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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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TROPA DE ELITE (José Padilha/BR, NL, USA 2007)


Zitat entfällt.

Tropa De Elite ~ BR/NL/USA 2007
Directed By: José Padilha


Rio de Janeiro, 1997: Auf den als unbeirrbar gefürchteten BOPE-Offizier Nascimento (Wagner Moura) warten harte Zeiten. Neben seinem alltäglichen Geschäft, dem Kampf gegen die unzähligen großen und kleinen Drogendealer in den Favelas, kündigt sich ein Papstbesuch an und der Kirchenvater geruht ausgerechnet bei einem im Slum wohnhaften Bekannten zu nächtigen. Das entsprechende Areal muss also rechtzeitig gesichert werden. Hinzu kommen sich mehrende Panikattacken, die Nascimento innerlich unter Druck setzen sowie die unmittelbar bevorstehende Geburt seines kleinen Sohnes. Ein baldiger Nachfolger als Einheitsleiter muss her. Allein, wer soll es sein - der ultrabrutal vorgehende Neto (Caio Junqueira) oder der idealistische, zugleich nach einer Anwaltskarriere strebende Matias (André Ramiro)?

Knüppelharte Studie über den Einsatz der BOPE in den Favelas von Rio. Bei der BOPE handelt es sich um eine martialische, unter Militärherrschaft stehende Polizeieinheit, die sowohl dafür bekannt ist, absolut rücksichtslos vorzugehen, das heißt, auch unter regelmäßigem Einsatz von Folter und tödlicher Gewalt, als auch dafür, garantiert unbestechlich zu sein. Rodrigo Pimentel, einer der Autoren der Vorlage, war selbst jahrelang BOPE-Offizier und schildert seinen authentischen Arbeitsalltag in bürgerkriegsähnlichen Zuständen in beklemmender Art und Weise. Der Einsatz der BOPE wird dabei durchaus kritisch beäugt und keineswegs, wie manche kritische Stimmen dem Film vorwarfen, glorifiziert. Ganz zweifellos wird herausgestellt, in welch abartiger Weise die Polizisten als reaktionäre Terrorsäer instrumentalisiert werden und wie nutzlos auf der anderen Seite ihr mitunter tödlicher Einsatz ist. Die langjährige Erfahrung demonstriert nämlich hinlänglich, dass die Zahl der in Drogengeschäfte involvierten Personen in den Favelas keinesfalls geschrumpft ist und dass die Einschüchterungs- und Gewalttaktik der BOPE ergo weithin fruchtlos geblieben ist.
Padilha inszeniert sein kleines Epos in farbgefilterten, messerscharfen Bildern und mit Handicam, einer seltsamen, gleichwohl funktionalen Mischung aus Stilisierung und Naturalismus. Die Wahl dieser Mittel kommt dem Film und seinem Anliegen durchaus zugute und verschafft dem in globaler Hinsicht ja zwangsläufig unbedarften Publikum somit einen zwischen Hyperrealismus und Beklemmung pendelnden Eindruck dessen, was sich da zwischen von Zuckerhut und Copacabana tagtäglich abspielt.

9/10

Favelas Rio de Janeiro Slum José Padilha Brasilien


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DISTRICT 9 (Neill Blomkamp/USA, NZ 2009)


"I can't believe I'm being paid to do this."

District 9 ~ USA/NZ 2009
Directed By: Neill Blomkamp


In einer alternierenden Realität sind bereits 1982 Aliens im Luftraum über Johannesburg gestrandet. Die an Bord befindlichen, von Seuchen und Hunger geplagten Insektenwesen, die wegen ihres Aussehens von den Erdbewohnern kurzerhand 'prawns' genannt werden, pfercht man in einem riesigen Township namens 'District 9' vor den Toren der Stadt zusammen. Als der von der entsprechenden Behörde beauftragte, etwas dämliche und naive Bürohengst Van De Merwe (Sharto Copley) eines Umsiedlungsaktion leiten soll, gerät er mit einem außerirdischen Fluidium in Berührung, das ihn sukzessive in einen der prawns verwandelt. Da er nicht als zerschnippeltes Wissenschaftsexperiment enden will, flieht Van De Merwe zum District 9 und hilft dem im Untergrund forschenden Alien Christopher dabei, ein provisorisches Shuttle in Betrieb zu setzen.

