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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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SURROGATES (Jonathan Mostow/USA 2009)


"It appears, at least for now, that we are on our own."

Surrogates ~ USA 2009
Directed By: Jonathan Mostow


Im Jahre 2056 pflegen fast sämtliche Menschen ihre Wohnungen nicht mehr zu verlassen und ihren Alltag stattdessen mittels ihres jeweiligen "Surrogate" zu bewältigen. Bei diesem handelt es sich um einen geistig und sensitiv komplett von zu Hause aus gelenkten Roboter, der als Avatar fungiert. Für die Menschen selbst besteht somit keinerlei Gefahr mehr durch äußere Einflüsse oder Faktoren und da sie nur noch als ihre künstliche Version auftreten, sehen sie permanent aus wie aus dem Ei gepellt. Auch der seit dem Tode seines kleinen Sohnes depressive Cop Tom Greer (Bruce Willis) hat einen 'Surrey', wie die Stellvertreter-Androiden liebevoll bezeichnet werden. Als er den Mord an Unternehmersohn Canter jr., der via seinen Surrey (James Francis Ginty) getötet wurde, aufklären muss, gerät er an die Anti-Surrogate-Bewegung der "Dreads" und ihren prophetischen Führer (Ving Rhames).

Was inhaltlich zunächst wie eine Story von Dick oder Asimov anmutet, basiert tatsächlich auf einer kleinen, noch jungen Comicserie, die die oberflächlich verlockende Idee, sich nurmehr in Form eines robusten, wunderhübschen Ersatzkörpers durch die Welt bewegen zu können, kultiviert. Die Schattenseiten einer solchen "Realität der versteckten Leiber" werden selbstverständlich ganz schnell offenbar. Die daheim in ihren abgedunkelten Räumen verschanzten, echten Menschen verlieren vollkommen den Bezug zur Außenwelt und werden zu kränklichen Schatten ihrer selbst. Als Tom Greer erstmals nach langer Zeit persönlich ans Tageslicht treten muss, weil sein Surrey zerstört wurde, wird er umgehend das Opfer böser Angstzustände. Dass er sich im Nachhinein zu einem gemäßigteren, unvorhergesehenen Agenten bzw. Handlanger des Oberbösewichts machen lässt und die komplette Menschheit zum cold turkey nötigt, wirkt angesichts seiner vorgelaufenen Charakterzeichnung zwar etwas abenteuerlich, steht dem in eine ähnliche Kerbe wie Proyas' "I Robot" schlagenden "Surrogates" jedoch summa summarum ganz gut zu Gesicht. Das größte Problem von Mostows Film dürfte sein, dass er viel zu kurz geraten ist. Die inhaltliche Prämisse hätte durchaus das Potenzial zu mehr Komplexität gehabt, die mutmaßlich zugunsten von Straffungsgründen fallen gelassen wird. Ansonsten bleibt der Film bis auf die sehr brauchbare Vorstellung Willis' eigenartig aseptisch. Der seltsam dumpfe Farbfilter wirkt leicht befremdlich, möchte aber nicht ausschließen, dass er bei späterer Betrachtung noch seine Geltung entfalten wird.

6/10

Roboter Jonathan Mostow Kunstmensch Zukunft Dystopie Comic Androiden


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THE SEVEN-UPS (Philip D'Antoni/USA 1973)


"Respect for the dead is considered very important. You know that."

The Seven-Ups ~ USA 1973
Directed By: Philip D'Antoni


Die Seven-Ups um Buddy Manucci (Roy Scheider) sind eine kleine, paralegale Truppe der New Yorker Polizei, die von den Kriminellen der Stadt besonders ihrer rüden Ermittlungsmethoden wegen gefürchtet ist. Ausgerechnet Vito Lucia (Tony Lo Bianco), Bestattungsunternehmer, Jugendfreund und Informant Manuccis, beteiligt sich maßgeblich an einem lukrativen Kidnapping-Geschäft, dem nacheinander die großen Mobster der Stadt auf den Leim gehen. Als bei einer dieser Aktionen Manuccis Kollege Ansel (Ken Kercheval) erschossen wird, drehen die Seven-Ups noch gnadenloser auf als ohnehin, um die Kidnapper festnageln zu können.

