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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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BORN YESTERDAY (George Cukor/USA 1950)


"I'm stupid and I like it."

Born Yesterday (Die ist nicht von gestern) ~ USA 1950
Directed By: George Cukor

Der Schrottmogul Harry Brock (Broderick Crawford), um einen Kongressabgeordneten (Larry Oliver) zu schmieren und möglicherweise selbst in die Politik einzusteigen - im Schlepptau seinen Advokaten (Howard St. John) und seine dümmliche Verlobte Billie (Judy Holliday). Als Brock, selbst kein Ass in gepflegter Lonversation, feststellt, dass Billie nicht vorzeigbar ist, engagiert er den Journalisten Paul Verrall (William Holden), um dem schlichten Blondchen etwas Bildung und akkurates Benehmen einzutrichtern. Es kommt, wie es kommen muss: Das ungleiche Paar verliebt sich ineinander und Billie entschließt sich, nicht weiter Harrys Trampolin zu spielen - was diesem ganz und gar nicht gefällt.

"Pygmalion" in einer komischen Variante, eingebettet ins Gangster- und Politmilieu. Allerdings ist Paul Verrall im Vergleich zu Professor Higgins zumindest über die Distanz der erzählzeit lediglich semierfolgreich im Umpolen seiner künftigen Gespielin und das ist auch gut so. Ihr tatsächlich bezauberndes Potential zieht Judy Holliday schließlich primär aus der Porträtierung eines leicht unterbelichteten Revuemädchens mit Piepsstimme und vulgärer Rede. Eine, angesichts derer die feinen Abgeordnetengattinnen ihren zuvor genippten Tee zurück in die Tasse spucken und deren Lächeln gefriert ob soviel aufrichtiger Unangepasstheit. Man spürt, dass auch Cukor jene erfrischende Kulturlosigkeit als erotische Leitlinie fasziniert haben wird und er die Möglichkeit einer Beziehung, in der der virile Liebhaber zugleich der motivierte Lehrer ist, als probate Alternative zum gesellschaftlichen Einerlei als durchaus funktional erachtete.

9/10

George Cukor based on play Washington D.C.


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THE WINGS OF EAGLES (John Ford/USA 1957)


"I'm gonna move that toe!"

The Wings Of Eagles (Dem Adler gleich) ~ USA 1957
Directed By: John Ford

Der Navy-Commander Frank 'Spig' Wead (John Wayne) ist ein das Leben liebendes Fliegeras. Mit seinen trinkfreudigen Späßen eckt er immer wieder bei Vorgesetzten und Kommandatur an, lässt sich jedoch durch nichts den Spaß verderben - bis ausgerechnet ein häuslicher Treppensturz-Unfall seinem Frohsinn ein jähes Ende setzt: Eine Notoperation kann ihm zwar das Leben retten, doch er ist hüftabwärts gelähmt und gibt sich und seine Ehe mit seiner Frau Min (Maureen O'Hara) auf. Dem unermüdlichen Einsatz seines besten Freundes Jughead Carson (Dan Dailey) verdankt Spig schließlich, dass er zumindest an Stöcken gehen kann. Von der Navy retiriert, beginnt Spig, Drehbücher für Hollywood zu schreiben, darunter viele, die mit der Navy und der Army zu tun haben. Erst Jahre später rauft er sich wieder mit Min zusammen. Nach dem Überfall auf Pearl Harbor bittet Spig um seine Wiederaufnahme in den aktiven Dienst und leistet mit seiner Idee der Jeep-Carrier, kleiner Ersatz-Flugzeugträger für die Schlachtennachhut, einen wertvollen strategischen Beitrag im Pazifikkrieg.

