Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


Foto

DOOMSDAY (Neil Marshall/UK, USA, SA, D 2008)


"In the land of the infected, the immune man is king."

Doomsday ~ UK/USA/SA/D 2008
Directed By: Neil Marshall

2008 bricht das hoch ansteckende "Reaper-Virus" in Schottland aus. Da die Regierung der Pandemie nicht so schnell Herr werden kann, wie sie um sich greift, wählt man eine besondere Form der Schadensbegrenzung: Der Insel-Norden wird vom Süden durch eine gigantische, wohlfeil bewachte Mauer separiert, die Kranken sich selbst überlassen. Anarchie und Kannibalismus brechen in den Zentren um Edinburgh und Glasgow aus und irgendwann werden die Zustände als gegeben akzeptiert und ad acta gelegt. 27 Jahre später taucht das Reaper-Virus plötzlich in London auf. Da es jenseits der Mauer mittlerweile Menschen gibt, die immun gegen die Seuche zu sein scheinen, schickt man die Superpolizistin Eden Sinclair (Rhona Mitra) ins Niemandsland, um nach dem verschollenen Virologen Kane (Malcom McDowell) zu fahnden. Dieser hat sich mittlerweile wie ein Feudalherr auf einer Burg eingerichtet und führt Krieg gegen seinen verrückten Sohn Sol (Craig Conway).

Klotzhohl im Geiste berichtet "Doomsday", wie mich dünkt, vor allem so Einiges über seinen Ersinner und Ausführer Neil Marshall, dessen Obsessionen und Hang zur Nabelschau. Wollen mal sehen: Megacoole, windschnittige Kampfweiber ohne Gnade - check; ausführliche Blutduschen - check; Wiedergabe der höchsteigenen Filmsozialisation und -vorlieben - check; historische Szenarien - check; Anarchos vs. Imperialisten - check. Ein mächtiger Quirl, in den Marshall das kurz darauf in "Centurion" um Einiges authentischer durchgespielte Szenario um eine Römer-Expedition nach jenseits des Hadrianwalls, wo man auf die atavistisch lebenden Pikten traf, ebenso hineinversenkt wie seine aus "The Decent" bekannte Vorliebe für martialische Kämpferinnen und, überdeutlich, seine "persönlichen Einflüsse". "Escape From New York", die beiden "Mad Max"-Sequels, "The Warriors" werden unmittelbar zitiert (böse Zungen mögen zischen: kopiert). So weit, so mittelmäßig. Dass eine solche Kombination, zumal kalkuliert-exaltiert und von vornherein auf die alleinige Befriedigung niederster Faboy-Instinkte ausgelegt, keine Sternstunde des Kinos hergibt, ist wenig überraschend. Am Besten an "Doomsday" gefällt mir immer noch seine 'strictly British attitude', der (hoffentlich) hier und da unfreiwillige appeal, einem eigentlich typisch amerikanischen Genrefilm aus britischer (Arbeiter-)Geistesfabrik beizuwohnen. Dafür trägt schon die kleine, aber geschmackvolle Auswahl an 80er-Insel-Popklassikern mitsamt Ska-Variation vom "Can-Can" Verantwortung. Ich verbleibe somit bei einem knappst heruntergebrochenen: strohdoof, aber irgendwie doch noch.

5/10

Zukunft Dystopie Virus Neil Marshall Hommage Splatter Schottland London Kannibalismus


Foto

WAKE OF THE RED WITCH (Edward Ludwig/USA 1948)


"She won't let him loose again..."

Wake Of The Red Witch (Im Banne der Roten Hexe) ~ USA 1948
Directed By: Edward Ludwig

Mitte des 19. Jahrhunderts fährt der undurchsichtige Captain Ralls (John Wayne) wertvolle Schiffsladungen für die holländische 'Batjak'-Company unter Mayrant Sidneye (Luther Adler) quer durch den Südpazifik. Der junge Maat Sam Rosen (Gig Young) schließt sich dem charismatischen Seemann vorbehaltlos an, als dieser die 'Red Witch', einen mit Goldbarren beladenen Schoner, absichtlich kentern lässt. Später findet Rosen, der an Ralls' Seite bleibt, den Grund für dessen Tat heraus: Ralls und Sidneye sind Erzfeinde, seit der habgierige Reeder Ralls einst dessen große Liebe Angelique (Gail Russell) weggeschnappt und geehelicht hat. Als Racheaktion hat Ralls die 'Red Witch' gekapert und in nur ihm selbst bekannten Breiten versenkt. Nun gilt es, das verlorene Gold zu bergen, doch die 'Red Witch' liegt genau über einer Tiefseeklippe...