Ein reaktionärer Filmbericht: "The Seven-Ups" ist ein bleibend sagenhaft guter Polizei- und Actionfilm, bei dem mir jedesmal, da ich ihn sehe, permanent und als Nachhall die blanke Wehmut durch den Kopf schwirrt: 'Sowas wird heute einfach nicht mehr gebaut.' Die Gesichter waren kantig, die Schauspieler, unter ihnen nicht sonderlich schöne, aber eben glaubhafte Charakterköpfe wie Joe Spinell oder Richard Lynch, wirkten lebensecht. Und erst diese zwingende Kreierung von Urbanität. Man getraute sich, vom herbstlich-grauen New York auch die finstersten und schmierigsten Drecksecken abzulichten, um so den notwendigen Effekt gnadenlosen Naturalismus' zu erzielen. Die Verfolgungsjagden (von denen "The Seven-Ups" eine der besten zeigt, die bis dato überhaupt im Film zu bewundern sind - und das wohlgemerkt nicht als Showdown, sondern mittendrin) wurden noch der Bezeichnung "kinetisch" gerecht, ja, organisch waren sie gar und entbehrten jedweder Form allzu offensichtlicher Choreographie. Hinzu kam der stoische Verzicht auf Geschwätzigkeit, Phrasen, Worthülsen, wie sie heute ganz Szenen füllen. Zwar erreicht D'Antonis Film - nebenbei seine einzige Regiearbeit - nicht ganz das große von ihm produzierte Vorbild "The French Connection" (unter anderem, da dessen schmerzlich ambivalente Figurenzeichnung hier keinen Platz findet), bietet jedoch in jedem Fall pures, unverfälschtes Genre-Kino, das einen noch lange im Nachhinein für jede neuerliche Betrachtung dankbar sein lässt.

9/10

Mafia New York Philip D'Antoni car chase


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JOY RIDE (John Dahl/USA 2001)


"Candy Cane? Are you there?"

Joy Ride ~ USA 2001
Directed By: John Dahl


Student Lewis (Paul Walker) besorgt sich ein Auto, um seinen Schwarm Venna (Leelee Sobieski) durch den Westen kutschieren zu können und ihr so näherkommen zu können. Dummerweise schaltet sich auch Lewis' ewig delinquenter, älterer Bruder Fuller (Steve Zahn) ein, der mal wieder eingesessen hat und nun abgeholt werden möchte. Jener ist es auch, der einen ganz dummen Scherz mit Folgen einstielt: Per CB-Funkgerät lässt er Lewis sich als Truckerschlampe 'Candy Cane' ausgeben und irgendeinen Fernfahrer namens 'Rusty Nail' mitsamt Champagnerflasche zu jenem Motel antreten, in dem die Brüder abgestiegen sind Imn deren Nebenraum wohnt nämlich ein mürrischer Typ, dem Fuller einen Denkzettel verpassen möchte. Als dieser Nachbar am nächsten Tag halbtot am Highway gefunden wird, bekommen es Lewis und Fuller mit der Angst. Zu Recht, denn 'Rusty Nail' hat überhaupt keinen Sinn für Humor...