Als Apartheids-Allegorie, die "District 9" schon aufgrund der Schauplatzwahl ganz zweifelsohne darstellen soll, entpuppt sich Blomkamps Film als völliger Rohrkrepierer. Dafür fällt der Entwurf eines rassistisch-xenophoben Gesellschaftsbildes, das sich gegen in punkto Design stark von Cronenbergs "The Fly" beeinflusste Zweizwanzig-Aliens richtet, mir allzuweit hergeholt und gleichfalls deutlich zu plump aus. Zudem dürfte die entsprechende Prämisse, wenn auch etwas differenzierter als gewohnt ausgearbeitet, nicht nur mir sich bestimmt als uralter Hut offerieren. Man denke nur an "Enemy Mine" und "Alien Nation".
Hätte ich "District 9" im Alter von sechzehn oder siebzehn Jahren gesehen, wäre ich vermutlich immens beeindruckt gewesen von der relativen inszenatorischen Cleverness der zu Beginn als Dokumentation getarnten, mit ruckeligen Erzählbildern versetzten Story, in der zudem - geil ey - ein Mecha vorkommt und die Bösen mitunter von rail guns in Fetzen geschossen werden. Da erschließt sich dann sogar halbwegs das Zustandekommen mit "Wingnut Films presents" eingeleiteten Vorspanns. Dabei handelt es sich ja bekanntlich um Peter Jacksons Firma und fürderhin um ein Label, das vor vielen Jahren, eben als man noch jünger war, mal als Spaßgarant galt. Heute spuckt der einstmals beleibte Neuseeländer analog zu seinem Gewichtsverlust vornehmlich domestiziertes Mainstreamzeug aus und "District 9" bildet da keine Ausnahme. Das Resultat ist nicht etwa schlimm und im Gegenteil sogar recht amüsant, aber keinesfalls jener ach-so-revolutionäre Film, von dem mir soviel zu Ohren gekommen ist.

7/10

Aliens Apartheid Afrika Monster Neill Blomkamp Südafrika Militär


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OPEN SEASON (Peter Collinson/E,UK, USA, AR 1974)


"Chew! Chew! Chew!"

Open Season ~ E/UK/USA/AR 1974
Directed By: Peter Collinson


Die drei Vietnamveteranen Ken (Peter Fonda), Greg (John Phillip Law) und Art (Richard Lynch) haben ihr menschenrechtswidriges Kriegsverhalten mit in die Heimat importiert und es sich zur Angewohnheit gemacht, in einer abgelegenen Jagdhütte Frauen zu vergewaltigen und von dort aus Menschenjagden zu veranstalten. Aktuell hat man das "inoffizielle" Paar Nancy (Cornelia Sharpe) und Martin (Alberto de Mendoza) gekidnappt und setzt es nach ein paar Tagen der Erniedrigung als Freiwild aus. Doch im Grün verbirgt sich noch ein Racheengel (William Holden), der Vater eines früheren Opfers (May Heatherly) der drei Bösewichte...

Im "TCM"-Jahr kam auch dieser kleine Terrorfilm in die Kinos, der sozusagen das "Deliverance"-Konzept umdrehte und die vermeintlich zivilisierten Stadtbewohner von Wildnisopfern zu grausamen Wochenend-Diktatoren ummodelte. Die Quelle für deren delinquentes Verhalten stellen schließlich ihre offenbar traumatischen Vietnam-Erfahrungen dar, was dem Film sein damals wohl notwendiges, sozialkritisches Alibi verlieh. Jene vermeintlich tiefschürfende Prämisse holt derweil jedoch auch nicht viel mehr heraus aus dieser mäßig spannenden "Zaroff"-Variation, die sich immerhin die durchaus vorhandenen, ekligen Seiten der Strahlemänner Fonda und Law zu demonstrieren getraut. Kortisongesicht Lynch ist ja eh längst als Fiesling etabliert. Allerdings fällt William Holdens Part deutlich zu schmal aus, von dem wünscht man sich angesichts seines abrupten Erscheinens am Ende viel mehr screentime.
Aus spanischer Produktion stammend und vor Ort in Kastilien von einem englischen Regisseur mit Hollywood-Schauspielern gedreht, erweist sich "Open Season" immerhin als fruchtbares Beispiel internationaler Filmkooperation. Die neu erschienene deutsche DVD schwankt bildtechnisch im Übrigen zwischen Frechheit und mittlerer Katastrophe und scheint von einer VHS-Drittkopie gezogen zu sein. In diesen sauren Apfel sollte man nur beißen, wenn man gern schummrige Videonostalgie pflegt oder es bis zu einem ordentlichen Release bzw. bis zur nächsten TV-Ausstrahlung gar nicht mehr aushält. Schon unglaublich dreist, für sowas auch noch gutes Geld zu verlangen.