Zwei filmhistorisch wunderhübsch triviale Anekdötchen umwabern "Wake Of The Red Witch": Zum Einen gab der Name der Handelsgesellschaft im Film, 'Batjak', eine Kombination der Anfangssilben von Batavia und Jakarta, Duke Wayne die Inspiration für seine eigene, 1952 gegründete Produktionsgesellschaft 'Batjac' (mit 'c' statt 'k' am Ende, angeblich ein Tippfehler von Dukes damaliger Sekretärin, der ihm so gut gefiel, dass er ihn unverbessert ließ), die bis heute existiert und von Waynes Tochter gemanagt wird. Zum anderen, und diese Story ist noch viel toller, verfügte der Film über ein grandioses Requsit: Einen mannshohen, motorbetriebenen Gummipolypen, der im Film eine Kiste voller Perlen in einer Lagune bewacht und mit dem Duke sich ein Duell zu liefern hat, um an die wertvollen Kügelchen zu gelangen (dies übrigens bei weitem nicht die einzige Analogie zu DeMilles sechs Jahre zuvor entstandenem, kunterbunten "Reap The Wild Wind"). Ebenjener Oktopus wurde einige Jahre später bei einer Neacht- und Nebel-Aktion von dem legendären Ed Wood und seiner Crew aus einer Lagerhalle der Republic Films gestohlen. Dummerweise vergaß man den Motor, so dass Bela Lugosi in "Bride Of The Monster" allein durch sein grandioses Spiel dem Gummitier "Leben" einhauchen musste. Immerhin feierte der Polyp so einen zweimaligen Filmauftritt.
Nach "Angel And The Badman" fanden Duke und die aparte Gail Russell, die bereits eine inoffizielle Romanze verband, neuerlich zusammen - ihre zweite und letzte Partnerschaft, was relativ eindeutig dekodierbar wäre. Die schöne Schauspielerin starb 1961 mit nur 36 Jahren als schwere Alkoholikerin an Leberversagen.
Ein Hollywoodstück par excellence also, getragen von einem Geschichtendunst, den seine eigentliche Form wohl nicht ganz einzulösen weiß. "Wake Of The Red Witch" hält sich als günstig produzierter, herziger Abenteuerfilm, der vor allem infolge dessen punktet, dass er eindrucksvoll vor Augen führt, dass der Begriff 'Routinement' vor 65 Jahren beim Film und auch für Regisseure wie dem emsigen Auftragsarbeiter Edward Ludwig noch eine ganz andere Bedeutung hatte als es heute der Fall ist.

7/10

Edward Ludwig Seefahrt period piece Südpazifik Duell Rache


Foto

DEEP COVER (Bill Duke/USA 1992)


"You oughta kill a man sometime. It's liberating."

Deep Cover (Jenseits der weißen Linie) ~ USA 1992
Directed By: Bill Duke

Zeit seines Lebens hat der Polizist Russell Stevens (Laurence Fishburne) versucht, sich betont diametral zu seinem kriminellen Vater (Glynn Turman) zu entwickeln, der einst einen frühen, gewalttätigen Tod in Russells Beisein sterben musste. Stevens lässt sich heuer vom DEA als Undercover-Cop anheuern, um die führenden Chicano-Verteiler von L.A. dingfest zu machen. Unter dem Namen John Hull nimmt er Tuchfühlung mit dem zugleich als Anwalt tätigen Dealer David Jason (Jeff Goldblum) auf, der seinerseits Verbindungen zu dem Großhändler Barbosa (Gregory Sierra) steht. Nach und nach entwickelt sich Stevens - auch auf ausdrückliche Weisung seines Verbindungsmannes Carver (Charles Martin Smith), zu einer eigenständig funktionierenden Größe im Kokaingeschäft und verliert die Orientierung, zumal der overlord Guzman (René Assa), auf den es Stevens eigentlich abgesehen hat, offenbar von ganz oben beschützt wird.

