Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


Foto

THE GREAT ESCAPE (John Sturges/USA 1963)


"What do they call a mole in Scotland?" - "A mole."

The Great Escape (Gesprengte Ketten) ~ USA 1963
Directed By: John Sturges


Süddeutschland, 1944: Um sie in schöner Übersicht zu halten, werden die aufgrund ihrer unentwegten Ausbruchsversuche berüchtigsten alliierten Kriegsgefangenen in ein speziell für sie errichtetes, von dem systemkritischen Luftwaffenoffizier von Luger (Hans Messemer) geleitetes Lager übersandt. Natürlich nutzen die Gefangenen den Vorteil ihrer Situation und planen einen Massenflucht, der in erster Linie dazu dienen soll, eine möglichst große Teile des Staatspersonals in Anspruch nehmende "zweite Front" im Landesinneren aufzubauen. Trotz diverser Rückschläge gelingt rund siebzig Ausbrechern die Flucht, doch am Ende kommen nur drei von ihnen tatsächlich durch.

"The Great Escape" dürfte der positivst gestimmte mir bekannte Kriegsfilm sein. Weder verwendet er, wie es sonst üblich ist, viel Zeit darauf, die Nazis als dämonischen Überfeind zu denunzieren, noch hält er sich mit missmutigen Situationsschilderungen der an Leib und Seele geschundenen POWs auf. Tatsächlich propagiert die Geschichte eher den Wert ungebrochener Kampfesnatur im Angesicht von Unterdrückung und Ungerechtigkeit und liefert dabei einen auf den ersten Blick der Situation unangemessen fröhlich erscheinenden Abenteuerfilm für Männer. Selbst die wenigen im Film vorkommenden Deutschen werden nicht durch die Bank unsympathisch gezeichnet: Oberst von Luger etwa ist der geborene Offizier, zudem von adligem Geblüt - den Hitlergruß vollzieht er nur äußerst widerwillig und die "Kollegen" von Gestapo und SS empfindet er offenkundig als lästiges Diktaturgeschmeiß, dem jede echte Soldatenehre vollkommen abhold ist. Eine Art Stauffenberg ohne Kamikazeallüren. Die Gefangenen derweil präsentieren sich als durch die Bank liebenswerter Haufen ganzer Kerle, von denen man jeden einzelnen bereitwillig zum Wochenendsumtrunk mit in seine Stammkneipe nähme. Kein einziger Verräter darunter, kein Opportunist. Jeder passt auf jeden auf, ein Hohelied auf Kamerad- und Freundschaft.
Trotz seiner imposanten Spielzeit bewerkstelligt es der hell und farbenfroh bebilderte und von der flotten Marschmusik Elmer Bernsteins getragene Film, nicht eine Sekunde durchzuhängen - eine phantastische Regieleiustung von Sturges und ein Musterexempel für die Schaffung einer dichten, von konstanter Spannung getragenen Atmosphäre. Und wenn Steve McQueen dann am Ende einmal mehr lausbübisch grinsend in seine Einzelzelle im Bunker zurückkehrt, den Baseballhandschuh in der Hand, und kurz darauf das vertraute "plick-plack" zu vernehmen ist, während der traurig dreinblickende Gefreite vor der Kerkertür die Hacken klatscht, dann kann man gewiss sein, eines der hoffnungsvollsten Happy-Ends des Kriegsfilms mitnehmen zu dürfen. Perfekt.

10/10

John Sturges POW Nationalsozialismus Widerstand WWII


Foto

IT'S A MAD MAD MAD MAD WORLD (Stanley Kramer/USA 1963)


"Oh Russell, I feel sick."

It's A Mad Mad Mad Mad World (Eine total, total verrückte Welt) ~ USA 1963
Directed By: Stanley Kramer


Nachdem eine buntgemischte Gruppe Reisender in den kalifornischen Bergen einen halsbrecherischen Autounfall miterlebt hat, erfahren sie von dem sterbenden Fahrer (Jimmy Durante), dass dieser 350.000 Dollar in einem Küstenpark versteckt hat. Gierig machen sich alle Hals über Kopf auf die Socken, um jeweils als Erster an die Moneten zu kommen - der Beginn einer turbulenten Schatzsuche.