Wundervbar vitales Biopic, dass Ford über seinen Freund 'Spig' Wead "machen musste, weil es sonst ein anderer gemacht hätte". Mit Duke Wayne und Maureen O'Hara vereint er zum dritten Mal seine zwei bevorzugten Hauptdarsteller nach "Rio Grande" und "The Quiet Man". Die unglaublich authentisch wirkende Harmonie zwischen den beiden wird gleich von Beginn des Films an als völlig selbstverständlich exponiert - im Grunde wirkt es fast lachhaft fehlgeleitet, dass sie nicht auch privat eine Lebensallianz geschmiedet haben. "The Wings Of Eagles" ist trotz der phasenweisen existenziellen Schwere seiner Geschichte - die Weads verlieren ihr erstes Baby, geraten häufig aneinander; schließlich Spigs Unfall und später noch seine hinzukommende Herzkrankheit - ein alterslockeres Ford-Werk geworden, das die vom Meister als solche erachteten Lebensqualitäten hervorhebt, festen Mut verbreitet und vor allem als liebevolle Ode an einen Freund Bestand hat. Alkohol spielt eine wichtige, auf der Leinwand ausnahmsweise einmal didaktisch unverbrämte Rolle in Weads Biographie. Tatsächlich verdankt er seine Rekonvaleszenz vornehmlich der ungetrübten Whiskeylaune seines Kumpels Jughead, der hinter der Spiegelkommode von Spigs Krankenzimmer ein ganzes Arsenal an Buddeln per Kleiderbügel verstaut. Auch Maureen O'Hara trinkt gerne mal ein doppeltes Schlückchen on the rocks und die herbe Freundschaft zwischen Spig und seinem Army-Kollegen Hazard (Kenneth Tobey) fußt vornehmlich auf alkoholgetränkten Prügelgelagen. It was a man's world back then.

8/10

John Ford Biopic period piece Familie Ehe Fliegerei Militär WWII Hollywood Alkohol Pazifikkrieg Pazifik San Diego Kalifornien


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QUEEN CHRISTINA (Rouben Mamoulian/USA 1933)


"Must we live for the dead?"

Queen Christina (Königin Christine) ~ USA 1933
Directed By: Rouben Mamoulian

Gegen Ende des Dreißigjährige Krieges verliebt sich die bis dahin als Junggesellin lebende schwedische Königin Christina (Greta Garbo) in den spanischen Diplomaten Antonio de la Prada (John Gilbert), der eigentlich nach Nordeuropa gekommen ist, um der Königin vom Heiratswerben Königs Philipp IV. zu künden. Der Romanze wird sowohl von Christinas eifersüchtigem Schatzkanzler Magnus (Ian Keith) als auch vom schwedischen Volk mit offener Abneigung begegnet. Die Königin jedoch ist der Regierungsgeschäfte überdrüssig und dankt ab, um Antonio heiraten und mit ihm nach Spanien gehen zu können. Zuvor jedoch wird dieser noch von Magnus im Fechtduell tödlich verwundet; Christina verlässt Schweden allein.

Der kommerziell erfolgreichste Garbo-Film ist gar kein solches Kitschfeuerwerk, wie man zunächst vielleicht annehmen mag. Tatsächlich lässt das gesamte Projekt sich bereits auf den ersten Blick als eine große Liebeserklärung an 'die Göttliche' identifizieren. Mamoulian setzt ihr ebenmäßiges Antlitz aus allen denkbaren Perspektiven und in allen denkbaren Gemütszuständen in Close-Ups, wobei die Garbo durch ihren stets würdevollen Gesichtsausdruck mehr oder weniger aktiv eifrig an ihrem eigenen Mythos strickt. Herz-Schmerz bei Hofe, das war und ist stets auch ein dankbares Filmsujet, weil es Ausstatter, Kostümschneider und Schauspieler gleichermaßen herausfordert und vor allem von seinen dankbaren Schauwerten lebt. "Queen Christina" nun kommt vergleichsweise intim daher. Er kapriziert sich tatsächlich zu großen Teilen auf die Person der Königin und die sie umtreibende Disparität zwischen National- und Standestreue sowie das menschliche Recht darauf, freies Individuum zu sein. Ihrem Galan John Gilbert ermöglichte die allenthalben mit ihrer Heimkehr drohende Garbo zugleich eine kurze Rückkehr zum hochbudgetierten A-Film, der das Paar bereits während der gemeinsamen Stummfilmjahre geeint hatte und ihm auch eine private Liaison zuteil werden ließ. Der einst populäre, nunmehr jedoch schwer versoffene Gilbert jedoch war zu diesem Zeitpunkt bereits zur persona non grata auf dem MGM-Studiogelände geworden und trotz der Insistierung seiner Geliebten zum baldigen Ableben verdammt.