Stilvoller, spannender Gangsterfilm, im Gefolge des damals noch recht frischen 'New Black Cinema', dem neben Spike Lee, John Singleton oder Mario Van Peebles auch Bill Duke als Regisseur vorsaß. In "Deep Cover" nutzt er die Gelegenheit, Systemkritik, wie sie später von Soderberghs "Traffic" in inhaltlich und formal komplexerer, vor allem aber ungleich aufmerksamer beäugtem Maße hergeleitet wurde, in das Gewand eines auf den ersten Blick unspektakulären Genrefilms zu kleiden. Man lernt sie alle kennen: Vom großen Boss, der unter diplomatische Immunität aus Lateinamerika herbeieilt als es im Geschäft kriselt, bis hin zur Endkonsumentin, die ihr Kind für ein paar Schüsse verkaufen will und sich schließlich den Goldenen Schuss setzt. Von solchen Schicksalen lässt sich Russell Stevens, der längst Gefallen gefunden hat an Geld und Macht, bald nicht mehr betrüben, zumal er längst erkannt hat, dass das Rechtsstaat, dem er als kleines Zahnrädchen zu dienen glaubte, vom Kopf her stinkt und innerlich verfault. Am Ende kann er immerhin seine Seele retten, wobei sich ein väterlicher Ratgeber (Clarence Williams III) erst opfern muss, um ihm Erkenntnis zu verleihen.
Ein im besten Sinne klassischer Undercover-Thriller mit philosophischem Überbau ist Duke mit "Deep Cover" geglückt. Und einen tollen Soundtrack (Michel Colombier) gibt's gratis obendrauf.

8/10

Bill Duke Los Angelese Drogen Kokain Crack undercover


Foto

AVENGING FORCE (Sam Firstenberg/USA 1986)


"Your fight is my fight."

Avenging Force (Night Hunter) ~ USA 1986
Directed By: Sam Firstenberg

Ein Revidierungseintrag ist eine Premiere in meiner nunmehr achteinhalb Jahre währenden FTB-"Karriere", in diesem Falle aber dringend notwendig. Nachdem ich Firstenbergs Film bei einem Kumpel gestern im Zuge eines Themenabends im Gefolge von seinem "Revenge Of The Ninja" und der integralen, aufgemöbelten Bootleg-Fassung von Gordon Hesslers "Pray For Death" auf Großleinwand schauen durfte, bin ich über meinen arrogant formulierten, halbherzigen Eintrag von 2005 mittelmäßig entsetzt. Muss damals einen schlechten Tag gehabt haben, da "Avenging Force", wie ich ja damals bereits schrieb, eigentlich ein alter Lieblingsfilm ist. Gestern, respektive heute morgen in aller Früh wurde mir wieder klar, warum: Firstenberg hat nach "American Ninja" mit dem darin vorgestellten winning team Dudikoff/James seinen besten Film vorgelegt, einen beinharten Manhunt-Thriller, der, mit heiligem Ernst vorgetragen, das Resultat allseitiger Profiarbeit von Überzeugungstätern darstellt. Die freundschaftliche Chemie von Dudikoff, der hier wirklich spielt, und James geht spürbar über das berufliche Verhältnis hinaus, man wird gewahr, dass die beiden harten Herren sich auch abseits der Kamera gut verstanden haben müssen. Umso glaubwürdiger die Rachegeschichte, in deren Präludium Larry Richards' (James) gesamte Familie der bösen Pentangle-Bruderschaft zum Opfer fällt. Das Schurken- und Jägerquartett Ryan/Wallace/Alaimo/Johnson (der mir neulich noch als Türsteher in "Valley Girl" ins Auge gefallen war) nebst seiner bizarren, martialischen Aufmärsche in den Bayous ist umwerfend (Ryans Sterbeszene ist der Hammer; dass er nicht auch noch schmilzt, verwundert geradezu); die an Hills "Southern Comfort" gemahnenden Verweise an das für Außenstehende höchst eigenartig anmutende Cajun-Milieu sind großartig. Und welcher bärtige Stuntman gibt sich die Ehre seiner zwingenden Präsenz? Kane "Victor Crowley" Hodder ist's! Irgendwie scheint sich gegen Ende des Kalenderjahres nochmal alles puzzlegleich zu fügen...
Jedenfalls: Kombiniert mit George S. Clintons blechern-schepperndem Südstaaten-Sound ergeben all diese Versatzstücke eine höchst ambitionierte Genre-Mischung, die ihren ganz speziellen, unikalen Touch besitzt und die unbedingt ihren festen Platz im Pantheon der großen Menschenjagd-Filme von "The Most Dangerous Game" bis "Surviving The Game" zugewiesen bekommen muss.
Ein kleines Sahneschnittchen und mithin ein Film der Superlativen: Einer der besten Cannon-Actioner, Firstenbergs bester, Dudikoffs bester.

