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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE MOUSE THAT ROARED (Jack Arnold/UK 1959)


"Just don't talk!" - "Can we scream a little?"

The Mouse That Roared (Die Maus, die brüllte) ~ UK 1959
Directed By: Jack Arnold

Dem Herzogtum Groß-Fenwick, dem kleinstem Staat der Welt, geht es wirtschaftlich schlecht, seit ein kalifornischer Winzer seinen einzig nennenswerten Exportartikel, den hauseigenen Rotwein, plagiiert. Für den findigen Premierminister Rupert von Mountjoy (Peter Sellers) gibt es nur einen Ausweg aus der Misere: Einen von vornherein zum Scheitern verurteilten Angriff auf die USA, den diese mit fürsorglichen Reparationen entgelten sollen. Der mit der Attacke beauftragte Förster Tulley Bascombe (Peter Sellers) jedoch nimmt die ganze Sache ernster als vermutet und hat zudem mehr Glück als Verstand. So gelingt es ihm, Professor Kokintz (David Kossoff), den Erfinder der furchtbarsten Waffe der Welt, der "Q-Bombe", mitsamt seinem scharfen Vernichtungsapparat und seiner Tochter Helen (Jean Seberg) zu kidnappen. Die USA geben sich Groß-Fenwick geschlagen, die Q-Bombe entpuppt sich als Blindgänger und für Tulley und Helen läuten bald die Hochzeitsglocken.

Jack Arnolds Liebäugelei mit der schwarzhumorigen, britischen Komödie ist eine unmittelbare Vorwegnahme der Weltuntergangs-Satire "Dr. Strangelove" - nicht allein wegen Peter Sellers' berühmtem multi-part-acting. In "The Mouse That Roared" übernahm der Meisterkomiker drei Rollen - die erwähnten des Premierministers und seines über sich hinauswachsenden, unfreiwilligen Handlangers sowie die der Erzherzogin Gloriana, Staatsoberhaupt von Groß-Fenwick. Als jene formuliert Sellers zugleich einige der schönsten Zitate des Films, die zumeist darauf abzielen, dass der beabsichtigte Angriff auf die Großmacht doch bitte schön möglichst nachhaltig und ohne Aggression von Statten gehen möchte. Auch sonst steckt Arnolds lustiger kleiner Film voller liebenswerter Seitenhiebe auf die unmögliche Weltsituation jener Tage, der ihre schlimmsten Prüfungen eigentlich doch erst noch bevorstanden, die sich hier jedoch bereits mit wohlweislichem Blick analysiert und persifliert fand. Vielleicht nicht so unerbittlich, scharfkantig und wirkmächtig wie das bald nachfolgende Meisterwerk Kubricks, dafür aber von leichterer, weil unbedarfterer Hand gewebt.

8/10

Jack Arnold Satire Kalter Krieg Atombombe


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THE BELLS OF ST. MARY'S (Leo McCarey/USA 1945)


"Just dial "O" for "O'Malley"."

The Bells Of St. Mary's (Die Glocken von St. Marien) ~ USA 1945
Directed By: Leo McCarey

Vater O'Malley (Bing Crosby) wird diesmal an die Klosterschule "St. Mary's" berufen, da die hier lehrenden, schnatternden Nonnen von seinem Vorgänger offenbar nicht gebändigt werden konnten. In der Tat entpuppt sich die Leiterin Schwester Benedict (Ingrid Bergman) trotz guter Anlagen als in vielerlei Hinsicht zu 'mütterlich' für die Erziehung der ungeschliffenen Jungs des Viertels. Doch O'Malleys Anwesenheit zeigt bald erste Erfolge: Anstatt weiterhin zu predigen, in einer Schlägerei auch noch die andere Wange hinzuhalten, gibt Schwester Benedikt nun heimlich Boxunterricht. Doch es sieht, bei aller positiven Entwicklung, nicht gut aus für St. Mary's: Das marode Schulgebäude steht im Schatten eines neu errichteten, riesigen Bürohauses des reichen Bauherrn Horace P. Bogardus (Henry Travers), der anstelle der Schule lieber einen Parkplatz sähe. Doch mit List und Tücke macht O'Malley selbst aus dieser harten Nuss einen weichen Frömmler...

