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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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LA BESTIA UCCIDE A SANGUE FREDDO (Fernando Di Leo/I 1971)


Zitat entfällt.

La Bestia Uccide A Sangue Freddo (Das Schloss der blauen Vögel) ~ I 1971
Directed By: Fernando Di Leo

In der ländlich gelegenen, psychiatrischen Klinik des Professor Dorian (John Karlsen) geht ein irrer Mörder um. Dieser hat sich ein überaus gewinnendes Domizil für seine Blutgier ausgesucht, denn Dorian und sein Oberarzt Dr. Keller (Klaus Kinski) behandeln ausschließlich gutsituierte Frauen in ihren altehrwürdigen vier Wänden. Dafür nutzen sie modernste Methoden wie Elektroschock-Therapien und heiße Dampfduschen, ansonsten bleiben die Patientinnen vornehmlich sich selbst und ihren Obsessionen überlassen. Als der Killer in einer Nacht gleich mehrfach zuschlägt, kommt die schimpfende Polizei ins Haus - und nagelt den Lumpen, nach einem letzten Amoklauf mit Morgenstern, auf klassische Weise.

Lustige Sleaze-Oper von Fernando Di Leo mit so ziemlich allem, was dazu gehört. Täter-Motivation und Geschichte sind noch uninteressanter als in anderen Gialli, vielmehr frönt der Regisseur ganz seiner zuweilen durchbrechenden Zeigelust und präsentiert eine Triangel aus nackerten Episoden, Gewaltausbrüchen und ominösen Füllszenen, deren Dialog (zumindest in der deutschen Fassung, mutmaßlich aber auch in der originalen) von geradezu beispielloser Imbezilität sein dürfte. Besonders der schon ausnehmend unkonzentrierte Kinski bleibt noch in Erinnerung, der hier, man sieht's an der Frisur, offenbar eine mäßig einträgliche Extraschicht kurz vor seinen zwei "Jesus Christus Erlöser"-Auftritten geschoben hat. Mit den Gedanken scheint's schon ganz bei seinen inbrünstigen Rezitationen, kann ihm selbst die flotte Margaret Lee nichts.

5/10

Sleaze Europloitation Giallo Fernando Di Leo Psychiatrie


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DEAD SILENCE (James Wan/USA 2007)


"Remember: whatever happens, don't scream!"

Dead Silence ~ USA 2007
Directed By. James Wan

Als Jamie Ashen (Ryan Kwanten) und seine Frau Lisa (Laura Regan) eines Abends ein Paket mit einer Bauchrednerpuppe vor ihrer Wohnungstür finden, ist es mit dem jungen Eheidyll abrupt vorbei: Nur Stunden später wird Lisa nämlich grausam ermordet. Jamie, der bereits ahnt, dass diese Tat etwas mit den Schauergeschichten aus seiner Kindheit zu tun haben muss, in der die böse Bauchrednerin Mary Shaw (Judith Roberts) vorkam, steht von nun an unter latentem Mordverdacht, lässt Lisa aber dennoch in ihrer beider Heimatstadt Ravens Fair überführen. Hier erfährt Jamie rasch, dass der rächende Fluch der Mary Shaw die meisten Leute auf dem Gewissen hat und sich auch auf nachfolgende Generationen übergeht. Jamie nimmt mithilfe des Polizisten Lipton (Donnie Wahlberg) den Kampf gegen das unfassbare Böse in Form dutzender Bauchrednerpuppen auf...

Recht schöner Horrorfilm, der weniger interessant ist aufgrund seiner keinesfalls sonderlich innovativen Story zwischen urbanen Mythen, Kinderschreck und Märchenhaftigkeit, sondern eher wegen seines variierenden Spiels mit schauerromantischen Konventionen, die er in einen bewusst irrealen, artifiziellen Kontext setzt. Um nach Ravens Fair - allein der Name klingt nicht von ungefähr nach Poe oder Irving - zu gelangen, muss man eine Brücke überqueren, die das Städtchen vom Rest der Welt trennt, als sei es ein dunkles Wunderland. Und tatsächlich ist diese Parallelisierung gar nicht so abwegig; auch hier gibt es eine superböse, nach Organextraktionen lechzende Herzkönigin mit edlem Domizil, eine Art weißes Kaninchen in Form der Bauchrednerpuppe Billy und einen Sarg- (Michael Fairman) anstelle eines Hutmachers, dessen Frau (Joan Heney) allerdings die Verrückte ist. Diesen hübschen bis poetischen Topoi steht allerdings eine dann doch wieder recht hölzern gestaltete Abfolge von Schockmomenten, verzerrten Todesfratzen und Anflügen von Hardcore-Horror gegenüber, die dazu taugen sollen, den Film gleichfalls für adoleszente Autokino-Pärchen reizvoll zu machen. Da wäre weniger mehr gewesen. Dennoch keine Enttäuschung.