8/10

Sam Firstenberg Cannon Buddy Movie New Orleans Louisiana Mardi Gras Sumpf Menschenjagd Südstaaten


Foto

ELYSIUM (Neill Blomkamp/USA 2013)


"What's in it for the hippo?"

Elysium ~ USA 2013
Directed By: Neill Blomkamp

Mitte des 22. Jahrhunderts hat die sozialökonomische Schere endgültig auch ihre lokale Entsprechung gefunden: Die Superreichen leben nicht mehr auf der vom Pöbel übervölkerten Erde, sondern auf der im Orbit kreisenden Raumstation 'Elysium' mit souveräner Regierung und strengsten Sicherheitsvorkehrungen, die ein unbefugtes Eindringen möglicher asozialer Elemente verhindern. Nachdem der Arbeiter Max Da Costa (Matt Damon) sich tödlicher Strahlung ausgesetzt und nurmehr fünf Tage zu leben hat, gibt es für ihn nur den letzten Ausweg, nach Elysium zu gelangen, wo seine Krankheit binnen Sekunden geheilt würde. Dafür muss er jedoch zunächst für den Schwarzmarkthändler Spider (Wagner Moura) einen Auftrag erfüllen: Er soll einen der Bonzen abfangen und sein Gedächtnis scannen. Ausgerüstet mit einem kräftepotenzierenden Exo-Skelett wählt Max für diesen Job seinen Boss (William Fichtner) und schlittert damit nichtsahnend mitten in eine Verschwörungsaffäre.

Ähnlich wie in "District 9" bleibt der Vortrag um eine sozialkritisch angelegte Dystopie, die letzten Endes doch bloß bereits etablierte, gegenwärtige Verhältnisse widerspiegelt, völlig oberflächlich und vulgär. Wer Blomkamp abnimmt, dass er zuvorderst darauf aus ist, hellsichtiges SciFi-Kino mit parabolischer Metaebene zu schaffen, der versucht wahrscheinlich auch, im Zoo die Eisbären zu kraulen. "Elysium" ist vor allem ein futuristischer, zugegeben kompetent gemachter Actionfilm mit knackiger Gewalt, dessen gesamtes Ideenkonglomerat sich aus klassischen Genreversatzstücken speist. Blomkamps Film kracht hier und da ordentlich, hat mit dem neuerlich besetzten Südafrikaner Sharlto Copley einen schön bekloppten Schurken an Bord, ist spaßig und nett anzuschauen. Sein (möglicher) Versuch allerdings, eine intelligente Allegorie im rezeptionsattraktiven Gewand reinen Unterhaltungskinos unters Volk zu bringen, überbietet garantiert zu keiner Sekunde das Niveau allerordinärster Thekenphilosophie.

6/10

Neill Blomkamp Zukunft Dystopie Los Angeles


Foto

THE WOLVERINE (James Mangold/USA, UK 2013)


"I feel violated."

