfilmung "The Sun Also Rises") nachträglich erscheinen lassen. Nicht, dass "Love" unansehnlich wäre, das ist er ganz gewiss nicht. Er ist jedoch hinter all seinen touristischen Schauwerten lediglich von mediokrem Routinement und abgeklärter Bedeutungslosigkeit, sowohl künstlerisch als auch intellektuell. Und dass dies absolut nicht im Sinne der Erfinderin gewesen sein kann, verwundert am Ende kaum mehr.

5/10

Henry King Hong Kong Koreakrieg period piece amour fou Han Suyin


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REMEMBER THE NIGHT (Mitchell Leisen/USA 1940)


"If all men were like you there wouldn't be any nice girls left."

Remember The Night (Die unvergessliche Nacht) ~ USA 1940
Directed By: Mitchell Leisen

Der eherne New Yorker Staatsanwalt John Sargent (Fred MacMurray) will kurz vor Weihnachten noch schnell die angeklagte Juwelendiebin Lee Leander (Barbara Stanwyck) hinter schwedische Gardinen bringen. Da jedoch ein wichtiges psychiatrisches Gutachten erst nach den Feiertagen erstellt werden kann und Lee solange in Untersuchungshaft bleiben muss, wird John weich und stellt ihre Kaution. Lee glaubt zunächst, dies würde auf ein spezielles Arrangement hindeuten, befindet sich damit jedoch im Irrtum. Schließlich reisen die beiden über die Festtage gemeinsam zu ihren jeweiligen Verwandten in die Provinz - eine Erfahrung, die sie nicht nur einander verstehen, sondern schließlich sogar lieben lässt. Nach dem Jahreswechsel wartet jedoch wieder die kalte Großstadtrealität auf sie.

In Leisens baumwollweicher, romantischer Dramödie, für die Preston Sturges das Buch geschrieben hat, fanden Stanwyck und MacMurray erstmals zusammen, bevor Billy Wilder sie vier Jahre später in jenen tiefschwarzen, unter dem Namen "Double Indemnity" wohlbekannten Beziehungsclinch stürzen sollte. "Remember The Night" lässt sich durchaus wie eine milde Vorstudie zu diesem großen, harten Meisterwerk lesen: Er, ein eigentlich höchst standfester Charakter von eisernen Prinzipien, ist am Ende bereit, für sie, eine Kleinkriminelle mit von ihr selbst eingeräumtem, wackligem Wesen, seine Integrität und Professionalität über Bord zu werfen. Bei Sturges und Leisen, die den bei Bedarf harten, von seinen altweltlichen Lebebserfahrungen geprägten Zynismus Wilders nie teilen mochten, stehen jedoch noch wahre Liebe und wechselseitige Güte im Vordergrund, so dass am Ende alles rechtens zugeht und dem Paar die Türen für eine geläuterte Beziehung offenstehen. Ob sie ihre Chance nutzen, lassen die Autoren bewusst offen - zu gönnen wäre es ihnen aber ganz bestimmt.

7/10

Mitchell Leisen Preston Sturges New York Courtroom Familie Road Movie Weihnachten Silvester


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CARRIE (William Wyler/USA 1952)


"You still have time, Carrie. Move on now. Find someone to love. It's a great experience."

Carrie ~ USA 1952
Directed By: William Wyler

Im Chicago des späten 19. Jahrhunderts lernt das frisch vom Lande hinzugezogene Mädchen Carrie Meeber (Jennifer Jones) zunächst den Filou Drouet (Eddie Albert) kennen, der sie fortan als eine Art Mätresse hält. Später gerät Carrie dann an den deutlich älteren Oberkellner George Hurstwood (Laurence Olivier), mit dem sich eine aufrichtige Liebesbeziehung anbahnt. Doch auch diese bleibt nicht problemlos: Nicht nur, dass George wegen Carrie seine Familie verlässt, veruntreut er auch noch eine größere Geldsumme. Bald holt die unrühmliche Vergangenheit das nach New York geflüchtete Liebespaar ein und es kommt zur schmerzvollen Trennung. Während Carrie sich allmählich am Broadway einen Namen macht, landet George ganz unten in der Gosse.

Hieße Wylers Film "George", er wäre mindestens ebenso figurentreu wie unter seinem schlussendlichen Titel, doch das nur nebenbei. In "Carrie" erhält der Meisterregisseur wieder ausgiebig Gelegenheit, seinem Faible für unglückselig verlaufende Schicksale zu frönen und sein Personal durch so ziemlich jede existenzielle Vorhölle zu jagen, bis am Schluss dann endgültig alles vor die Hunde geht. Wenngleich die pikanteren Elemente aus Dreislers Vorlage ausgespart bzw. lediglich angedeutet werden (Carries Selbstprostitutierung, Georges Suizid), bleibt die Roman und Film verbindende Tendenz doch allseits stabil. Wie Laurence Olivier, sonst ganz der arrogante Dandy mit einem u.U. leichten bis mittelschweren Knall unterm Toupet, Mitgefühl für seine so verletzliche Figur des George Hurstwood evoziert mit einer so ehrlichen Deklamierung seines ganz persönlichen Glücksanspruchs, das gehört ganz ohne Frage zu den darstellerischen Höhepunkten mindestens der fünfziger Jahre. Überlebensgroße Schmonzette, daher unbedingt bei Kerzenschein genießen!

9/10

William Wyler Chicago New York Fin de Siècle period piece Theodore Dreisler Emanzipation amour fou





Filmtagebuch von...

Funxton

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