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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE SHAWSHANK REDEMPTION (Frank Darabont/USA 1994)


"Hope is a dangerous thing. Hope can drive a man insane."

The Shawshank Redemption (Die Verurteilten) ~ USA 1994
Directed By: Frank Darabont

Ende der vierziger Jahre wird der stille Banker Andy Dufresne (Tim Robbins) wegen des angeblichen Mordes an seiner Frau und deren Liebhaber zu zweimal lebenslänglicher Haft im Staatsgefängnis Shawshank verurteilt. Der bereits eine halbe Ewigkeit dort einsitzende Red (Morgan Freeman) wird sein bester Freund und macht ihm das eigentlich unerträgliche Leben im Knast zumindest halbwegs lebenswert. Zudem besitzt Andy die Gabe, das arrogante, dumme Leitungs- und Wachpersonal durch geschickte Manipulation für sich einzunehmen: Den geld- und machtgeilen Direktor Norton (Bob Gunton) ebenso, wie den brutalen Oberaufseher Hadley (Clancy Brown). Neben Andys unwahrscheinlicher Hartnäckigkeit führt auch dies führt dazu, dass Shawshank bald eine moderne Gefängnisbibliothek sein Eigen nennen kann. Was niemand, selbst Red, nicht ahnt: Praktisch von der Minute seiner Ankunft in Shawshank an plant Andy in aller gebotenen Ruhe und Ausdehnung seine Flucht.

Erachtet man die imdb als den ultimativen Repräsentanten, markiert "The Shawshank Redemption" hinsichtlich seiner Durchschnittsbewertungen den beliebtesten Film der Welt, und das nunmehr ungebrochen seit vielen Jahren. Die Gründe dafür zu eruieren, fällt nicht besonders schwer: Darabonts King-Adaption (die erste von bislang dreien) zählt mit Sicherheit zu den philanthropischsten Werken, die je ein Hollywood-Studio verlassen haben und berichtet von vielen Dingen, die jeder kennt und, sofern nicht vorhanden, selbst nur allzu gern besitzen möchte: Intelligenz, Integrität, Menschlichkeit, Freundschaft, Altruismus, Hoffnung - alles vereint in Andy Dufresne, dem ultimativen Systemerneuerer. Bemerkenswert kitschfrei und bei vollkommener Luzidität (die die wenigen erklärten Gegner des Films, jene Lästerer, die sowieso prinzipiell alles scheiße finden, was die Massen bewegt, ihm wohl auch in erster Linie vorwerfen) präsentiert Darabont uns (Männern) das heimliche Wunschabbild von uns allen: Den Kerl, der standhält, der manipuliert um des Humanismus willen, der, wie sich im Nachhinein herausstellt, Rückschläge gezielt in Kauf nimmt, um im Hintergrund doch stets die Strippen ziehen zu können. Denn was wäre der Film ohne sein Happy End, jenem letzten Fünftel, in dem uns schlagartig bewusst wird, dass Andy die ganze Zeit hindurch alle nach seiner Pfeife hat tanzen lassen und sich die wohlfeile Racheaktion als Nachbeben seines Entkommens aus der Gefängnishölle trotz seiner Abwesenheit mit Sicherheit munden lassen haben wird. Und Morgan Freeman, der uns als wunderbar sonor berichtender Grandaddy durch den Film führt, sich gegen den Tod und für das Leben und für die Freundschaft entscheidet. Ganz ehrlich - wer da ungerührt bleibt, der muss aus Granit bestehen. "The Shawshank Redemption" ist kein Regisseursfilm, will aber wohl auch gar keiner sein. Dafür ist er rein hinsichtlich seiner Inszenierung dann doch zu flach, bieder und überraschungsarm. Seine unnachahmliche Stärke liegt vielmehr darin, episch-ausschweifendes, rundum und jedweder dramaturgischen Durchhänger entbehrendes, unterhaltendes Erzählkino zu liefern, das sein Publikum fesselt, bei der Stange hält, und, vielleicht am Wichtigsten, glücklich zurücklässt. Tatsächlich schafft das wiederum von Darabont verfasste, diesbezüglich perfekte Buch es, seinen Zuschauer mit Leib und Seele selbst für zwei Stunden zu einem Insassen des Mikrokosmos 'Shawshank' zu machen, zu einem stillen Beobachter und zu einem Kumpel von Andy, Red, Brooks, Floyd (Brian Libby, das stumme Ungeheuer aus "Silent Rage", wie ich gestern erfreut feststellte) und den anderen. Eine glückliche, gar funktionale Knastfamilie, und ganz für lau.

9/10

Frank Darabont Stephen King period piece Gefängnis Maine Freundschaft


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MANIAC (Franck Khalfoun/F, USA 2012)


"You're beautiful."

Maniac ~ F/USA 2012
Directed By: Franck Khalfoun

Der infolge eines Mutterkomplexes wahnsinnig gewordene Schaufensterpuppenrestaurator Frank (Elijah Wood) ermordet und skalpiert Frauen, die er in Kontaktbörsen im Internet oder rein zufällig auf der Straße ausfindig macht. Als er die Installations-Künstlerin Anna (Nora Arnezeder) kennenlernt und sich zu ihr hingezogen fühlt, beginnen seine dunkle Seite und der letzte verbliebene Rest von Rationalität in ihm einen kurzen, aussichtslosen Kampf.

Das von Alexandre Aja co-gescriptete und -produzierte "Maniac"-Remake, an dem auch William Lustig in beratender Funktion mitwirkte, zählt zu den gelungenen Neuverfilmungen innerhalb der nicht abreißenwollenden Schwemme von Aufwärmungen klassischer Horrorfilme. Tatsächlich vermag er als in rein künstlerischer Hinsicht vollwertige Variation des bahnbrechenden Originals sogar durchgängig zu überzeugen. Ohne dieses einfach und einfallsloserweise zu kopieren, gelingen Khalfoun die Transponierung wesentlicher Elemente: Einsamkeit und Irrsinn, urbane Anonymität und Isolation sowie die muttergesteuerte Misogynie des Killers; dessen Unfähigkeit zur Ausbüng koitaler Praktiken mit seiner furchtbaren Perversion kollidiert. Statt des herbstlichen New York bietet nunmehr das sommerliche L.A. die Kulisse für Franks Feldzug wider die Rationalität, wobei man die Metropole als lebensfeindlichen, hochgewachsenen Großstadtmoloch im Film selten so kristallin erlebt hat. Die meiste Zeit erleben wir Franks Streifzüge per subjektiver Kamera, in den Mordszenen wagt sie sich jedoch nach außen, wie vielleicht auch Frank selbst sich dann nurmehr als Zuschauer wahrnimmt. Dennoch ist das Remake voll von schönen, keinesfalls redundanten Reminiszenzen an Lustigs Film wie auch an einen anderen Serienkiller-Evergreen: "The Silence Of the Lambs".

8/10

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CLASS ACTION (Michael Apted/USA 1991)


"If your mother could hear you now."

Class Action (Das Gesetz der Macht) ~ USA 1991
Directed By: Michael Apted

Obschon beide Anwälte sind, verstehen sich Jeb Ward (Gene Hackman) und seine Tochter Maggie (Mary Elizabeth Mastrantonio) nicht sonderlich blendend. Maggie konnte nie die diversen Gelegenheiten nachsehen, bei denen ihr Dad seiner Frau und ihrer Mum (Joanna Merlin) Hörner aufsetzte. Auch ihre Berufsauffassung unterscheidet sich deutlich: Jeb, stets linksliberaler Bürgerrechtsvorkämpfer und Idealist, kann nicht begreifen, dass Maggie, ganz Karrieristin, sich der Riesenkanzlei Quinn einverleibt, die ausschließlich millionenschwere Klienten vertritt. Als Jeb und Maggie vor dem Zivilgericht schließlich widersteitende Parteien in Form eines renommierten Autobauers und einer Gruppe geschädigter Sammelkläger repräsentieren und sich dort Aug in Aug gegenüberstehen, müssen beide auch hinsichtlich ihrer brüchigen Beziehung zueinander Farbe bekennen.

Klassisch inszeniertes Courtroom-Drama, typisch für seine Zeit und jedwede Form der Erwartungen seiner avisierten Zuschauerschaft erfüllend. Der Begriff 'class action' subsummiert im US-Justizwesen zivilgerichtlich angestrebte Einzel- oder Sammelklagen gegen eine gegnerische Partei, bei denen es häufig um hohe Schadensersatzzahlungen geht. Im Film werden solche Storys gern als 'David-gegen-Goliath'-Epen inszeniert. Der vorrangige Vertreter dieses Courtroom-Subgenres ist "The Verdict" von Sidney Lumet, im Laufe der Jahre haben sich jedoch noch einige andere Werke, etwa Steven Zaillians "A Civil Action", herauskristallisiert. Ihre Faszination beziehen all diese Filme daraus, dass durch klerikale oder kapitalistische Achsenmächte geschädigte Bürger trotz geringer Gewinnchance ihr Recht einfordern, wobei eher selten ("The Verdict" bildet eine rühmliche Ausnahme) von den Interessen der Anklagevertreter - nämlich einem gehörigen Stück vom Entschädigungskuchen - berichtet wird. Jene finden sich mit geringfügigen Abstrichen vielmehr als Ritter in moralischer Protestrüstung charakterisiert, die ihren Beruf aus rein altruistischen Motiven heraus ausüben.
"Class Action" bildet da keine spezielle Ausnahme, wenngleich auch Jeb Wards Weste keine hundertprozentig weiße ist. Dennoch ist er als lebens- wie berufserfahrener Jurist im Recht, was seine gegen ihn rebellierende Tochter lernen und einsehen muss. So ist Apteds Film dann gleichfalls und vor allem auch die Geschichte einer überfälligen Familienzusammenführung, die in ansonsten stark vorhersehbaren Bahnen verläuft. Erfreuen mag man sich eher am sehr schnittig geschriebenen Dialogscript sowie an der starken Besetzung, die mit Donald Moffatt und Laurence Fishburne noch zwei feine extras beinhaltet.

7/10

Michael Apted Courtroom Vater & Tochter San Francisco Familie Duell


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BOBBY DEERFIELD (Sydney Pollack/USA 1977)


"I'm starting finding you irresistable."

Bobby Deerfield ~ USA 1977
Directed By: Sydney Pollack

Der Formel-1-Fahrer Bobby Deerfield (Al Pacino) lebt eine sinnentleerte Existenz. Einerseits setzt er sich mit jedem Rennen der Gefahr aus, tödlich zu verunglücken, andererseits veranlasst ihn die Karambolage zweier Kollegen, dei der einer stirbt und der andere, Karl Holtzmann (Stephan Meldegg) nach dem Bruch eines Halswirbels gelähmt ist, zum Grübeln und zu mehrfacher Sicherheitsüberprüfung an seinem Wagen. Als Bobby Holtzmann in einem Schweizer Sanatorium besucht, lernt er die ungestüme Krebspatientin Lilian (Marthe Keller) kennen. Die impulsive, am Leben hängende Frau, die jede einzelne Minute so gut es geht auskostet, bringt den stillen Bobby zum Nachdenken. Immer wieder sucht er die Gesellschaft Lilians, die ihn mit ihren manchmal halsbrecherischen Aktionen zunehmend fasziniert.

Zum Niederknien schöne Remarque-Verfilmung, eines von Pollacks führenden Werken und in den Darstellungen von Pacino und Keller herzensbrecherisch. Letzten Endes geht es darum, über den Tod eines geliebten Menschen die Erkenntnis zu gewinnen, dass das eigene Weiterleben ein Geschenk ist - eine so gemeingültige wie existenzielle Maxime. Somit ist weniger das Resultat von Bobby Deerfields mentaler Edukation das eigentliche Ziel des Films, sondern vielmehr der ebenso beschwerliche wie romantische Weg dorthin; der Weg vom eigenbrötlerischen, trotz einer millionenstarken Anhängerschar völlig vereinsamten, erstarrten Angstneurotiker hin zum selbstbestimmten Individuum. Dass dieser Pfad wie zufällig über wunderschöne Alpenpässe, die Toskana und Florenz führt, ist dem vollendeten filmischen Genuss nicht eben abträglich. Durchweg wunderbar.

10/10

Sydney Pollack Frankreich Italien Schweiz Florenz Paris Formel 1 Krebs Erich Maria Remarque Autorennen


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DEEP COVER (Bill Duke/USA 1992)


"You oughta kill a man sometime. It's liberating."

Deep Cover (Jenseits der weißen Linie) ~ USA 1992
Directed By: Bill Duke

Zeit seines Lebens hat der Polizist Russell Stevens (Laurence Fishburne) versucht, sich betont diametral zu seinem kriminellen Vater (Glynn Turman) zu entwickeln, der einst einen frühen, gewalttätigen Tod in Russells Beisein sterben musste. Stevens lässt sich heuer vom DEA als Undercover-Cop anheuern, um die führenden Chicano-Verteiler von L.A. dingfest zu machen. Unter dem Namen John Hull nimmt er Tuchfühlung mit dem zugleich als Anwalt tätigen Dealer David Jason (Jeff Goldblum) auf, der seinerseits Verbindungen zu dem Großhändler Barbosa (Gregory Sierra) steht. Nach und nach entwickelt sich Stevens - auch auf ausdrückliche Weisung seines Verbindungsmannes Carver (Charles Martin Smith), zu einer eigenständig funktionierenden Größe im Kokaingeschäft und verliert die Orientierung, zumal der overlord Guzman (René Assa), auf den es Stevens eigentlich abgesehen hat, offenbar von ganz oben beschützt wird.

Stilvoller, spannender Gangsterfilm, im Gefolge des damals noch recht frischen 'New Black Cinema', dem neben Spike Lee, John Singleton oder Mario Van Peebles auch Bill Duke als Regisseur vorsaß. In "Deep Cover" nutzt er die Gelegenheit, Systemkritik, wie sie später von Soderberghs "Traffic" in inhaltlich und formal komplexerer, vor allem aber ungleich aufmerksamer beäugtem Maße hergeleitet wurde, in das Gewand eines auf den ersten Blick unspektakulären Genrefilms zu kleiden. Man lernt sie alle kennen: Vom großen Boss, der unter diplomatische Immunität aus Lateinamerika herbeieilt als es im Geschäft kriselt, bis hin zur Endkonsumentin, die ihr Kind für ein paar Schüsse verkaufen will und sich schließlich den Goldenen Schuss setzt. Von solchen Schicksalen lässt sich Russell Stevens, der längst Gefallen gefunden hat an Geld und Macht, bald nicht mehr betrüben, zumal er längst erkannt hat, dass das Rechtsstaat, dem er als kleines Zahnrädchen zu dienen glaubte, vom Kopf her stinkt und innerlich verfault. Am Ende kann er immerhin seine Seele retten, wobei sich ein väterlicher Ratgeber (Clarence Williams III) erst opfern muss, um ihm Erkenntnis zu verleihen.
Ein im besten Sinne klassischer Undercover-Thriller mit philosophischem Überbau ist Duke mit "Deep Cover" geglückt. Und einen tollen Soundtrack (Michel Colombier) gibt's gratis obendrauf.

8/10

Bill Duke Los Angelese Drogen Kokain Crack undercover


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HOOSIERS (David Anspaugh/USA 1986)


"Welcome to Indiana basketball."

Hoosiers (Freiwurf) ~ USA 1986
Directed By: David Anspaugh

1951 kommt der Sportlehrer und Kriegsveteran Norman Dale (Gene Hackman) auf Bitten seines alten Freundes Cletus (Sheb Wooley) in das Provinzstädtchen Hickory, Indiana, um dort das Basketball-Team zu coachen. Die kleine Mannschaft, die 'Huskers', ist Hickorys ganzer Stolz, umso sensibler reagiert man auf Normans unkonventionelle Trainingsmethoden und seine unerbittliche Stringenz im Umgang mit den Spielern. Man versucht schließlich, Norman aus seiner Position herauszupetionieren, doch durch die Intervention des einsamen Basketball-Cracks Jimmy Chitwood (Maris Valainis) bleibt Norman in Amt und Würden und schafft es sogar, dem miserablen Dorfsäufer Shooter Flatch (Dennis Hopper) neue Hoffnung zu vermitteln. Am Ende der Saison führt Norman seine Huskers zum Sieg über Indianapolis im Regionalliga-Finale.

Das Wunder von Indiana: Ein schlichter, schöner Film ist David Anspaughs "Hoosiers", der vor ernsthafter Liebe zu seinen Figuren und vor Emotionalität strotzt und der überzeugt davon ist, dass es im Grunde keine schlechten Menschen gibt, nur Widerspenstige, die manchmal erst zum Umdenken genötigt werden müssen. "Hoosiers", in England als "Best Shot" bekannt, ist ein Film, den besonders Amerikaner lieben sollten. Er kokettiert förmlich mit den Idealen der nationalen Grundfesten, zeigt, dass Durchsetzungsvermögen und Überzeugung einen überall hinbringen können und kultiviert, wie die meisten großen US-Sportfilme, den Mythos vom american dream, der den (oder die) verdienten underdogs bis an die Spitze trägt; in diesem Falle in moralisacher wie erfolglicher Hinsicht. "Hoosiers" tut gut, er wärmt Herz und Seele und überzeugt sicherlich auch den einen oder anderen Kitschfeind, schon allein deshalb, weil seine wunderbare Besetzung um Hackman, Hopper und die tolle Barbara Hershey selbst so überzeugt auftritt.

8/10

David Anspaugh period piece Alkohol Basketball Indiana Kleinstadt


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BULLETS OVER BROADWAY (Woody Allen/USA 1994)


"Where I come from, nobody squeals!"

Bullets Over Broadway ~ USA 1994
Directed By: Woody Allen

New York in den bleihaltigen Zwanzigern: Der junge, intellektuelle Dramatiker David Shayne (John Cusack), sieht keine Möglichkeit, sein neuestes Stück "God Of Our Fathers" auf die Bühne zu bringen, da ihm die nötige Finanzierung fehlt. Da handelt sein Agent Julian Marx (Jack Warden) einenSponsorenvertrag mit dem Gangsterkönig Nick Valenti (Joe Viterelli) aus. Bedingung: Valentis Liebchen, die stupide Revuetänzerin Olive (Jennifer Tilly), erhält eine Rolle in Davids Stück. Nicht nur Olive, auch der Rest der Besetzung erweist sich als - gelinde gesagt - exzentrisch, so dass die Inszenierung allenthalben im Chaos zu versinken droht. Ausgerechnet Olives Beschützer, der Mafia-Killer Cheech, (Chazz Palminteri) rettet "Gods Of Our Fathers", indem er heimlich und lediglich unter Davids verblüffter Kenntnis, einige elementare Dialogpassagen umschreibt.

In bester Screwball-Tradition stehend ersann Woody Allen mit "Bullets Over Broadway" einen Film, der auch jedem klassischen Dialog-Komödienregisseur von Sturges bis Wilder alle Ehre gemacht hätte. Der Einfall, hehre Kunst und brutale Unterwelt im Zeitalter der Prohibition aufeinanderprallen zu lassen, ist ebenso famos wie einleuchtend und erhält eine kongeniale Umsetzung. Nach "The Purple Rose Of Cairo" und dem wunderschönen "Radio Days" beweist Allen erneut, wie brillant er period movies im Griff hat und dass sein monumentales Talent für die Kreierung komischer bis abstruser Szenarien gerade auf diesem Sektor stets zu voller Entfaltung gerät. Ein Clou außerdem seine Darstellerriege - handverlesen und bis in die letzte Rolle von Personal getragen, das auch partiell durch niemand anderen hätte ersetzt werden mögen.

9/10

Woody Allen New York Broadway Theater period piece Boston


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VALLEY GIRL (Martha Coolidge/USA 1983)


"That techno-rock you guys listen to is gutless."

Valley Girl ~ USA 1983
Directed By: Martha Coolidge

Die ebenso beliebte wie oberflächliche High-School-Tuse Julie Richman (Deborah Foreman) aus dem Valley verliebt sich in den sich alternativ gebenden Semipunk Randy (Nicolas Cage) aus Hollywood. Für Julie ein gewaltiges Problem, denn mit Randy zusammen zu sein, bedeutet zugleich, ihre Freundinnen und ihren Status als künftige prom queen drangeben zu müssen. Dann vielleicht doch lieber den gelackten Tommy (Michael Bowen), einen echten Fatzken vor dem Herrn?

"Valley Girl" verhandelt als etwas klamaukigerer, wesentlich simpler strukturierter Vorläufer von John Hughes' "The Breakfast Club" eine ganz ähnliche Thematik: Ist ein Ausbruch aus der gewohnten peer group möglich, um nicht zu sagen: sinnvoll, wenn das Leben als ohnehin geplagter Teenager noch Qualität wahren soll? Für die etwas dümmlich gezeichnete Julie tatsächlich eine existenzielle Frage, denn ein Zusammensein mit Randy, diesem wilden Typen, der in Punkschuppen abhängt und allerlei merkwürdige Zeitgenossen kennt, bedeutet für sie zugleich eine Abkehr vom Gewohnten: Die heißgeliebten Nachmittage in der Mall mit shopping und Eisessen würden künftig uninteressant; ihr Freundeskreis müsste sich gezwungenermaßen von ihr abwenden - Katastrophen ohne Abriss also, zumindest, wenn man mit 16 noch kein Buch zur Hand genommen hat und keine einzige europäische Hauptstadt benennen kann.
"Valley Girl" hat, von seiner sicherlich unterhaltsamen Präsentation abgesehen, ein essenzielles Mentalitätsproblem: Seine tragenden Figuren sollen, zumindest unterstelle ich das den Autoren einfach mal, universelle Charaktere repräsentieren und Authentizität vermitteln, sind jedoch tatsächlich bloß holzschnittartige Pappkameraden aus frühen MTV-Clips - wobei besonders Cages Randy, den jeder damals halbwegs bei Trost befindliche Subkulturist nicht mal im Brandfalle angepisst hätte, wahrscheinlich den lächerlichsten Pseudopunk der Filmgeschichte abgibt. Ich meine: nix gegen die Psychedelic Furs und andere der im Film vorgestellten Popsachen, im Gegenteil, aber lassen wir doch bitte alles mal schön da, wo's hingehört. So werden die Valley-Püppchen mit ihren unerträglich vorgefassten Lebensentwürfen sich anno 83 womöglich "Punk" vorgestellt haben, nicht zuletzt infolge Coolidges Märchenstunde. Wenn die wüssten, diese Schäfchen...

5/10

Martha Coolidge Hollywood Kalifornien Los Angeles San Fernando Valley Teenager Subkultur Coming of Age


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THE NAKED DAWN (Edgar G. Ulmer/USA 1955)


"He's a man and you're just an animal."

The Naked Dawn (Santiago - Der Verdammte) ~ USA 1955
Directed By: Edgar G. Ulmer

Nach einem Auftragsüberfall auf einen Wertsachen transportierenden Zug stirbt Santiagos (Arthur Kennedy) Partner Vicente (Tony Martinez). Santiago trifft auf der Weiterreise mit Maria (Betta St. John) und Manuel (Eugene Iglesias) ein junges Indio-Ehepaar, das sich als Farmer niedergelassen hat. Es stellt sich heraus, dass Maria in eine Art Zwangsheirat mit Manuel gezwungen wurde und er sie alles andere als gut behandelt. Santiago lässt sich von Manuel zu seinem Auftraggeber (Roy Engel) fahren, um die Beute gegen den versprochenen Lohn zu tauschen. Santiago muss den hinterhältigen Ganoven jedoch zwingen, ihm das gesamte Geld auszubezahlen, worauf er den gesamten Safe plündert. Danach schlägt er sich mit Manuel die Nacht um die Ohren, der sich mehr und mehr für das erbeutete Geld zu interessieren beginnt. Am nächsten Morgen versucht Maria, Santiago zu überreden, sie mitzunehmen - sie habe genug vom Leben mit Manuel.

Ein leuchtender, kleiner Film und ein neuerlicher Beweis dafür, wie der Jahre zuvor migrierte Edgar G. Ulmer aus wenigen Zutaten cineastische Gourmetgerichte zu zaubern wusste. Auch der hier und da märchenhaft abseitige "The Naked Dawn" wurde von der Universal produziert, gestaltet sich jedoch nicht als einfacher B-Genre-Film, sondern alszutiefst moralisch geprägtes Vexierspiel, das mit Arthur Kennedy nicht nur einen formidablen Antihelden (in einer seiner schönsten Rollen wohlgemerkt) aufbietet, sondern klug genug ist, sich bis kurz vor Schluss keinen Eindeutigkeiten hinzugeben. In der (Grenz-)Welt von "The Naked Dawn", dessen Titel, nebenbei bemerkt, ganz vorzüglich zu ihm passt, gibt es keine eindeutig zuzuordnenden Gut-/Böse-Schemata, jeder ist für Profit auch nur für das private Lebensgusto korrumpierbar und bereit zum Verrat. Jede der drei Hauptfiguren macht binnen 24 Stunden eine mehrfache Wandlung durch, verpuppt sich, um am Ende als auf die eine oder andere Weise strahlender denn zuvor aus ihrem Kokon zu kriechen (oder für immer darin zu bleiben). Der lebenslustige Gauner übernimmt Verantwortung und wird zum Reanimierungshelfer einer bereits gescheitert scheinenden Ehe, der ängstliche, kleine Bauer erhält über seine Grenzerfahrung Rückgrat und innere Stärke, seine Frau lernt, dass Realität und Wunschdenken unvereinbar sind. Die kunstvolle Darbietung dieser jeweiligen Transformationen allerdings erst macht "The Naked Dawn" zu etwas Außergewöhnlichem.

9/10

Edgar G. Ulmer Mexiko Freundschaft Alkohol Neowestern


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THE FACULTY (Robert Rodriguez/USA 1998)


"I don't think that a person should run unless he's being chased."

The Faculty ~ USA 1998
Directed By: Robert Rodriguez

Die Herrington High in Ohio wird zum Ausgangspunkt einer Alien-Invasion. Als erster bemerkt der als Klassenarsch verschriene Casey Connor (Elijah Wood), dass das Lehrerkollegium sich in auffallender Weise verändert: Das zuvor ratlose und eher resignierende Lehrpersonal gibt sich nämlich urplötzlich aufgeweckt und offensiv. Da kann was nicht stimmen! Zusammen mit fünf Mitschülern (Josh Hartnett, Clea DuVall, Sjawn Hatosy, Jordana Brewster, Laura Harris) entschließt sich Casey, gegen die sich rasant ausbreitende, außerirdische Körperübernahme vorzugehen: mit eigens gekochten Drogen als patentiertes Allheilmittel!

Nicht nur auf den zweiten Blick frönt Horror-Hughes Kevin Williamson in "The Faculty" wieder seinem ureigenen Teenager-Vivisektionsauftrag, der mit den üblichen popkulturellen Avancen hausiert. In diesem Fall sind Heinlein und Finney, die Ersinner der 'Puppet Masters' und der 'Body Snatchers', Pflichtlektüre für den im Anti-Invasionskampf bewanderten, jugendlichen Connaisseur-Guerilla. Die schleimigen Tentakelwesen mitsamt recht früh offensichtlich getarntem Oberboss sind allerdings sowieso die heimlichen Stars des Ganzen. Ansonsten gestaltet sich "The Faculty" als ziemlich offensichtlich und erwartbar: Das sich gegen die Aliens zusammenschließende Teenagerkonglomerat entspricht nahezu exakt der altbekannten "Breakfast Club"-Konstellation aus Highschool-Archetypen, die ihre jeweiligen Stärken und Schwächen zum Einsatz bringen können. Wobei der vormalige Oberloser natürlich zum Überhelden wird, der am Ende die schniekste Biene abbekommt. Da nahm sich Hughes noch vergleichsweise realitätsgebunden aus. "The Faculty" ist also nicht nur in puncto Monsterpräsentation überaus märchenhaft angelegt...

6/10

Robert Rodriguez Kevin Williamson Hommage Aliens Invasion Schule Satire Lehrer Drogen Monster





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Funxton

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