In der Tradition von Spielbergs "Duell", Franklins "Roadgames" und Harmons "The Hitcher" steht Dahls nächster Film, ein überaus gemeiner, dabei rein auf seinen dramaturgischen Grundgedanken heruntergebrochener Thriller. Das Road Movie und speziell der amerikanische Westen mit seinen staubigen Highways haben es Dahl, wie man seit seinen ersten Filmen weiß, angetan, insofern dürfte die Rückkehr in ebendiese Gefilde ihm eine Menge Freude bereitet haben. Zudem ist wie in "Rounders" das Motiv des haltlosen Verlierers, der seinem vernünftigen, aber naiven 'Partner' durch sein unbesonnenes Verhalten den Ärger seines Lebens beschert, von maßgeblicher Gestalt. "Joy Ride" vertritt und lebt, ähnlich wie die genannten Beispiele, eine besondere Form des Reduktionismus: Nachdem der personifizierte Terror Macht über seine mehr oder weniger unwissenden Opfer gewonnen hat, ist es, als würden diese geradewegs in eine Art dämonischer Parallelwelt gezogen, in der althergebrachte Institutionen wie Staatsgewalt vollkommen außer Kraft gesetzt sind. Die Bemitleidenswerten werden zu Spielbällen einer teuflisch anmutenden, anonymen Macht, die sie buchstäblich bis aufs letzte Hemd auszieht und einen unvergesslichen Denzettel verabreicht. Eine feine Ironie und Eigenart des Road Thrillers, dass dies keine fröstelnde Dunkelheit benötigt - der bare Schrecken spielt sich bei gleißendem Sonnenlicht und in sengender Hitze ab.

7/10

Road Movie Trucker Madness John Dahl


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WILD GEESE II (Peter Hunt/UK, AU 1985)


"But... I deserve being imprisoned!"

Wild Geese II (Wildgänse 2) ~ UK/AU 1985
Directed By: Peter Hunt


Alex Faulkner (Edward Fox), Bruder des verstorbenen Söldners Allen Faulkner und ebenfalls vom Fach, bekommt von einer britischen Mediengesellschaft das Angebot, für eine stattliche Summe den über neunzig Jahre alten Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß (Laurence Olivier) aus seinem Gefängnis in Spandau zu befreien - die anschließende Sensation, so versichert man ihm, wäre ohnegleichen und Hess könne diverse brüskierende Geheimnisse über die Supermächte preisgeben. Faulkner lehnt das irrsinnige Unterfangen zunächst ab, empfiehlt aber seinen Kollegen Haddad (Scott Glenn), der den Auftrag dann auch tatsächlich annimmt. Nachdem Haddad auch Faulkner überredet hat, einzusteigen, bekommt er es in Berlin mit einem ominösen Terror-Netzwerk und den Sowjets zu tun, noch ehe er die Planung zu Heß' Befreiung auch nur konkretisieren kann.