Als Sequel zu dem ein Jahr zuvor entstandenen Oscar-Abstauber "Going My Way" kultiviert "The Bells Of St. Mary's" die bereits im Vorgänger installierte, episodische Erzählstruktur und lässt die kleinen Anekdoten um Pfarrer O'Malley und seine Wirkungserfolge abermals wie eine Blaupause für eine TV-Sitcom erscheinen (eine kleine Serie mit dreißig Folgen und Gene Kelly in der Rolle Bing Crosbys sowie Leo G. Carroll in der von Father Fitzgibbons aus dem Original ging sechzehn Jahre später tatsächlich on air). McCarey bringt dabei das Kunststück fertig, die Fortsetzung summa summarum noch etwas schöner als den Erstling zu gestalten, was, neben der rührigeren Ausgangssituation sowie der Zurücknahme von Crosbys Sangeseinlagen insbesondere der dem Protagonisten mindestens gleichberechtigt geschalteten Ingrid Bergman und auch dem begnadeten Henry Travers zu verdanken ist. Eine Familienzusammenführung sowie Bogardus' urplötzliche Läuterung, die, Kant wusste es, natürlich vornehmlich der eigenen Gesundheitsverbesserung zugute kommt und damit schön schnippisch in die ansonsten wiederum rührselige Geschichte eingebunden wurde.
Wohl einer der erste Fälle in der Filmhistorie, in welchem eine Fortsetzung ihr Original übertrifft.

7/10

Leo McCarey Kirche New York Freundschaft Sequel


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GOING MY WAY (Leo McCarey/USA 1944)


"I'm going to sleep well tonight."

Going My Way (Der Weg zum Glück) ~ USA 1944
Directed By: Leo McCarey

Der etwas unkonventionell arbeitende Pfarrer Chuck O'Malley (Bing Crosby) kommt in die New Yorker Pfarrei 'St. Dominic', um dort seinen alternden Kollegen Fitzgibbon (Barry Fitzgerald) als 'Kurator' zu unterstützen. Fitzgibbon lässt sich merklich ungern in die althergebrachten Karten pfuschen und reagiert anfangs etwas beleidigt auf O'Malleys Methoden, die unter anderem die Verkupplung einer jungen Ausreißerin (Jean Heather) mit dem Banker-Sohn Haines Jr. (James Brown) sowie die Installation eines Chors für die zumeist auf der Straße herumhängenden Jungen des Viertels beinhalten. Schließlich werden aus den beiden Männern jedoch gute Freunde, bis O'Malley, der sich als eine Art "Feuerwehr"-Geistlicher entpuppt, vom Bischoff zu seinem nächsten Auftrag abberufen wird.

McCareys unter der Last der Jahre doch recht betulich wirkender Film, der für Bing Crosby eine veritable Heldenrolle stiftete, ist so brav und schmerzlos, dass es schon fast wehtut. "Going My way" zeichnet auf die denkbar bravste Weise den Weg eines verständigen Kirchenmannes nach, der mit Strohhut auf dem Kopf zu Werke geht und Musik als das Allheilmittel für jedwedes Böse in der Welt kultiviert. Ob er dabei Kinderlieder oder das "Ave Maria" trällert, ist nebensächlich; Jedwedes wird mit derselben anmutigen Inbrunst vorgetragen. Der Charakterisierungs-Kniff liegt darin, O'Malley als vormaligen Lebemann zu präsentieren, der die Priesterweihen erst recht spät angenommen hat und der daher deutlich mehr Praktiker ist als viele seiner eher angestaubten, prmanent mit dem Katechismus wedelnden Amtsgenossen. Sein größtes Verdienst liegt schließlich darin, den dickköpfigen Fitzgibbon "weichzuklopfen" und ihm neue Energie zuzuschustern.
Als weicher Film, der ganz nebenbei auch ein bisschen für das (als selbstverständlich formulierte) militärische Engagement junger Männer in Übersee wirbt, war "Going My Way" nebenbei der große Oscar-Gewinner seines Jahres.

6/10

Leo McCarey New York Kirche Freundschaft Best Picture Musik


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LICENSE TO DRIVE (Greg Beeman/USA 1988)


"I'm a free man!"

License To Drive (Daddy's Cadillac) ~ USA 1988
Directed By: Greg Beeman

Der sechzehnjährige Les (Corey Haim) rasselt trotz eines hervorragenden Praxisteils durch die Führerscheinprüfung; es fehlt schlichterdings an den nötigen Theoriekenntnissen. Anstatt die Blamage preiszugeben, schwindelt er seinen Eltern (Richard Masur, Carol Kane) etwas vor, fliegt jedoch prompt auf. Das hält Les jedoch nicht davon ab, seine große Flamme Mercedes (Heather Graham) am selben Abend auszuführen - heimlich und mit dem in der Garage geparkten Cadillac des Großpapas (Parley Baer). Es komm, wie es kommen muss, alles, was schief gehen kann, geht schief und am nächsten Morgen hat sich der schnieke Oldtimer in einen fahrenden Missstand verwandelt. Doch Les erhält eine letzte Bewährungschance...

Urkomisch, diese zweite filmische Zusammenkunft der beiden Coreys Haim und Feldman, die einen ganz ähnlichen Humor wie Schumachers "The Lost Boys" aufweist, auf dessen Genre-Kapriolen zugunsten reiner Comedy jedoch verzichtet. Dafür musste neuerlich die Gemeinde der typischen Spät-Achtziger-California-Kids herhalten, die ähnlich wie "Bill & Ted" garantiert nichts in der Birne haben und sich stattdessen mittels Dreistigkeit und Impulsivität durchs Leben mogeln. Dabei liegen die besten Scherze natürlich nicht bei den in toto betrachtet eher marginalen Sunnyboys vom BRAVO-Poster, sondern bei den diversen, allenthalben eingeführten Nebenfiguren, seien es Les' soziopathischer Fahrprüfer (James Avery), der mit dem (Grant Godeve) von Les' zeitgleich die Prüfung ablegender Zwillingsschwester Natalie (Nina Siemaszko) parallelisiert wird, Natalies erzkommunistischer Freund Karl (Grant Heslov: "Wir gehen heute Abend auf eine Demo gegen alles") oder der den schönen Cadillac zu Schrott fahrende Besoffski (Henry Alan Miller). Erst diese ganze Latte superwitziger extras macht "License To Drive" aller sonstigen Stromlinienförmigkeit zum Trotze zu einer vollblütigen Lachparade.

7/10

Greg Beeman Los Angeles Familie Freundschaft Satire


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REAL GENIUS (Martha Coolidge/USA 1985)


"You know, something strange happened to me this morning.."

Real Genius (Was für ein Genie) ~ USA 1985
Directed By: Martha Coolidge

Der College-Professor Jerry Hathaway (William Atherton) wird vom US-Militär mit der Aufgabe betraut, einen neuartigen Präzisions-Laser zu wirkungsoptimieren. Da er selbst weder brillant noch fleißig genug für die effektive Arbeit an diesem Projekt ist, lässt er seine Studenten, teils wirre, dafür aber umso gescheitere Köpfe, die Arbeit für sich tun. Von diesen ahnt allerdings niemand, dass ihre Anstrengungen im Zeichen einer tödlichen Waffe geschehen. Neu in Hathaways Team ist das naive, von ihm selbst angeworbene Nachwuchsgenie Mitch Taylor(Gabe Jarret), das von seinem älteren Kommilitonen und Zimmergenossen, dem ausgeflippten Chris Knight (Val Kilmer), allerdings rasch eingenordet wird. Als die Jungs von Hathaways wahren Absichten erfahren, spielen sie ihm einen gehörigen Streich.

"Make Popcorn, not War" könnte der Slogan dieser klugen Anarcho-Komödie lauten, der für die Regisseurin Martha Coolidge von den in Sachen Ausgelassenheit überaus bewanderten Neil Israel und Pat Proft ersonnen wurde. Die Gags erreichen ein Niveau, das, so mag man etwas hochnäsig konstatieren, jenes üblicher zeitgenössischer College- und Highschool-Klamäuke locker in den Schatten stellt. Tatsächlich ist "Real Genius" so anti-militaristisch und anti-Reagan wie es seine Entstehungsperiode zuließ, er predigt Spaß, Ausgelassenheit, Schrankenlosigkeit und freies Denken, versöhnt sich auf nette Weise mit einem geheimnisvollen, im Kleiderschrank hausenden Alt-68er (Jon Gries), der einst durch einen ähnlichen Fähigkeitsmissbrauch wie seinen jungen Freunde traumatisiert wurde. Der arme William Atherton muss einmal mehr als unsympathischer Oberarsch herhalten, der allerdings - auch das as usual - glücklicherweise am Ende sein Fett abbekommt. Eine coole Zusammenstellung aus garantiert zeitverschiebungs-inkompatiblen Popsongs rundet die ganze Kiste ab. Flott!

8/10

Martha Coolidge Kalter Krieg College Satire Militär Coming of Age


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SORORITY BABES IN THE SLIMEBALL BOWL-O-RAMA (David DeCocteau/USA 1988)


"This is the most stupid, sappiest story I ever heard!"

Sorority Babes In The Slimeball Bowl-O-Rama (Beast You!) ~ USA 1988
Directed By: David DeCocteau

Die drei College-Nerds Calvin (Andras Jones), Jimmie (Hal Havins) und Keith (John Stuart Wildman) platzen mitten in die Aufnahmezeremonie zweier Mädels (Brinkie Stevens, Michelle Bauer) in die Schwesternschaft "Triple-Delta". Zur Strafe müssen nun alle Fünf nächtens eine Trophäe aus der hauseigenen Bowlingbahn des nahegelegenen Einkaufszentrums klauen. Dort begegnet man jedoch nicht nur der knallharten Einbrecherin Spider (Linnea Quigley), in die Calvin sich prompt verkuckt, sondern auch dem dreißig Jahre lang in einem Pokal eingesperrten 'Imp', einem Wunsch-Dämon mit schwarzmagischen Kräften, welcher sich mit den armen Studies gar finstere Scherze erlaubt...

C-Horror-Comedy typischer Achtziger-Manufaktur von dem bis heute unermüdlich-(über-)eifrigen Trash- und Porno-Regisseur David DeCocteau - daher garantiert spaßig und geprägt von geradezu leidenschaftlich vorgetragenem Untalent. Natürlich sorgen nicht die (durchweg mies gescripteten) Gags für Humor, sondern die Zwischenzeilen voller einfältiger Ideen. Letzten Endes ging es wohl vornehmlich darum, die beiden überaus ansehnlichen Damen Stevens und Bauer textilfrei vor die Linse bekommen und ein paar Spanking-Sequenzen (Gruß an Kollege Hoolio) einflechten zu können. Der zwergenhafte Imp, eine Art Vorläufer vom "Leprechaun", besteht lediglich aus einem unbeweglichen Torso und einem quasselnden Dämonenkopf, der unentwegt stupide Zeilen absondert und erst recht die hanebüchene, bodenlose Dämlichkeit von DeCocteaus Film unterstreicht. Da gerinnen selbst außerordentlich kurze 76 Minuten Erzählzeit zu Kaugummi. Ein Streifen der beliebten Kategorie "So schlecht, dass er schon wieder gut ist".

4/10

David DeCocteau Trash Monster Bowling Mall Exploitation Dämon Nacht


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FLAME OF BARBARY COAST (Joseph Kane/USA 1945)


"Playing cards is like handling women: You just have to do it right..."

Flame Of Barbary Coast (San Francisco Lilly) ~ USA 1945
Directed By: Joseph Kane

Im Frühjahr 1906 kommt der eher rustikale Rancher Duke Fergus (John Wayne) von Montana nach San Francisco, um 500 Dollar von dem Spielhöllen-Besitzer Tito Morell (Joseph Schildkraut) einzutreiben. In Frisco angekommen zecht Duke, begeistert von der in Morells Casino "El Dorado" auftretenden Tingeltangel-Sängerin Ann Tarry (Ann Dvorak), die ganze Nacht hindurch. Dabei nimmt Morell ihm eine zuvor beim Würfeln gewonnene, stattliche Summe beim Pokern wieder ab, darunter auch die eingangs geschuldete Summe. Zurück in Montana bemerkt Duke, dass er diese Schmach nicht auf sich sitzen lassen mag, übt sich im Pokern und kehrt nach Frisco zurück, um nicht nur Boss Morell zu entthronen, sondern auch um Anns Liebe zu gewinnen. Mit dem großen Erdbeben im April kann allerdings auch Duke nicht rechnen.

Ein reizender kleiner Film, den Duke Wayne noch für die Republic gemacht hat, mit mächtig Staub und Patina, die seinen ureigenen, über die Dekaden gefestigten Charme jedoch zu keinen Zeitpunkt unterminieren.
Obgleich "Flame Of The Barbary Coast" westlicher ja gar nicht angesiedelt sein könnte, trägt er nur unwesentliche Züge eines Western: Die einzige Figur mit Cowboy-Manieren ist tatsächlich Duke Fergus, wobei dieser ein Ass ist in punkto Adaption und es denn zigarrerauchenden, schmunzelnden Frisco-Fatzken ohne Benimm, die hinter Dukes ruraler Fassade keinen ernstzunehmenden Gegner vermuten, alsbald mit barer Münze heimzahlt. Dazwischen gibt es ein paar schöne, ohrwurmlastige Bühnennummern von Ann Dvorak (ganz offensichtlich angelegt als Marlene-Substitut) und der eigentlich noch hübscheren Virginia Grey. Das etwas albern getrickste, "gigantische" Erdbeben schließlich wirkt wie ein reinigendes Gewitter; es zeigt sämtlichen Hauptcharakteren deren wahre Natur und Zugehörigkeit auf, schweißt unvermuteterweise das erhoffte Paar zusammen und lässt den bass erstaunten Antagonisten immerhin als guten Verlierer (und lebendig) zurück, derweil Duke das purifizierte Großstadtmtadtmädchen mit aufs Land nimmt. Bloß: Ob es da glücklich wird?

7/10

Joseph Kane period piece Historie Erdbeben Casino Poker San Francisco


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INVADERS FROM MARS (Tobe Hooper/USA 1986)


"Don't worry, Son! We Marines have no qualms about killing Martians!"

Invaders From Mars (Invasion vom Mars) ~ USA 1986
Directed By: Tobe Hooper

Der kleine David Gardner (Hunter Carson) wird Zeuge einer nächtlichen Raumschifflandung hinter dem heimischen Grundstück. Nachdem sein bei der NASA tätiger Vater (Timothy Bottoms) am nächsten Morgen nach dem Rechten sieht, kommt er später seltsam verändert zurück und hat außerdem eine merkwürdige Wunde im Nacken. Als wäre dies nicht genug, nehmen immer mehr Personen in Davids Umfeld seltsame Verhaltensweisen an und weisen jene Nackenwunde auf; selbst seine ohnehin schreckliche Lehrerin Mrs. McKeltch (Louise Fletcher) gibt sich plötzlich noch viel schrecklicher als gewohnt. Nur die etwas einfältige Schulkrankenschwester Linda (Karen Black) steht David bald noch zur Seite. Der Junge findet bald heraus, was hinter dem häuslichen Sandhügel vor sich geht: Potthässliche Aliens vom Mars sind dort gelandet und treiben allerlei sinistres Zeug.

Dass Tobe Hooper ein glänzender Satiriker ist, der vielleicht nicht ganz das Kaliber eines Joe Dante oder John Landis erreicht, zumindest aber einen vortrefflich-speziellen Sinn für Humor besitzt, wird mir immer bewusster. Sein Remake des hübsch naiven Kalter-Kriegs-Klassikers "Invaders From Mars", das er zu deren Hochphase für die Cannon inszenierte, geht jedenfalls als ziemlich wilde Humoreske durch, die neben der a priori betont kindlichen Perspektive betreffs der geschilderten Ereignisse - (prä-)pubertäre Kids waren damals ohnehin die Abenteurer der Stunde, wie man sich erinnern wird - ein bisschen was von grimm'schen Märchenwelten mit sich führt und diese lustvoll mit modischem Horrortrash verbindet. So steckt "Invaders From Mars" voller Reminiszenzen nicht nur an die eigene Urquelle. Zudem standen Hooper einige hervorragende Spezialisten zur Seite, die ergänzend die audiovisuellen Aspekte überaus ansehnlich zu gestalten wussten: John Dykstra, Stan Winston und, wenn schon nicht Jerry Goldsmith, so zumindest mit Christopher Young dessen perfekter Kopist. Purstes Gold natürlich die Szene, in der Hunter Carson Louise Fletcher beim heimlichen Vertilgen eines Frosches erwischt und fast noch mehr deren entsprechende Reprise, wenn Louise Fletcher auf dieselbe Weise von einem Marsmenschen verschlungen wird (derweil dessen Gegenüber sich totlacht). Doch doch, den kann man schon liebhaben.

7/10

Tobe Hooper Cannon Remake Aliens Invasion Kind Militär


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SEIN LETZTES RENNEN (Kilian Riedhof/D 2013)


"Geht doch gut."

Sein letztes Rennen ~ D 2013
Directed By: Kilian Riedhof

Nachdem seine Frau Margot (Tatja Seibt) mehrfach binnen kürzester Zeit zusammengeklappt ist, legt man Paul Averhoff (Dieter Hallervorden) und ihr nahe, doch ins Seniorenheim zu gehen. Dort nimmt sich vornehmlich die junge, einsame Therapeutin Müller (Katharina Lorenz) der alten Menschen an und strukturiert ihr Programm gerade so einfallslos, wie die Konvention es gestattet. Paul, ehemals ein weltberühmter Läufer, weigert sich, seinen Alltag in solch trister Weise zu begehen und nimmt sich stattdessen vor, sich selbst und den anderen ein letztes Mal zu zeigen, was er kann und den Berlin-Marathon zu laufen. Was zunächst mit ungläubgem Staunen und Kopfschütteln quittiert wird, entwickelt sich bald zum festen Lebensziel, wenngleich es unter schweren Verlusten angegangen werden muss.

"Man ist so alt, wie man sich fühlt". Oder sich gibt, sich präsentiert. Dem Interview mit Dieter Hallervorden auf der Blu-Ray nach zu urteilen ist der Mann, der da zum Gespräch gebeten wurde, jener Weisheit zufolge vielleicht halb so alt, wie es in seinem Ausweis steht. Unglaublich, dass ein Mann dieser - nummerischen - Jahre und Lebenserfahrung noch so unverbraucht und unverkrampft aus dem Nähkästchen plaudert. Wenn alt werden so aussieht, dann möchte ich das auch. Paul Averhoff, der Mann, dem Hallervorden in "Sein letztes Rennen" mit stiller Hingabe und wenig Worten eine ganze Biographie einhaucht, ist deutlich älter als der ihn darstellende Schauspieler, so viel ist sicher. Hier und da ein wenig kauzig, allerlei Tütteligkeiten und Sperenzchen pflegend, weiß er, dass er sich im (von Riedhof auch filmisch wunderhübsch illustrierten) Herbst seines Lebens befindet, leugnet ein wenig, dass es seiner Margot täglich schlechter geht und vielleicht auch, dass er tatsächlich selbst zum "Alten Eisen" zählt. Was ihm letztlich den entscheidenden Auftrieb gibt, ist die Tatsache, dass er sich aller Erwartungen und Rollenkonventionen zum Trotz schlichterdings nicht damit abfindet. Averhoff geht bzw. läuft unverdrossen seinen Weg und wird dafür belohnt, mit Freundschaft, Ehrerbietung und neuem Familienglück - ganz unsentimental, ganz realistisch. Und Regisseur KIlian Riedhof ist ein großer Film über das Altwerden in Würde gelungen, mit einem Hallervorden, der im Kino vielleicht noch nie so gut war.

8/10

Kilian Riedhof Berlin Marathon Ehe Alter Familie Herbst


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THE MANGLER (Tobe Hooper/USA 1995)


"I think... we may be fucked."

The Mangler ~ USA 1995
Directed By: Tobe Hooper

Der verkrüppelte Bill Gartley (Robert Englund) betreibt die "Blue Ribbon"-Wäscherei, deren Arbeitszentrum und ganzer Stolz eine riesige, noch aus Industrialisierungszeiten stammende Heißmangel-Maschine ist, eine 'Hadley-Watson-6'. Als eines Tages eine ältere Wäscherin (Vera Blacker) in die Mangel gerät und völlig zerstückelt wird, glaubt der verwitwete Polizist John Hunton (Ted Levine) zunächst an einen gewöhnlichen Arbeitsunfall. Doch sein Schwager Mark (Daniel Matmor), der sich für Okkultes allerlei Art interessiert, ist anderer Ansicht und dies zu Recht: Binnen weniger Stunden häufen sich die Unfälle rund um die Hadley-Watson und es wird deutlich, dass der eiserne Koloss von einer dämonischen Macht besessen ist, auf der der ganze monetäre Erfolg Gartleys beruht - und nicht nur seiner...

Diabolus ex machina: Bis in die Gegenwart genießt "The Mangler" ein Nischendasein. Die imdb-Durchschnittswertung liegt bei momentan unglaublichen 3,8 und es existieren bis dato lediglich unbefriedigende DVD-Editionen des Films, dessen angebliches 'Misslingen' viel zu Tobe Hoopers kontinuierlich nachlassendem Leumund beigetragen haben dürfte. Der tatsächlich zumeist unbequeme Regisseur nahm sich mit "The Mangler" sechzehn Jahre nach der TV-Arbeit "Salem's Lot" zum zweiten Mal eines Stoffes von Stephen King an, und dies - um, hoho, direkt zu meiner persönlichen Qualitätseinstufung vorzupreschen - um keinen Deut nachlassender. Besessene Maschinen sind, zumal in einem vordringlich satirischen Kontext gehalten, keine Seltenheit im Genrekino; man denke an "The Demon Seed", "Iron Thunder" oder "The Refrigerator". Doch der allegorische "The Mangler" geht noch einen Schritt weiter: Die (nebenbei überwältigend designte) Heißmangel des wie üblich exzellent maskierten Robert Englund ist ein Albtraum-Relikt der Industriellen Revolution und verlangt als solches nach wie vor seinen regelmäßigen Blutzoll. Wer der illuminatenähnlichen Geheimloge um die Maschine angehören will, muss seine jungfräuliche Tochter sowie einen Ringfinger opfern und ist anhand dieses Mals unverkennbar. Sämtliche Kleinstadtgrößen vom Sheriff bis zum Chefarzt gehören zu jenem Zirkel, dessen Seelenmarkt Reichtum und Macht verheißt. So läuft es bereits seit 150 Jahren und wird, wie das schöne Ende zeigt, trotz emsiger exorzistischer Exerzitien, auch die nächsten 150 so bleiben.

7/10

Tobe Hooper Stephen King Kleinstadt Splatter Monster Dämon Satire Exorzismus





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Funxton

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