Stanley Kramer ist vordergründig moderater, im Subtilen betrachtet jedoch ziemlich bösartiger Nestbeschmutzer des damaligen 'American Way'. In "It's A Mad Mad Mad Mad World" karikiert er die grenzenlose Geldgier der Bourgeoisie und zeigt satirisch die Irrwege auf, die vormals ehrbare amerikanische Bürger einzuschlagen bereit sind, solange nur genug dabei für sie herausspringt. Dass sich ausgerechnet Spencer Tracy, Kramers großer, weiser Held aus seinen letzten beiden Filmen, am Ende als das zum Äußersten getriezte, unmoralische Kopfende des sabbernden Pöbels erweist, ist noch ein zusätzlicher Seitenhieb gegen 'the Beautiful'. In diesem Film gibt es keine Helden mehr, er braucht auch gar keine. Denn im Angesicht materieller Vorteile, so Kramers bitteres Fazit, ist sich jeder selbst der Nächste.
Dass ausgerechnet diese temporeiche, eine beinahe unüberschaubare Anzahl von Gastauftritten diverser Gattungsexperten verzeichnende Komödie eine so monumentale Spielzeit veranschlagt, und, ganz gemäß dem hollywoodschen Credo bei Überlängenfilmen, sogar eine Intermission beinhaltet grenzt fast an einen weiteren Faustschlag Kramers und veräußert "Mad World" als Experimentalfilm. Großes, überspanntes Unterhaltungskino.

8/10

Stanley Kramer Farce Groteske Satire Geld


Foto

THE KARATE KID, PART II (John G. Avildsen/USA 1986)


"Daniel-San, this is no tournament. This is for real!"

The Karate Kid, Part II (Karate Kid II - Entscheidung in Okinawa) ~ USA 1986
Directed By: John G. Avildsen

Als Mr. Miyagi (Pat Morita) erfährt, dass sein Vater (Charlie Tanimoto) bald sterben wird, reist er eilends heim nach Okinawa. Sein junger Freund Daniel Larusso (Ralph Macchio) begleitet ihn. Prekärerweise har Miyagis alter Rivale Sato (Danny Kamekona), mittlerweile zum reichen Grundstücksmakler aufgestiegen, auch nach knappen fünfzig Jahren nicht verwunden, dass Miyagi ihm einst die Freundin (Nobu McCarthy) ausgespannt hat und will nachträglich seine Ehre im Kampf verteidigen. Satos Neffe (Yuji Okumoto) hat es derweil auf Daniel abgesehen, der wieder ein paar Lebenslektionen zu lernen hat.

Auch wenn das Sequel qualitativ und betreffs seiner Originalität keinesfalls mit dem Original gleichziehen kann, so hat man sich doch immerhin bemüht, dem Publikum keinen lauen Aufguss zu kredenzen, sondern eine halbwegs schlüssige Fortsetzungsgeschichte zu erzählen, die charakterliche Weiterentwicklungen erlaubt und sogar den leider nicht mehr ganz so kauzig wie im ersten Teil gezeichneten Mr. Miyagi etwas weiter ins Zentrum rückt. Besonders gelungen ist dabei ein nachträglicher Epilog zum Vorgänger, den man sich auch gut an Ort und Stelle hätte vorstellen können. Was dann die Kerngeschichte anbelangt, bemerkt man bereits als Laie die Halbherzigkeit, mit der die japanische Kultur, ihre Geschichte und Meriten sozusagen tourismuswirksam aufbereitet und mundgerecht verhackstückt werden. Quasi, um sie hernach flugs mit Holzstäbchen verspeisen zu können.
Schön eklig-fies: Der Junggegenspieler Yuji Okumoto, ein wahrer Kotzbrocken vor dem Herrn. Dass der mit 25 immer noch wie 14 aussehende (und sprechende) Ralph Macchio gleich zu Beginn die knackige Elisabeth Shue für "irgendeinen Footballspieler" sausen lässt (gut, vermutlich wurde sie "in echt" aus Gründen der Dramaturgiestraffung schlicht für überflüssig erklärt und ausgeladen), spricht übrigens nicht eben für ihn, trotz netter Neuerwerbung in Fernost. Dummbatzen.