Nachdem nicht weniger als sechs Söldner- und Kriegsfilme, davon mindestens einer lange vor McLaglens "The Wild Geese" entstanden waren, häufig solche aus der Produktions- oder Verleihschmiede des Schweizers Erwin C. Dietrich (unter zumeist italienischer Beteiligung), und das erfolgreiche "Wildgänse"-Trademark verwurstet hatten, beendete dieses einzige reguläre Sequel das entsprechende title dropping ziemlich unversehens. Für "Wild Geese II" krallte sich der Produzent Euan Lloyd den Vorlagenautor des ersten Teils, Daniel Carney, der extra für den zweiten Film einen Roman anfertigte, den Original-Scriptautor Reginald Rose und den Kompositeur Roy Budd. Zunächst sollte auch Richard Burton noch einmal als Allen Faulkner antreten, doch seine extrem unstete Lebensweise brachte ihn ganz kurz vor der Umsetzung dieser Pläne leider ins frühe Grab. Die Originalplakate zeugen noch von Burtons geplanter Mitwirkung; eine Pre-Title-Sequenz, die einige Szenen des Vorgängers zusammenfasst, versichert uns schließlich den hochoffiziellen Status des vorliegenden Films. Da Lloyd keinen einfachen Ersatz für Burton wünschte, wurde das Script kurzerhand zugunsten Edward Fox' Bruderrolle umgedichtet und mehr Gewicht auf Scott Glenns Part gelegt. Zudem gab es im Vergleich zum Vorgänger ein weiteres Novum: Besetzt von Barbara Carrera, die in den frühen und mittleren Achtzigern häufig im Actionfilm anzutreffen war, kam eine relativ gewichtige Frauenrolle hinzu. Einige Stars aus der zweiten Reihe, darunter Ingrid Pitt, John Terry und Robert Webber, gaben sich ein Stelldichein in Gastauftritten. Für Laurence Olivier, der, seine zwischen wacklig und rührend pendelnden Auftritte zeugen davon, ebenfalls bereits mit einem Bein in der Kiste zu stehen scheint und der in den späten Karriejahren ja so oder so häufig mit dem Nazifach in Verbindung trat (s. "Marathon Man" und "The Boys From Brazil"), war dies eine der letzten appearances - eine ganz schöne, wohlgemerkt.
Als eigenständiger Söldnerfilm geht "Wild Geese II" in Ordnung. Zwar fehlt das exotische Ambiente des Erstlings und der Dietrichs, die Mauerstadt mitten im Kalten Krieg und ein paar gelungener filmischer Verweise auf ihren damaligen Enklavenstatus (in einer Szene steht Scott Glenn auf einer Empore und blickt ungläubig in den Ostteil der Stadt herüber) aber wirken sich sogar recht seriös aus. Ziemlich daneben geht es, wenn der Film notgedrungen versucht, den Charme des Originals zu repetieren, etwa in der Person des Schleifers (Paul Antrim). Das landet völlig in der Hose und wäre eher zu vermeiden gewesen. Wie stets in seinen stoischen Eighties-Performances - ich denke da besonders gern an "Man Of Fire" - ist Scott Glenn ein erfreulich wortkarger Held und Roy Budds Musik immerhin fast so gut wie die fürs Original. Insgesamt gibt's wohl geringfügig mehr auf der Habenseite; für "The Wild Geese", den ich zu meinen Lieblingsfilmen zähle, bedeutete Hunts Fortsetzung jedoch niemals auch nur den Hauch einer Gefahr.

6/10

Nationalsozialismus Berlin Kalter Krieg Soeldner Peter Hunt Daniel Carney


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CLASS OF 1999 (Mark L. Lester/USA 1990)


"Education at its finest."

Class Of 1999 (Die Klasse von 1999) ~ USA 1990
Directed By: Mark L. Lester


Im Jahre 1999 finden sich die amerikanischen Schulen nicht mehr in sozialen Brennpunkten, sie sind selbst zu sozialen Brennpunkten geworden. Das Militär hat eine Einheit speziell für Schulinterna abgestellt, was die Kids der Zukunft jedoch nicht davon abhält, sich innerhalb der pädagogischen Institutionen noch säuischer aufzuführen als in ihren Klubhäusern. Der soeben aus dem Knast entlassene Cody Culp (Bradley Gregg) sieht sich neben dieser unhaltbaren Situation noch mit einer ganz neuen Sorte Problem konfrontiert. An seiner High School werden drei rein äußerlich als solche unidentifizierbare Androiden (Patrick Kilpatrick, Pam Grier, John Ryan) als Lehrer eingesetzt, die sich bald munter durch die Schülerreihen metzeln und denen ihr Elektronengehirn bald die folgerichtige Lösung beschert: Wenn die Schüler zum Problem werden, müssen die Schüler weg...