6/10

Independent Rache Terrorfilm Backwood Peter Collinson Europloitation Menschenjagd Veteran


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HEAT (Michael Mann/ USA 1995)


"I don't know how to do anything else." - "Neither do I."

Heat ~ USA 1995
Directed By: Michael Mann


Lt. Vincent Hanna (Al Pacino) vom LAPD gilt als besonders verbissener Ermittler, worunter auch seine Ehe - bereits die dritte - stark zu leiden hat. Als er auf den Profiräuber Neil McCauley (Robert De Niro), Kopf einer straff organisierten Gang, aufmerksam wird, enspinnt sich zwischen den beiden sehr ähnlichen Männern ein Duell, dessen tosende Auswirkungen die Stadt bis in ihre Grundfesten erschüttern.

"Police & thieves in the streets..." falsettierte Junior Murvin in seinem berühmten, von Lee "Scratch" Perry produzierten Reggae-Dub-Klassiker von 1976 und lieferte damit eine eigentlich großartige, textliche Vorlage für Michael Manns opus magnum. Schade, dass das Stück im fertigen Film gar nicht zum Einsatz kommt, es hätte einen zentralen Platz verdient gehabt.
Dieses Remake seines eigenen, sechs Jahre älteren Fernsehfilms "L.A. Takeover" demonstriert wiederum Manns große Könnerschaft: Nicht nur, dass er sich rühmen konnte, die beiden italoamerikanischen Schauspiel-Giganten Pacino und De Niro gemeinsam auf die Leinwand gebracht zu haben, bleibt von "Heat" rückblickend vor allem seine allseitige Perfektion, das minutiöse Vermeiden von schwachen Momenten, ganz so, als sei es darum gegangen, ultimatives Kino zu erschaffen. Dabei steht der Titel des Films im Kontrast zu seinem Wesen. Das wäre nämlich besser mit "Cool" tituliert worden.
Was an "Heat" so gefällt, ist sein blindes Vertrauen in Bilder und Stimmungen; Worte, Dialoge, Verbales erscheinen fast unwichtig angesichts seiner alles überwältigenden Visualität. Auch hängt der Film noch deutlich an der Vordekade und führt vor Augen, dass Mann eigentlich ein ewiges Kind der Achtziger ist. Und was das Duell Pacino - De Niro anbelangt? Entscheidet nach meinem Dafürhalten klar zweiterer für sich. Nicht nur, dass McCauley durch seinen lauernden, schweigsamen und fast durchweg besonnenen, klar an klassischen Melville-Gestalten orientierter Charakter als klar Überlegener der Rivalen dasteht, geht mir Pacinos luzides, offensiv-bekokstes Gestikulieren und Fingergeschnippe zuweilen schon fast auf den Zeiger. Wenn, das Ende ist ja bekannt, in einer besseren Welt stets der Cop als Gewinner aus dem ewigen Spiel Gut gegen Böse hervorgehen muss, dann hätte ich mir zumindest dieses eine Mal eine schlechte herbeigewünscht. Wenn McCauley, die schöne Amy Brenneman an seiner Seite, am Ende doch noch die scharfe Kehre zugunsten seiner dummen Rache macht, rutscht mir jedesmal wieder das Herz in die Hose. Dieser... Idiot.

9/10

Los Angeles Michael Mann Remake Heist Duell


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THE LAST OF THE MOHICANS (Michael Mann/USA 1992)


"No matter how long it takes, no matter how far, I will find you."

