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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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I GUERRERI DELL'ANNO 2072 (Lucio Fulci/I 1984)


Zitat entfällt.

I Guerreri Dell'Anno 2072 (Die Schlacht der Centurions) ~ I 1984
Directed By: Lucio Fulci

Im Jahre 2072 lassen sich die Massen vom Fernsehen nurmehr durch gewalttätige Kampfspiele jedweder Kuleur betäuben; je gewalttätiger, desto besser. Weltweit führend sind die beiden TV-Sender "Seven Seas TV" und "W-Basic", die um die höchste Einschaltquote wetteifern. Cortez (Claudio Cassinelli), Programmdirektor bei W-Basic, lässt sich dabei von einem als Weltraumsatellit manifestierten Supercomputer beraten, der ihm suggeriert, den Gladiatoren-Star Drake (Jared Martin) für eine Riesenschlacht im römischen Colosseum zu gewinnen. Da Drake freiwillig nicht mitmacht, braucht man ein paar extraschmierige Tricks, um ihn zur Teilnahme an den Wettkämpfen zu "überreden". Doch Drake tut sich schon im Vorhinein mit seinen eigens für ihn auserwählten Gegnern (u.a. Fred Williamson, Al Cliver) zusammen und kann später mithilfe der hübschen Sarah (Eleonor Gold) eine erfolgreiche Revolte gegen W-Basic initiieren.

"I Guerreri Dell'Anno 2072" ist eines der vorrangigen, weil besonders veranschaulichenden Beispiele für das Scheitern des italienischen Plagiatskinos. Obwohl die Produktion nochmal alles auffährt, was in einen solchen Film hineingehört, sei es bezogen auf die sich wie ein who-is-who der Italoploitation lesende Besetzungsliste, auf den dröhnenden Score von Riz Ortolani, oder auch auf die unverhältnismäßig exzellente Berliner Synchronarbeit. Während des Anschauens von "I Guerreri" kriegt man den Mund dann aber nicht mehr zu. Der Film gleicht in seiner irrlichternden, sich mit ein paar grellen, affektiven Eckpunkten hier und da aufdrängenden, ansonsten aber komplett introvertierten Spielweise eher einem Halluzinogentrip. Nichts passt, alles bewegt sich im selbstbewussten Modus gepflegter Lächerlichkeit, nimmt sich dabei aber so ernst, dass es schon wieder nach Performancekunst duftet. Fürchterliche Stroboskop-Aufnahmen, die man keinem Epileptiker guten Gewissens vorführen könnte gehören ebenso zu dieser Mixtur wie fürchterliche Piepstöne hier und da, die bis zur Unerträglichkeit zerdehnt werden. Die Erzählung folgt ihren höchstselbst aufgestellten Regeln, hat mit klassischen Filmnarrationsoperandi jedoch kaum etwas gemein. Immer wieder wird inmitten glühlämpchenverzierter "Blade Runner"-Kulisse ein neuer Mikrochip oder irgendein Geheimrelais aus dem Hut gezaubert, das dem Helden plötzlich telepathische Kräfte verleiht oder mindestens dazu angetan ist, die Welt zu retten.
Wie erwähnt, man hat kaum Zeit darüber nachzudenken und schluckt das alles geduldig, bis da irgendwann "Ende" steht und man als Postgenuss erstmal die eben zum Fraß vorgeworfenen Puzzleteilchen zu sortieren hat. Man kann es bei allem Bedauern dem internationalen Publikum kaum übel nehmen, dass es dieser Art des Filmemachens irgendwann den Vogel gezeigt hat...

5/10

Trash Lucio Fulci Zukunft Dystopie Fernsehen Europloitation


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HANNA (Joe Wright/USA, UK, D 2011)


"Kids grow up."