Mark L. Lester, ein Mann fürs buchstäblich Grobe, legte mit "Class Of 1999" die inoffizielle Fortsetzung seines Terror-Klassikers "Class Of 1984" nach, in dem seinerzeit der kreuzbrave Pauker Perry King von seinen Schülern bis aufs Blut getriezt und aus der Reserve gelockt wurde. Ging Lester damals nur zwei Jahre in die Zukunft und lieferte eher einen konservativen, überreaktionären Kommentar zum status quo, entwirft er mit "Class Of 1999" einen an bekannzen SciFi-Modellen orientiertes, dystopisches Bild der Zukunftspädagogik, das sich ganz konträr zu seinem Vorgänger auf die Seite der renitenten Schüler schlägt und den didaktischen Zukunftsalbtraum auf Lehrerseite verortet. Sein Held ist demzufolge ein Schüler, die (veritablen) Gegner kommen gleich als Trio daher: Die B-Movie-Garde Kilpatrick, Grier und Ryan als Sprüche kloppende Killerlehrer sind so ziemlich das Heißeste, was sich im Actionjahr 1990 auf der Leinwand einfand. "1999" sollte nicht unbedingt mit "1984" verglichen werden, er ist vielmehr lupenreines Genrekino und blanke Satire, verzichtet auf den trüben Versuch, so etwas wie Besorgnis zu evozieren, muss sich daher aber gleichermaßen den Vorwurf gefallen lassen, den Stellenwert seines Vorgängers nicht ankratzen zu können. Ich vermute aber, dazu ist er auch gar nicht gedacht.

6/10

Teenager Cyborg Kunstmensch Zukunft Schule Dystopie Mark L. Lester Roboter Androiden


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DEATH HUNT (Peter Hunt/USA 1981)


"If it's you that represents our future, I'd rather not live to see it."

Death Hunt (Yukon) ~ USA 1981
Directed By: Peter Hunt


Das Yukonterritorium, 1931: Als der einsame Trapper Johnson (Charles Bronson) einen halbtoten Kampfhund aus den Fängen des fiesen Hazel (Ed Lauter) befreit, reagiert dieser überpikiert. Bei seinem folgenden Versuch, Johnson zu überfallen, kommt einer von Hazels Kompagnons zu Tode. Von nun an muss sich der widerwillige Mountie Millen (Lee Marvin) der Sache annehmen, der eigentlich nicht nur nichts gegen Johnson hat, sondern ihn sogar respektieren lernt. Johnson liefert seinen Verfolgern einen beinharten Kampf bis aufs Blut.

Dem genealogischen Bindeglied zwischen den beiden anderen Manhunt-Filmen "Chato's Land" und "First Blood" habe ich durch jahrzehntelange Ignoranz infolge einer ganz dummen Sache sträfliches Unrecht getan, wie ich justament zu etwa gleichen Teilen beschämt und erfreut feststellen musste. Der Grund dafür, dass ich "Death Hunt" so lange nicht mehr anschauen wollte, war mir stets unbewusst, bis er mir gestern wie Schuppen von den Augen fiel: Nichts weniger als Bronsons deutsche Synchronstimme Gernot Duda, itzo besser bekannt als 'Barney Gumble' aus den "Simpsons", war dran Schuld. Zwar gab es zu meiner damaligen Früh-Bronson-Fanzeit, die ich meinem seligen Papa verdanke und etwa auf die zweite Hälfte der achtziger Jahre datiere, zwar die "Simpsons" noch nicht, jemand anderes als Michael Chevalier, Arnold Marquis oder im Schmerzensfall Wolfgang Hess auf Bronson kam mir aber nicht ins Fach. Ich glaube, ich war seinerzeit stinkbeleidigt und habe, nachdem ich den ersten von Bronsons etwa zehn im Film gesprochenen Sätzen hörte, "Ein Mann wird zur Bestie", wie seine damalige Videotheken-Inkarnation so schön hieß, auf meine persönliche schwarze Liste gesetzt. Wenn man klein ist, ist man eben manchmal ein veritables Arschloch.
"Death Hunt" bietet jedoch nichts weniger als exzellentes Altherren-Actionkino vor prächtiger Kulisse, knüppelhart an exakt den richtigen Stellen und in einem ähnlichen mentalen Turnus befindlich wie all die schönen Peckinpah-Western, in denen die ewig gestrigen Helden mit den zahlreichen Unannehmlichkeiten des Heute konfrontiert werden und sich angewidert abwenden. Ein ehrenhaftes Männerduell, wie Millen es gern gehabt hätte, bleibt ihm versagt, weil gierige Geschäftsleute, ein Kneipier und ein Redakteur, eine hohe Belohnung auf Johnson aussetzen und dafür sorgen, dass in den in eisiger Stille daliegenden Rocky Mountains bald die Hölle losbricht. Ein jeder, der die atmosphärische Nomenklatur eines "First Blood" schätzt, sollte angesichts der aktuell erschienenen, qualitativ tadellosen DVD dieses Films unbedingt einen Blick riskieren.