7/10

James Wan Puppen


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PHANTOMS (Joe Chappelle/USA, J 1998)


"Chaos, chaos in the flesh."

Phantoms ~ USA/J 1998
Directed By: Joe Chappelle


Die beiden Schwestern Jennifer (Joanna Going) und Lisa Pailey (Rose MacGowan) kommen in das kleine Städtchen Snowfield in den Rocky Mountains, in dem Jennifer als Hausärztin arbeitet. Sie finden Snowfield jedoch nicht nur völlig entvölkert vor, sämtliche Einwohner scheinen zudem einer merkwürdigen Seuche erlegen zu sein. Als Sheriff Hammond (Ben Affleck) und seine Deputys Wargle (Liev Schreiber) und Shanning (Nicky Katt) auftauchen, fühlen sich die zwei jungen Frauen etwas sicherer, zumindest, bis sie realisieren, welch unheimliche Kräfte hier tatsächlich wirken.
Das wabernde Böse verlangt indes nach dem Klatschjournalisten Dr. Flyte (Peter O'Toole), um seine Existenz der gesamten Welt zu verkünden. Zusammen mit diesem rückt gleich noch das Militär an, doch auch dieses hat dem "uralten Feind" nichts entgegenzusetzen...

Mit angenehmer Schmuddeligkeit, die ein wenig von "The Thing" zehrt und überhaupt lustvoll die Belagerungsmotivik eines John Carpenter (die dieser ja wiederum bei Howard Hawks vorfand) zitiert, kann "Phantoms" auf dem Sektor der leicht trashig angehauchten Phantastik punkten. Es gibt zwar gewiss Produktionen auch niedrigerer Preisklasse, die ähnlich gelagerte Themen mit mehr Chuzpe umsetzen - man denke etwa an die King-Adation "The Mist" - dennoch retten Koontz' viele nette Einfälle, Patsy Clines immer wieder repetiertes "I Fall To Pieces" zählt ebenso dazu wie die wahrhaft adelnde Präsenz Peter O'Tooles, "Phantoms" vor Gröberem. Um allerdings das Zeug zu einem wirklich sehenswerten Genrebeitrag mitzubringen, hätte es womöglich noch mehr Mut zur Größe gebraucht, die sich unter anderem a priori das Engagement von zweitklassigen Darstellern wie Ben Affleck oder Rose MacGowan und einem Routinier wie Joe Chappelle als Regisseur hätte versagen müssen.

6/10

Joe Chappelle Colorado Monster Dean R. Koontz Militär Nacht


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AMERICAN PSYCHO (Mary Harron/USA 2000)


"I have to return some videotapes."

American Psycho ~ USA 2000
Directed By: Mary Harron

Patrick Bateman (Christian Bale) lebt gegen Ende der Achtziger als Broker in Manhattan. Sein Lebensinhalt besteht aus Hautpflegemitteln, teuren Restaurants und Clubs, seichter Popmusik und barbarischer Gewalt. In einer sich bereitwillig selbst anonymisierenden Gesellschaft braucht er sich noch nichtmal Sorgen darüber zu machen, für seine Taten zur Rechenschaft gezogen zu werden. Als er nach einem Amoklauf einbricht und seinem Anwalt (Stephen Bogaert) telefonisch seine Missetaten gesteht, zeigt dieser sich leidlich interessiert. Es bleibt eine Gewissensfrage.