The Wolverine (Wolverine - Weg des Kriegers) ~ USA/UK 2013
Directed By: James Mangold

Nach den tragischen Ereignissen um die zum Bösen konvertierte Jean Grey (Famke Janssen) plagen Logan (Hugh Jackman) Selbstzweifel, die ihn in die Isolation der kanadischen Bergwelt treiben. Dort macht ihn die wehrhafte junge Japanerin Yukio (Rila Fukushima) ausfindig, die ihn mit einiger Überredungskunst nach Tokio lotst, vorgeblich, um dort von dem Großindustriellen Yashida (Hal Yamanouchi) Abschied zu nehmen. Logan hatte ihm einst während der Bomberdierung Nagasakis das Leben gerettet. In Japan angekommen, muss Logan erfahren, dass der schwer krebskranke Yashida ganz andere Wünsche an ihn hat: Er interessiert sich für dessen Selbstheilungskräfte und seine scheinbar ewige Jugend und wie man diese nutzbar machen beziehungsweise übertragen kann. Logan winkt ab. Kurz vor seinem Tod überträgt Yashida die Gewalt über sein Firmenimperium an seine Enkelin Mariko (Tao Okamoto) anstatt an seinen Sohn Shingen (Hiroyuki Sanada) und sorgt damit für einen Eklat. Mariko wird von ihrem gierigen Vater aufs Korn genommen und von Killern verfolgt. Logan verliebt sich in Mariko und beschützt sie vor den förmlich auf sie einstürzenden Bedrohungen, so auch vor dem geheimnisvollen Silver Samurai und der Mutantin Viper (Svetlana Khodchenkova), die Logan seine Selbstheilung nimmt...

Im Gegensatz zum ersten filmischen Soloabenteuer des Mutanten Wolverine, das bezüglich seiner rein inhaltlichen Konstruktion (Stichwort 'Sabretooth') mitunter ziemlich schlampig daherkam, müht sich dieses zweite um Kontinuitätsanbindung, ohne die es mittlerweile jedoch im filmischen Marvel-Universum aus Übersichtlichkeitsgründen ohnehin nicht mehr ginge. "The Wolverine" zentriert nochmal die Ereignisse aus "X-Men: The Last Stand", an dessen Logan ja gezwungen war, die entfesselte Jean Grey alias Phoenix zu töten, um ihren mörderischen Amoklauf aufzuhalten. Nun hat er mit den traumatischen Folgen zu kämpfen, die ihn zunächst veranlassen, seine Mutantenkräfte nie mehr zu gebrauchen. Da kommt ihm der Einsatz in Japan gerade recht, denn hier kann Logan das unbändige Tier in sich gegen Yakuza und Ninjas endlich wieder entfesseln.
Basierend auf dem von Chris Claremont geschriebenen und von Frank Miller meisterlich illustrierten, klassischen Vierteiler, der mittlerweile bereits dreißig Jahre auf dem Buckel hat, bindet Mangold also dieses nette Fernost-Abenteuer als eine Art Brückenschlag zum nächsten "X-Men"-Film in die Mutanten-Reihe ein. Im japanischen Gangster- und Ninja-Milieu hat der mittlerweile tatsächlich mit einer comicesken Superheldenphysis ausgestattete Jackman ausgiebig Gelegenheit, die Adamantiumkrallen auszufahren und zu wetzen, so dass "The Wolverine" sogar mit der einen oder anderen Blutfontäne kokettiert - das PG-13-Rating natürlich stets einkalkulierend. Da ich mir gleich die verlängerte Fassung angeschaut habe, weiß ich nicht, inwieweit sie sich vom Kino-Cut unterscheidet. Insgesamt etwas wertiger und ernsthafter als "X-Men Origins: Wolverine" scheint mir Mangolds Film, wobei wohl erst eine Zweitbeschau genaueren Aufschluss bringen wird. Wie immer beschert uns Nerds vor allem der abschließende Appetizer einen heimlichen Höhepunkt.

7/10

James Mangold Marvel Superhelden Mutanten X-Men Kanada Japan Tokio Ninja Yakuza Comic D.C. WWII Pazifikkrieg Atombombe


Foto

FIGURES IN A LANDSCAPE (Joseph Losey/UK 1970)


"It's up to you this time."