8/10

Neowestern Great Depression Peter Hunt Kanada Schnee Rocky Mountains Hund


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UNIVERSAL SOLDIER (Roland Emmerich/USA 1992)


"These shitheads, these yellow traitoring motherfuckers! They're everywhere! And I, Sergeant Andrew Scott of the US Army, I'm gonna teach 'em all!"

Universal Soldier ~ USA 1992
Directed By: Roland Emmerich


Die beiden G.I.s Deveraux (Jean-Claude Van Damme) und Scott (Dolph Lundgren), die sich während des Vietnamkriegs infolge eines Disputs gegenseitig abgeknallt haben, werden im Zuge eines geheimen Militärprojekts zu "Universal Soldiers" umfunktioniert. Dabei handelt es sich um eine Truppe für tot erklärter Soldaten, deren Gedächtnis vermeintlich komplett ausgelöscht ist und die jeglichen Befehl roboterhaft ausführen. Deveraux und Scott jedoch erinnern sich unplanmäßigerweise an ihre früheren Existenzen sowie ihren Todeskampf und setzen diesen in der Gegenwart fort.

Spaßiger, trotz seiner eher für Genre-Knappsereien berüchtigten darstellischeren Dublette großbudgetierter Actionfilm mit kalkuliertem Hang zur Selbstironie. Emmerich macht keinen Hehl aus seiner stoischen Negation jeglicher Subtilität oder gar Klugheit auf der Leinwand und lässt es wie eh und je gehörig krachen, bindet hier und dort einige schon recht stark an der Peinlichkeit kratzende Gags ein, erfreut sich verzückt an Van Dammes eingeöltem Knackarsch (der hier ausnahmsweise mal nicht zum Spagat gespreizt werden muss) und an der Option, ein bisschen was inmitten der kalifornischen Provinz kaputt machen zu dürfen. Die wahre Schau des Films ist allerdings Dolph Lundgren, der auf sehr witzige Art beweist, dass man ihn viel öfter als einen solch veritablen Bösewicht hätte einsetzen sollen.
Das altbekannte "Frankenstein"-Thema des in der Identitätskrise befindlichen Kunstmenschen bzw. Techno-Zombies, das in den Jahren zuvor etwa "RoboCop" und "Terminator II: Judgement Day" diskursiv bereichern konnten, verkommt bei Emmerich respektive seinem Stammautoren Dean Devlin erwartungsgemäß zu bloßer Staffage und zum Mittel zum Zweck. Ist man sich dessen zur Gänze bewusst, kann "Universal Soldier" (dessen Titel mit dem gleichnamigen Protestsong von Buffy Sainte-Marie in etwa so viel zu tun hat wie Da Vincis "Vitruvianischer Mensch" mit Strichmännekes) einem aber 'ne Menge Amüsement liefern.

5/10

Kunstmensch Roland Emmerich Vietnamkrieg Militaer


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THE STONE KILLER (Michael Winner/USA, I 1973)


"What hit him?" - "A complete state of death."

