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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE OUT OF TOWNERS (Arthur Hiller/USA 1970)


"I can verify that."

The Out Of Towners (Nie wieder New York) ~ USA 1970
Directed By: Arthur Hiller

George Kellerman (Jack Lemmon), aseptischer Familienvater und Spießbürger aus Twin Oaks, Ohio, hat ein Beförderungsgespräch in Manhattan. Zusammen mit seiner treusorgenden Frau Gwen (Sandy Dennis) geht es also Richtung Großstadt, doch bereits der Hinflug artet in eine Katastrophe aus, weil New York in dichtem Nebel liegt und die Maschine nach Boston ausweichen muss. Zwölf Stunden und diverse Missgeschicke später ist den Kellermans klar: Nie wieder New York.

Schön sadistische Culture-Clash-Satire über die Unfähigkeit provinzieller Spießer, sich mit dem finsteren Großstadtgewirr Manhattans arrangieren zu können. Dabei ist Neil Simon geschickt genug, den Schlagabtausch mit einem Remis enden zu lassen: New York ist, wie es ist und es lässt sich von einem hergelaufenen Zankapfel wie George Kellerman aus Ohio auch ganz gewiss nicht ändern. Jack Lemmon ist dabei ein ganz vorzüglicher Spießer: arbeitsam, fleißig, nicht allzu intelligent und stets mit dem Notizblock am Start, wenn es darum geht, sich die Namen potenzieller Verklakungsgegner zu notieren. Diese quittieren Kellermans Wutbürgerei im Gegenzug bestenfalls mit einem müden Kopfschütteln. Es ist ja auch stets offen einsehbar: Die sich dem Ehepaar stellenden Herausforderungen haben ihren Ursprung zumeist in George Kellermans ureigener Dickköpfigkeit und Weigerung zur Kompromissbereitschaft. Umso satter und zufriedener kann der Zuschauer Zeugen der sich den Kellermans im Akkord stellenden Miseren sein.

7/10

Arthur Hiller Neil Simon New York Ohio Ehe Satire


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ROCCO E I SUOI FRATELLI (Luchino Visconti/I, F 1960)


Zitat entfällt.

Rocco E I Suoi Fratelli (Rocco und seine Brüder) ~ I/F 1960
Directed By: Luchino Visconti

Familie Parondi - Mutter Rosaria (Katina Paxinou) und ihre vier Söhne Simone (Renato Salvatori), Rocco (Alain Delon), Ciro (Max Cartier) und Luca (Rocco Vidolazzi) kömmen pünktlich zur Verlobung des Ältesten, Vincenzo (Spiros Focás) aus dem tiefen Süden Italiens nach Mailand. Für Rosaria ist es nach alter Tradition selbstverständlich, dass die Familie der Braut Ginetta (Claudia Cardinale) sie und ihre Jungen aufzunehmen hat, doch diese reagiert ungehalten und setzt die Parondis auf die Straße. Vincenzo ist jedoch zuversichtlich, dass das soziale Gefüge sie auffangen wird. Die Söhne schlagen sich mit Gelegenheitsarbeiten durch, derweil Rosaria versucht, die Familie zusammenzuhalten - vergeblich. Nachdem Simone zunächst als Boxer erfolgreich ist, lernt er die Prostituierte Nadia (Annie Giradot) kennen und verfällt ihr vollends. Nadia jedoch ist vielmehr an dem sensiblen Rocco interessiert, dessen Maximen Güte und Mitgefühl sind. Ciro erhält als erster weine feste Anstellung, Vincenzo und Ginetta heiraten schließlich doch und bekommen ein Kind. Nach einer kurzen Militärkarriere fängt auch Rocco zu boxen an - wesentlich erfolgreicher als der mittlerweile hoch verschuldete und trunksüchtige Simone. Der Bruch zwischen ihm und Rocco verzehrt die Familie, bis es schließlich zur Katastrophe kommt.

In fünf Akten arrangiert Visconti sein neorealistisches Meisterwerk. Beginnend mit dem ältesten Sohn Vincenzo stellt er mit dem jeweiligen Altersnachfolger jeweils einen der Brüder in den charakterisierenden Mittelpunkt und entspinnt so die umfassene Chronik eines schleichenden, familiären Zerfalls. "Rocco E I Suoi Fratelli" ist dabei im besten Sinne so 'italienisch', wie es ein Film dieser Maßgabe nur sein kann; Moralkodexe und Ehrbegriffe, wie sie für den Mitteleuropäer vielleicht nicht immer nachvollziehbar sein mögen, geraten zu Existenzmaximen. Mit dem Bruch der Brüder Simone und Rocco zieht sich, einer Erdbebenspalte gleich, auch ein Riss durch die gesamte Familie. Für den bodenständigen Ciro ist klar, dass "ein fauler Apfel aussortiert werden muss, bevor er die anderen verdirbt". Seinem - im besten Vernuftsinne - rechtzeitig veranschlagten Ausstoß des sich immer weiter in den Abgrund manövrierenden Simone, der zudem jedes Hilfsangebot ausschlägt, könnte die Übrigen retten, doch Simones Schicksal ist mit dem der Übrigen fest verknüpft und wird schließlich zu ihrem eigenen, zumal Rosarias größter Traum darin bestehen bleibt, alle ihre fünf Kinder versammelt um einen Tisch herum bei sich zu haben. Der Gegenwind in Form von Simones ewiger Rebellion gegen den Rest der Welt jedoch ist zu stark. Dazu spielt Nino Rotas traumhafte Musik wie eine Symphonie des Lebens.

10/10

Luchino Visconti Familie Brüder Mailand Neorealismus Faustkampf


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THE BABE (Arthur Hiller/USA 1992)


"It's the city. Like waiting there for me outside, waiting and breathing."

The Babe ~ USA 1992
Directed By: Arthur Hiller

George "Babe" Ruth (John Goodman) wächst, vom Vater verstoßen, in einem Waisenhaus in Baltimore für schwer erziehbare Kinder auf. Früh entdeckt man dort sein Talent als Batter, der jeden Ball über die Anstaltsmauern drischt. So kommt er als junger Erwachsener zu den Boston Red Sox, wo er rasch zum Superstar aufsteigt und von dort zu den New York Yankees. Sein rotziges Auftreten legt Ruth nie ganz ab, er liebt es, in feiner Umgebung laut zu furzen, frisst, säuft und hurt, was das Zeug hält. Seine erste Ehe mit der zarten Helen (Trini Alvarado) hält diesem Ungestüm nicht stand, die vormalige Ziegfeld-Tänzerin Claire (Kelly McGillis) indes kommt mit Ruths ungeschliffener Natur wesentlich besser zurecht. So schnell wie sein Stern einst aufgestiegen ist, sinkt er jedoch auch wieder: Nach einem neuerlichen Transfer zu den abgeschlagenen Boston Braves stürzt seine sportliche Karriere ins Bodenlose.

Amerika feiert seine Helden - je schillernder, desto ergiebiger - gern in glanzvollen Hollywood-Filmen ab. Ein solcher ist auch "The Babe", der den legendären Baseball-Batter Babe Ruth, Spitzname 'Bambino' oder auch 'The Sultan Of Swat', als einen den amerikanischen Traum lebenden underdog zelebriert. Ruth will alles: Ruhm, Liebe Familie, Sex, Geld, Essen, Alkohol und Feiern. Was ihm nicht umweglos kredenzt wird, holt er sich - unter jeweils schwerster Kritik seitens seiner Gönner. Die von ihm zunächst eroberte Helen erweist sich als allzu zerbrechlich für Ruths unablässige Eskapaden, die schwere, tage- und nächtelange Gelage beinhalten, sein Yankees-Trainer wirft Ruth vor, dass sein freiwilliger Schlafentzug auf Kosten permanenter Partys, seine permanente Körpervergiftung und sein zunehmendes Gewicht seine körperliche Konstitution schwächen, worauf er ungerührt den nächsten 100-Meter-Schlag landet.
Wie alle schönen period bios lebt auch Hillers Film von seinem Mut zu kitschiger Überhöhung sowie von der Akkuratesse der Darstellung seiner Zeit, hier der wilden Zwanziger, in denen schummrige Jazzpinten, Champagner und verruchte Ladys mit Zigarettenspitze das Zeitbild bestimmten. Baseball spielt dabei - gottlob - eine lediglich moderat angesetzte Rolle, so dass man sich ganz der formidablen Darstellung John Goodmans (für den die Rolle ein Segen gewesen sein dürfte) hingeben kann.

7/10

Arthur Hiller New York Baseball period piece Historie Biopic Boston Alkohol


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PASSION (Brian De Palma/D, F 2012)


"I confess."