8/10

Rouben Mamoulian Dreißigjähriger Krieg Historie period piece amour fou Schweden Biopic


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THE TRAP (Sidney Hayers/UK 1966)


"Go clean the hut."

The Trap (Wie ein Schrei im Wind) ~ UK 1966
Directed By: Sidney Hayers

Der völlig verwilderte und grobschlächtige Trapper John La Bête (Oliver Reed) verbringt 95 Prozent seines Lebens fernab jeglicher Zivilisation in den Wäldern British-Columbias mit Fallenstellen, Tierehäuten und Rumsaufen. Als er sich eines Tages entschließt, sich eine Frau zu nehmen, kommt ihm das Angebot einer gierigen Krämersfrau (Barbara Chilcott) in der Hafenstadt gerade Recht: Gegen den Obolus von 1000 Dollar bietet sie La Bête ihre Patentochter, die seit einem Indianerüberfall auf ihre Familie verstummte Eve (Rita Tushingham). La Bête zögert nicht lang und nimmt die völlig verschüchterte Frau gegen ihren Willen mit. Innerhalb eines Jahres entsteht eine seltsame, symbiotische Freundschaft zwischen dem ungleichen Paar, wobei sie sich gegen seine Annäherungsversuche stets tapfer zu wehren weiß. Als sie jenen zu ihrem eigenen Entsetzen dann doch einmal stattgibt, scheint ein unsichtbares Band zerrissen: Über Umwege kehrt Eve zu ihrer Ersatzfamilie zurück, entscheidet sich jedoch nach wenigen Monaten für eine endgültige Rückkehr zu La Bête.

Ein eigenartiger Abenteuerfilm für Erwachsene, in der die Mär von der Schönen und dem Biest in tatsächlich beinahe kaum codierter Form neu erzählt wird. Nicht umsonst trägt der Frankokanadier La Bête seinen vielsagenden Rollennamen: Als mit lautem, gebrochenen Englisch krakeelender Waldmensch, der mit Blut und Därmen zu tun hat und sein letztes Paar Manieren - sofern überhaupt je gelernt - zusammen mit einer Flasche Rum heruntergespült hat, ähnelt Oliver Reed mehr Tier denn Mann. Dabei braucht er Eve, um nicht seinen letzten Faden zur Menschlichkeit zu verlieren - ihre Zartheit und Schüchternheit bildet den exakten Gegenpol zu La Bêtes lärmendem Wesen. Als er ihr schließlich sein Leben verdankt, verliert er zugleich seine Greulichkeit und schält sein Innerstes hervor, was durch einen lang hinausgeschobenen, unbeholfenen Liebesakt belohnt wird. Doch für die von ihren schrecklichen Kindheitserlebnissen noch immer schwer traumatisierte Eve kommt der vollzogene Koitus einem Verbrechen an sich selbst gleich: Sie flieht und verliert vor lauter Seelenkummer das in jener Nacht gezeugte Kind. Erst als sie mit einem braven, aber kantenlosen Bürgerssohn verheiratet werden soll, erkennt sie ihre wahre Zugehörig- und damit zugleich ihre wahre Persönlichkeit. Dabei enthält sich der Film der zwangsweise befürchteten "Falle", Rita Tushingham am Ende "sprechen zu lassen": Sie bleibt - wenngleich glücklich - stumm. Zumal La Bête sie gar nicht anders braucht.
Angereichert mit dem symbolbehafteten, faszinierten Blick des Europäers auf die unbändige Natur der Schauplätze ist "The Trap" eine höchst ungewöhnliche Romanze, die manch einer Zuschauerin misogyn erscheinen mag, hinter ihrer rauen Schale jedoch sehr viel Zärtlichkeit bereithält.