The Last Of The Mohicans (Der letzte Mohikaner) ~ USA 1992
Directed By: Michael Mann

Ostküste, 1757: Der französisch-indianische Krieg in den Kolonien befindet sich auf einem Höhepunkt. Die Engländer rufen die Grenzkolonisten auf, sich zu Milizen zusammenzuschließen und die Armee King Georges II zu unterstützen, darunter auch die Camerons, Freunde des Trappers Nathaniel Poe (Daniel Day-Lewis), genannt Hawkeye. Zusammen mit seinem indianischen Vater Chingachcook (Russell Means) und dessen Sohn Uncas (Eric Schweig) rettet Hawkeye, nachdem sie die Farm der Camerons dem Erdboden gleich vorgefunden haben, die beiden Offizierstöchter Cora (Madeleine Stowe) und Alice Munro (Jodhi May) vor dem rachsüchtigen, mit den Franzosen paktierenden Huronen Magua (Wes Studi), der um jeden Preis seinen Erzfeind Colonel Munro (Maurice Roëves) und dessen Familie tot sehen will. Obgleich Hawkeye Munro gegen die Franzosen beisteht, wird er von diesem der Aufwiegelung beschuldigt, da er den Siedlern rät, den Kampf aufzugeben und zu ihren Häusern zurückzukehren. Später, nachdem Munro sich der französischen Übermacht unter Général Montcalm (Patrice Chereau) gebeugt hat, gelingt Magua doch noch Coras und Alices Entführung, doch Hawkeye und seine Freunde schreiten erneut zur Rettung.

Eine weitere Adaption des legendären Cooper-Abenteuerromans "The Last Of The Mohicans", in dem der fabulierfreudige Autor die Geschichte seines Serienhelden, des von dem fiktiven Stamm der Mohikaner adoptierten Fallenstellers Hawkeye (eigentlich Natty Bumppo) fortschrieb. Mann orientierte sich wesentlich an dem bereits 1936 mit Randolph Scott verfilmten Balderston-Script. Dennoch nahm er auch gegenüber dieser Vorlage einige Änderungen vor, so verbendelte er Major Heyward (Steven Waddington) mit Cora Munro, obgleich dieser ursprünglich mit deren Schwester Alice liiert ist und verzichtete auf Coras tragisches Ende (dafür geht Alice in den Freitod). Zudem erweist sich der auteur hier erneut als Freund großer, bisweilen übermächtiger Stilisierung; manchmal überschreitet er dann auch ganz selbstsicher die Schwelle zum Kitsch, nämlich jeweils in den festlich zelebrierten Einstellungen, in denen Day-Lewis die Stowe, beide von windverwehtem Haar umkranzt, in seinen starken Armen hält und Richtung Westen blickt. Da wird's dann schlicht und ergreifend zuviel. Doch punktet "The Last Of The Mohicans" ebenfalls auf der Haben-Seite glücklicherweise nicht zu knapp: Die akribische Re-Kreierung des Zeitkolorits bereitet große Freude, die Inszenierung der Indianerkämpfe und Schlachten ist beispielhaft, die Bilder der satten, grünen Natur, verbunden mit ihrem unweigerlichen Öko-Symbolismus, hätten auch einen Terrence Malick befriedet. Ach, und der stoische Wes Studi ist toll, wie immer.

8/10

Siebenjähriger Krieg Lederstrumpf French-/Indian War Michael Mann J.F. Cooper Historie


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L.A. TAKEDOWN (Michael Mann/USA 1989)


"All I am is what I'm going after."

L.A. Takedown (Showdown In L.A.) ~ USA 1989
Directed By: Michael Mann


Der beinharte Cop Vincent Hanna (Scott Plank) wird auf eine straff organisierte Gang aufmerksam, die ihre minutiös geplanten Raubzüge in ganz L.A. abwickelt. Hannas beruflicher Fanatismus macht sich wiederum in seinem Privatleben bemerkbar. Derweil plant Patrick McLaren (Alex McArthur), der Kopf der Gangster, seinen letzten Coup durchzuziehen, um sich dann zur Ruhe setzen zu können. Da lernen sich die beiden Antagonisten per Zufall kennen...

Sechs Jahre vor "Heat" (demnächst in diesem Theater) entwickelte und realisierte Michael Mann bereits die Idee um zwei Widersacher auf entgegengesetzten Gesetzesseiten, die sich tatsächlich als sympathisch und ebenbürtig wahrnehmen und deren Duell daher umso tragischer wird. Die erste Variation entstand allerdings fürs Fernsehen und erweist sich schon aufgrund der korsettierten Lauflänge und der diversen anderen medialen Einschränkungen als dem großen Remake keinesfalls ebenbürtig. Dennoch lohnt "L.A. Takedown" den Blick, zumal als schicker Genrefilm seiner Zeit und insbesondere als jeweilige Zeitzeichen illustrierender Bestandteil der Mann'schen Filmographie. Diverse der ihm wichtigen, immer wieder bemühten Topoi werden hier gestriffen: Kriminelle Ehrenkodexe, professionelle Integrität, Freundschaft, Verrat. "Heat" brachte die formale Perfektion und trifft einige umwegsamere oder auch ganz andere Handlungsentscheidungen, im Großen und Ganzen aber bildet "L.A. Takedown" fraglos das entsprechende Saatgut. Dazu gibt's außerdem eine von Billy Idol eingesungene, flotte Coverversion von "L.A. Woman" (die sich in Wahrheit allerdings etwa ebensoweit vom Original bewegt wie der Film selbst von seiner Wiedererweckung).

7/10

Heist TV-Film Michael Mann Los Angeles Duell


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STARSHIP TROOPERS (Paul Verhoeven/USA 1997)


"I'm doing my part!"

Starship Troopers ~ USA 1997
Directed By: Paul Verhoeven


Die Zukunft. Die gesamte irdische Gesellschaft ist mittlerweile politisch miteinander verschmolzen, intrahumane Konflikte existieren nicht mehr. Seine Feinde sucht und findet man nunmehr in den Tiefen des Weltalls: Dort leben riesige Insekten, von den Menschen kurzerhand "Bugs" genannt, die es auszurotten gilt, um den Fortbestand der eigenen Spezies zu sichern. Die jungen Soldaten Rico (Casper Van Dien), Flores (Dina Meyer) und Ibanez (Denise Richards) hüpfen geradewegs von der Schulbank in die Militärausbildung, um am interplanetarischen Krieg gegen die Bugs zu partizipieren.

Die wichtigsten Stabsmitglieder von "RoboCop" unterstützen Verhoeven durch ihre enthusiastische Mitarbeit bei seiner zweiten großen SciFi-Satire, die jedoch noch weitaus schärfer und hinterfotziger zu Werke geht als das genau zehn Jahre zuvor entstandene Regisseurs-Meisterstück. Das "Troopers"-Script stammt wiederum von dem überaus hellsichtigen Ed Neumeier, der martialische Score von Basil Poledouris und Jost Vacano trumpft ein weiteres Mal als dp.
"Starship Troopers" kleidet seine vorgebliche Utopie einer globalen klassenbefreiten Einheitsgesellschaft mit ungebrochenen kombattanten Ambitionen in aseptische, klinisch reine Bilder, bevölkert von ausnahmslos schönen Jugendlichen in soap-opera-artigen Luftschlössern auf der einen und verstümmelten Kriegsveteranen, die sich nicht scheuen, eine neue Soldatengeneration heranzuziehen, auf der anderen Seite. In der Zukunft ist der Faschismus in seiner reinsten Form wiederum omnipräsent, nur eben auf intergalaktischer Ebene; denn ohne Feindbilder können auch die futuristischen Menschenpendants nicht. Ihr Faschismus ein Kosmopolitikum. Alles lebt nurmehr für Leistung, Image, gutes Aussehen, Geld, materiellen Erfolg und ähnliche Oberflächlichkeiten. Verhoeven und Neumeier machen es ihrem Publikum dabei keineswegs leicht: Ihre böse Kritik (bekanntermaßen ist jede Dystopie vornehmlich eine überspitzte bzw. kodierte Sektion bereits bestehender Verhältnisse) verstecken sie hinter gelacktem, formal nicht nur einwandfreiem, sondern gar exzellentem Mainstream-Kino, das nur selten seine schmutzigen Kehrseiten durchschimmern lässt; in den bereits aus "RoboCop" und "Total Recall" bekannten Infotainment-Clips etwa, oder in den spektakulär-blutigen Schlachtenszenen. So ist "Starship Troopers" im Wesentlichen dichter an "Im Westen nichts Neues" als an der im Prinzip ad absurdum geführten und damit nurmehr nominellen Vorlage von Heinlein - bloß, dass er noch ein gutes Stück schwärzer mit seinen Figuren umgeht als Remarque ehedem mit seinem Paul Bäumer: In dieser Version der Gefreitenmoritat genießt ein Johnny Rico nämlich keine reinigende, sittliche Edukation, sondern bleibt auf ewig ein Held - ein hübscher und ganz besonders dummer freilich.

9/10

Aliens Militaer Paul Verhoeven Satire Monster Zukunft Dystopie Farce


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BLOWN AWAY (Stephen Hopkins/USA 1994)


"Who are you?" - "I'm the kite rescuer."