6/10

Japan Martial Arts John G. Avildsen Karate Teenager Sequel Coming of Age


Foto

THE KARATE KID (John G. Avildsen/USA 1984)


"Find balance."

The Karate Kid ~ USA 1984
Directed By: John G. Avildsen

It's a cruel summer: Nachdem der fünfzehnjährige Daniel Larusso (Ralph Macchio) mit seiner Mutter (Randee Heller) von New Jersey nach L.A. gezogen ist, handelt er sich gleich Ärger ein. Er hat es nämlich ausgerechnet auf Ali (Elisabeth Shue), die Ex-Freundin des Schlägers und Karatechamps Johnny Lawrence (William Zabka) abgesehen, der Daniel zusammen mit seinen Kumpels alle Nase lang gehörig zu verbimsen beginnt. Väterliche Hilfe und Weisheit findet Daniel unerwartet beim japanischen Hausmeister und Gärtner Mr. Miyagi (Pat Morita), Experte für Zentechniken und Karate.

Stilprägendes Jugend- und Kampfsportabenteuer von einem in dieser Hinsicht durchaus erfahrenen Regisseur. Die obligatorische, mit einem aufpeitschend textualisierten Popsong unterlegte Turniermontage (hier: "You're The Best"), wie sie später noch in dutzenden weiteren Filmen zu sehen sein wird, erfährt hier ihre glamouröse Premiere. Ferner gibt es noch ein paar Eindrücke vom class struggle, der es Jungs aus Receda und Mädels aus Encino besonders schwer macht, miteinander Körpersäfte auszutauschen sowie eine Veräußerung der stets notwendige Regel, dass Karate verantwortungsvoll nur zu Verteidigungszwecken ausgeübt werden darf. Wirklich interessant wird der Konflikt der gegnerischen Parteien im Hinblick auf die beiden patriarchalischen Trainer (bzw. Senseis) im Hintergrund: Hier ein - natürlich rassistisch veranlagter - Vietnamveteran (Martin Kove), der sein Dojo primär zu Kanalisierungszwecken seiner permanenten Hassattacken benutzt und dort der kauzige alte Japaner mit Yoda-Touch, der nach seinem Einsatz im Zweiten Weltkrieg für die US-Armee (!) und gegen die Nazis die Tapferkeitsmedaille verehrt bekam, derweil Frau und Kind im "heimatlichen" Internierungslager sterben mussten. Erst diese tief verwurzelte Antagonie verleiht "The Karate Kid" eine Diskursivität, die über bloße Teenage-Angst- und Coming-of-Age-Elemente hinausreicht.

8/10

Los Angeles Martial Arts Teenager Karate John G. Avildsen Coming of Age


Foto

BATMAN (Leslie H. Martinson/USA 1966)


"Some days, you just can't git rid of a bomb."

Batman (Batman hält die Welt in Atem) ~ USA 1966
Directed By: Leslie H. Martinson

Die vier Supergangster Pinguin (Burgess Meredith), Joker (Cesar Romero), Riddler (Frank Gorshin) und Catwoman (Lee Meriwether) kidnappen den Nautikforscher Commodore Schmidlapp (Reginald Denny) und reißen sich dessen Erfindung unter den Nagel: Den Dehydrator, eine Maschine, mit der man jedem Lebewesen sämtliche Flüssigkeit entziehen und es in ein Häuflein bunten Staubes verwandeln kann - natürlich nur, solange Bedarf herrscht, danach kann das Opfer auch wieder rehydriert werden. Batman (Adam West) und Robin (Burt Ward) haben alle Hände voll zu tun, dem Kleeblatt des Bösen einen Strich durch die Rechnung zu machen.