Ellis' gewaltige Bestandsaufnahme der Spätachtziger filmisch zu adaptieren entspricht einer von vornherein zum Scheitern verurteilten Idee, da die für eine halbwegs adäquate Verfilmung notwendigen Ingredienzien eine visuelle und akustische Ausnahmesituation schaffen würden, der sich kein Massenpublikum freiwillig zu stellen bereit wäre. Harrons Film ist daher vor allem Reduktion. Sie und ihre Coautorin Guinevere Turner retten vermutlich, was zu retten ist; schälen, entkernen, interpretieren, deuten, planieren, begradigen und schaffen somit einen gemeinhin gefälligen Kinospaß, der sich im Gegensatz zum Buch keine Gedanken über kontroverse Aufnahme beim Feuilleton machen muss, es sei denn, dieses möchte dann vielleicht doch etwas mehr Quellenanbindung.
Harron feminisiert die Perspektive des Romans, der nach seinem Erscheinen Feministenverbände auf die Barrikaden hat steigen lassen, derweil Ellis sich damals, infolge der offen geäußerten Meinung, unter anderem auch ein radikal feministisches Buch geschrieben zu haben, mit nur vorgeblich unverständiger Miene amüsiert haben dürfte. Um der Linie von "American Psycho" umsetzerisch halbwegs zu folgen, bedarf es des Mutes zur Monotonie, zur Beiläufigkeit, zur Ausdehnung, auch in Bezug auf die zur Komplettierung unerlässlichen Darstellung von Batemans Gewaltakten. Von alldem jedoch entfernt sich der Film. Er wählt die satirische Antenne des Romans als vordringlichen Energiespender - ein legitimer, aber eben überaus halbgarer Ansatz. Ferner ist Christian Bale, der Harrons und Turners Ansatz bedingungslos folgt, eine, wenn auch charmante, Fehlbesetzung in der Hauptrolle.
Immerhin befindet sich auf der US-DVD mit der Interviewsammlung "The 80s: Downtown" eine grandiose kleine Doku, die das Erlebnis des nach meiner Auffassung in Ehren misslungenen Films wieder halbwegs ausgleicht.

4/10

Mary Harron period piece New York Wall Street Serienmord Madness Yuppie Satire


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TENTACOLI (Ovidio G. Assonitis/I, USA 1977)


"Compared to suckers on a tentacle, tiger claws are nothing, Mr. Turner."

Tentacoli (Der Polyp - Die Bestie mit den Todesarmen) ~ I/USA 1977
Directed By: Ovidio G. Assonitis

Durch submarine Bohrungsarbeiten wird ein Riesenkrake aus der Tiefsee bis an die kalifornische Küste gelockt, wo seine Tentakel sich vom Baby bis zum versoffenen Fischer alles greifen, dessen sie habhaft werden können. Der Polyp mag nämlich am liebsten das Knochenmark seiner Opfer, und davon möglichst viel. Ned Turner (John Huston), ebenso wackerer wie unbbestechlicher Journalist, begibt sich auf die Spur der zunächst unerklärlichen Ereignisse und bringt, nachdem er ihre Ursache endlich herausfinden konnte, den Ozeanologen und Killerwaldompteur Gleason (Bo Hopkins) dazu, dem Mörderkraken den Garaus zu machen. Als dessen Frau (Delia Boccardo) von dem Monster getötet wird, wird die Sache für ihn ohnehin persönlich...

Hmm, "Tentacoli", klingt doch eigentlich ziemlich lecker, ein bisschen wie "Miracoli" mit Tintenfischeinlage. Doch dann die Ernüchterung - leider ist Assonitis' Nudel-, äh, Tentakeltrasher bloß ein ziemlich langweiliger Heuler aus der "Post-"Jaws"-Ära", der wiederum mit dem Motiv des unterseeischen Monsters, dessen eigentlicher Aktionsradius erst durch die Gewinnsucht skrupelloser Kapitalisten ermöglicht wird, Kasse zu machen versuchte. Was "Tentacoli" etwas von den übrigen Rip-Offs dieser Jahre abhebt, ist die stolze Besetzung mit einigen großen und kleinen Hollywood-Legenden, allen voran dem großen John Huston (der sich, das muss man allerdings dazu sagen, in seinen späten Jahren nicht entblödete, für ein paar Dollar noch selbst den größten Mist mit seiner weißhaarigen Präsenz zu adeln) und Shelley Winters, die es sicher nicht bei einer Bloody Mary belassen haben wird. Die Szenen mit Henry Fonda sind allerdings wirklich ein schlechter Witz. An einem Vormittag zwischen Tür und Angel gedreht, lässt Fondas Gesichtsausdruck darin nur einen Rückschluss zu - dass er sich nämlich ausschließlich Gedanken darüber gemacht hat, was es an jenem Datum wohl zu Mittag geben mochte. Peckinpah-Standard Bo Hopkins vereint die Charaktere Brody, Hooper und Quint ganz ökonomisch in einer Person. Seine zwei Orcas haben ihn so lieb, dass sie für ihn sogar den Killerkraken plattmachen, was man im Film jedoch bestenfalls erahnen kann - wie man das titelgebende Vieh ohnehin faktisch nicht zu Gesicht bekommt. Und Assonitis' Inszenierung? Die ist halt Italo-Standard; versucht notdürftig, die zwangsläufige Diskrepanz zwischen der Starpower und dem unterirdischen Script aufzufangen und wenigstens ein Mindestmaß an Spannung zu erzeugen. Bemerkenswert allerdings Stelvio Ciprianis Musik: Diese klingt ohne Abstriche so, als wäre sie für einen Western komponiert worden.

4/10

Ovidio G. Assonitis Kalifornien San Diego Krake Trash Tierhorror


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HOUSE OF THE LONG SHADOWS (Pete Walker/UK 1983)


"Don't interrupt me while I'm soliloquizing!"

House Of The Long Shadows (Das Haus der langen Schatten) ~ UK 1983
Directed By: Pete Walker

Der junge Erfolgsautor Magee (Desi Arnaz jr.) wettet mit seinem Verleger Allyson (Richard Todd) um einen stattlichen Betrag, dass es ihm gelänge, in nur 24 Stunden der Abgeschiedenheit einen Roman vom Range eines "Wuthering Heights" zu verfassen. Das auserkorene Haus, ein alter Landsitz in Wales, erweist sich jedoch mitnichten als leerstehend. Binnen kürzester Zeit nach der abendlichen Ankunft des sich dort zunächst einsam wähnenden Magee finden sich dort diverse Fremde ein, darunter ein Seniorenquintett (Peter Cushing, John Carradine, Sheila Keith, Christopher Lee, Vincent Price) von dem sich vier Personen als Familie Grisbane vorstellen, deren Vergangenheit auf diesem Gut ein schreckliches Geheimnis birgt...

"House Of The Long Shadows" hätte ein ganz großer Klassiker werden können, hätte man ihm bloß eine adäquatere Produktion und vor allem einen versierteren Regisseur angedeihen lassen. Die Prämisse der augenwischerischen, doppeldeutigen Erzählung, die sich einerseits selbst von der parodistischen Krimikomödie "Murder By Death" beeinflusst zeigt und ihre Spuren ihrerseits noch viele Jahre danach Großproduktionen wie "The Game" hinterlassen sollte, ist von feinstem narrativen Gespür. Die sich ein Stelldichein gebenden Genre-Grandseigneurs, die sich hier erstmals ihre Szenen teilen durften, blühen sichtlich auf und verleihen dem Film eine Grandezza, die sein ansonsten billiges Gewand leider nicht zu tragen vermag. In den Händen der damals noch im Aufstreben begriffenen, ohnehin sehr auf die Kunst alternder Stars setzenden Schnellfeuerschmiede Cannon war zwar längst nicht alles zu künstlerischem Scheitern verurteilt, dann aber musste zumindest die Inszenierung einen entscheidenden Beitrag leisten. Nun ist der englische Gruselgeiger Pete Walker, dessen letzter Film "House Of The Long Shadows" bezeichnenderweise ist, nicht ganz der Mann für jene Eleganz, derer das Sujet schlichtweg bedurft hätte. Hinzu kommt noch die kulturell vergleichsweise orientierungslose Entstehungszeit, die schlichterdings noch keinen Sinn für Postmodernität entwickelt hatte und daher viel von dem grundsätzlichen Potenzial des Projekts verrauchen lässt. Was bleibt, sind die selbst durch mich nicht zu zerredenden Qualitätsaspekte dieses für jeden Freund klassischer Genrekost nichtsdestotrotz sehenswerten Filmes.

7/10

Pete Walker Hommage Cannon Wales Haus Literatur Michael Armstrong Nacht


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DAUGHTER OF DR. JEKYLL (Edgar G. Ulmer/USA 1957)


"These pills will help. But don't you take too much of them!"

Daughter Of Dr. Jekyll (Die Totengruft des Dr. Jekyll) ~ USA 1957
Directed By: Edgar G. Ulmer

Die just 21 gewordene Janet Smith (Gloria Talbott) und ihr Verlobter George Hastings (John Agar) reisen in die englische Provinz zu Janets Vormund Dr. Lomas (Arthur Shields). Dieser eröffnet Janet, nicht nur, dass sie ein großes Vermögen erben wird, sondern dass sie zudem die Tochter des verrückt gewordenen Wissenschaftlers Dr. Jekyll ist, von dem die Bewohner des angrenzenden Dorfes behaupten, er habe sich in Vollmondnächten in einen Werwolf verwandelt. Gleich in der ersten Nacht auf dem Anwesen wird Janet von seltsamen Träumen geplagt, in denen sie das Hausmädchen (Mollie McCard) überfällt, das dann am nächsten Morgen tatsächlich ermordet aufgefunden wird. Es bleibt nicht bei einer Toten. Während Janet langsam zu verzweifeln beginnt, glaubt George jedoch nicht recht an einen mutmaßlich ererbten Fluch - und findet Ungeheuerliches heraus...

B-Film aus Ulmers Spätphase, in der der retrospektiv als angekratztes Genie gefeierte Künstler zum Billig- und Vielfilmer geworden war und vergleichsweise nurmehr wenig zu sagen hatte. In "Daughter Of Dr. Jekyll) blitzt zwar immer wieder Ulmers Talent zur Schaffung abseitiger Szenerien und Stimmungen auf, ansonsten bleibt der Film aber einer seltsam staubigen, manchmal unpassend erscheinenden Tradiertheit verhaftet. Die nebligen Exterieurs, größenteils schlampig zusammengebastelte Modelle, sehen aus wie in den zwanziger oder dreißiger Jahren abgefilmt, Prolog und Epilog wirken lächerlich grotesk und John Agar hat auch schon bessere Tage gesehen. Es wirkt bisweilen, als sei "Daughter Of Dr. Jekyll" eine frühe, halbseidene Hommage an die Universal-Produktionen der Dreißiger und Vierziger. Möglicherweise hat Ulmer ja auch eine sarkastische Distanz zu seinen Arbeitsbedingungen herausstellen wollen und eine gewisse Art der Selbstreflexion im Sinn gehabt. Die entsprechenden Indizien sind mir aber zu dünn, um solcherlei mit Bestimmtheit behaupten zu wollen.
Spaß macht "Daughter Of Dr. Jekyll" gerade wegen seiner merkwürdig amalgamierten Geschichte, die die klassische Jekyll/Hyde-Vorlage mit dem Werwolf-Motiv kreuzt und sich so, einer weiteren Genre-Tradition folgend, gleich in mehreren Gärten seinen Äpfelchen zusammenklaut.

6/10

Edgar G. Ulmer Independent Werwolf Serienmord Mad Scientist Jekyll und Hyde period piece Hypnose Nacht


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THE INCREDIBLE MELTING MAN (William Sachs/USA 1977)


"I've got to go out and find Steve."

The Incredible Melting Man (Der Planet Saturn lässt schön grüßen) ~ USA 1977
Directed By: William Sachs

Der Astronaut Steve West (Alex Rebar) überlebt als einziges Besatzungsmitglied einen Flug zum Saturn. Die Mannschaft wurde dort merkwürdigen kosmischen Strahlen ausgesetzt, deren unheilvolle Wirkung allerdings auch an Steve nicht spurlos vorübergeht: Zurük auf der Erde läuft der Gute Amok, beginnt sich zu zersetzen und harmlose Leute im Wald anzufallen. Er braucht frische Zellen uim seine eigenen zu erneuern. Steves Freund Dr. Nelson (Burr DeBenning) macht sich auf die Suche nach seinem Kumpel, kann ihm jedoch auch nicht mehr helfen.

Eine leicht modifizierte Variation des Hammer-Klassikers "The Quatermass Xperiment", nur, dass William Sachs hier mit Sicherheit keinesfalls die Entstehung eines heimlichen Genre-Meilensteins im Sinn hatte (zu dem es "Quatermass" fraglos gebracht hat), sondern rein spekulative Exploitation zu günstigen Konditionen. "The Incredible Melting Man" ist so unverhohlen doof wie schlecht und wird von einer dermaßen grauenhaft zusammengefrickelten Dramaturgie auf Spielfilmformat gebracht, dass die 84 Laufminuten infolge bierberauscht-subjektivem Zeitempfinden locker doppelt so lang erscheinen. Das, was den Film letztlich interessant macht, nämlich jene drei, vier Auftritte des 'Melting Man', wird durch eine idiotische Rahmengeschichte morschen Tauen gleich verschnürt.
Als Urvater des Schmilz-Horrors weist Sachsens Klamotte nämlich immerhin erstklassige Make-Up-F/X auf, von dem jungen Rick Baker lustvoll-schleimig zum Einsatz gebracht. So steht "The Incredible Melting Man" voll zu seinem gellen Auftreten als Billigfilm fürs Autokino und verspricht nichts, was er nicht halten könnte. Damit ist er bei aller Kritik auch grundehrliches Handwerk und in seiner Haltung zigmal sympathischer als teures Angeberkino.

6/10

William Sachs Trash Exploitation Splatter Raumfahrt Independent Kannibalismus Weltraum


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SECRET WINDOW (David Koepp/USA 2004)


"Oh, I'm in trouble."

Secret Window (Das geheime Fenster) ~ USA 2004
Directed By: David Koepp

Die Ehe des erfolgreichen Romanautors Mort Rainey (Johnny Depp) liegt in den letzten Zügen. Seine Frau Amy (Maria Bello) hat sich einen neuen Freund (Timothy Hutton) zugelegt und wohnt mit diesem in einem Vorort von New York, derweil Mort mit Hund Chico das rustikale Landhaus in der tiefsten neuenglischen Provinz bevölkert. Als urplötzlich ein Fremder (John Turturro) auftaucht, der sich als 'John Shooter' vorstellt und behauptet, Mort habe ihm einst seine Kurzgeschichte "The Secret Window" gestohlen und zusätzlich deren Ende aufgeweicht, gibt Mort sich zunächst lediglich genervt. Shooter jedoch, der von Mort wahlweise verlangt, zu beweisen, dass seine Story kein Plagiat ist oder sie andernfalls neu und adäquat zu veröffentlichen, stellt sich nicht nur als extrem beharrlich heraus, sondern darüberhinaus auch als höchst nachdrücklich. Seine Methoden, denen nacheinander der arme Chico und Morts Stadthaus zum Opfer fallen, werden zunehmend aggressiver...

Ich kann auch nach der Zweitbeschau von "Secret Window" im Grunde nur unterschreiben, was sowieso die Meisten - auch die alten FTB-Einträge in unserem Board - über ihn sagen: Dass er nett, unterhaltsam und grundsolide daherkommt, ansonsten jedoch wenig zu überraschen und schon gar nicht zu begeistern vermag. Die Gründe dafür sind multipel: trotz einer sicheren inszenatorischen Hand kann David Koepp sich etwa nicht zwischen den zwei Hauptsträngen der humorigen Satire auf die schaffenskriselnden Nöte eines amerikanischen Allerwelt-Romanciers einerseits und der saftigen Psychose-Studie eines vom Wege der Stabilität Abdriftenden andererseits entscheiden und beschreitet daher kompromissbereit den vagen Mittelweg. Johnny Depp in der Rolle des Geisteskranken ist unpassend, wenn nicht gar fehlbesetzt. In "Secret Window" versucht er, seine übliche Marotte des linkischen Kauzes mit der im Kino nicht minder etablierten Charaktermatrix des irren Gewaltverbrechers zu kreuzen, was erwartungsgemäß schiefgehen muss. Mort Rainey ist trotz seiner Aktionen am Ende nicht die große Bedrohung, die er eigentlich symbolisieren sollte, sondern bloß eine weitere Nummer in der großen Ahnenreihe von Depp gespielter, nebenspuriger Antihelden. Dennoch ist Koepps Film wohl nicht wirklich schlecht - er hat zwei, drei veritable Nägelkauerszenen, eine gemeinhin ordentliche Besetzung und schließt mit dem Auftritt von Timothy Hutton gewissermaßen sogar den Kreis zur ersten fürs Kino umgesetzten, king'schen 'Autorenspaltungsgeschichte' "The Dark Half". Nur, dass dieser mir trotz seiner bekannten Entstehungsprobleme nicht unwesentlich ambitionierter und formvollendeter erscheint.

7/10

David Koepp Stephen King New York Literatur Madness Ehe


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GHOST RIDER: SPIRIT OF VENGEANCE (USA/AE 2011)


"I don't save people."

Ghost Rider: Spirit Of Vengeance ~ USA 2011
Directed By: Mark Neveldine/BrianTaylor

Der mit dem Fluch eines Rachedämons behaftete Johnny Blaze (Nicolas Cage) sucht in Osteuropa nach innerer Ruhe und Antworten. In Rumänien trifft er auf den unkonventionellen Geistlichen Moreau (Idris Elba), der ihm die Mission auferlegt, ein auserwähltes Kind (Fergus Riordan) in Sicherheit zu bringen, das offensichtlich das Erbgut des Höllenfürsten Roarke (Ciarán Hinds) in sich trägt. Im Gegenzug soll Blaze vom Fluch des 'Ghost Rider' befreit werden. Als Johnny erkennt, dass man ihn selbst, den Jungen und dessen Mutter (Violante Placido) in eine Falle gelockt hat, stellt er sich seinem Schicksal.

Die Tatsache, dass die beiden Krawall-Regisseure Neveldine und Taylor für das Sequel zu Mark Steven Johnsons "Ghost Rider" verantwortlich sind, lässt bereits vorab einen sich ansätzlich durchaus von seinen Wurzeln emanzipierenden Film erwarten. Tatsächlich erweist sich die hyperaktive visuelle Kinetik des Ganzen dann auch als seine vorderste Spezialität. Der Brückenschlag zum sich in eingeweihten Zuschauerzirkeln längst zum heimlichen Kunstprogramm entwickelnden, modernen DTV-Actionfilm ist somit auch als autooperatives Statement zu verstehen: Wer im Genre gegenwärtig etwas zu sagen hat, geht nach Osteuropa. Längst nicht mehr allein der kostengünstigen Produktion wegen, sondern weil das gesamte hier vorherrschende Flair opportunistischer Neuerstehung eine unweigerliche Maßgabe des gegenwärtigen state of the art darstellt. Von dieser ergo keineswegs bloß in ökonomischer Hinsicht begrüßenswerten Entwicklung zehren mittlerweile selbst höher budgetierte Leinwandproduktionen wie das aktuell laufende "Expendables"-Sequel oder eben auch "Ghost Rider: Spirit Of Vengeance". Der Film wirkt, in aller Kürze subsummiert, "enthoben", die inhaltliche Motivlage bietet nurmehr allerälteste Kamelle, die formale Ausführung jedoch Erlesenes. Fast noch mehr als der Erstling steht das Sequel zu seinen comikesken Wurzeln, die den Rider bereits innerhalb seines originären Universums seit jeher zu einer bizarren Ausnahmeerscheinung machten. Nicolas Cage hat einmal mehr Gelegenheit zu psychotischem Augenrollen und hysterischem Gelächter, bis auf Ciarán Hinds und einen eigenartigen Gastauftritt von Christopher Lambert wäre der Rest der Besetzung als vernachlässigenswert zu bezeichnen. Vermutlich wird "Ghost Rider: Spirit Of Vengeance" von keinem Zuschauer spontane Liebesbekundungen zu spüren bekommen, dazu besitzt er dann doch etwas zu wenig 'spirit'. Einen gezielten Blick ist er jedoch durchaus wert.

7/10

Sequel Marvel Comic Satan Rumänien Türkei Kind Sekte





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Funxton

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