Blown Away (Explosiv) ~ USA 1994
Directed By: Stephen Hopkins


Ausgerechnet als der Bostoner Bombenentschärfer Jimmy Dove (Jeff Bridges) sich aus Liebe zu seiner neuen Frau (Suzy Amis) von seinem Beruf verabschieden will, holt ihn seine Vergangenheit ein in der Person des aus dem Gefängnis geflohenen Terroristen Ryan Gaerity (Tommy Lee Jones). Jimmy, der eigentlich Liam McGivney heißt, und Gaerity waren einst befreundete Mitglieder der IRA und haben diverse Anschläge verübt bis Gaerity von Jimmy verraten wurde und in einem nordirischen Gefängnis landete. Für diesen Umstand will sich der Sprengstoffprofi nun ausgiebig rächen.

"Blown Away", der mit dem damals kurzzeitig schicken IRA-Thema und dem auf den nordamerikanischen Kontinent ausgeweiteten Nordirland-Konflikt hantiert, präsentiert sich als handwerklich vorzügliche Regiearbeit, die dem neuen Genretenor 'Geschwindigkeit' noch nicht zu folgen bereit ist, sondern ihre Geschichte vermittels einer eher als 'klassisch' zu bezeichnenden Dramaturgie erzählt. Die politischen Züge der Story bleiben allerdings bloße Behauptung und tief in der Bedeutungslosigkeit stecken, derweil die Pyroeffekte und vor allem ihre Affektsteuerung das eigentliche Herz von "Blown Away" darstellen: Dem Titel gemäß geht es nämlich primär um die voyeuristische Faszination von Explosionen und Feuer; die Zerstörung von Gaeritys Vertsteck, einem Tankerwrack, etwa, wird auf der Leinwand dermaßen zelebriert, als ginge es darum, einen multiplen Orgasmus zu visualisieren. Dass der Film dann ein klassisches U2-Stück ("I Still Haven't Found What I'm Looking For") zu einem Leitmotiv ernennt - es symbolisiert Gaeritys in den Wahn abgeglittenen Rachewunsch und seine jahrelange Abgeschnittenheit vom Weltgeschehen - ist insbesondere für Band-Enthusiasten wie mich ein geradezu brillanter Einfall.
Auch daher: "Blown Away" lohnt die Wiederentdeckung.

8/10

Terrorismus IRA Stephen Hopkins Boston Nordirland


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TOTAL RECALL (Paul Verhoeven/USA 1990)


"Open your mind."

Total Recall (Die totale Erinnerung) ~ USA 1990
Directed By: Paul Verhoeven


Im Jahre 2084 werden die Planeten nach ihrer Kolonisierung im großindustriellen Maßstab ausgebeutet. Auf dem Mars baut man wertvolles Turbiniumerz ab. Der raffgierige Politiker Cohaagen (Ronny Cox) verwaltet dieses Milliardengeschäft und "versorgt" die Arbeiter im Gegengzug mit wegen der lebensfeindlichen planetaren Atmosphäre existenznotwendigen Kuppeldächern, die allerdings von billigster Konstruktion sowie nicht strahlenresistent sind und daher für Mutationen bei den Kindern sorgen. Derweil träumt der Bauarbeiter Doug Quaid (Arnold Schwarzenegger) auf der Erde von einem Marsbesuch. Da ein solcher in der Realität allzu umständlich erscheint, entscheidet sich Quaid für einen Besuch bei der Erinnerungsimplantierungsfirma REKALL, um sich zumindest eine lebensechte, wenn auch gefälschte Erinnerung an den Mars zu erkaufen. Sein persönliches Kundenpaket sieht außerdem vor, dass Doug für die Dauer des Egotrips aus seinem Alltag als Arbeiter entkommen und seine Ferien als Geheimagent verbringen kann. Die Implantation scheint jedoch schiefzugehen und urplötzlich sieht sich Quaid mit zahlreichen waffenstarrenden Gegnern und einer falschen Identität konfrontiert. Seine Frau (Sharon Stone) will ihn töten und bald landet er tatsächlich auf dem Mars, wo er zum Revolutionshelden wird.

Mit "Total Recall" verbinde ich ganz besondere biographische Erinnerungen: Ich hatte das große Glück, den Film damals mit vierzehn Jahren auf der Leinwand sehen zu können, eine Kinoerfahrung, die mich so dermaßen übergebügelt hat wie nichts Vergleichbares zuvor. Überhaupt sind die Latenz- bzw. Pubertätsphasen ja für den möglichst unbefangenen Genuss von Eventmovies das beste Alter, man hat das Staunen noch nicht verlernt und ist perzeptiv betrachtet andererseits noch naiv genug, um auf mediale Affektevozierung halbwegs widerstandslos eingehen zu können. In dieser Phase also hatte Verhoeven mich mit seiner brillanten Reflexion um ein möglicherweise auch innerhalb der Filmrealität rein imaginäres Abenteuer erwischt, und zwar kalt. Diesem Erlebnis konnte danach wie erwähnt zunächst mal gar nichts das Wasser reichen, bis dann irgendwann Ridley Scotts Director's Cut von "Blade Runner" kam (sicher nicht ganz zufällig ebenfalls eine Dick-Verfilmung mit sich sukzessive auftürmenden Identitäts- und Realitätsfragen). Auf die sagenhafte technische Fertigung von "Total Recall", mit all seinen topographischen Konstruktionen und Szenarien, seiner kompromisslosen (jedoch rein visuellen) Brutalität und dem hypnotisierenden Goldsmith-Score einzugehen lohnt kaum, das ist ja sowieso alles hinlänglich bekannt. Was indes bis heute rückhaltlos fasziniert, ist die um die verschiedenen möglichen, dabei ungeklärten Realitätsebenen kreisende Metastruktur. Die Frage danach, ob sich all das, was er und wir mit ihm erleben, tatsächlich nur um Quaids Egotrip handelt, ob er einer "schizoiden Embolie" zu erliegen droht, wie man ihm zwischendurch weiszumachen versucht oder ob Quaid tatsächlich den Mars rettet, lässt sich, von Verhoeven ganz bewusst arrangiert, bis zum Schluss nicht eindeutig beantworten - wenngleich die ungewöhnliche Weißblende zum Abschluss schon stellvertretend für eine gewisse inszenatorische Tendenz betrachtet werden kann. Neben "The Terminator" dürfte "Total Recall" somit das intelligenteste Lichtspiel sein, in dem Schwarzenegger je das Glück hatte aufzutreten. Vor allem lebt dieser Film ausnahmsweise nicht von Arnolds Physis, sondern von der bloßen narrativen Substanz des Scripts. Es mag - wie öfter bei mir - reaktionär anmuten, aber für mich ist "Total Recall" ein Zeugnis aus besseren Kinotagen.

10/10

Splatter Mutant Zukunft Philip K. Dick Paul Verhoeven Mars Weltraum Identitaetskrise


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SHAFT (John Singleton/USA 2000)


"It's my duty to please that booty."

Shaft ~ USA 2000
Directed By: John Singleton


Der stets streitbare Police Detective John Shaft (Samuel L. Jackson) legt endgültig die Marke nieder, als der süffisante, rassistisch motivierte Totschläger Walter Wade Jr. (Christian Bale) schon zum zweiten Mal gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt wird. Shaft beschützt eine unter Druck gesetzte Tatzeugin (Toni Collette) und knöpft sich Wade auf bodenständige Weise als Privatermitller vor, ganz in der Tradition seines legendären Onkels (Richard Roundtree).

Gelungener Relaunch der berühmten Blaxploitation-Reihe aus den Siebzigern, die sich ganz klar nicht als Remake, sondern als Fortführung der Ur-Trilogie versteht. Der "Original-Shaft" tritt, schon das eine Ehrerbietung nach Maß, noch immer auf und keinen Deut leiser; Jackson legt seine Figur erst gar nicht als simple Neuauflage nach 25-jährigem Dornröschenschlaf an, sondern charakterisiert den Titelhelden als knallharten Gerechtigkeitsfanatiker an der Schwelle zum Selbstjustizler, der sich das schwarze Selbstbewusstsein nicht wie sein berühmter Onkel über die Jahre antrainieren musste, sondern dem es gleich in die Wiege gelegt wurde. Singleton erweist sich als hervorragender Actionregisseur mit perfektem Gespür für Timing und äußere Kurzweil, der fulminante Score von David Arnold ist deutlich mehr als eine bloße Reminszenz an Isaac Hayes' klassisches Original.
Hübscher, kleiner Machoscheißdreck.

7/10

Selbstjustiz John Singleton New York Remake





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