"Batman" war damals Teil eines Fox-Werbefeldzugs, der die Serie auch in Übersee populär machen und dort Abnehmer auftun sollte. Der Kinofilm entstand zwischen der ersten und der zweiten Staffel der Reihe und unterschied sich nur insofern von ihr, als dass es eine andere (sehr schicke) Titelsequenz gab und etwas mehr Patte zur Verfügung stand, mit der man unter anderem den "Bat-Copter" und ein "Bat-Boot" kreierte. Ansonsten blühte der Blödsinn weiter vor sich hin.
"Batman" '66 ist ein zweischneidiges Schwert: Für den heutigen Liebhaber der Comics und ihres atmosphärischen Kerns ist diese Variation indiskutabel und erscheint zuweilen wie eine Tortur; andererseits ist sie ein unbedingter Wegbereiter für die Slapstick-Grotesken von Mel Brooks und der ZAZ-Truppe sowie ein maßgeblicher Repräsentant der bonbonfarbenen Sixties-Popkultur, die den Dunklen Ritter eben damals nach allen Regeln der Kunst vergewaltigt hat. Ergo geht es mir, in dessen meiner Brust, ach, genau diese zwei widerstreitenden Seelen wohnen, dabei trotz wiederholter Betrachtung regelmäßig so, dass ich zunächst nie weiß, ob ich lachen oder weinen soll. Erfreulicherweise gewinnt zumeist der Nonsensfreund und tobt sich hundert Minuten lang aus, derweil der Batfan sich in den dunklen Schattenbereichen meines Geistes zur Verfügung hält.
Heilige Diversifikation!

6/10

Leslie H. Martinson Batman Comic Superhelden Slapstick Groteske DC


Foto

BLACK DYNAMITE (Scott Sanders/USA 2009)


"Black Dynamite, that was the best loving I ever had."

Black Dynamite ~ USA 2009
Directed By: Scott Sanders


Der schwarze Supermann Black Dynamite (Michael Jai White) wird sauer, als er von der Ermordung seines Bruders Jimmy (Baron Vaughn) erfährt und mitbekommt, dass sein Viertel von Drogen überschwemmt wird, die vorzüglich von Waisenkindern konsumiert werden. Mit unerbittlicher Härte und der Hilfe seiner Kumpels deckt Black Dynamite eine Verschwörung auf, die bis in oberste Regierungskreise reicht...

Köstliche Blaxploitation-Parodie, die im Gegensatz zu verquastem Müll wie den "Scary-Movie"-Filmen keineswegs den Fehler begeht, sich für cleverer zu halten als die Spottzielscheibe und dabei doch bloß peinlich-dummes, kriecherisches Denunziantentum zu betreiben, sondern zugleich eine unumwundene Liebeserklärung an die Originale und ihre Zeit darstellt. Das Geheimnis der Kreierung einer guten Parodie konnte man bereits wuderhübsch in Todd Philips' "Starsky & Hutch" ausmachen, mit dem "Black Dynamite" in einer Liga spielt. Was der Nachzügler seinem - ich nenne es hier mal vorsichtig so - Vorbild voraus hat, ist die Feinregelung. Nicht nur, dass ausstatterische Authentizität hier oberstes Gebot ist; man macht auch vieles so, wie es damals bei der AIP Gang und Gäbe war; bestimmte Einstellungen werden kurzerhand doppelt abgespielt, um Geld zu sparen, deutlich als solche erkennbare Archivaufnahmen und sogar unterschiedliches Filmmaterial und Belichtungsstärken verwendet, um einen absolut originalgetreuen Look zu erzielen. Dass sich hier und da auch mal hoffnungsloser Nonsens bemüht sieht, gehört zum Fundus des Genres - überaus brillant etwa die "detektivische" Kleinarbeit von Black Dynamite und seinen Freunden, als sie Zusammenhänge zwischen der griechischen und römischen Mytholgie, der Werbebranche und der Regierung herstellen und so dem Feind auf die Spur kommen. Dass Michael Jai White es nebenbei tatsächlich fertigbringt, so auszusehen wie Jim Brown in den "Slaughter"-Filmen, ist da noch das Tüpfelchen auf dem i. Dig it 4-evah.