Hanna (Wer ist Hanna?) ~ USA/UK/D 2011
Directed By: Joe Wright

Hanna (Saoirse Ronan) ist die vierzehnjährige Tochter des Ex-CIA-Mitarbeiters Erik Heller (Eric Bana), der das Mädchen zeitlebens vor dem Zugriff seiner früheren "Firma" in der Wildnis Finnlands versteckt und dort zur ultimativen Killerin ausgebildet hat. Jetzt verspürt Hanna Sehnsucht nach der Zivilisation und nimmt dafür sogar in Kauf, dass ihre höchstpersönliche Nemesis, die eiskalte Agentin Marissa (Cate Blanchett), ihre Fährte aufnimmt. Für Hanna geht die Reise von Marokko bis nach Berlin, wo sie ihrem Schicksal endlich ins Auge sehen kann.

Auf inhaltlicher Ebene bietet "Hanna" rein gar nichts Besonderes und selbst die Formalia riechen stark nach einer Mixtur aus frühem Tom Tykwer und Luc Besson: Fachkundig ausgeführte Todeskämpfe, spektakulär ausgewählte Sets, diverse Lauf- und Jagdsequqenzen, untermalt mit schmissigen Elektrosounds (hier: von den Chemical Brothers). "Hanna Killertochter", "Hanna rennt!", "Hanna, der Profi", "Die eiskalte Hanna", "Hanna und Gretel"... - die Liste ist praktisch endlos fortführbar. Ein nur scheinbar bizarres, eklektizistisches Konglomerat also aus einer Vielzahl popkultureller Zitate, die immerhin bis zu den im Film häufig zitierten Gebrüdern Grimm zurückreichen. So ist "Hanna" auch als Variante des uralten "Böse Stiefmutter Vs. Unschuldige Königstochter"-Motivs lesbar. Was Wrights Film jedoch trotzdem noch knapp zu etwas Besonderem macht, ist seine ausgewogene Komposition, die bei allem klischierten Verbrauchsmaterial hinreichend zu fesseln versteht, die beeindruckende, teils bewusst wahrnehmungsverzerrende Photographie [eine eigentlich unkomplizierte Schuss-Gegenschussszene, in der Hanna sich mit ihrer Freundin Sophie (Jessica Barden) unterhält, wird beispielsweise spiegelverkehrt wiedergegeben; der Film ist angefüllt mit solchen Finten] und natürlich Saoirse Ronan, ohne deren zarte, ätherische Mördermädchen-Performance das Ganze im Nachhinein undenkbar scheint.

7/10

Finnland Profikiller Berlin Coming of Age Spanien CIA Joe Wright Marokko Road Movie


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SUPER 8 (J.J. Abrams/USA 2011)


"Production Value!"

Super 8 ~ USA 2011
Directed By: J.J. Abrams

Im Sommer 1979 übernimmt der jüngst zur Halbwaise gewordene Kleinstadtteenager Joe (Joel Courtney) die Maskeneffekte für einen Amateur-Zombiefilm seines Freundes Charles (Riley Griffiths). Darin tritt auch Joes großer Schwarm, die hübsche Alice (Elle Fanning) auf, mit der Joe jedoch zugleich ein tragisches Schicksal verbindet. Als die Kids eines Nachts Zeuge eines gewaltigen Zugunglücks werden, in das ihr Biolehrer (Glynn Turman) verwickelt ist, ändert sich ihr Leben spontan. Denn irgendetwas Monströses, für das sich ganz besonders das Militär interessiert, ist aus dem Zug entfleucht und kurz darauf steht das ganze Städtchen unter Ausnahmezustand.