The Stone Killer (Ein Mann geht über Leichen) ~ USA/I 1973
Directed By: Michael Winner


Nachdem er wegen seiner rüden Methoden von New York nach L.A. strafversetzt wurde, kommt Lieutenant Torrey (Charles Bronson) einer großangelegten Mafiaaktion auf die Spur: Der aus Sizilien stammende Pate Don Vescari plant, mithilfe eines eigens für diesen Auftrag trainierten, ausschließlich aus Vietnam-Veteranen bestehenden Killer-Kommandos sämtliche seiner Konkurrenten aus dem Weg zu räumen und damit eine seit über vierzig Jahren schwelende Vendetta endlich in die Tat umzusetzen.

Nicht das erste und nicht das beste Werk der langjährigen Kollaboration Winner/Bronson, dennoch aber ein sehr passabler Genrebeitrag, der sich mit flottem Score (Roy Budd), einigen Derbheiten und emsigen Schnitzereien an der Ikonisierung von Bronsons hell illuminierter Rächerfigur ziemlich nahtlos in den zeitgenössischen Action- und Polizeifilm einreiht. Mit Martin Balsam als großem, wörtlich unfassbaren Antagonisten steht Bronson ein Gegner von Format gegenüber; leider jedoch kommt es zu keinem direkten Duell zwischen den beiden. Ferner dürfte dies einer der wenigen, wenn nicht der einzige Bronson-Film sein, in dem Charley am Ende vor dem Geschick und der Übermacht des organisierten Verbrechens kapitulieren muss und nur zweiter Gewinner bleibt. Das ist angesichts der späteren Karriere des Bestrafers von beinahe schon göttlichen Gnaden ein wenig unbefriedigend, angesichts des ansonsten unterhaltsamen Resultats inklusive flotter Verfolgungsjagd jedoch verschmerzbar.

6/10

Mafia Los Angeles New York Michael Winner


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GIVE 'EM HELL, MALONE (Russell Mulcahy/USA 2009)


"Suck my Sinatra!"

Give 'Em Hell, Malone ~ USA 2009
Directed By: Russell Mulcahy


Der beinharte Privatdetektiv Malone (Thomas Jane) gelangt in den Besitz eines Köfferchens, das die Gemüter der hiesigen Unterwelt erhitzt - allen voran das des Zuhälters Whitmore (Gregory Harrison), der ein Trio teils vollkommen verrückter Killer (Ving Rhames, Doug Hutchison, Chris Yen) hinter Malone herschickt, um selbst an den Koffer und seinen rätselhaften Inhalt zu gelangen. Und dann ist da noh die schöne, aber verlogene Evelyn (Elsa Pataky)...

So ganz ins Reine gekommen bin ich mit Mulcahys neuem Film nicht. "Give 'Em Hell, Malone" biedert sich unverhohlen an beim Zuschauer und scheint förmlich aus jeder Pore danach zu lechzen: "Find mich cool! Find mich cool!" Eine solche Art der Evokation ist mir in der Regel kreuzunsympathisch - wenn sich dazu noch ein ganz gezielt abgekupfertes "Sin City"-Flair gesellt, zugleich unverhohlen zu "Last Man Standing" herübergeschielt wird und die diversen Dreißiger-Jahre-Anklänge innerhalb eines ansonsten gegenwärtigen settings, die man nichtmal als Spleen der Hauptfigur abtun kann, weil sie gleich mehrere Personen im Film pflegen, letztlich völlig sinnfrei bleiben und ganz offensichtlich nur einem schicken hardboiled-Flair geschuldet sind, dann wandelt sich meine besagte Antipathie zumeist in somatische Übelkeitsanfälle. Der Witz jedoch ist: "Give 'Em Hell, Malone" kriegt irgendwie noch ganz haarscharf seine Kurve, meistert die scheinbare Unmöglichkeit, in seiner nervensägenden Attitüde doch noch ganz witzig zu sein und seine absolut durchgekauten Mechanismen noch halbwegs genusstauglich an den Mann zu bringen.
Speziell den Kritikern meines sturköpfig praktizierten Punktesystems sei hiermit versichert: Die Kardinalfrage, ob ein Film zu was auch immer tauglich ist, stellt sich mir persönlich weniger in der abschließenden numerischen Einordnung, sondern darin, ob ich nach vollzogener Beschau das Gefühl habe, mir ihn irgendwann nochmal ansehen zu können. Das war hier der Fall. Auch wenn das Diskussionsobjekt mitsamt all seiner Digitalfilter und shutter pics eigentlich gar nicht sooo doll ist.