Figures In A Landscape (Im Visier des Falken) ~ UK 1970
Directed By: Joseph Losey

Zwei Männer, ein älterer, 'Mac' MacConnachie (Robert Shaw), und ein jüngerer, Ansell (Malcolm McDowell), fliehen, jeweils die Hände auf dem Rücken zusammengebunden, durch ein unwirtliches Grenzgebiet. Ein Hubschrauber, dessen Piloten das ungleiche Duo eher zu verhöhnen denn ernsthaft zu jagen scheinen, befindet sich permanent auf ihren Fersen. Nachdem sich Mac und Ansell ihrer Fesseln entledigt und sich Schusswaffen besorgt haben, setzen sie sich gegen die Helikopterpiloten zur Wehr und verteidigen sich erfolgreich gegen ein gegen sie ziehendes Bataillon. Als sie die Grenze zum Nachbarland in luftiger Höhe erreicht haben, scheint das Entkommen für Mac jedoch keine Rolle mehr zu spielen.

Eine typische Ausgangssituation für etliche Geschichten und Szenen im Genre: Zwei Individuen, die sich erst aneinander zu adaptieren haben, bevor sie erfolgsversprechend agieren können, fliehen vor einer Übermacht durch bewegungsfeindliches Gelände. Doch "Figures In A Landscape" will wesentlich mehr: Losey bricht jene Prämisse, basierend auf einem Script von Hauptdarsteller Robert Shaw basierend auf einem Roman von Barry England, so weit wie möglich auf ihr nur scheinbar karges Herz hinunter. Dass die beiden Protagonisten Namen tragen und etwas über ihre Persönlichkeiten preisgeben, ist schon das Schmückendste, was die Geschichte ihnen gönnt. Ansonsten bleibt das Publikum geradezu aufreizend uninformiert: Das Setting könnte überall angesiedelt sein; Griechenland, Spanien (wo der Film, in der Sierra Nevada, gedreht wurde), Lateinamerika vielleicht - irgendeine faschistische oder Junta-Regierung, zumindest liegt das nahe, denn die beiden sich als Briten zu erkennen gebenden Männer scheinen politische oder Kriegsgefangene zu sein und ihre Verfolger unerbittliche Militärs. Ob das rettende Gebirge die Anden oder die Pyrenäen darstellen soll, erfährt man erwartungsgemäß ebensowenig. Es bleibt lediglich jene mysteriöse, äußere Gemengelage, die zur Folge hat, dass der Zuschauer fast noch weniger Anteil am Geschehen hat als die Hauptfiguren, weil ihm schlicht jedwede Motivation für Gefangenschaft, Flucht und Widerstand verborgen bleibt. Es gilt, sich mit dieser ebenso diffusen wie höchst experimentellen Handlungsbasis nicht nur zu arrangieren, sondern sie darüberhinaus als Teil von Loseys Kunstwerk zu akzeptieren, ansonsten lohnt die weitere Beschäftigung mit selbigem nicht.

8/10

Joseph Losey Flucht Parabel Freundschaft


Foto

PACIFIC RIM (Guillermo del Toro/USA 2013)


"Fortune favors the brave."

Pacific Rim ~ USA 2013
Directed By: Guillermo del Toro

In naher Zukunft öffnet sich auf dem Grund des Pazifiks ein Dimensionstor, dass in regelmäßigen Abständen gigantische Monster ausspuckt, die nach ihrer japanischen Bezeichnung als 'Kaju' berüchtigt sind. Diese richten gewaltige Zerstörungen in den Küstenstädten an, denen man erst mit der Konstruktion und dem Einsatz der 'Jaeger', gewaltiger, von zwei mental miteinander verbundenen Piloten gesteuerter Kampfmechas, vorübergehend Einhalt gebieten kann. Als die Abstände zwischen den Kaju-Attacken jedoch immer kleiner werden, während die auftauchenden Monster sich analog dazu zusehends größer und gefährlicher ausnehmen, steht für Stacker Pentecost (Idris Elba), den Leiter des von der Einstampfung bedrohten Jaeger-Programms, fest, dass man der Ursache für die Kaiju-Angriffe auf die Spur kommen muss, um die Erde vor ihrem letzten Stündlein zu bewahren.