Passion ~ D/F 2012
Directed By: Brian De Palma

Als ihre Untergebene Isabelle (Noomi Rapace) eine bahnbrechende Idee für einen Handy-Werbespot hat, reagiert die Agenturleiterin Christine Stanford (Rachel McAdams) höchst biestig: Sie gibt den Einfall als ihren eigenen aus. Die zunächst schwer geschockte Isabelle jedoch, die zugleich ein Verhältnis mit Christines Lover Dirk (Paul Anderson) pflegt, dreht den Spieß um. Nun ist Christines Rache nicht mehr aufzuhalten: Sie macht Isabelle vor sämtlichen Kollegen lächerlich und diffamiert sie in aller Öffentlichkeit. Isabelle lässt sich Schlaftabletten verschreiben und scheint sehr aus der Spur zu geraten. Als Christine dann eines Nachts in ihrem Haus ermordet wird, steht Isabelle zunächst erwartungsgemäß unter dringendem Tatverdacht. Doch sie hat für die Tatzeit ein wohlfeiles Alibi...

Neben "Trance" und "Side Effects" nun also ein weiterer, doppelbödiger Thriller um hinterfotzige Weibsbilder und ihre sinistren Konspirationen. "Passion" besitzt gegenüber den beiden Erstgenannten allerdings den Vorteil, mit Brian De Palma der ungekrönte Meister solch vordergründig abgeschmackter Kriminalstorys als Mastermind und Dirigenten aufweisen zu können. "Passion" beginnt wie das campige Kinoabbild einer x-beliebigen Daily Soap; die Werbebranche, stets gern als Kulisse für Erfolgs- und Zickenkrieg genutzt, trägt auch hier die Wurzel allen Übels. Berlin, London, New York, die Glitzermetropolen reicher, selbstverständlich ausnahmslos mänlicher Managementsäcke und lüsterner Emporkömmlinginnen, stehen Pate für das gnadenlose Ausblutungsbusiness. Bei De Palma kann man jedoch wohlfeil davon ausgehen, dass er solch offensichtlich durchtriebenes Gebuhle höchst satirisch aufarbeitet. Die Bluttat folgt auf dem Fuße und Traum, Realität und Schuldkomplexe verschwimmen zu einem künstlerisch gefilmten Vexierspiel mit all den wohlfeilen Kabinettstückchen: split screen, subjektive Kameraperspektiven, schräge Aufnahmewinkel.
Dass ich die Vorlage "Crime D'Amour" nicht kannte, habe ich im Nachhinein nicht bereut. Kann sowieso nicht besser sein als ein Werk des Meisters.

8/10

Brian De Palma Berlin Werbung Mobbing femme fatale neo noir Remake


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GROWN UPS 2 (Dennis Dugan/USA 2013)


"It's a fucking monkey!"

Grown Ups 2 (Kindsköpfe 2) ~ USA 2013
Directed By: Dennis Dugan

Der Ferienauftakt naht - und Lenny (Adam Sandler) plant zu diesem Anlass eine große Gartenparty, Motto 80er. Zuvor jedoch bringt der Tag noch manch Um- und Abwegiges: Der Schulbusfahrer (Nick Swardson) ist voll auf Dope, eine aus Vollidioten bestehende Studentenverbindung sucht sich Lenny, Eric (Kevin James), Kurt (Chris Rock) und Marcus (David Spade) als neue Lieblingsfeinde aus, Roxanne (Salma Hayek) eröffnet Lenny, dass sie wieder schwanger ist. Diese und ähnliche existenzielle Probleme benötigen glücklicherweise nur Stunden der Klärung, denn wahre Freundschaft überspringt alle Hürden.

Das erste Sequel innerhalb der filmischen Sandler-Anthologie. "Grown Ups 2" verweigert sich auf den ersten Blick noch stärker einer tragfähigen inhaltlichen Konzeption als sein Vorgänger. Natürlich ist dem in Wahrheit mitnichten so, im Prinzip liefert er mit seiner zur höchsteigenen Struktur erhobenen, Sitcom-artigen Episodenhaftigkeit, die dem Publikum zwischen den Gags melancholische Zwischentöne unterjubelt und diese klammheimlich auf eine stets groteske Art wieder aufzulösen pflegt, die Quintessenz des sandlerschen Kinokosmos. "Grown Ups 2" will nur das Folgende: Die Sonne aktivieren, Licht und Farbe in die Welt bringen und seine Zuschauer auf Kosten allerlei dramaturgieinterner Tolpatschigkeiten und der üblichen liebenswerten Denunziationstechniken des Sandman zum Lachen bringen. Dies gelingt abermals vortrefflich: Einem "Best of" gleich vereint "Grown Ups 2" die meisten der altbekannten Sandler-Kollborateure (John Turturro und Rob Schneider lassen sich allerdings nicht sehen - Streit?) treten an, was den auf die Spitze getriebenen familiären Impetus des Films nochmals unterstreicht.
Auf seine spezifische, perfektionierte Weise ein kleines Meisterwerk.

7/10

Dennis Dugan Adam Sandler Kalifornien Party Freundschaft Sequel


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STAND AND DELIVER (Rámon Menéndez/USA 1988)


"The only thing I ask from you is ganas."

Stand And Deliver ~ USA 1988
Directed By: Rámon Menéndez

Im Sommer 1981 kommt Jaime Escalante (Edward James Olmos) als neuer Mathematiklehrer an die Garfield High School im Herzen des sozialen Brennpunkts East L.A.. Nach ein paar Startschwierigkeiten beginnen er und die Kids seiner Senior Class sich wechselseitig zu mögen und zu schätzen. Als Escalante seine Schüler für einen von ihm durchgeführten 'Calculus'-Kurs vorschlägt, in dem unter anderem Trigonometrie gelehrt wird, vorschlägt, hält man ihn zunächst für einen unrealistischen Träumer. Als dann im nächsten Jahr alle seiner Schüler die Abschlussprüfung mit überdurchschnittlichen Noten bestehen, wirft eine Untersuchungskommission (Andy Garcia, Rif Hutton) ihnen vor, betrogen zu haben. Der einzige Unschuldsbeweis würde sich in Form eines weiteren Tests manifestieren, der noch schwerer strukturiert sein soll als der erste.

Ein von tiefer Sympathie für den Lehrberuf geprägter Film, der mit Jaime Escalante, von seinen Eleven respektvoll 'Kemo' genannt, gar eine authentische Persönlichkeit aufbietet. Als Mathematiklehrer an der Garfield High führte Escalante beginnend ab 1982 jedes Jahr mehr Schüler und Schülerinnen mit mexikanisch-amerikanischen Wurzeln zu erfolgreichen Calculus-Abschlüssen. Zugleich harter Fachvermittler und sensibler Pädagoge verstand Escalante es, auf seine Schutzbefohlenen einzugehen, ihre Sprache zu sprechen und sich so den für seine Arbeit nötigen Respekt zu verschaffen. Die Beziehungen zu seinen SchülerInnen ragten sogar bis in den Privatbereich und avancierten zu regelrechten Freundschaften. Umso erfolgreicher sein Engagement, umso beliebter er selbst als Pädagoge.
Menéndez betreibt mit "Stand And Deliver" durchaus ein Stück weit Heldenverehrung samt Nutzung dramatischer Überspitzungen, was mir im Falle Escalante allerdings durchaus probat erscheint. Und Olmos ist phantastisch, ein leider viel zu vernachlässigter, brillanter Akteur. Mit Herz und Hirn arbeitet er sich in seine Rolle hinein, ebenso wie Menéndez und ihr "Studienobjekt", Escalante.

9/10

Rámon Menéndez Los Angeles Schule Lehrer Subkultur ethnics Biopic


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THIS PROPERTY IS CONDEMNED (Sydney Pollack/USA 1966)


"I meant what I said!"

This Property Is Condemned (Dieses Mädchen ist für alle) ~ USA 1966
Directed By: Sydney Pollack

Während der Depressionszeit kommt der Liquidationsagent Owen Legate (Robert Redford) in das kleine Nest Dodson/Mississippi. Wie überall, wo er auftaucht, hat Legate auch hier die unangenehme Aufgabe, diversen Arbeitern der Eisenbahngesellschaft ihre Kündigung auszusprechen. Während Legate während seines kurzen Aufenthalts zum meistgehassten Mann in Dodson wird, verliebt sich Alva (Natalie Wood), die Tochter der örtlichen Pensionsbesitzerin Hazel Starr (Kate Reid), in ihn. Alva ist gewohnt, dass die Männer ihr in Scharen hinterherlaufen, Legate besitzt jedoch als einziger die Chuzpe, wirklich Tacheles mit ihr zu sprechen. Als er ihr anbietet, mit ihm nach New Orleans zu kommen, lehnt Alva zunächst ab, folgt ihm dann aber doch. Hazel, die andere Pläne mit ihrer Tochter hat, lässt sich das jedoch nicht ohne weiteres bieten.

Basierend auf einem Einakter von Tennessee Williams bildete "This Property Is Condemned" gleichermaßen die zweite Kinoregie-Arbeit Pollacks wie den Startschuss für seine 24 Jahre während Kollaboration mit Robert Redford, die alles in allem sieben gemeinsame Filme hervorbringen sollte. Dabei war Redfords Engagement in erster Linie auf das Insistieren Natalie Woods - als Alva Starr in einer ihrer schönsten Rollen zu bewundern - zurückzuführen, die sich Redford als Co-Darsteller wünschte. An Williams' Vorlage wurde indes eifrig herumgedoktert; etliche Scriptautoren, darunter auch der damalige "Drehbuchdoktor" Francis Ford Coppola, waren für die diversen Umbrüche der Geschichte verantwortlich, was "This Property Is Condemned" nachgerade den Ruf eintrug, uneinheitlich und unentschieden zu wirken und kein rechtes Maß zwischen Satire und Tragödie finden zu können. Dabei besitzt der Film durchaus seine, vielleicht gerade aus seiner Patchwork-Gerierung resultierende, spezielle Poesie. Besonders die außergewöhnlich interpretierten Nebencharaktere zeichnen dafür mit verantwortlich - Charles Bronson als viriler Malocher, John Harding als einsamer Lustgreis und ganz besonders die die traurig endende Geschichte von Alva und Owen erzählende Mary Badham als Alvas Schwester Willie, von der man nicht ganz sicher sein kann, ob sie nicht doch möglicherweise das ruhelos umherirrende, letzte Gespenst einer Geisterstadt ist.

8/10

Sydney Pollack Great Depression Mississippi New Orleans Südstaaten Eisenbahn Tennessee Williams based on play Francis Ford Coppola New Hollywood


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MOMMIE DEAREST (Frank Perry/USA 1981)


"Good night. Good luck. Goodbye."

Mommie Dearest (Meine liebe Rabenmutter) ~ USA 1981
Directed By: Frank Perry

1939 adoptiert die beliebte, kinderlose Hollywood-Aktrice Joan Crawford (Faye Dunaway), die ihre angebliche Fürsorge für Waisen mit einiger Passion öffentlich zur Schau stellt, ein kleines Mädchen und nennt es Christina. In den folgenden Jahrzehnten hat Christina (Mara Hobel, Diana Scarwid) allenthalben unter den schweren Neurosen, Extravaganzen und Demütigungen ihrer Adoptivmutter zu leiden, die ihren übermächtigen Schatten bis zu ihrem Ableben über Christina ausbreitet.

Basierend auf Christina Crawfords gleichnamigem, autobiografischen Buch, einem kurz nach dem Tod Joan Crawfords veröffentlichen Bestseller, der den Leumund der großen Schauspielerin postum schlagartig besiegelte und für manche Kontroverse sorgte, seinen letzten Aufsehen erregenden Film, der seinen eher stillen, selbstbewussten Arbeiten aus den Siebzigern ein grelles Stück Camp gegenüberstellte. Wer Kenneth Angers wunderbares, zweiteiliges "Hollywood Babylon" gelesen hat, das eine schauderhaft-hellsichtige, kleine Chronik betreffs der multiplen Obsessionen hinter dem Glamour der Studiodekaden zwischen den Zehnern und Sechzigern feilbietet, wird möglicherweise auch die Passagen über Joan Crawford im Gedächtnis bewahrt haben. Diese bieten bereits einen, dem bewusst gruselig-verschmitztem Stil des Buches angemessen, einige Einblicke in das narzisstische Einpersonen-Universum der Aktrice. "Mommie Dearest", in dem Faye Dunaway - sowieso die einzig mögliche Darstellerin für eine Verkörperung des Vorbildes - verschärft jene noch durch gezieltes Überspannen ihrer Person. Durch Dunaways stets auf Messers Schneide inmitten von Aufrichtigkeit und gnadenlosem overacting befindliche Interpretation bekommt die Crawford ein, ja, das reinkarnierte Gesicht. Ob der Wahrheitsgehalt der abgebildeten Ereignisse so stehen gelassen werden darf, sei dahingestellt, Mythenfütterung beinhaltet das alles zur Genüge, ebenso wie einen weiteren, für Gesprächsstoff sorgenden Meilenstein. "Mommie Dearest", mittlerweile selbst ein Klassiker, verhilft somit der betreffenden Dame zu einem weiteren, letztlich dankbaren Denkmal.

8/10

Frank Perry Biopic Hollywood Mutter & Tochter Film im Film Film Camp


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FRAILTY (Bill Paxton/USA 2001)


"There is no God."

Frailty (Dämonisch) ~ USA 2001
Directed By: Bill Paxton

Eines Abends schneit ein Mann (Matthew McConaughey), der sich als Fenton Meiks ausgibt, in das Büro des FBI-Agenten Wesley Doyle (Powers Boothe) und eröffnet diesem, er könne ihn zum gesuchten "Hand-Gottes-Killer" führen, einem Serienmörder, der seine Taten offenbar in spirituellem Auftrag vollzieht. Während eines langen Gesprächs berichtet Fenton von seiner Kindheit, in der er (Matt O'Leary) und sein jüngerer Bruder Adam (Jeremy Sumpter) unter ihrem fanatischen Vater (Bill Paxton) aufwachsen mussten, der sich eines Tages als "von Gott erleuchtet" wähnt und behauptet, der Herr habe ihn beauftragt, eine ganze Liste von Dämonen in menschlicher Gestalt zu vernichten. Fenton wird unweigerlich Zeuge, wie sein Vater sich zum Serienkiller entwickelt und sieht den einzigen verbleibenden Ausweg, ihn aufzuhalten, darin, ihn zu töten. All das ist viele Jahre her - wer also hat dann die jüngsten Taten begangen?

Sauber inszeniert, mitreißend erzählt und für das Regiedebüt eines Schauspielers ganz bestimmt beachtlich, entwickelt "Frailty" sogar hinreichend Zugstärke, um inmitten ausgetretener Genrepfade als etwas nicht ganz Alltägliches bestehen zu können. Sein auf sich selbst ausgeübter Zugzwang führt jedoch dazu, dass der Film sich irgendwann zu seinem selbst gesäten Mummenschanz von dem auserwählten Gotteskiller bekennt. Die irren Landeier, die in himmlischer Mission die Axt schwingen und eigenmächtig Leute von der Platte putzen, die Spinner, die ihre Kinder im Keller einsperren, auf dass sie geläutert werden mögen, diese verrückten Erzwahnsinnigen werden doch allen Ernstes legitimiert! Ihre gottgegebene Fähigkeit, das Böse im Menschen durch Handauflegen zu identifizeren, ist gar keine Erfindung und (fast) alle Ermordeten sind lediglich ihrer göttlich gerechten Strafe zugeführt worden. Dieser Punkt hat mich an "Frailty" schon immer gestört, hätte das Script doch zumindest den Mut besessen, ihn im Vagen zu lassen und die Herren Killer Vater und Sohn nicht auf Glaubensebene zu rehabilitieren. Hier verliert "Frailty" völlig unnötig viel von seiner vorherigen Stärke, indem er sich einer geisteskranken Moralität öffnet. Damit kann man zwar leben, zumal der "liebe" Gott sich, wie schon in DeMilles "The Ten Commandments" selbst einmal mehr als "böser" Gott veräußert, aber manchmal ist ein gewisse erläuternde Zurückhaltung ja auch von einigem Wert für das Gesamtwerk.

7/10

Bill Paxton Südstaaten Fanatismus Serienmord Vater & Sohn Familie


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THE PLACE BEYOND THE PINES (Derek Cianfrance/USA 2012)


"Not since Hall and Oates has there been such a team."

The Place Beyond The Pines ~ USA 2012
Directed By: Derek Cianfrance

Der lose vor sich hin lebende, umhervagabundierende Kirmesschausteller Luke Glanton (Ryan Gosling), bekannt für seine waghalsigen Motorradstunts, wird Vater ohne es zunächst zu wissen. Als er zufällig von der Geburt seines Söhnchens Jason (Anthony Pizza) erfährt, drängt er sich der eigentlich funktionalen Patchworkfamilie um Jasons Mutter Romina (Eva Mendes) und deren Lebensgefährten Kofi (Mahershala Ali) auf. Er will für Jason ein guter, treusorgender Vater werden. Lukes Weg dies zu erreichen besteht jedoch darin, Banken mit seinem Kumpel Robin (Ben Mendelsohn) auszurauben. Dabei wird er eines Tages von dem Streifencop Avery Cross (Bradley Cooper) gestellt und von ihm aufgrund seiner Nervosität erschossen. Gegenüber Romina und ihrem Baby hat Avery zwar ein schlechtes Gewissen, andererseits jedoch alle Hände voll damit zu tun, seine korrupten Kollegen anzuprangern.
Fünfzehn Jahre später begegnen sich Lukes und Averys Söhne Jason (Dane DeHaan) und AJ (Emory Cohen) in der High School und entwickeln eine oberflächliche Freundschaft. Jason ist nie darüber hinweggekommen, seinen richtigen Vater nicht kennengelernt zu haben, derweil AJ gegen seinen mittlerweile als Bezirksanwalt hochangesehenen Vater aufbegehrt. Als Jason erfährt, wer der unbescholtene Avery Cross wirklich ist, entschließt er sich zur Rache.

Ein zwei Generationen umfassendes, komplex aufgebautes Beziehungsstück zweier sich schicksalsbedingt immer wieder tangierender Vater-/Sohn-Paare. Narrativ wagt Cianfrance dabei den Kniff, die Erzählperspektive gleich zweimal komplett zu verlagern und den Film so in drei sich klar voneinander abgrenzende Akte aufzuteilen: Zunächst berichtet "The Place Beyond The Pines" von dem unsteten Luke, einem bildungsfernen, aber durchsetzungsbewussten Proleten, der seine Ziele, so er denn ersteinmal welche hat, mit eherner Sturheit verfolgt. Als ihm die ihm zuteil werdende Ablehnung seiner Kindesmutter bewusst wird - die natürlich auf seine bisherige Anpassungsverweigerung zurückgeht - empfindet er sein Weiterleben als überflüssig und wählt eine Art 'passiven Freitod' durch den noch recht naiven, unerfahrenen Polizisten Avery. Lukes Erschießung bedingt einen beispiellosen Karriereaufstieg, der über die tödliche Ergreifung jenes gesuchten Motorrad-Bankräubers über die Aufdeckung einer sich im Filz suhlenden, durch und durch korrupten Polizeiabteilung geradewegs hinein in das Büro des Staatsanwalts führt. Doch Averys Karrierebesessenheit rächt sich - sein eigener, vernachlässigter Sohn AJ (widerlich: Cohen) liebäugelt mit diversen Betäubungsmitteln und lernt, ganz zu Averys persönlichem Unwillen, Lukes Sohn Jason kennen. Die sich daraus entspinnende, eher oberflächliche Freundschaft führt über Umwege fast zu einer erzwungenen, späten Sühne Averys, dessen schlussendlich jedoch aufrichtig geäußertes Bedauern für allseitigen Frieden sorgt. Jason kann in die Fußstapfen seines Vaters treten.
Wirklich gepackt hat mich dieses unterhaltsame Hyperdrama nicht, dafür sorgen unumstößlich bereits die geradezu feinsensorisch nach ihrem hohen Unsympathielevel gecasteten Darsteller. Gosling trifft sicherlich eine stets gute Rollenauswahl und mag mit seinem kultivierten Stoizismus ein ordentlicher Schauspieler sein, persönlich sehe ich in ihm mit jedem weiteren Film mehr und mehr einen möchtegerncoolen Schönling mit Schlafzimmerblick und Babygesicht. Bradley Cooper sehe ich lieber als Komödianten, der verkaterte Spinner wie den aus "The Hangover" spielt, DeHaan scheint mir ein legitimer DiCaprio-Nachfolger, neben der analogen Physiognomie passt auch zu ihm besser der Fiesling als der Romantiker und zu Emory Cohen (Brusttoupetträger oder Frühreifer?) habe ich mich ja oben schon geäußert. Weit und breit also niemand zum Gernhaben, dem Film, der irgendwo im Niemandsland zwischen respektabel und sülzköpfig umherirrt, ganz ähnlich.

6/10

Derek Cianfrance Heist Vater & Sohn Familie New York Drogen Rache





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