6/10

neo noir Russell Mulcahy femme fatale


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AVATAR (James Cameron/USA, UK 2009)


"It seems diplomacy has failed."

Avatar ~ USA/UK 2009
Directed By: James Cameron


Der verkrüppelte Ex-Marine Jake Sully (Sam Worthington) kommt auf den Planeten Pandora, um dort mithilfe eines Avatars, eines von Wissenschaftlern gezüchteten Körpers, der dem einheimischen Volk physiologisch gleicht, aber mit einem menschlichen Geist "gefüllt" werden muss, den Wirtschaftsbossen den Weg zu wertvollen Bodenressourcen zu ebnen, den die 'Na'vi' genannten Planetenbewohner nicht ohne Weiteres hergeben würden. Scully erschleicht sich in mühevoller Arbeit das Vetrauen der Na'vi und insbesondere das der Prinzessin Neytiri (Zoe Saldana), ist jedoch bald selbst so unerschütterlich von deren streng ökologischer und spiritueller Lebensweise fasziniert, dass er die Seiten wechselt, nach einigem Hin und Her auch mental einer von ihnen wird und zusammen mit ihnen den Kampf gegen seine früheren Verbündeten aufnimmt.

Ich musste leider auf das Vergnügen verzichten, "Avatar" mit 3D-Brille ausgerüstet auf der großen Leinwand zu sehen - kurzum, weil er mich für einen Kinobesuch nicht hinreichend gereizt hatte. Immerhin blieb so der - wenn auch möglicherweise anzuzweifelnde - "Vorteil" des auf klassische Qualitätsmaßstäbe und -merkmale reduzierten Filmerlebnisses. Ohne das mir ohnehin fadenscheinig anmutende evokative Brimborium des 3D-Effekts bleibt ein urtypisches Cameron-Werk, das einerseits zwar keinesfalls wesentlich schlechter ausfällt als frühere Arbeiten wie etwa "The Abyss" oder auch "Aliens" (zu dem ohnehin etliche formale und inhaltliche Parallelen bestehen), das auf der anderen Seite aber auch mit geradezu exaltierter Offensivität die Limitierungen seines Regisseurs aufzeigt.
Was "Avatar" im Kern liefert, ist ein durch und durch amerikanisches, aus diversen kulturellen Bezugsquellen gespeistes Öko-Märchen, das trotz seiner überwältigend schönen Bilder nie Gefahr läuft, ein recht niedriges Substanzlevel zu überschreiten oder gar ernsthafte diskursive Sphären auch nur anzukratzen. Im Prinzip ist der Film eine Art "Star Wars" für die gegenwärtig junge Generation, enthält einiges an Fortsetzungspotential und könnte vielleicht eines zukünftigen Tages einen ähnlichen Status genießen, wie ihn Lucas' Film jetzt für die heute Erwachsenen zwischen etwa dreißig und fünfundvierzig Jahren erfüllt. "Avatar" als ein solcher zu sehen, wohlgemerkt unter Aussparung der "vollen Effektbandbreite", bereitet zwar durchaus bisweilen kindliche Freude und geizt keineswegs mit nicht zu unterschätzenden Entertainment-Werten, spielt aber längst nicht in der Liga dessen, was noch den immer rarer werdenden Aha-Effekt auszulösen vermag. Ich hatte meinen Spaß, ganz bestimmt. Viel mehr war aber nicht drin.

7/10

Militaer James Cameron Aliens Monster 3-D





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Funxton

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