Ironischerweise kein Film für Kids, sondern für jene, die vor 25 Jahren selbst Kids waren, mit Filmen wie "E.T.", "The Goonies", "Explorers", "Something Wicked This Way Comes" und "Stand By Me" aufgewachsen sind und die primär am an der Familie ausgerichteten Blockbusterkino Spielbergs sozusagen auf unmittelbarem Wege partizipieren konnten. Genau dieser Rezipientenschaft, und damit auch ein wenig sich selbst, macht Hollywood-Wunderkind Abrams, unter der produzierenden Ägide des Genre-Großmeisters natürlich, "Super 8" zum Geschenk. Der Film steckt voller mehr oder minder subtiler Zitate und Reverenzen, läuft im Großen und Ganzen recht gut rein, hat ein paar hübsche Szenen und schafft es hier und da sogar, wirklich witzig zu sein, wobei die meisten Gags dann doch eher Zugeständnisse an ein modernes Publikum sind. Über bekiffte Disco-Teens hätte anno 80 jedenfalls niemand lachen mögen oder können; das ist dann doch wieder der Postromantisierung der Periode geschuldet, dem, wie ich jüngst bei Woody Allen gelernt habe, "Golden-Age-Syndrom". Ansonsten geht ohne Monster heuer ja sowieso kaum noch was, wobei ich persönlich es schade finde, dass sich so gut wie alle modernen Kreaturen dieser Sparte noch in irgendwelchen insektoiden und/oder Tentakelform inkarniert finden. Wo sind die behaarten Affenmonster, die Yetis, Bigfoots etc.? Können ja meinethalben auch vier Arme haben, aber so eine riesige Gottesanbeterin jagt mir nicht sehr viel Angst ein.

7/10

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MIDNIGHT IN PARIS (Woody Allen/USA, E 2011)


"You can fool me, but you cannot fool Ernest Hemingway!"

Midnight In Paris ~ USA/E 2011
Directed By: Woody Allen

Der amerikanische Drehbuchautor und versuchsweise Romancier Gil Pender (Owen Wilson) reist mit seiner Verlobten Inez (Rachel McAdams) nach Paris, wo seine Schwiegereltern (Kurt Fuller, Mimi Kennedy) in spe einige Geschäfte zu tätigen haben. Schnell bemerkt Gil zu seinem Leidwesen, dass Inez das künstlerische Flair der Seine-Metropole in keinster Weise wahrzunehmen imstand ist und sich stattdessen liebe von dem altklugen Geschwätz ihres Ex-Kommilitonen Paul (Michael Sheen) einlullen lässt. Ein mitternächtlicher Ausflug Gils sorgt dann für ein eruptives Erlebnis: Eine alte Limousine bringt ihn geradewegs in das Paris der zwanziger Jahre zurück, in dem sich alle von Gils künstlerischen Vorbildern, darunter das Ehepaar Fitzgerald, Hemingway, Faulkner, Picasso, Dalí, Buñuel, Gertrud Stein, Cole Porter und T.S. Eliot, praktisch gegenseitig auf die Füße treten. In dieser entrückten Zeit, die Gil fortan immer nur zu mitternächtlicher Stunde besuchen kann, lernt er zugleich die Künstlermuse Adriana (Marion Cotillard) kennen, die jedoch, ebenso wie Gil, ihrer Gegenwart am Liebsten in die Vergangenheit entfliehen würde...

Zeitreise au Woody Allen, natürlich nicht mit einem feurigen DeLorean, sondern mit einem Peugeot, Baujahr 1920-irgendwas und letzten Endes als faktisch unaufklärbarer Trip ins Innere eines unter dem "Golden-Age-Syndrome" leidenden Künstlers inmitten einer seiner Lebenskrisen. Ob Gil Pender tatsächlich in der Zeit zurückreist oder lediglich weingeschwängerten Phantasien, Träumerein, und/oder dem Flair seiner sommerlichen Lieblingsstadt aufsitzt, ist auch völlig nebensächlich - von Belang ist einzig der progressive Wert seiner regressiven Robinsonade, die ihn am Ende lehrt, dass alles, was vom aufrechten Arrangement mit der Gegenwart abweicht, nichts als bloße Selbsttäuschung wäre. Woody Allen mit 76 ist auch ein edukativer Filmemacher, der, anders als sein jüngeres alter ego, der tragikomischen Stagnation innerhalb der Neurose abgeschworen hat und seine Figuren stattdessen einen therapeutischen Reifeprozess zu durchleben zwingt, der sie am Ende gesicherten Fußes zurück in die Realität des Hier und Jetzt entlässt. Und glücklich dazu, wohlgemerkt. Dies ist ja selbst ein mittlerweile etabliertes, künstlerisches Syndrom, das des alternden Filmautoren, der mit seinem Spätwerk einen Funken Hoffnung sowohl für seine Anhänger als auch für seine Märchen-Ichs aufblitzen lassen will.

8/10

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NIGHTMARE IN WAX (Bud Townsend/USA 1969)


"Cry! Cry! Cry!"

Nightmare In Wax (Das Wachsfigurenkabinett des Grauens) ~ USA 1969
Directed By: Bud Townsend

Nachdem der eifersüchtige Hollywood-Produzent Max Black (Barry Kroeger) dem renommierten Maskenbildner Vincent Renard (Cameron Mitchell) eine Gesichtshälfte verbrannt hat, zieht dieser sich in die vier Wände eines Wachsfigurenkabinetts zurück und verfällt dem Wahnsinn. Renard erfindet ein Mittelchen, mit dem er unliebsame Zeitgenossen in willenlose Zombies verwandeln kann und stellt sie dann in seiner Menagerie zwischen Clark Gable, Gary Cooper und Gloria Swanson aus. Bald kommt ihm die Polizei jedoch auf die Schliche.

"Einer der geschmacklosen Killerfilme Cameron Mitchells", konstatierten Hahn und Jansen ihrerzeit knapp angesichts Bavas "Sei Donne Per L'Assassino", dabei passt diese wie immer bei den beiden legendär fehlbeschäftigten Herren völlig unzureichende Kategorisierung viel besser zu dem kleinen Schundstreifen "Nightmare In Wax". Das Ding glänzt förmlich vor unzureichender Laienschaft in allen Belangen und macht gerade daher viel Freude beim Anschauen. Weit entfernt von der Zeigefreudigkeit eines Herschell Gordon Lewis merkt man Townsends kleinem Grindhäusler an, dass er gern in eine ganz andere Kerbe schlagen würde, angesichts der besorgten Produzenten aber wohl mit einem R-Rating versehen und damit einer potenziell größeren Zuschauerschaft zugänglich gemacht werden sollte. So verbleiben viele Stellen des miesen Filmchens noch in den Vorhöfen schmutziger Altherrenphantasien und es passiert eigentlich nichts Aufregendes, mit Ausnahme von ein paar Ausrastern Mitchells hier und da, die intern wahrscheinlich auf seine total beschissene Maske zurückzuführen waren. Lustig und amüsant ist "Nightmare In Wax" aber durch die Bank, da gibt's nichts.

4/10

Bud Townsend Trash Independent Zombies Wachs Hollywood


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FORTRESS (Stuart Gordon/USA, AU 1992)


"Intestinate!"

Fortress ~ USA/AU 1992
Directed By: Stuart Gordon

Das Amerika der Zukunft beherbergt ein totalitäres, von der Überbevölkerung bedrohtes System, in dem strengste Geburtenkontrolle an der Tagesordnung ist. Als der Polizist John Brennick (Christopher Lambert) und seine Frau Karen (Loryn Locklin) bereits ihr zweites Kind nach einer Totgeburt erwarten, werden sie verhaftet und ins 'Fortress' gesperrt, ein gigantisches, unterirdisches Hochsicherheits-Gefängnis mitten in der Wüste. Zur Sicherheit bekommen sämtliche Gefangenen eine Sonde eingepflanzt, den sogenannten 'Intestinator', der dem überwachenden Computersystem nicht nur ermöglicht, die Insassen ferngesteuert mit Schmerzensschüben zu foltern und zu töten, sondern es sogar ihre Gedanken und sogar ihre Träume lesen lässt. Als der Direktor des Fortress (Kurtwood Smith), ein Androide, Karen zu becircen beginnt und Brennick mithilfe seiner Zellengenossen eine Möglichkeit entdeckt, den Intestinator loszuwerden, ist die Zeit für einen Ausbruch reif.

Ein wiederum wilder Film, den der wilde Stuart Gordon da - erstmalig mit einem größeren Budget gesegnet - gefertigt hat. Erwartungsgemäß sind viele dystopische Vorbilder darin vereint, man denkt gleich unwillkürlich an Orwell, Bradbury und/oder entsprechende Filme zum Thema Überbevölkerung. Doch Gordon ist immer noch autarker Dickkopf genug, um dieser Schreckensvision seinen höchst eigenen, albtraumverhafteten Stempel aufzudrücken: Die klaustrophobische Enge eines Gefängnisses etwa findet man selten besser visualisiert als hier. Zumal die Produktionsdesigner nicht den verlockenden Fehler befangen haben, die "Fortress"-Kulisse in irgendeiner Form beeindruckend erscheinen zu lassen. Der subterrane Bau wirkt schlicht kalt, funktional und uneinladend, so, wie ein Gefängnis eben sein soll. Die Folter- bzw. Ordinationsmethoden, etwa eine mehrtägige Gehirnwäsche, sind mal was anderes und wirken tatsächlich höchst unangenehm. Von der sahnigen Nebenbesetzung mit Tom Towles, Vernon Wells, Clifton Collins Jr. (der sich damals noch Clifton Gonzalez Gonzalez nannte) und natürlich dem obligatorischen Jeffrey Combs mal gar nicht zu reden. Lohnt die Wiederentdeckung, wie sowieso alles von Gordon.

8/10

Stuart Gordon Dystopie Zukunft Gefängnis


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RISE OF THE PLANET OF THE APES (Rupert Wyatt/USA 2011)


"No!"

Rise Of The Planet Of The Apes (Planet der Affen: Prevolution) ~ USA 2011
Directed By: Rupert Wyatt

Als der fieberhaft an einem Mittel gegen Alzheimer forschende Pharmakologe Will Rodman (James Franco) eines Tages das Schimpansenbaby Caesar (Andy Serkis) aus seinem Forschungslabor mit heim nimmt und adoptiert, kann er noch nicht ahnen, dass exakt jener, genetisch modifizierte und hochintelligente Primat in ein paar Jahren als Auslöser für eine globale Rebellion der Menschenaffen fungieren wird.

"Homo homini simius" hämmert es einem während und nach dem Genuss von Wyatts absolut phantastischer Affen-Fortführung und -Renovierung durch den Kopf. Dass das "Planet Of The Apes"-Universum noch einmal durch einen derart gelungenen Beitrag erweitert würde, hätte zuvor sicher niemand so ohne Weiteres für möglich gehalten, ich selbst vermutlich am Allerwenigsten. Und da kommt dieser tadellose, ebenso poetische wie kluge Stück Kino daher, das eher in der Tradition von Orwells "Animal Farm" und Gilliams "Twelve Monkeys" steht als in jener Boulles und der bisherigen filmischen "Affen"-Werke. "Rise Of The Planet Of The Apes", der narrativ in etwa zwischen dem dritten und dem vierten Film der Originalreihe angesiedelt werden könnte (letztlich aber einen komplett neuen, eigenen Handlungsstrang verfolgt und etabliert) entbehrt sowohl der ironischen Konnotation von Schaffners Original als auch der Fabulierfreude von Burtons Remake und erst recht des trashigen Charmes der alten Sequels. Stattdessen predigt er leidenschaftlich die Revolution und erzeugt eine radikale Empathie für jedes Tier, das in irgendeiner Form unter dem Menschengeschlecht zu leiden hat. Der Affe Caesar, meisterlich durch die Rechnerkünstler Hollywoods (und natürlich die "vorbildliche" Mimik des Fachmannes Andy Serkis) vitalisiert, steht dabei lediglich als zur Intelligenz zwangsmutierter Stellvertreter für all die geknechteten und gequälten Lebewesen der Welt und sorgt für das unbequeme Faktum, dass das destruktive Ende des Films mit seinen wohlbekannten Folgen keinesfalls als bedrückendes Armageddon wahrgenommen wird, sondern als großer kathartischer Befreiungsschlag, der in der Weltgeschichte ohnehin längst überfällig ist. Das Franchise bekommt damit ein völlig neues Gesicht und Gewicht verpasst, "Rise" versichert uns nämlich - und dies absolut glaubhaft - dass die Affen die besseren Humanoiden sind. Und die wunderbare Freida Pinto, eine der allerschönsten Frauen des Planeten der Menschen, gibt's quasi noch gratis obendrauf.
Für mich noch kurz vor Jahresende die denkbar größte und gelungenste Filmüberraschung!

10/10

Zukunft Rupert Wyatt Affen Apokalypse Prequel Planet Of The Apes Dystopie


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ARENA (Peter Manoogian/USA, I 1989)


"I deserved that!"

Arena ~ USA/I 1989
Directed By: Peter Manoogian

Irgendwann in ferner Zukunft bestimmen live aus der "Arena", einem interstellaren Sportstadion, übertragene Zweikämpfe den Löwenanteil der öffentlichen Unterhaltung. Dort treten allerlei Wesen von unterschiedlichen Welten gegeneinander an, wobei der von dem zwielichtigen Rogor (Marc Alaimo) gemanagte, wuchtige Horn (Michael Deak) ungeschlagener Champion ist. Erst der Terraner und Gelegenheitsarbeiter Steve Armstrong (Paul Satterfield) scheint als erster Kämpfer seit Langem überhaupt das Zeug zu haben, Horn aus dem Ring zu prügeln...

Die kleine, von Charles Band gegründete Billigfilmfima Empire verlieh und produzierte in den Achtzigern Jahren einige, in der Regel unbeirrbar genreverhaftete Kleinode des B- und C-Films, darunter auch den possierlichen "Arena". Jener, im Grunde seines Wesens nichts anderes als eine fleischgewordene, geekige Kleine-Jungs-Fantasie, spiegelt recht gut das wider, was Empire im Großen und Ganzen auszeichnete: Eine Geschichte, die selbst mit Abermillionen von Dollars kaum adäquat hätte verfilmt werden können, wird in ein Minibudget-Korsett gezwängt und lebt ihre Realisation als hoffnungsvolle Kleinstproduktion aus hochmotivierter Hand. Die meisten Empire-Filme nahmen sich nie zur Gänze ernst, mühten sich - etwa im Vergleich zu Troma - jedoch andererseits, ihre Manufaktur nie der verzweifelten Selbstverspottung preiszugeben. So ist das Vielversprechendste an "Arena" sein toll gemaltes Videoplakat, auf dem ein humanoider Kämpfer gegen ein merkwürdiges Alien mit der Physiognomie eines Bullenhais und Krabbenscheren anstelle von Händen antritt. Diese dramaturgische Prämisse löst der Film zwar nicht ein, aber seine recht phantasievoll gestalteten Masken und die an Hodges' "Flash Gordon" erinnernden Kostüme sorgen für ein gerüttelt Spaßmaß im insgesamt etwas tempoarmen Alien-Einerlei. Wer sich in verruchten, außerirdischen Eckpinten wohlfühlt und wem "Rocky" zu sozialkritisch und "No Retreat, No Surrender" zu intellektuell ist, der mag hier durchaus mal vorbeischauen.

5/10

Peter Manoogian Aliens Zukunft Sportfilm Empire


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THE VINDICATOR (Jean-Claude Lord/USA, CA 1986)


"You can't love death."

The Vindicator ~ USA/CA 1986
Directed By: Jean-Claude Lord

Der brave Wissenschaftler Carl Lehman (David McIlwraith) wird von seinem skrupellosen Boss Alex Whyte (Richard Cox), der besessen davon ist, zu kommerziellen Zwecken totes Leben zu reanimieren und fernsteuerbar zu machen, als unfreiwilliges Versuchskaninchen missbraucht. Whyte jagt Carl mitsamt seinem Labor in die Luft und reichert die entstellte Leiche mit Maschinenteilen an. Carls Bewusstsein lässt sich jedoch nicht beherrschen und so flieht der Cyborg in die Nacht hinaus, um die Sicherheit seiner schwangeren Frau (Teri Austin) besorgt und ausgestattet mit einer todbringenden Eigenschaft: Alles, was Carl attackiert, muss von ihm, dafür sorgt ein eingebauter Mechanismus, automatisch zur Strecke gebracht werden.

Als missing link zwischen "The Terminator" und "RoboCop" wäre Lords unabhängig hergestellter B-Film sicher gern in die Filmgeschichte eingegangen - letztlich erinnert sich (mit wenigen Ausnahmen) jedoch kein Schwein mehr an ihn. Dabei bringt das postmodernisierte "Homunculus"-Motiv recht viel an Innovation mit in das Genre, wovon Ed Neumeier für sein "RoboCop"-Script später Manches abzuschöpfen wusste. So trägt zum Beispiel der Gedanke an die unsterbliche Seele des maschinisierten Frankenstein-Monsters bereits hier ausgeprägte Früchte: Der arme Carl Lehman weiß, dass ein weiteres glückliches Zusammenleben zwischen seiner Gattin und ihm, dem entsexualisierten Metallmenschen, völlig unmöglich ist - dennoch umsorgt er sie nach wie vor und verteidigt ihren Witwen-Status mit eifersüchtiger Vehemenz. Mind over matter. Ganz interessant ist auch der Einstieg um ein paar für ethisch fragwürdige Versuche missbrauchte Schimpansen - hier gelingen Lord geradezu beklemmende Momente, die durch spätere, haarsträubende Sequenzen um Pam Grier als knallharte Söldnerbraut praktisch neutralisiert werden. Dennoch lohnt "The Vindicator" das späte Nachhalten wie ich finde; zumal er wie beiläufig sehr adäquat die atmosphärische Kälte seiner Entstehungszeit demonstriert.

5/10

Jean-Claude Lord Cyborg Frankenstein Mad Scientist Independent


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GREEN LANTERN (Martin Campbell/USA 2011)


"I go looking for trouble."

Green Lantern ~ USA 2011
Directed By: Martin Campbell

Der risikofreudige Testpilot Hal Jordan (Ryan Reynolds) erhält von dem sterbenden Alien Abin Sur (Temuera Morrison) einen grünen Ring mitsamt einer Energiebatterie. Diese machen Jordan zu einem Mitglied des "Green Lantern Corps", einer Art intergalaktischer Polizeigarde, passenderweise in leuchtendem Grün gekleidet. Das Corps wird geleitet von der uralten Rasse der 'Wächter', wobei deren größter Feind, das gigantische Angstwesen Parallax, ihrer eigenen Unvorsichtigkeit zuzuschreiben ist. Während Jordan noch mit seiner neuen Stellung hadert und Parallax geradewegs auf die Erde zusteuert, gehen in einem von Jordans alten Bekannten, dem Wissenschaftler Hector Hammond (Peter Sarsgaard), seltsame Veränderungen vor sich...

In Anbetracht der dünnen Ausgangslage verkörpert Campbells "Green Lantern" vermutlich noch das bestmögliche Ergebnis: Die aus dem Silver Age stammende Comicvorlage von John Broome und Gil Kane ist noch eine typisch juvenile Heldengeschichte, deren Protagonist ein wahrer Unsympath ist und damit sozusagen offen für eine charakterliche Entwicklung, die bislang 52 Jahre andauert und noch längst nicht abgeschlossen ist. Der Hal Jordan der frühen Geschichten war ein ebenso mutiger wie kurzsichtiger, zudem recht arroganter und nicht sonderlich intelligenter Arsch, dem es ums Verrecken nicht gelingen mochte, seine große Liebe Carol Ferris zu becircen, dessen blinde Systemtreue sich später durch Einsätze für die Regierung im Vietnamkrieg zeigte, etc., eben ein veritabler Bulle. Erst seine Freundschaft mit dem Anarcho-Helden Oliver "Green Arrow" Queen sorgte für eine nachhaltige Wende, der später noch eine zwischenzeitliche Besessenheit (durch das im Film recht kurzbündig abgekanzelte Monster Parallax), nicht weniger als drei irdische Nachfolger, sowie Tod und Wiedergeburt als Halbgott (The Spectre) nachfolgten, bis Jordan erst seit Kurzem (2005), gereift und weise durch seine umfassenden Erfahrungen, wieder in altem Rang und Namen steht. Die Comic-Inkarnation zählt mittlerweile zu den vielschichtigsten und interessantesten im DC-Universum. Der Film hat nun die undankbare Aufgabe, alles wieder auf Null zu drehen, ein halbes Centennium Kerbholz zu ignorieren und jenen postpubertären "Grünling" zu präsentieren, den man eigentlich froh war, ad acta gelegt haben zu können. Nun versuchte man, möglichst viel an Stoff in diese knapp zwei Stunden Film zu verfrachten, verbrät "mal eben so" epochale Charaktere wie die fanatische Regierungsagentin Amanda Waller (Angela Bassett) oder eben den durchgedrehten Wasserkopf Hector Hammond. Davon, dass Jordan seine große Nemesis Parallax praktisch mit links besiegt, und das erst nach ein paar Tagen in seiner Uniform, gar nicht zu reden. Im Prinzip tritt "Green Lantern" die Bemühungen der Konkurrenz von Marvel, die Komplexität ihres Print-Universums kleinschrittig auf die Leinwand zu übertragen, mit breiten Kilowog-Füßen. Das ist gut für den unbedarften Zuschauer, als Comicleser in Erwartung eines adäquat umgesetzten Leinwandabenteuers wähnt man sich um zwanzig Jahre zurückkatapultiert - das ewige Problem aller DC-Adaptionen (die große Ausnahme "Watchmen" natürlich stets außen vor)
Die Stärken des Films, denn auch solche gibt es, liegen, man mag es sich bereits denken, in seiner visuellen Breite, der Gestaltung des Wächter-Planeten Oa, der kunterbunten, vornehmlich lila-grünen (Maestro Bava lässt grüßen) All-Nebel und -Dämpfe, dem Monster Parallax. Peter Sarsgaard als Hector Hammond bietet trotz etwas lächerlicher Maske im letzten Drittel die mit weitem Abstand größte darstellerische Profilleistung des Films, (speziell) die (physische) Konturierung von Jordans späterem Intimfeind Sinestro (Mark Strong) darf als echtes Geschenk an die Fans gewertet werden. Bezüglich Ryan Reynolds, der besser Unterwäsche-Model als Schauspieler geworden wäre und der seinen unwillkürlich tumben Gesichtsausdruck nie ganz verbergen kann, mag man einerseits geneigt sein, den Mantel des Schweigens zu breiten - darf aber andererseits nicht vergessen, dass er als Inkarnation des (jungen) Hal Jordan praktisch wie gespuckt ist.
Und weil ich mich sowieso stets freue, meine Kindheitshelden in teurer live action zu sehen, muss ich wohl auch diesem Werk eine - wenn auch nur leicht - überdurchschnittliche Qualität attestieren. Auf diesbezügliche Streitigkeiten jedweder Art lasse ich mich aber lieber nicht ein...

6/10

Superhelden Aliens Comic Martin Campbell DC Comics Stuart Baird





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