8/10

Sidney Hayers period piece Kanada


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THIEVES' HIGHWAY (Jules Dassin/USA 1949)


"Everybody likes apples, except doctors."

Thieves' Highway (Der Markt der Diebe) ~ USA 1949
Directed By: Jules Dassin

Nick Garcos (Richard Conte) kommt von einer längeren Zeit auf See heim zu seinen Eltern (Tamara Shayne, Morris Carnovsky), als er feststellen muss, dass sein Vater keine Beine mehr hat. Nick erfährt, dass dies in direktem Zusammenhang steht mit einem Handel, den sein Vater in San Francisco mit dem Obst- und Gemüsegroßhändler Mike Figlia (Lee J. Cobb) abschließen wollte. Offenbar hat Figlia für eine Fuhre Tomaten nicht zahlen wollen, Nicks Vater betrunken gemacht und dann in seinen Wagen gesetzt, bevor es zu dem verhängnisvollen Unfall kam. Mit dem alten Ed Kinney (Millard Mitchell) bietet sich nun eine Chance, Erlittenes zumindest ansatzweise wieder ins Reine zu bringen: Eine große Fuhre Äpfel soll an Figlia verkauft werden und er soll keinen müden Cent daran verdienen. Natürlich zeigt sich Figlia, kaum dass Nick nach einigen Schwierigkeiten in San Francisco angekommen ist, von seiner übelsten Seite. Wie einst Mr. Garcos Senior versucht er nun auch Nick zu übervorteilen, doch dieser ist wild entschlossen, Figlia nicht noch einmal ungeschoren davonkommen zu lassen...

Während der Produktion von "Thieves' Highway" hatte Dassin via Studiochef Zanuck bereits gesteckt bekommen, dass sein Name auf der Schwarzen Liste stand und er damit in Kürze arbeits- und leumundslos werden würde. Der nachfolgende "Night And the City" wurde sein letzter Film in seinem Geburtsland USA, bevor er 15 Jahre später in Frankreich mit "Du Rififi Chez Les Hommes" eine Zweitkarriere startete. Mit Dassin hatte man einen weiteren großen Filmschaffenden zur persona non grata erklärt und damit unweigerlich vor die Tür gesetzt.
"Thieves' Highway" transportiert eine stark naturalistische, irdene Perspektive, hält sich fern von sämtlichen Stereotypen mitsamt Anzugträgern, hartgekochten Privatschnüfflern, mafiösen Killergangstern und Mordopfern. Nick Garcos ist ein Arbeitersohn mit Migrationshintergrund, der, wenngleich eine ehrliche Haut, seinen Schnitt machen will und zu einem guten Geschäft nicht Nein sagt. Durch den Erlös aus dem Apfeltransport nach San Francisco plant er, seine Braut (Barbara Lawrence) in den Ehehafen führen zu können und zugleich dem lumpigen Figlia heimzuzahlen, was er seinem Vater angetan hat. Ausgerechnet die finstere Nacht im Hafen von San Francisco bringt dann existenzielle Erleuchtung mit sich. Vergleichsweise unspektakulär, unaufgeregt und realitätszugetan ist das. Vielleicht wäre Dassin in Hollywood über kurz oder lang sowieso falsch aufgehoben gewesen.

9/10

Jules Dassin San Francisco Kalifornien film noir Rache Nacht


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LEAVE HER TO HEAVEN (John M. Stahl/USA 1945)


"There's nothing wrong with Ellen. It's just that she loves too much."

Leave Her To Heaven (Todsünde) ~ USA 1945
Directed By: John M. Stahl

Zu Besuch bei Freunden in New Mexico lernt der Romancier Richard Harland (Cornel Wilde) die bezaubernd schöne Ellen Berent (Gene Tierney) kennen. Für eine laue Romanze bleibt gar keine Zeit, denn bevor Richard sich versieht, hat Ellen bereits ihrem bisherigen Verlobten Russell Quinton (Vincent Price) eine Absage erteilt und dafür die Hochzeit mit ihm geplant. Erste Anzeichen einer schweren pathologischen Störung zeigen sich, als Ellen zunehmend aggressiv fordert, Richard ganz für sich allein zu haben: Weder will sie ihre eigene Familie um sich haben, noch Richards behinderten, pflegebedürftigen Bruder Danny (Darryl Hickman). Irgendwann beginnt sie dann, aktiv und gezielt gewalttätig zu werden: Sie verursacht Dannys Ertrinkungstod, sorgt selbsttätig für einen Schwangerschaftsabort und plant, als sie bemerkt, dass Richard und ihre Adoptivschwester Ruth (Jeanne Crain) sich annähern, einen umfassenden Racheplan, der ihren eigenen Suizid mit einschließt.

Das Bemerkenswerteste an "Leave Her To Heaven", einem immens involvierenden Schmachtfetzen irgendwo zwischen Psychodrama und film noir, ist die Technicolor-Fotografie von Leon Shamroy. Brillanter komponierte Farbbilder wird man aus dieser Zeit nur schwerlich finden. Stahl und Shamroy nutzen leuchtende Primär- und blasse Pastellfarben zur Untermalung des jeweiligen Romanzenstatus zwischen Richard und Ellen; am Anfang leuchten Gene Tierneys Lippen noch in einem tiefen Kirschrot und das Dämmerlicht New Mexicos hüllt alles in heimeliges Zwielicht; später dann wird es neu-englisch herbstlich, Ellen offenbart dem Zuschauer ihre tiefsitzende Psychose und die Farbskala erbleicht. Gene Tierney, eine der obersten Vertragsschauspielerinnen der Fox, musste sich hier nach ihrer bereits in "Laura" erfolgten Darstellung einer undurchsichtig-geheimnisvollen, wenngleich am Ende unschuldigen Schönheit vollends dem Bösen zuwenden. Keine sonderlich dankbare Aufgabe, aber eine, die wahres Können erfordert und die sie auf eine Stufe stellte mit jenen Vorgängerinnen (und Nachfolgerinnen), die mehr als eine ansprechende Physis vorweisen konnten. Tierneys Spiel ist unglaublich nuanciert und trotz der verhältnismäßigen Grellheit des Sujets sehr subtil; sie beherrscht diesen Film, der tatsächlich in erster Linie ein Geschenk an sie und ihre Karriere darstellt.

9/10

John M. Stahl amour fou femme fatale Massachusetts Georgia Familie New Mexico film noir


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TYCOON (Richard Wallace/USA 1947)


"I've got a railroad to build."

Tycoon ~ USA 1947
Directed By: Richard Wallace

Die neueste Aufgabe des als höchst zielstrebig bekannten Ingenieurs Johnny Munroe (John Wayne) besteht darin, einen Eisenbahntunnel durch einen gewaltiges Massiv in den Anden freizulegen. Entgegen seines vorhergehenden Rats, statt der risikoreichen Tunnelkonstruktion einen Brückenbau in die Wege zu leiten, hat das Management des Eisenbahnmoguls Alexander (Cedric Hardwicke) als zu kostspielig abgelehnt. Entsprechend unwegsam gestaltet sich Munroes Arbeit: permanent gibt es Un- und andere Zwischenfälle, die die Arbeit trotz hohen Einsatzes immer wieder verzögert. Als Munroe sich zu allem Überfluss in Alexanders Tochter Maura (Laraine Day) verliebt und diese zu des Vaters höchstem Unwillen ehelicht, legt der beleidigte Tycoon den Arbeitern immer noch zusätzliche Steine in den Weg, um Maura auf diesem Wege zu überzeugen, den Falschen geheiratet zu haben. Doch Alexander rechnet weder mit Munroes Entschlossenheit noch mit Mauras aufrichtiger Liebe zu ihm.

Launiges, wenngleich etwas merkwürdiges Heldenepos gestrickt rund um Duke Wayne, der hier wie üblich sich selbst spielt als hochgewachsenen Erz-Amerikaner, der vor exotischer Kulisse irgendwelche üblen kolonialkapitalstischen Belange durchzusetzen trachtet und am Ende natürlich in jeder Hinsicht erfolgreich ist. Soweit also nichts Spezielles. Spaßig wird "Tycoon" dennoch im Hinblick auf seine naive Ausgestaltung. Die Farbfilme der RKO sahen immer etwas anders aus als die der Konkurrenz, schienen stets noch etwas bunter und kontrastreicher und wirken heute aufgrund ihrer mitunter wenig adäquaten Lagerung noch zusätzlich angestaubt. "Tycoon" ist mehr als deutlich sichtbar nirgendwo in Lateinamerika aufgenommen worden, sondern ausschließlich im Atelier respektive im Steinbruch nebenan entstanden. Die eingesetzten matte paintings, besonders die der aus einem Straßenzug bestehenden Lokalmetropole, wirken nunmehr himmelschreiend, dazu gibt es einen der kitschigsten Sonnenuntergänge, die je im Film zu sehen waren. Dabei galt "Tycoon" als Prestigeprojekt der RKO; verwurstete einige Stars, war unverhältnismäßig teuer und stellte den verzweifelten Versuch des Studios dar, an die großen Kritiker- und Publikumserfolge der immer wieder reüssierenden Konkurrenz anzuknüpfen - heuer ein auf den ersten Blick erkennbar zum Scheitern verurteiltes Unterfangen - und gerade deshalb so liebenswert.

7/10

Richard Wallace Bauwesen


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WHERE THE SIDEWALK ENDS (Otto Preminger/USA 1950)


"Where the devil am I? I keep coming and going..."

Where The Sidewalk Ends (Faustecht der Großstadt) ~ USA 1950
Directed By: Otto Preminger

Der verbissene New Yorker Detective Mark Dixon (Dana Andrews) ist bereits seit Jahren hinter dem Gangsterboss Tommy Scalise (Gary Merrill) her, hat dem aalglatten Ganoven bisher jedoch nie etwas anhängen können. Als Scalise einen reichen Spielpartner, der ihn zuvor um eine hohe Sume erleichtert hat, kaltblütig umbringen lässt und versucht, die Schuld auf Ken Paine (Craig Stevens), einen seiner Speichellecker, abzuwälzen, wittert Dixon die heiß ersehnte Chance, Scalise endlich dingfest machen zu können. Paines Verhör verläuft jedoch anders als erwartet: Dixon muss sich gegen den Betrunkenen zur Wehr setzen und erschlägt ihn versehentlich. Um nicht selbst an den Pranger gestellt zu werden, versteckt Dixon Paines Leiche in den Docks. Dort wird sie jedoch kurz darauf entdeckt und Jiggs Taylor (Tom Tully), der Vater von Paines schöner Ex-Frau Morgan (Gene Tierney) gerät unter dringenden Tatverdacht. Dixon versucht alles, um Taylor vor der drohenden Verurteilung zu schützen, doch dafür muss er letztlich seine Schuld eingestehen.

Sechs Jahre nach "Laura" kam das 'winning team' Preminger - Andrews - Tierney erneut zusammen, um einen weiteren großen Beitrag zur Schwarzen Serie zu leisten. Wiederum in New York angesiedelt, mit deutlichen Parallelen in der Protagonistenzeichnung, unterscheidet sich "Where The Sidewalk Ends" aber doch in einigen Punkten von dem weichen Upper-Class-Crime des Vorbilds. "Where The Sidewalk Ends" ist ein Film der Nacht und der Lower East Side, der schummrigen kleinen Appartments, Bars und Restaurants, wo schmierige Gauner wie Tommy Scalise in den Hinterräumen zwielichtiger Dampfbäder ihre heimlichen Pokerrunden abhalten und Taxifahrer ein angesehener Job ist. Alfred Newmans wunderbares "Street Scene" findet hierin, wie in etlichen Filmen der Fox dieser Jahre, mehrfach Verwendung. Dabei ist es fast schon zu 'positiv' konnotiert, um gerade diesen Film einzuleiten Mark Dixon, besessen davon, alles besser zu machen als sein früh verstorbener, krimineller Vater, führt kein Privatleben. Verbissen lebt er nur für seinen Beruf und die verblendete Sisyphos-Tätigkeit, dem organisierten Verbrechen den Hahn abzudrehen. Darüber verflüchtigt sich auch schonmal der eigene Moralkodex. Erst die Liebe zu der unmöglich schönen, für eine Arbeitertochter eigentlich viel zu elegante Morgan Taylor führt ein Umdenken herbei.
"Where The Sidewalk Ends" ist natürlich nicht besser - oder schöner - als "Laura", dafür fehlt es ihm allein schon an Clifton Webb und Vincent Price; jedoch muss man ihn als ikonischen Polizeifilm kategorisieren, sozusagen als einen der transportierenden Urväter des heute zum alltäglichen cineastischen Figurenreservoir zählenden Fanatiker-Cops, dem das Subgenre alles in allem eine ganze Menge schuldet.

9/10

Otto Preminger New York Victor Trivas film noir


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JEZEBEL (William Wyler/USA 1938)


"Maybe I love her most when she's meanest, because I know that's when she's lovin' most."

Jezebel ~ USA 1938
Directed By: William Wyler

New Orleans, 1852: Nachdem die renitente Großbürgerstochter Julie Marsden (Bette Davis) ihn aufgrund ihrer kindischen Eskapaden einmal zuoft in der Öffentlichkeit brüskiert hat, geht der Bankier Preston Dillard (Henry Fonda) und kommt erst ein Jahr später zurück - verheiratet mit der "Yankee-Braut" Amy (Margaret Lindsay). Julie, die ihr aufsässiges Verhalten gleich nach Prestons Abreise zutiefst bereut und sich über all die Monate für ihn aufgespart hat, ist zutiefst verletzt und beginnt sogleich wieder zu intrigieren. Ihre Verleumdungen kosten das Leben eines Freundes (George Brent), der im Duell erschossen wird, derweil Preston versucht, der unter einer Gelbfieber-Epidemie leidenden Stadt hilfreich beizustehen. Als auch er erkrankt, sieht Julie in seiner selbstlosen Pflege ihre letzte Chance, die begangenen Sünden wieder gutzumachen.

So liebten Publikum und Kritik Bette Davis; wenn sie einen ganzen Film an sich riss und ihn vollkommen beherrschte, wenn sie die Illusion von physischer Schönheit schuf allein durch ihr weibliches Auftreten, wenn sie wankte zwischen Gutherzigkeit und feurigem Wahn. Die biblische Jezebel oder Isebel, die Frau König Ahabs, gilt im alttestamentarischen Bedeutungsfeld als Sinnbild einer bösen Furie und zänkischen Xanthippe, die ihr Leben ganz dem Schmieden und Umsetzen übler Ränke widmet. Ganz so schlimm ist Julie Marsden vielleicht doch nicht - sie wäre wohl eher dem klassischen literarischen Figurenarsenal der "missratenen Tochter" zuzuordnen, die sich bewusst oder unbewusst der Akzeptanz bürgerlicher Traditionen verweigert, die ihre Ziele deutlich leidenschaftlicher verfolgt als Zeitgenossinnen und die aktiven Feminismus in die widerspenstige Vergangenheit transponiert. Julies endgültiges Unglück beginnt damit, dass sie ein rotes Ballkleid trägt, wo unverheirateten Damen lediglich die weiße Entsprechung gestattet ist. Ein ungeschriebenes Südstaatengesetz, das sie ganz bewusst bricht, dessen unangenehme Konsequenzen in Form gesellschaftlicher Ächtung sie dann aber doch nicht tragen mag und damit ihre Haltlosigkeit beweist. Erst ein Jahr und diverse mehr oder weniger eminente faux-pas später ist die Zeit zur Sühne reif. Dieses wunderhübsch blumige Frauen- und Sittenporträt war ein Geschenk für Regisseur und Hauptdarstellerin - und wie wohlfeil wussten sie es für ihre Zwecke zu nutzen... isebelitisch!

8/10

William Wyler Südstaaten New Orleans Louisiana Familie Sittengemälde based on play John Huston


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JET PILOT (Josef von Sternberg/USA 1957)


"Oh, Palm Springs..."

Jet Pilot (Düsenjäger) ~ USA 1957
Directed By: Josef von Sternberg

In Alaska erhält der Airforce-Offizier Jim Shannon (John Wayne) "Besuch" von der über die Beringsee entkommenen Pilotin Anna Marladovna (Janet Leigh). Der aufreizenden Art der schönen Russin kann sich Shannon nur schwer entziehen. Um die drohende Ausweisung Annas zu verhindern, heiratet er sie vom Fleck weg. Dann jedoch erfährt er, dass Anna in Wahrheit eine gegnerische Spionin ist, die ihm militärische Geheimnisse über die US-Luftwaffe entlocken sollte. Scheinbar aus Liebe flüchtet er nun mit der von der Inhaftierung bedrohten Anna in die UdSSR, wo er tatsächlich selbst als Spion tätig wird. Mithilfe einer Wahrheitsdroge versuchen die Russen, Shannon auszuquetschen. Als Anna endlich ihre Liebe zu Shannon eingestehen kann, befreit sie ihn in letzter Sekunde und fliegt mit ihm zurück in die USA - diesmal endgültig.

"Jet Pilot", wie "The Conqueror" von Howard Hughes produziert und auch betreffs seiner Schilderung einer anscheinend unmöglichen Liebesbeziehung dem Zweitgenannten nicht unähnlich, kam erst mit einer Verspätung von rund acht Jahren in die Kinos. Dafür gab es mehrere Gründe: Der politische Stoff um eine Ost-West-Liebe schien trotz längerer Hollywood-Tradition urplötzlich zu brisant, um Thema eines einfachen Unterhaltungsfilms zu sein; Howard Hughes dokterte noch lange nach Josef von Sternbergs Einsatz an dem Film herum und fügte immer wieder Szenen und Details hinzu, um "Jet Pilot" 'technically up to date' zu halten. Letztlich erwiesen sich alle diese Maßnahmen als fruchtlos. Lange nach Hughes' Weggang von der RKO kaufte die Universal die Aufführungsrechte für "Jet Pilot" und brachte ihn doch noch auf die Leinwand, unter genau jenen Vorzeichen, die Hughes stets zu vermeiden suchte: Er wirkte nunmehr nämlich veraltet, in der Fliegerei gab es längst neue Innovationen und dass Duke plötzlich in einem Film deutlich jüngerer aussah als noch im letzten davor, kam den Leuten spanisch vor. Ganz hübsch misogyn indes der Gedanke, dass politische Überzeugung niemals gegen die Natur der Weiblichkeit ankommen kann: Janet Leigh zieht am Ende Nylons, Steaks und John Wayne Planwirtschaft, Kreml und Stalin vor. Esc lebt sich "drüben" vielleicht nicht so idealistisch, aber doch deutlich bequemer. Nun, was man Lubitsch und Wilder verzeiht, kann man auch einem Duke Wayne nachsehen, meine ich.

6/10

Josef von Sternberg Jules Furthman Howard Hughes Fliegerei Kalter Krieg Don Siegel





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Funxton

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