8/10

Blaxploitation Parodie Scott Sanders


Foto

LETHAL WEAPON 3 (Richard Donner/USA 1992)


"We can't shoot a dog. People? Okay, but not dogs."

Lethal Weapon 3 (Lethal Weapon 3 - Die Profis sind zurück) ~ USA 1992
Directed By: Richard Donner


Einmal Steifendienst und zurück: Nachdem Riggs (Mel Gibson) und Murtaugh (Danny Glover) aus Versehen ein Gebäude in die Luft gejagt haben, müssen sie in Uniform die Straßen von L.A. sichern. Doch ein punktum aufgehaltener Banküberfall katapultiert sie mitsamt Beförderung umgehend zurück in den gehobenen Beamtendienst, wo sie einen Fall von Waffenschmuggel und Immobilienbetrug aufzukären haben, hinter dem der Ex-Cop Jack Travis (Stuart Wilson) steckt.

Nach den auf ihre spezielle Weise jeweweils grandiosen Vorgängern macht Donner das im Prinzip richtige und verlagert seine Geschichte auf die intime, familiäre Beziehung der beiden Polizistenfreunde. Joe Pesci als humoriger Ergänzungspfeiler aus "Lethal Weapon 2" wird wieder aufgegriffen und wie selbstverständlich in die Story integriert, wie auch sonst das Franchise noch wesentlich stärker zur Comedy hin tendiert als es im zweiten Teil bereits angedeutet wurde. Zwar gehen die meisten Gags in Ordnung und reichen für einen Lacher hier oder einen Schmunzler dort; leider geht diese Entwicklung jedoch auf Kosten der zwingenden Härte, die "Lethal Weapon" und auch das Sequel als knackige 80s-Actioner noch ausgezeichnet hatte. Die Profis sind zur familientauglichen Unterhaltung degradiert worden und haben damit einen immens wichtigen Teil ihres Blutgeästs stillgelegt. Irgendwo in der Ferne des kalifornischen Horizonts meint man schon, den bedrohlichen Wortzug "TV-Serial" entziffern zu können. Die noch schlimmere Albtraum-Entsprechung wäre die Sitcom. Glücklicherweise blieb uns das (bislang) erspart. Bin gespannt, wie lange noch, nachdem Glover kaum mehr im Kino zu sehen ist und Gibson sich durch alles in die Schlagzeilen bringt, außer durch seinen Beruf.

7/10

Los Angeles Buddy Movie Richard Donner Sequel


Foto

ILSA, THE TIGRESS OF SIBERIA (Jean LaFleur/CAN 1977)


"Tomorrow, every single of you cries will remind you of this very minute!"

Ilsa, The Tigress Of Siberia (Ilsa - Die Tigerin) ~ CAN 1977
Directed By: Jean LaFleur


Sibirien, 1953: Ilsa (Dyanne Thorne) befehligt im Namen der stalinistischen Diktatur ein Gulag irgendwo inmitten der unendlichen Weiße. Wer nicht pariert, wird ihrer gefräßigen Tigerin Sasha zum Fraß vorgeworfen oder mittels zweier Eislöcher in einem See "kielgeholt", bis er steif gefroren ist. Des Nachts lässt sich Ilsa bei hinreichend Wodka von ihren "Kosaken" durchorgeln, dass kein Auge trocken bleibt. Als Stalin stirbt, brennt Ilsa mit das Lager nieder und flieht nach Kanada. Dort trifft sie, zwanzig Jahre später zur Unterweltkönigin gereift, Andrei Chirukin (Michel-René Labelle) wieder, ehemaliger Konterrevolutionär und besonders aufsässiger Gefangener, der einst sogar Sasha mit einer Schaufel den Schädel zertrümmert hat. Beide haben noch eine Rechnung miteinander zu begleichen...