Als der gewaltige Kindergeburtstag, den er im Prinzip darstellt, lässt sich "Pacific Rim" durchaus goutieren. Die Story ist gerade naiv genug, eine (freilich nicht existente) Spielzeugreihe für kleine Jungs zu unterfüttern; im Grunde geht es ja um nichts anderes denn effektiv präsentierte Duelle zwischen Riesenmonstern und Riesenrobotern. Ergänzend dazu gibt es das übliche, kleine "Fachvokabular", das den unverhohlen geekigen Charakter des Gesamtwerks unterstreicht: der 'Breach' ist die interdimensionale Spalte, aus denen die Kaiju hervorbrechen, als 'Drifting' wird die Ankopplung der zwei Pilotenhirne eingeordnet. Die Mechas tragen hübsche Bezeichnungen wie 'Crimson Typhoon' oder 'Gypsy Danger', die Piloten, auch als 'Ranger' bekannt (und populär), heißen durchweg wie Groschenromanhelden. Die actionreiche Gigantomanie des Films verzichtet denn auch auf die tatsächliche Grundierung eines veritablen Endzeitszenarios, sondern pendelt sich atmosphärisch irgendwo im Niemandsland zwischen "Top Gun" und "Starship Troopers" ein, allerdings, und das ist durchaus wohltuend, ohne Evozierung jedweder politischer Implikationen. Andererseits kommt die beabsichtigte Kreierung zwischenmenschlicher Beziehungsgeflechte nicht über ein recht schlichtes Maß hinaus.
Wahre Höhen erreicht "Pacific Rim" im Zuge der mit Fug und Recht stolzen Präsentation seines liebevollen set designs. Das Innere der Jaeger-Zentrale in Hong Kong wäre da zu nennen, die neonleuchtende Darstellung jenes gebeutelten Pazifik-Anrainers nebst Hannibal Chaus (Ron Perlman) verrücktem kleinen Kaiju-Verarbeitungsversteck. Und hinter den beiden Wissenschaftlerspinnern Geiszler (Charlie Day) und besonders Gottlieb (Burn Gorman) verbergen sich waschechte Del-Toro-Figuren, die nicht zuletzt klar machen, wessen soniges Baby das hier eigentlich ist.

8/10

Guillermo del Toro Apokalypse Monster Hong Kong Alaska Zukunft Invasion Aliens


Foto

HATFIELDS & MCCOYS (Kevin Reynolds/USA 2012)


"I'd like to live in a place where there's another scale for happiness than having shot some McCoy."

Hatfields & McCoys ~ USA 2012
Directed By: Kevin Reynolds

Bereits die Bürgerkriegstage entzweien die einstigen Freunde und Nachbarn Anse Hatfield (Kevin Costner) und Randall McCoy (Bill Paxton): Anse desertiert, um daheim seiner Familie beistehen zu können, für Randall ein untragbarer Hochverrat. Nach Beendigung des Krieges begegnet Randall Anse weiterhin mit unverhohlener Feindseligkeit, die sich bald auf die jeweiligen, weit verzweigten Familienclans ausweitet. Nach ersten wechselseitigen Aggressionsbekundungen gibt es die ersten Toten zu beklagen, der Versuch von Anses Sohn Johnse (Matt Barr) und Randalls Tochter Roseanna (Lindsay Pulsipher), eine gemeinsame Familie zu gründen, strafen beide Patriarchen mit Verachtung und Hass. Es entwickelt sich eine fast drei Jahrzehnte währende Familienfehde im Grenzgebiet zwischen Kentucky und West Virginia, die selbst durch politische Maßregelungen nicht beizulegen ist.

Bereits die Macher der "Wrong Turn"-Reihe kamen auf den Trichter, dass es wesentlich günstiger ist, die Appalachen in Rumänien neu auferstehen zu lassen. So verlagerte man auch den Löwenanteil des Drehs dieser dreiteiligen Miniserie dorthin. "Hatfields & McCoys", von Costners altem Freund und Stammregisseur Kevin Reynolds dirigiert, fängt ein Stück originärer US-Historie ein, die berühmteste und weitreichendste Familienfehde des vorletzten Jahrhunderts. Sie zeigt, wie patriarchalische Engstirnigkeit, falsches Ehrgefühl und Bigotterie eine Reihe von unnötigen Todesopfern fordern und über einen unwahrscheinlich langen Zeitraum aufrecht erhalten wurden. Erst Anse Hatfield, der sich nach dem Script der kleinen Reihe trotz seiner eigenen Unnachgiebigkeit noch immer als etwas sympathischer und besonnener dargestellt findet denn sein Rivale Randall McCoy, findet mit der nach langer Zeit gesetzlich angeordneten Hinrichtung seines unschuldigen, geistig behinderten Neffen Cotton (Noel Fisher) die Stärke, einen Schlussstrich unter das Blutvergießen zu ziehen und den nachfolgenden Generationen somit die unnütze Weiterführung jenes mittlerweile unübersichtlich gewordenen Kleinkriegs zu versagen. Inszenatorisch weithin überraschungslos und durchaus als TV-Produktion identifizierbar, liegt die besondere Qualität von "Hatfields & McCoys" primär auf Seiten der minutiös wiedergegebenen Historizität sowie der vorzüglichen Darsteller, von denen erwartungsgemäß besonders Costner und Paxton sowie die "wiederentdeckten" Tom Berenger und Powers Boothe hervorzustechen wissen.

7/10

Kevin Reynolds TV-Serie Kentucky West Virginia Appalachen Historie period piece Familie Sezessionskrieg Kevin Costner Biopic


Foto

THE ROAD KILLERS (Deran Sarafian/USA 1994)


"You hit him too hard this time."

The Road Killers (Roadflower) ~ USA 1994
Directed By: Deran Sarafian

Auf ihrer Fahrt durch die kalifornische Wüste geraten die Familie (Michelle Forbes, Alexondra Lee) des situativ notorisch überforderten Jack (Christopher Lambert) und dessen Freund Glen (Christopher McDonald) nebst Filius (Joseph Gordon-Levitt) an den etwas debilen Hillbilly Cliff (Craig Sheffer) und seine nicht minder gestörte Clique (Josh Brolin, David Arquette, Adrienne Shelly). Aus einem anfänglich noch halbwegs harmlosen Disput erwächst nicht zuletzt aufgrund Glens unbeherrschter Art rasch eine sich immer weiter zuspitzende Gewaltspirale, im Zuge derer Jack sich zum Wutbürger und Alltagshelden entwickelt.

Einer der vielen um die Mitte der Neunziger entstandenen Tarantino-Epigonen, aus der besonders damals stets um Nachfolge-Wunderkinder bemühten Miramax-Schmiede. Hinter und vor den Kulissen fanden sich derweil gleich mehrere Mitglieder des Sarafian-Clans mit unterschiedlichen Aufgaben betraut, so dass man im Falle von "The Road Killers" tatsächlich von einem Familienunternehmen sprechen kann. Das Szenario und die Entwicklung der Geschichte dieses Asphaltwesterns sind allerdings ebenso räudig wie irreal. Im Prinzip wäre der Stoff hervorragend für einen zwanzig Jahre früher entstandenen Exploiter gut gewesen, so präsentiert er sich leider mit geringem Mut zum Extrem und, zumindest in visuell-formaler Hinsicht, vergleichsweise brav. Es kommen zwar (besonders auf Seiten der bad guys) einige Individuen ums Leben, sonderlich tief berührt wähnt man sich von den Vorgängen jedoch nie. Es geschieht eben, was geschieht und am Ende ist Daddy als feist reagierender Selbstjustizler auch bloß ein weiteres reaktionäres, weißes Arschloch auf Amerikas staubigen Straßen. Damals als Achtzehnjähriger fand ich "The Road Killers" (dessen poetischer deutscher Titel ausnahmsweise einmal wesentlich hübscher gewählt ist) ziemlich stark - mittlerweile jedoch nicht mehr ganz so sehr. Ich behaupte mal überaus selbstbewusst, dieser Umstand spricht eher für mich denn für den Film.

5/10

Deran Sarafian Kalifornien Wüste Duell Familie Kidnapping





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare