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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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DAUGHTER OF DR. JEKYLL (Edgar G. Ulmer/USA 1957)


"These pills will help. But don't you take too much of them!"

Daughter Of Dr. Jekyll (Die Totengruft des Dr. Jekyll) ~ USA 1957
Directed By: Edgar G. Ulmer

Die just 21 gewordene Janet Smith (Gloria Talbott) und ihr Verlobter George Hastings (John Agar) reisen in die englische Provinz zu Janets Vormund Dr. Lomas (Arthur Shields). Dieser eröffnet Janet, nicht nur, dass sie ein großes Vermögen erben wird, sondern dass sie zudem die Tochter des verrückt gewordenen Wissenschaftlers Dr. Jekyll ist, von dem die Bewohner des angrenzenden Dorfes behaupten, er habe sich in Vollmondnächten in einen Werwolf verwandelt. Gleich in der ersten Nacht auf dem Anwesen wird Janet von seltsamen Träumen geplagt, in denen sie das Hausmädchen (Mollie McCard) überfällt, das dann am nächsten Morgen tatsächlich ermordet aufgefunden wird. Es bleibt nicht bei einer Toten. Während Janet langsam zu verzweifeln beginnt, glaubt George jedoch nicht recht an einen mutmaßlich ererbten Fluch - und findet Ungeheuerliches heraus...

B-Film aus Ulmers Spätphase, in der der retrospektiv als angekratztes Genie gefeierte Künstler zum Billig- und Vielfilmer geworden war und vergleichsweise nurmehr wenig zu sagen hatte. In "Daughter Of Dr. Jekyll) blitzt zwar immer wieder Ulmers Talent zur Schaffung abseitiger Szenerien und Stimmungen auf, ansonsten bleibt der Film aber einer seltsam staubigen, manchmal unpassend erscheinenden Tradiertheit verhaftet. Die nebligen Exterieurs, größenteils schlampig zusammengebastelte Modelle, sehen aus wie in den zwanziger oder dreißiger Jahren abgefilmt, Prolog und Epilog wirken lächerlich grotesk und John Agar hat auch schon bessere Tage gesehen. Es wirkt bisweilen, als sei "Daughter Of Dr. Jekyll" eine frühe, halbseidene Hommage an die Universal-Produktionen der Dreißiger und Vierziger. Möglicherweise hat Ulmer ja auch eine sarkastische Distanz zu seinen Arbeitsbedingungen herausstellen wollen und eine gewisse Art der Selbstreflexion im Sinn gehabt. Die entsprechenden Indizien sind mir aber zu dünn, um solcherlei mit Bestimmtheit behaupten zu wollen.
Spaß macht "Daughter Of Dr. Jekyll" gerade wegen seiner merkwürdig amalgamierten Geschichte, die die klassische Jekyll/Hyde-Vorlage mit dem Werwolf-Motiv kreuzt und sich so, einer weiteren Genre-Tradition folgend, gleich in mehreren Gärten seinen Äpfelchen zusammenklaut.

6/10

Edgar G. Ulmer Independent Werwolf Serienmord Mad Scientist Jekyll und Hyde period piece Hypnose Nacht


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THE INCREDIBLE MELTING MAN (William Sachs/USA 1977)


"I've got to go out and find Steve."

The Incredible Melting Man (Der Planet Saturn lässt schön grüßen) ~ USA 1977
Directed By: William Sachs

Der Astronaut Steve West (Alex Rebar) überlebt als einziges Besatzungsmitglied einen Flug zum Saturn. Die Mannschaft wurde dort merkwürdigen kosmischen Strahlen ausgesetzt, deren unheilvolle Wirkung allerdings auch an Steve nicht spurlos vorübergeht: Zurük auf der Erde läuft der Gute Amok, beginnt sich zu zersetzen und harmlose Leute im Wald anzufallen. Er braucht frische Zellen uim seine eigenen zu erneuern. Steves Freund Dr. Nelson (Burr DeBenning) macht sich auf die Suche nach seinem Kumpel, kann ihm jedoch auch nicht mehr helfen.

Eine leicht modifizierte Variation des Hammer-Klassikers "The Quatermass Xperiment", nur, dass William Sachs hier mit Sicherheit keinesfalls die Entstehung eines heimlichen Genre-Meilensteins im Sinn hatte (zu dem es "Quatermass" fraglos gebracht hat), sondern rein spekulative Exploitation zu günstigen Konditionen. "The Incredible Melting Man" ist so unverhohlen doof wie schlecht und wird von einer dermaßen grauenhaft zusammengefrickelten Dramaturgie auf Spielfilmformat gebracht, dass die 84 Laufminuten infolge bierberauscht-subjektivem Zeitempfinden locker doppelt so lang erscheinen. Das, was den Film letztlich interessant macht, nämlich jene drei, vier Auftritte des 'Melting Man', wird durch eine idiotische Rahmengeschichte morschen Tauen gleich verschnürt.
Als Urvater des Schmilz-Horrors weist Sachsens Klamotte nämlich immerhin erstklassige Make-Up-F/X auf, von dem jungen Rick Baker lustvoll-schleimig zum Einsatz gebracht. So steht "The Incredible Melting Man" voll zu seinem gellen Auftreten als Billigfilm fürs Autokino und verspricht nichts, was er nicht halten könnte. Damit ist er bei aller Kritik auch grundehrliches Handwerk und in seiner Haltung zigmal sympathischer als teures Angeberkino.

6/10

William Sachs Trash Exploitation Splatter Raumfahrt Independent Kannibalismus Weltraum


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STARCRASH (Luigi Cozzi/I, USA 1978)


"Computer, stop the flow of time!"

Starcrash (Star Crash - Sterne im Duell) ~ I/USA 1978
Directed By: Luigi Cozzi

Der ultraböse Count Zarth Arn (Joe Spinell) schickt sich arn, Verzeihung, an, die Macht im Universum zu übernehmen. Um ihn davon abzuhalten, engagiert der ultragute Emperor (Christopher Plummer) die beiden Weltraum-Renegaten Stella Star(Caroline Munro) und Akton (Marjoe Gortner). Zusammen mit dem lustigen Roboter L (Judd Hamilton) sollen sie zunächst Simon (David Hasselhoff), den Sohn des Emperors wiederfinden. Nachdem dies vollbracht ist, geht der Angriff gegen Zarth-Arn in die Vollen. Als schon alle Felle verloren scheinen, holt der Emperor zum letzten rettenden Schlag aus: Ein "Star Crash" muss her, ein vierdeminsionaler Angriff!

Zusammen mit Aldo Lados nicht minder tollem "L'Umanoide" überhaupt DAS Italo-Trash-Plagiat zu "Star Wars" mit bunten Glühlämpchen als Sternfirmanent und golden angesprühten Plastikraumschiffen. Die Displays geben nach, wenn man draufdrückt, so ähnlich wie Caroline Munros hübsche Möpse. Überhaupt ist deren Aufzug eine Schau, wenn nicht gar die größte des Films. Obwohl: Stimmt nicht, kann ja gar nicht sein, das ist schließlich Joe Spinell, dessen koksgeweitete Pupillen bereits als eine Vorstudie für seinen Frank Zito, als der er ja dann wiederum auf die Munro treffen sollte, gewertet werden können. Man kannte sich, man mochte sich. Wie man allerdings den schon damals altehrwürdigen Mimen Christopher Plummer dazu gebracht hat, sich in diesen Kunststoffdress zu zwängen und dermaßen hanebüchne Zeilen abzulassen, gehört zu den größten Geheimnissen der Filmhistorie. Vermutlich hat man ihn mit kompromittierenden Bildern erpresst, auf denen er mit Gortner und Hasselhoff im Club "Anale Grande" zu sehen ist. Die zwei Lockenköpfe tuckern um die Wette, dass es eine wahre Freude ist und vor allem bei Gortner frage ich mich jedesmal, da ich ihn sehe, ob ihn zumindest seine Mami hübsch fand.
Ansonsten gebührt "Starcrash" mit all seiner unbeschwerten Blödiotie natürlich noch verspätet der Sonderpreis der Jury blühender Fabulierkunst, der 'Diamantene Hyperbionische Dimensionaltransmitter', für besondere Leistungen unter denkbar widrigsten Bedingungen.

6/10

Luigi Cozzi Trash


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MISSION TO MARS (Brian De Palma/USA 2000)


"They're us. We're them."

Mission To Mars ~ USA 2000
Directed By: Brian De Palma

Im Jahr 2020 steht die erste bemannte Marsexpedition der NASA an. Nachdem Flug, Landung und Campaufbau reibungslos von Statten gegangen sind, stoßen die Astronauten auf ein seltsames Artefakt, dass sich gegen die neugierigen Erdlinge zur Wehr setzt. Für die vier Freunde Jim McConnell (Gary Sinise), Woody Blake (Tim Robbins), Terri Fisher (Connie Nielsen) und Phil Ohlmyer (Jerry O'Connell) Anlass zu einer sofortigen Rettungsmission, zumal ihr alter Kumpel Luke Graham (Don Cheadle) sich noch auf dem Mars befindet. Auf dem Roten Planeten angelangt stößt man auf die Spuren einer außerirdischen Zivilisation.

Auch nach mehrfacher Betrachtung fällt es mir sehr schwer, ein auch nur halbwegs stabiles Urteil über "Mission To Mars" zu fällen. Zuallererst einmal ist es ein höchst sonderbarer Film, getragen von einer sehr eigenen Atmosphäre. Unschwer erkennbar setzt er die Tradition jener stets "flächig" umgesetzten SciFi-Motivik fort, die uns Terraner nicht nur mit einer außerirdischen Kultur konfrontiert, sondern uns darüber hinaus noch Aufschluss über unsere Evolutionsgeschichte und unseren künftigen Werdegang gibt. Als herausragende Beispiele dafür fallen einem sogleich "2001: A Space Odyssey" und "Close Encounters Of The Third Kind" in den Schoß. Deren Pfad gen Erkenntnis verfolgt auch "Mission To Mars", der darüber hinaus auch eine Meditation über Freundschaft, Liebe, Opferbereitschaft und Verlust darstellt. Wenngleich die porträtierte Gesellschaft nur zwei Jahrzehnte in der Zukunft stattfindet, hat man doch das Gefühl, sie sei gleich deutlich zivilisierter als die unsrige. Schimpfwörter kommen ebensowenig vor wie aufbrausendes Verhalten; stattdessen scheinen die Leute von einer entspannten Gleichmut beseelt, die sie auch in Extremsituationen nicht loslässt. Diese Mentalität überträgt sich auf den gesamten Film, der sich einem warmen Marihuanarausch gleich über den Zuschauer ergießt. Dabei balanciert er stets erstaunlich nah an der Preisgabe zur Lächerlichkeit entlang. Tim Robbins' Opferszene ist von unendlichem Pathos, das finale Erscheinen des Alienpiloten, der ein CGI-Tränchen vergießt, ist schließlich gefährlich nahe an einer möglichen Selbstdenunziation. Getragen wird all das von Ennio Morricones aufreibenden Tönen, die in einem Science-Fictioner im Grunde vollkommen eklektizistisch anmuten. Dennoch ist "Mission To Mars" das, was man leichtfertig als einen "schönen Film" bezeichnen möchte. Vorausgesetzt, man ist in der richtigen Stimmung für ihn und hat dazu passende Mitschauer. Ansonsten könnte die ganze Chose auch unschwer in einer eineinhalbstündigen Zwerchfellbelastung kulminieren.

7/10

Brian De Palma Zukunft Raumfahrt Mars Freundschaft Aliens


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THE SUM OF ALL FEARS (Phil Alden Robinson/USA, D 2002)


"This can't be happening."

The Sum Of All Fears (Der Anschlag) ~ USA/D 2002
Directed By: Phil Alden Robinson

Eine im Jom-Kippur-Krieg verlustig gegangene Atombombe wird von ein paar syrischen Bauern ausgegraben und für einen Minimalbetrag an den Waffenhändler Olson (Colm Feore) verschebelt. Dieser verkauft sie an ein wohlhabendes Netzwerk von Neonazis unter der Führung des fanatischen Dressler (Alan Bates) weiter, der damit einen verspäteten Weltkrieg zwischen Russland und den USA auslösen will. Tatsächlich scheint Dresslers Plan aufzugehen: Die Bombe wird, getarnt als Zigarettenautomat, unter dem Football-Stadion von Baltimore getarnt und während eines Spiels gezündet. Der dort anwesende US-Präsident Fowler (James Cromwell) kann durch die Intervention des jungen CIA-Analysten Jack Ryan (Ben Affleck) in letzter Sekunde vor dem Anschlag in Sicherheit gebracht werden, doch halb Baltimore liegt in Schutt und Asche. Da der neue russische Präsident Nemerov (Ciarán Hinds) wegen eines just angeordneten Militärschlags gegen Tschetschenien ohnehin unter höchster kritischer Begutachtung durch die USA steht, lastet man ihm den Anschlag an. Ein von einem von Dresslers Partnern durchgeführter Angriff auf einen Flugzeugträger der Navy scheint letzte Zweifel zu beseitigen: Auf beiden Seriten werden die Bomben scharf gemacht. Nur Ryan durchschaut die Hintergründe. Kann er den Dritten Weltkrieg rechtzeitig verhindern?

Ein unzweideutiges Bekenntnis zur political fiction sowie zum suggestiven 007-Charakter moderner Agententhriller und somit der bis dato beste Jack-Ryan-Film, ganz unabhängig davon, dass der charismatische Harrison Ford keine Lust mehr auf die Rolle hatte und Ryans Rolle in dem ganzen Spektakel stark zurückgestutzt und auf den jungen Ben Affleck zugeschnitten werden musste. Ryan ist hier urplötzlich wieder in seinen Anfangstagen bei der CIA, lernt gerade erst seine zukünftige Frau Cathy (Bridget Moynahan) kennen und hat noch einen anderen Boss namens Cabot (Morgan Freeman als nicht ganz ebenbürtiges James-Earl-Jones-Substitut). Darüberhinaus gibt es ein Wiedersehen mit John Clark, der diesmal nicht von Willem Dafoe, sondern von Liev Schreiber gegeben wird. Ansonsten stark von der Story des kurz nach dem Kalten Krieg veröffentlichten Romans abweichend wird hier kurzerhand ein neu aufflammendes Misstrauen zwischen den Weltmächten heraufbeschworen; der Russe ist und bleibt eben undurchsichtig und das Nuklearwaffenpotenzial reicht nach wie vor locker aus, um sich gegenseitig auf den Mond zu schießen. Im Roman sind islamische Terroristen für die Verschwörung zuständig, was im Falle einer Einszueins-Übertragung so kurz nach 2001 natürlich eine recht "geschmacklose" Filmdramaturgie bedingt hätte. So haben wird es jetzt mit wahnsinnigen Neonazis zu tun, ein universelles und angedenk einer international erfolgreichen Rezeption vor allem dankbares Feindbild. Der Film ist anders als die ursprünglichen drei Ryan-Filme also ohne eine betonte Realitätsanbindung zu verstehen und bringt sich damit vor allem um den Ballast des tierischen Ernstes. Eine Atompilz über Maryland, das ist schon ein starkes Stück. Hier aber haben wir ihn, live und in graugelber Farbe. Daraus erwächst zum Finale hin der spannendste Film des letzten Jahrzehnts, ein ungeheurer Nägelkauer, und das bei ohnehin völlig gewissem Ausgang. Als Regiearbeit Phil Alden Robinsons ist "The Sum Of All Fears" in dramaturgischer Hinsicht ein kleines Meisterk, makellos und fesselnd. Mag sein, dass die Geschichte mich persönlich anspricht, weil die Befürchtung, aktiv Zeuge eines Nuklearkriegs zu werden, eine meiner frühkindlichen Urängste widerspiegelt. Doch auch sonst fällt mir aus den letzten zehn Jahren kein anderer Film ein, der die Schweißtreiberei beim Publikum mit solch akribischer Perfektion verfolgt.

9/10

Phil Alden Robinson Tom Clancy Jack Ryan Atombombe Kalter Krieg Präsident CIA Terrorismus Maryland Russland Moskau


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OCTAMAN (Harry Essex/USA, MEX 1972)


"Look out! It's the monster!"

Octaman ~ USA/MEX 1972
Directed By: Harry Essex

Der Wissenschaftler Dr. Torres (Kerwin Matthews) und sein Team finden in Mexiko merkwürdige kleine Polypen, die offenbar infolge nuklearer Strahlung mutiert sind. Tatsächlich sind die Minikraken nur Verwandte eines achtarmigen Krakenmonstermannes (Read Morgan), der in einer Höhle haust und nach Belieben auch auf dem Land herumspazieren kann. Aus dem Plan, das Wesen zu studieren und der Wissenschaft neue Erkenntnisse zu bringen, um es danach in einem Zirkus der Öffentlichkeit zu präsentieren, wird leider nichts. Der Octaman versteht nämlich keinen Spaß!

Eine echte Supergurke aus den frühen Siebzigern, die ihr Ding mit solch unbedarfter Naivität durchdrückt, dass man gar nicht anders kann als sie all ihrer offensichtlichen Schwächen zum Trotze irgendwie gernzuhaben. Natürlich ist praktisch alles an "Octaman" irgendwie käsig und doof; angefangen beim vom jungen Rick Baker entworfenen Gummikostüm des Monsters, dessen Erscheinen überhaupt keine Angst erzeugt, weil es sich 1.) nur total langsam fortbewegen kann, 2.) vor allem Angst hat, was mit Licht und Feuer zu tun hat und 3.) eben nunmal reichlich beknackt ausschaut. Dementsprechend stellen sämtliche Protagonisten sich scriptgemäß so stupide an, dass ihr jeweiliger Intelligenzqupotient sich noch weit unterhalb desjenigen vom Octaman verorten lassen müsste, Titel-Akademiker hin oder her.
Das kleine Ding wurde von Harry Essex, der einst immerhin als halbwegs renommierter Drehbuschschreiber in Hollywood aktiv war und sich einige Meriten mit vielen schönen B- und einigen denkwürdigen A-Produktionen einfahren konnte, offenbar an zwei Tagen verfasst und gleich auch noch heruntergekurbelt. Die zwei alten Genrerecken Kerwin Matthews und Jeff Morrow geben sich in einem ihrer jeweils letzten Filmauftritte die Ehre - angesichts ihrer Karrierespirale nicht weiter verwunderlich.

4/10

Harry Essex Trash Monster Independent


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NEW KIDS NITRO (Steffen Haars, Flip Van der Kuil/NL 2011)


Zitat entfällt.

New Kids Nitro ~ NL 2011
Directed By: Steffen Haars/Flip Van der Kuil

Der Maaskantjer Superasi Richard (Huub Smit) und seine Kumpels geraten stets aufs Neue in Streitigkeiten mit dem aus der Nachbarstadt Schijndel stammenden Dave (Guido Pollemans) und dessen Truppe. Während die Streitigkeiten sich immer mehr hochschaukeln, schlägt in Friesland ein Meteor ein, der sämtliche Leute dort in Zombies verwandelt. Leider bekommt Richard, der keine Nachrichten sieht, davon nichts mit, denn als Dave anfängt, seine Mutter (Juul Vrijdag) zu bedrohen, schickt er sie just zum Urlaub nach Ameland. Bald erfolgt der zu erwartende Hilferuf via Handy und die New Kids eiern, sogar mit Daves Hilfe, nach Friesland, um dort den Kampf gegen die Untoten aufzunehmen.

Mit großer Fabulierfreude und dem Mut zur narrativen Transzendierung (den erzählerischen Rahmen bieten zwei sich den Film im Kino anschauende "New Kids"-Fans, die nicht minder unterbelichtet sind als ihre Kultobjekte) schreiten die selbst als zwei Fünftel der New Kids auftretenden Steffen Haars und Flip Van der Kuil dazu, unser Heldenquintett diesmal nicht nur gegen die nicht minder verblödeten Prolls aus Schijndel antreten zu lassen (zur weiteren Darstellung eherner niederländischer Territorialansprüche taucht allenthalben noch eine dritte Clique aus Woensel auf, die die Jungs aus Maaskantje und Schijndel in ihrem Duellierungswahn jedoch nicht ernst nehmen), sondern auch gegen eine Zombie-Übermacht an der Nordseeküste. Wie für jedes Problem findet sich natürlich auch hier flugs eine Patentlösung. Ein Rennen zwischen dem Autoprofi Rikkert (Wesley van Gaalen) auf Manta GT und einem Zombieopa (Jasper de Groot) auf Ford Capri regelt die Sache gütlich: Die Zombies werden in einen Viehtransport verladen und auf die Reise geschickt. Wohin, das interessiert keinen, und ist auch egal. Eine Menge lustiger, guter, schmutziger Spaß also mal wieder mit den New Kids, die diesmal mit besonderer Vorliebe die lieben Kleinen attackieren oder sich im Wechsel mit den köstlich frittierten Imbissspezialitäten von Gerris Vater an der schlampigen Deborah (Juliette van Ardenne) laben, die sich trotz Hochschwangerschaft unentwegt Bier reinhaut. Vorzüglich.

8/10

New Kids Steffen Haars Flip Van der Kuil Sequel Niederlande Zombies Meteor Satire Groteske


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MINORITY REPORT (Steven Spielberg/USA 2002)


"Sometimes, in order to see the light, you have to risk the dark."

Minority Report ~ USA 2002
Directed By: Steven Spielberg

In den mittleren fünfziger Jahren des 21. Jahrhunderts ist die Mordrate in Washington D.C. gegen 0 gesunken, dabei ist ein strukturierter Polizeiapparat kaum mehr erforderlich. Erreicht werden kann das durch die 'Precrime Division', die aus einer kleinen Spezialeinheit von Polizisten unter der Führung Chief Andertons (Tom Cruise) und drei, in permanentem Dämmerzustand gehaltene Medien besteht. Jene Medien, im Volksmund 'Pre-Cogs' genannt, haben die Gabe, Morde und Totschläge über mehrere Stunden vorauszusehen, wodurch die Gewaltakte bereits vor ihrer Ausübung verhindert werden. Die im Prinzip noch unschuldigen Täter werden in einer gigantischen Verwahrungsstelle schlafen gelegt. Als Anderton just ein paar Tage, bevor Precrime unter großem Medienandrang auf die gesamte Nation ausgeweitet werden soll, auf eine verjährt geglaubte Unebenheit stößt, die der Precrime-Initiator Burgess (Max von Sydow) kurzerhand als "Pre-Cog-Echo" abtut, sieht er sich urplötzlich selbst als Mörder, der in 36 Stunden einen ihm völlig unbekannten Mann töten wird. Zusammen mit dem von ihm entführten Pre-Cog Agatha (Samantha Morton) versucht Anderton, jenes Rätsel zu lösen, stets dicht gefolgt von dem forschen Aufsichtsbeamten Witwer (Colin Farrell) und seinen früheren Partnern.

Hat mich diesmal völlig kaltgelassen. Natürlich ist die auf einer wie immer brillanten Grundidee Philip K. Dicks basierende Future-Motivik nicht übel und wird auch alles andere als visuell uninteressant ausgespielt. Vermutlich liegt aber genau hier der Knackpunkt. "Minority Report" suhlt sich geradezu autoerotisch in seinen Entwürfen der zukünftigen Gesellschaft; in den Appartments und Fahrzeugen sowie den aufdringlichen product placements an allen Ecken und Enden. Auch hat der Film eine sichtlich selbstergötzende Freude daran, seine Uniformträger in ihren schneckenähnlichen Fluggeräten und mit kleinen Antriebsraketen durch die Gegend sausen zu lassen, die als "Spinnen" berüchtigten, mobilen kleinen Augendetektoren auszusenden etc. pp. Bleibt alles anders anno 2054. Nicht zu vergessen die spezielle, milchig-körnige Überstrahlungsoptik. Hübsch stilbewusst, bestimmt. Aber zu keiner Sekunde wirklich fesselnd oder gar mitreißend, da allzu reißbrettartig in der Umsetzung. Von einer diskursiven, sozialthischen Sinnsuche ("Blade Runner"), wie sie bei Dick-Adaptionen bislang eigentlich zum guten Ton gehörte oder auch von einer Meditation über Perzeption und Realitätsempfinden ("Total Recall") kann bei"Minority Report" indes keine Rede sein. Dazu ist Spielberg dann doch ein allzu emotionszentrierter Filmemacher und vermutlich auch schlicht nicht intelligent genug.
140 Minuten cruisescher Selbstsuche und Läuterung plus inszenatorisches Autonomiegewichse bar jeder Bodenhaftung können sich da doch ganz schon ziehen.

5/10

Steven Spielberg Philip K. Dick Zukunft Verschwörung Medizin Washington D.C. Drogen Dystopie


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ARTIFICIAL INTELLIGENCE: AI (Steven Spielberg/USA 2001)


"I am. I was."

Artificial Intelligence: AI ~ USA 2001
Directed By: Steven Spielberg

Irgendwann in der Zukunft übernehmen Roboter, sogenannte 'Mechas', die ihren Schöpfern mit jeder Generation ähnlicher werden, diverse Aufgaben des menschlichen Alltags. Der Konstrukteur Hobby (William Hurt) erfindet schließlich ein täuschend echtes Androidenkind namens David (Haley Joel Osment), das sogar Liebe simulieren kann. Davids Pototyp kommt zu dem jungen Ehepaar Swinton (Frances O'Connor, Sam Robards), dessen Sohn Martin (Jake Thomas) im Koma liegt. Nach einigen Startschwierigkeiten akzeptiert man David als Ersatzkind, dann jedoch wacht Martin wieder auf. Kindliche Boshaftigkeiten und Machtspielchen sorgen dafür, dass David schließlich als Gefahr wahrgenommen und im Wald entsorgt wird. Der mit der Persönlichkeit eines Kindes ausgestattete David glaubt, er müsse die Blaue Fee aus "Pinocchio" finden. Diese verwandelte ihn einen echten Jungen und er könne nach Hause zurückkehren. Die folgende Odyssee, bei der ihm ein Lustmecha namens Gigolo Joe (Jude Law) hilfreich zur Seite steht, führt David bis zu seinen Ursprüngen und an den Rand der Welt...

"AI" gilt ja unter anderem als Vermächtnis Stanley Kubricks, ein Projekt, das laut Spielberg durch wechselseitigen Input und Austausch über viele Jahre hinweg entwickelt wurde und bei dem bis zum Schluss nicht feststand, welcher der beiden Maestri produzieren und welcher inszenieren würde. 'Schluss' bedeutet in diesem Falle Kubricks tragisches Ableben. Dieses hatte bekanntermaßen zur Folge, dass Spielberg den Film in kompletter Eigenregie herstellen musste - oder auch durfte. Wenngleich der trockene Perfektionismus Kubricks postum aus allen Ecken des Films hervorlugt, ist er zugleich doch vielmehr der verzögerte Abschluss einer SciFi-Trilogie, die mit "Close Encounters" und "E.T." begann. Sogar thematisch bleibt "AI" jener Linie treu; am Ende sorgen freundliche Aliens, die lange nach dem endgültigen Kollaps der Menschheit auf der Erde landen, dafür, dass der jahrtausendelang wartende David seinen sehnlichsten Wunsch erfüllt bekommt.
Für mich ist "AI" durchweg formvollendet und einer der schönsten Filme Spielbergs, wobei ihm natürlich auch Kubricks spirituelle Präsenz zugute kommt. Die visuellen Qualitäten und set pieces des Films sind von nicht nur atemberaubender, sondern wegweisender Perfektion und auch nach elf Jahren immer noch komplett 'state of the art'. Allein die Darbietung der Vergnügungsstadt Rouge City ist ein zelluloidgewordener Traum in neon; in wechselseitiger Kombination mit der "Mad Max"-artigen 'Flesh Fairy', die so schön die ganze Tragik einer langfristig lebensunfähigen Menschheit widerspiegelt, ergibt sie sogar ein existenzialistisches Kaleidoskop.
Am Ende habe ich mich dann, einer armseligen Ratte gleich, mal wieder total einfangen lassen und die letzten fünfzehn Minuten hindurch geflennt, dass mir anschließend die Augen brannten. Ich konnte das, völlig reuelos, ich war allein mit mir und dem Film in regnerischer Dunkelheit. Ein geradezu intimes Erlebnis, das mir, so glaube ich, über Spielberg, den Menschen, Spielberg, den Filmemacher UND Spielberg, den regelmäßig an der Diskrepanz zwischen Anspruch und Umsetzung Scheiternden, nochmal ein zusätzliches Paar Augen geöffnet hat.

9/10

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CLOSE ENCOUNTERS OF THE THIRD KIND (Steven Spielberg/USA 1977)


"This means something. This is important."

Close Encounters Of The Third Kind (Unheimliche Begnung der Dritten Art) ~ USA 1977
Directed By: Steven Spielberg

Seit über dreißig Jahren vermisste Flugzeuge erscheinen bei Sonora, ein im Bermuda-Dreieck verschwundenes Schiff findet sich derweil in der Wüste Gobi an. In Indien entwickelt sich eine merkwürdige Sektenreligion und überall werden nächtens UFOs gesichtet, die Sonnenbrände auf den Gesichtern ihrer Beobachter hinterlassen, welche zudem fortan äußerst absonderliche Verhaltensweisen an den Tag legen. Auch wenn die Regierungen es leugnen und geheimzuhalten versuchen: Aliens sind dabei, Tuchfühlung mit der Menschheit aufzunehmen. Der Werksangestellte Roy Neary (Richard Dreyfuss) lässt sich nicht beirren und reist zum Devils Tower, einem Tafelberg in Wyoming, von der er permanente Visionen hat. Hier findet der erste Kontakt mit den Außerirdischen statt.

Als nicht nur rein optisches alter ego Spielbergs war Richard Dryefuss nach "Jaws" in "Close Encounters Of The Third Kind" wieder mit an Bord, diesmal als Agent einer Kleine-Jungs-Phantasie, die sich in eine Rolle als Auserwählter hineinträumt, der von Außerirdischen als Menschheitsabgesandter eingeladen wird. Der kulturelle Impact, der von "Close Encounters" ausging, ist gewaltig. Freundliche Aliens tragen bis heute im Massenbewusstsein exakt jenes Antlitz, das Carlo Rambaldi ihnen einst angedeihen ließ - als ätherische Lichtgestalten mit unverhältnismäßig großen Köpfen und Augen. Die Fünf-Ton-Folge, die als eine Art Gruß zwischen Menschen und Außerirdischen fungiert, vergisst niemand mehr, der sie einmal gehört hat.
"Close Encounters" ist ein seltsamer Film. Nach "Jaws" galt Spielberg bekanntermaßen als Regie-Wunderkind und kam dann ausgerechnet mit dieser abgehobenen Idee um die Ecke - einer Art Vulgärariante von "2001: A Space Odyssey", dennoch nur scheinbar tauglich für den unkomplizierten Massenkonsum, warum die Lunte riechende Universal damit auch nichts zu tun haben wollte und Spielberg seinen bis heuer einzigen Film für Columbia herstellte: eine am Ende nämlich auf epische Länge gestreckte, minutiöse Charakter- und Familienstudie, die, abgesehen vielleicht von ihrer Irrealis, im Prinzip nochmal voll in die New-Hollywood-Kerbe schlug, derweil Spielbergs Freund George Lucas bei der Konkurrenz die Wookie-Puppen tanzen ließ um das Studiokino endgültig zu refamiliarisieren. Diverse, sich bei Spielberg immer wieder anfindende Motive, sind hier bereits latent bis akut vorhanden: Die Familie als unerschütterliche, humane Institution, vorstädtisches Zusammenleben, die Angst vorm Militär als unberechenbare Staatsgewalt, der intellektuell ausgeformte, aber schwache Wisseschaftler, Kinder als Medien, Haushaltsgeräte, die bedrohliches Eigenleben entwickeln. Ungewöhnlich derweil, dass Richard Dreyfuss Frau und Kinder ziehen lässt, um seiner "Mission" nachzugehen und mit der alleinerziehenden, verständigen Melinda Dillon möglicherweise einen späteren Neuanfang begehen wird. Solcherlei Realismus wird beim späteren Spielberg stoisch ausgeblendet.

8/10

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