Der Kanadier LaFleur übernahm für diesen "Ilsa"-Film das Regiezepter von Don Edmonds - eine Entwicklung, die dem Franchise keineswegs schadet. Die sich erst nach zwanzigjähriger Pause vervollkommnende Erzählspanne ist keine schlechte Idee, ebensowenig wie der Einfall, Ilsa zu einer Art weiblicher Mixtur aus Fu-Manchu und Dr. Mabuse zu kultivieren, die gnadenlos die Herrschaft über die Montrealer Rotlichtbezirke einfordert. Sogar der Bereich Science Fiction wird gestriffen, denn Ilsa hat den "Ordinator" erfunden, eine Maschine, die die tiefsten, unterbewussten Ängste ihrer Opfer sichtbar machen und in lebensechte Halluzinationen umwandeln kann. Mithilfe einer Art sowjetischer Delta Force kann Andrei jedoch seiner tiefsten Angst - der Kastration - in letzter Sekunde entgehen und Ilsa zur Strecke bringen - leider endgültig, denn hernach ward sie wirklich nie mehr gesichtet.
Der letzte Film der Reihe ist mit einigen kruden Einfällen, die denen der ersten beiden Teile in nichts nachstehen, nochmal ein echter Hingucker geworden. Dadurch, dass LaFleur auf die aus "She Wolf" und "Harem Keeper" gewohnte zeitliche und lokale Hermetik verzichtet und das langsam ermüdende Sadismus-Motiv mit einer Rache- und Gangstergeschichte verquickt, in der ausnahmsweie sogar mal die Sowjets die Helden sein durften, ist dem Unterhaltungsfaktor mehr als dienlich.
Außerdem möchte ich gern nochmal eine Lanze brechen für die grandiose Berliner Synchronisation der beiden letzten "Ilsas" ("She Wolf" wurde aus naheliegenden Gründen nie offiziell in Deutschland gezeigt): Neben Brandt-Gattin Ursula Heyer, die eine kongeniale Stimme für Dyanne Thorne mitbringt, hört man so ziemlich alles, was in der Berliner Szene Rang und Namen hat(te). Wundervoll schmierige Unterhaltung für den Freund (außer)ordentlich stinkenden Käsekinos.

6/10

Sibirien Stalinismus torture porn Exploitation Rache Sequel Independent Gulag Ilsa-Reihe


Foto

ILSA, HAREM KEEPER OF THE OIL SHEIKS (USA, CAN 1976)


"I serve you to death, my master."

Ilsa, Harem Keeper Of The Oil Sheiks (Ilsa - Haremswächterin des Ölscheichs) ~ USA/CAN 1976
Directed By: Don Edmonds


Ilsa (Dyanne Thorne) ist jetzt Haremswächterin eines Ölscheichs (Jerry Delony). Ihre Tätigkeit steht der vorigen als Lager-Kommandeuse in nichts nach, auch im Nahen Osten darf sie reuelos foltern und morden, was das Zeug hält. Jegliches Aufbegehren wird im Keim erstickt, und wer doch mal den bedauernswerten Mund zu weit aufreißt, wird flugs zum Eunuchen gemacht. Erst ein amerikanischer Agent (Max Thayer) kann das Terrorregime des Scheichs brechen und Ilsa Schachmatt setzen - freilich erst, nachdem er sie auch auf dem Chaiselongue zugeritten hat.

Ein kleiner Kassenschlager wie "Ilsa: She Wolf Of The SS" bedarf - es liegt in der Natur der Sache - freilich einer Fortsetzung. Wie diese Ilsa es allerdings anstellt, von den Toten aufzuerstehen, nachdem ihr im Vorgängerfilm der Kopf weggeblasen wurde und um keinen Tag gealtert gute dreißig Jahre später bei den Auswirkungen Energiekrise mitzumischen, das bleibt eines ihrer vielen Geheimnisse. Sei's drum, Gelegenheit zu monumentaler Obsessivität bietet sich auch hier genug: Starlets aus allen Teilen der Welt werden entführt, in Keuschheitsgürtel gesteckt und dem Scheich gefügig gemacht - ohne groß aufzumucken übrigens. Ilsa hat zwei dunkelhäutige lesbische Leibwächterinnen, die permanent eingeölt sind und sie erfindet einen Kontaktsprengstoff, der ausschließlich für exzessiven Koitus gedacht ist. Wahnsinnszeug also wieder. Dass hier wiederum ein schick uniformierter US-Offizier die Kohlen aus dem Feuer holt und dafür sorgt, dass jeder Chevy auch im Folgejahr noch genug Sprit verheizen kann, ist Ehrensache - und ziemlich dummdreist-komisch.

6/10

Independent Ilsa-Reihe Don Edmonds Sequel torture porn Exploitation


Foto

THE LONG SHIPS (Jack Cardiff/UK, YU 1964)


"It really is a shame: When I'm lying, everyone believes me, when I try telling the truth, noone takes it."

The Long Ships (Raubzug der Wikinger) ~ UK/YU 1964
Directed By: Jack Cardiff


Seit der Wikinger Rolf (Richard Widmark) die Mär von der legendären "Mutter der Stimmen", einer gigantischen aus Gold gegossenen Glocke, gehört hat, für die angeblich die Hälfte aller Goldreserven der bekannten Welt verarbeitet wurden, hat ihn die Abenteuerlust gepackt. In Nordafrika wähnt er sich dem Schatz nahe, als sein Schiff kentert. Kurz darauf gerät er sich mit dem Maurenkönig Mansuh (Sidney Poitier) in die Haare, der ebenfalls nach der Glocke sucht. Rolf kann ihm entkommen, zurück in den Norden gelangen und mit neuer Mannschaft zurückkehren. Ein weiterer Konflikt mit Mansuh ist zwar unausweichlich, doch die Glocke wartet noch immer auf ihren Entdecker.

Erfrischend belangloser, lustiger Abenteuerquatsch und zugleich eine der verhältnismäßig wenigen Regiearbeiten des legendären Kameramanns Cardiff. Seinen vornehmlichen Reiz bezieht der Film erwartungsgemäß aus dem eher ungewöhnlichen culture clash der Nordmänner und Morgenlandsleute, die jeweils nicht in der Lage sind, füreinander Verständnis aufzubringen. Dem Film rassistische Implikationen vorzuwerfen, wäre freilich viel zu hoch gegriffen, aber es lässt sich dennoch nicht von der Hand weisen, dass Exotik und Fremdheit hier gleichgesetzt wird mit Fanatismus und Dämonie. Während sich die barbarischen Wikinger erneut als im Grunde herzensgute Raubeine porträtiert sehen, muss Poitier den schurkischen, religiös verblendeten Ali mimen, dem noch eine blonde Frau im Harem fehlt und der im Namen Allahs auch schonmal treue Gefolgsleute über die buchstäbliche Klinge springen lässt. Aber wie erwähnt: Das Ganze ernstzunehmen oder gar politisch zu instrumentalisieren, wäre allzu albern.
Es gilt vielmehr, sich an der frischen Komik und den schönen, aufwändig gestalteten Bildern zu erfreuen. Tröstlich außerdem: Flaches Entertainment gibt es nicht erst seit ein paar Jahren.

6/10

Mauren Mittelalter Jack Cardiff Historie Wikinger





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare