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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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UN CONDÉ (Yves Boisset/F, I 1970)


Zitat entfällt.

Un Condé (Ein Bulle sieht rot) ~ F/I 1970
Directed By: Yves Boisset

Eine Spirale der Rache und der wechselseitigen Gewalt entbrennt in Paris: Nachdem der Gangsterboss Tavernier (Francis Cosne) den Konkurrenten Dassa (Pierre Massimi) ermorden lässt und dessen Schwester (Françoise Fabian) bedroht, tritt Dassas bester Freund Dan Rover (Gianni Garko) auf den Plan. Bei der folgenden Racheaktion erschießt Dassas Partner Viletti (Michel Constantin) den Polizisten Barnero (Bernard Fresson), was wiederum dessen Freund Favenin (Michel Bouquet) nicht ungesühnt lassen kann...

Wenn der Krieg zwischen Unterwelt und Polizei sich verselbstständigt und für die Beteiligten zur Privatfehde gerät, so "Un Condé", dann geraten selbst althergebrachte, natürliche Konfliktstrukturen in Bedrängnis: Durch den alternden, verbissenen und systemmüden Flic Favenin, der irgendwann erkennen muss, wie sinnlos seine Vendetta ist und das er dadurch mehr Schaden anrichtet denn repariert, gerät das traditionelle Gleichgewicht zwischen Recht und Verbrechen in eine geradezu gefährliche Unwucht. Boisset illustriert dabei wunderhübsch die Differenz zwischen französischer und italienischer Genrekost: Im Vergleich zu den östlich lebenden Polizotti-Anrainern gehen die Pariser Condés sehr viel biederer, leiser, verächtlicher, vielleicht sogar bedrohlicher zu Werke. So ist Boisset vielleicht kein Melville, für einen knackigen, harten Polizeifilm klassischer Koloratur jedoch langt es allemal.

8/10

Yves Boisset Paris Rache Mafia


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MALIZIA (Salvatore Samperi/I 1973)


Zitat entfällt.

Malizia ~ I 1973
Directed By: Salvatore Samperi

Unmittelbar nach dem Tode seiner Ehefrau stellt sich die junge Angela (Laura Antonelli) als neues Hausmädchen bei dem wohlhabenden sizilianischen Patrizier Don Ignazio (Turi Ferro) vor. Die ebenso treusorgende wie schöne Frau zieht nicht nur Ignazios ganze Sympathie auf sich, sondern auch die seiner drei Söhne. Besonders der Mittlere, Nino (Alessandro Momo), verguckt sich in Angela und projiziert seine sexuellen Wünsche auf sie. Als Ignazio Anstalten macht, Angela alsseine neue Frau zu nehmen, beginnt Nino ein perfides Spiel.

Eine ganz vorzügliche Komödie, nicht zuletzt durch Vittorio Storaros ausgesucht edle Photographie vielleicht eine der schönsten ihres Jahrzehnts. Samperi nimmt für seine Dekonstruktion klassischer sexueller Rollenverständnisse ausgerechnet den altehrwürdigen sizilianischen Geldadel aufs Korn, den bei allem Sinn fürs Geschäft doch immens konservativ verblendeten Patriarchen, selbst noch immer unter der matriarchalischen Fuchtel seiner altehrwürdigen Mama (Lilla Brignone) stehend, dessen Gottesfurcht mitunter groteske Züge annimmt. Seine drei kecken Söhne haben es da leichter. Besonders Nino, hormonell bedingt just in aphrodisierter Blüte stehend und sein dicker, rothaariger Kumpel Porcello (superwitzig: Stefano Amato), hecheln allem hinterher, was keinen Schniepel hat. Dass Samperi allerspätestens zum Ende hin alle falsche Scham ablegt und seine Geschichte zu einem ebenso konsequenten wie wahrscheinlichen Abschluss bringt, zeichnet "Malizia" besonders aus und macht nochmal deutlich, dass ein solcher Film ausschließlich in Europa entstehen konnte.
Allerdings: So gepflegt 'skandalös' das Werk in seiner Finalisierung auch anmutet, dürfte es doch nur unter ebendieser Geschlechterverteilung anerkennenswert sein. Ich gehe jede Wette ein, dass "Malizia" unter umgekehrten Vorzeichen wahlweise nie entstanden oder ansonsten längst als machistischer Lolita-Schund ad acta gelegt wäre. Doch sind dies letztlich müßige Gedankenspiele; einen anderen "Malizia" würde ich auch gar nicht haben wollen.

9/10

Salvatore Samperi Familie Sizilien Coming of Age Teenager Vater & Sohn


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RUSH (Ron Howard/USA, D, UK 2013)


"Happiness is your biggest enemy."

Rush ~ USA/D/UK 2013
Directed By: Ron Howard

Die Formel-1-Saison 1976 erweist sich als Kopf-an-Kopf-Duell zwischen ihren beiden Starpiloten, dem Briten James Hunt (Chris Hemsworth) und dem Österreicher Niki Lauda (Daniel Brühl), zwei, wenn auch völlig unterschiedlich tickenden, Egomanen. Während Hunt das Leben eines Rockstars führt und seine Rennen lediglich als kurze Intermezzi seiner Jet-Set-Abenteuer begeht, ist Lauda die Ernsthaftigkeit in Person, ein stoisch-ehrgeiziger Mensch, der den Sieg zur Wissenschaft macht. Als Lauda beim legendären Nürburgring-Derby schwer verletzt wird, wittert Hunt seine Chance auf den Titel...

Ein erhebender Einblick in die jeweilige Historie zweier großer Hasardeure, der schon jetzt seinen Platz im Pantheon der klassischen Rennfahrerfilme sicher hat. Besonders durch die verblüffend authentischen Darstellungen der beiden Hauptdarsteller verleiht sich "Rush" einen liebevoll-aufrichtigen Einblick in die privaten Sphären zweier gesellschaftlicher Protagonisten ihrer Ära und nimmt sich mittels vieler kleiner Detals darüberhinaus die Zeit, den faszinierenden Hedonismus jener Tage widerzuspiegeln und wie dieser potenzielle Opfer wie eben die als Weltstars gefeierten Formel-1-Fahrer wahlweise vereinnahmte (wie im Falle Hunts) oder kalt ließ (wie im Falle Laudas). Eine der schönsten Episoden des Films erzählt, wie Lauda seine zukünftige Frau Marlene (Alexandra Maria Lara) kennenlernt: im Zuge einer Party von Curd Jürgens, die er erst gar nicht besucht. Anhand solcher Szenen zeigt sich dann auch Howards unbestrittenes Erzähltalent und seine mittlerweile unschlagbare Versiertheit darin, geschlossene Charakterporträts zu liefern.

8/10

Ron Howard Duell period piece Historie Formel 1 Autorennen Ehe Biopic


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AUF DER REEPERBAHN NACHTS UM HALB EINS (Rolf Olsen/BRD 1969)


"Was denkst du dir bei diesem ungeheuerlichen Auftritt?"

Auf der Reeperbahn nachts um halb eins ~ BRD 1969
Directed By: Rolf Olsen

Nach acht Jahren wird der unschuldig wegen Mordes eingesessene Hannes Teversen (Curd Jürgens) aus dem Gefängnis entlassen. Für den eingefleischten Schifffahrtskapitän Hannes gilt nun zweierlei: Die Wiederherstellung seines guten namens durch einen nachträglich erbrachten Unschuldsbeweis, sowie die Abrechnung mit den damaligen Meineids-Zeugen, allen voran Hannes' früherer Kompagnon Lauritz (Fritz Tillmann), Ehemann der einst Ermordeten, der Hannes' Reederei-Anteile an sich gebracht hat. Lauritz indes pflegt noch immer halbseidene Kontakte zur Hafen-Unterwelt. Zudem erfährt Hannes von seinem besten Freund Pitter (Heinz Reincke) etwas für ihn schwer zu Verkraftendes über die junge Antje (Jutta D'Arcy)...

Mit diesem Remake des noch deutlich romantischer konnotierten, gleichnamigen Albers-Films von Wolfgang Liebeneiner legte Olsen einen weiteren Eintrag zu seinem Curd Jürgens/St.-Pauli/Crime-Zyklus vor. Wie immer in jenen Filmen ist der 'Normannische Kleiderschrank' als ebenso sonorer, besonnener wie trinkfester Herr der Lage zu sehen, der damit ja irgendwie auch in bester, nordischer Albers-Tradition steht. Ein paar Liedchen, darunter natürlich der titelgebende Akkordeon-Klassiker, müssen auch bemüht werden, klare Kiste. Widerfahrenes Unrecht wird bei Jürgens und durch ihn, wenn noch möglich, garantiert gut gemacht, damit von allem (halbwegs) ehrenhaften Mitmenschen am Ende Seeluft und Paulier Hafen-Stinkerei wieder reuelos eingesogen werden können. Im besten Falle stiftet der Gute dann noch ein bis zwei Liebesbeziehungen zwischen jungen Leuten und geht schlussendlich wieder in Ruhe seinem Patent nach, sei es als Arzt, Pfarrer oder eben Kapitän in schnieker Uniform. Heinz Reincke spielt einmal mehr den lustigen Adlatus, viele Darsteller mussten ihre Stimmen der damaligen Praxis der Nachsynchronisierung opfern: Darum klingt Fritz Wepper auch plötzlich wie Thomas Danneberg. Aber so war das damals, auf St. Pauli.

6/10

Hamburg Rolf Olsen Kiez St. Pauli Sleaze Remake Rocker Verschwörung Helgoland


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THRESHOLD (Richard Pearce/USA 1981)


"Ready, Dr. Gehring?"

Threshold (Herzchirurg Dr. Vrain) ~ USA 1981
Directed By: Richard Pearce

Thoas Vrain (Donald Sutherland) gilt in Fachkreisen als einer der besten Herzchirurgen der Welt. Als ihm ein ihm sympathischer Patient (Michael Lerner) trotz erfolgreicher und kompetent durchgeführter Transplantation unter den Fingern wegstirbt, wird er bezüglich einer beinahe fiktionesken Entwicklung des Biologen Aldo Gehling (Jeff Goldblum) hellhörig: Gehling hat ein selbsttätiges, auf Nuklearbasis arbeitendes Kunstherz erfunden, das nach diversen Testreihen auf seinen ersten Einsatz im menschlichen Organismus wartet. Entgegen des Beschlusses einer Ethikkommission pflanzt Vrain die Prothese einer jungen Patientin (Mare Winningham) ein, deren Leben akut auf der Kippe steht.

Ein besinnliches, ruhiges Drama um Helden in Weiß, die Notwendigkeit medizinischer Fortschritte und die allgemein vorherrschende Angst davor, das vollkommen ohne den üblichen Spitalkitsch auskommt und nicht allein aufgrund Donald Sutherland in der Hauptrolle an Redfords kurz zuvor entstandenen "Ordinary People" erinnert. Sutherland, zu dieser Zeit um einen Imagewechsel bemührt, der ihn vom bisweilen wirrköpfigen, hippieesken Sonderling hin zum gepflegten Establishment-Repräsentanten mit Fönfrisur führte, zeigt großes Schauspiel vermittels kleiner Gesten und Jeff Goldblum als nerdiger Forscher gibt eine Vorstudie seines Seth Brundle. Richard Pearces Inszenierung würde ich am ehesten als das wähnen, was man so landläufig 'behutsam' nennt; etwas weichgezeichnet, höchst unspektakulär; stets präsent, aber gepflegt im Hintergrund verharrend. Eben ein Film zum Durchatmen, der vielleicht gerade wegen seiner auffälligen Unauffälligkeit zu Unrecht ins Hintertreffen geraten ist.

8/10

Richard Pierce Chirurgie Krankenhaus Kalifornien


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RASPUTIN (Uli Edel/USA, H 1996)


"I have performed many autopsies in my time, but I've never located a soul." - "How many memories or emotions have you found?"

Rasputin ~ USA/H 1996
Directed By: Uli Edel

Grigori Jefimowitsch Rasputin (Alan Rickman) behauptet von sich, dass ihm Gott selbst erschienen sei und ihn mit Wunderkräften und seherischen Gaben ausgestattet habe. Den Etablierten von St. Petersburg fällt es allerdings schwer, Rasputin als wahren Gottesmann anzuerkennen, treibt er sich doch allzu gern mit Zigeunerhuren herum oder liegt volltrunken in der Gosse. Dennoch vermag der eilends an den Zarenhof Berufene es, dem an der Bluterkrankheit leidenden Zarewitsch Alexej (Freddie Findlay) das Leben zu retten. Für dessen Mutter (Greta Scacchi) ist Rasputin fortan tatsächlich ein Heiliger, der zwischenzeitlich im Monarchenhaus ein- und ausgehen darf, wie es ihm beliebt, derweil der Hofstaat und auch Zar Nikolaus II (Ian McKellen) immer wieder an seiner Ehrbarkeit und seinen Motiven zweifeln. Vor seiner Ermordung durch den Zarinnen-Cousin Prinz Felix (James Frain) sagt Rasputin voraus, dass ihm binnen zweier Jahre die gesamte Zarenfamilie nachfolgen werde. Die Oktoberrevolution hält sein Versprechen.

An der schillernden Persönlichkeit Rasputins Interessierte werden in diesem für HBO produzierten Ausstattungsstück ihre Freude haben. Eine großartige Darstellerriege, allen voran natürlich der wunderbar exaltierte Alan Rickman, der als Wunderheiler in einer weiteren, wie für ihn geschaffen erscheinenden Exzentriker-Performance zu sehen ist. Besonders seine Sterbeszene, in der er (zunächst vergeblich) vergiftet und erschossen wird (womit der Film nochmals die alte Mär füttert, derzufolge Rasputin trotz aller möglicher nicht sterben mochte - in Wahrheit wurde er schlicht gefoltert und erschlagen), ist großes Theater. Auch David Warner als Rasputins rationalistischem Geistesrivalen Botkin zuzuschauen bereitet einiges Vergnügen. Zudem fügt Edels Film sich zu den hübschen Revolutionsdramen, die mit großer Geste die Prä- und Postwirren des gesellschaftlichen Umsturzes zeigen. "Rasputin" besitzt dabei sogar noch einmal (nach "Dr. Zhivago") die eigentlich unschickliche Chuzpe, sich streng an einer aristokratischen Perspektive zu orientieren und Zwangsenteignung, Erniedrigung und schließlich Hinrichtung der Zarenfamilie in all ihrer barbarischen Realistik nachzuspüren.

7/10

Russland Biopic Historie period piece Russische Revolution Uli Edel TV-Film HBO Alkohol


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RICCO (Tulio Demicheli/I, E 1973)


Zitat entfällt.

Ricco (Der Clan der Killer) ~ I/E 1973
Directed By: Tulio Demicheli

Als der delinquente Turiner Ricco (Chris Mitchum) aus dem Knast entlassen wird, muss er feststellen, dass sein Vater (Luis Induni), einer der obersten Syndikatschefs von Turin, von einemr Konkurrenten ermordet wurde. Außerdem hat sich der für ebendiese Tat primär in Frage kommende Don Vito (Arthur Kennedy) Riccos Liebchen Rosa (Malisa Longo) unter den Nagel gerissen. Mithilfe des mysteriösen Cyrano (Eduardo Fajrdo) und eines alternden Geldfälschers (Tomás Blanco) beginnt Ricco einen Kleinkrieg gegen Don Vito, der sich in immer eskalierendere Höhen schraubt...

Ganz vortrefflicher Gangsterkracher aus der imediterranen Blütezeit des Genres, der mit einer internationalen Besetzung, die den wie üblich schelmisch grinsenden Mitchum-Filius Christopher mit Pisspott-Frisur und einen gewohnt souverän agierenden Arthur Kennedy verbuchen kann. Daneben gibt es launigen Sex und einige für die damalige Zeit Aufsehen erregende Gewaltspitzen, die neben anderen üblen Mordpraktiken auch einen Säurekessel beinhalten, der sogar gut genug war, um den amerikanischen Titel ("The Cauldron Of Death") zu stiften. Besonders gegen Ende geht es derb zur Sache und Ricco sieht sich gezwungen, Rache auf italienisch zu üben, wobei sein eigenes Leben gleich im Vorhinein verwirkt ist. Das Unkraut rottet sich gegenseitig aus und die zuvor noch mahnende Polizei muss nurmehr die Leichensäcke stiften.
Die Motivlage des Films um rivalisierende Kriminelle und ihre Parajustiz ähnelt ziemlich der des Spaghetti-Western, aus dem ein im Prinzip typischer Plot in die Gegenwart und zurück in die alte Welt transferiert wurde. Die spätere, oftmals systemkritische Komponente des Genres, die etwa Polizeikorruption und Machthierarchien sezierte, fehlt bei Demicheli noch. Dafür bietet er ehrliches, knackiges Handwerk ohne falschen Stuck.

7/10

Tulio Demicheli Sleaze Europloitation Turin Rache Selbstjustiz


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THE CHILDREN'S HOUR (William Wyler/USA 1961)


"God will punish you." - "He's doing all right."

The Children's Hour (Infam) ~ USA 1961
Directed By: William Wyler

Die beiden Freundinnen Martha (Shirley MacLaine) und Karen (Audrey Hepburn) führen eine kleine, angesehene Privatschule für Mädchen. Als die trotzige, notorisch verlogene Mary (Karen Balkin) sich ungerecht behandelt fühlt, streut sie das Gerücht, die beiden Lehrerinnen pflegten eine lesbische Beziehung. Für die ebenso wohlhabenden wie konservativen Eltern der Schülerinnen, allen voran Marys Großmutter (Fay Bainter) Grund genug, sämtliche Kinder von der Schule abzumelden. Martha und Karen, die Marys Geschichten vehement leugnen, stehen urplötzlich vor dem Nichts: Ihr Internat muss geschlossen werden und ihr Renommee ist zerstört. Doch liegt in Marys Geschichichte nicht doch ein Funken Wahrheit?

"The Children's Hour" ist vielleicht weniger eine Geschichte über fatalen Rufmord denn eine über die Unmöglichkeit, im puritanischen Amerika der Kleinstädte zu seinen Neigungen und Gefühlen aufrichtig Stellung beziehen zu können. Ohne es zu wissen, sind Martha und Karen nämlich tatsächlich ein Paar; sie lieben sich, ohne es sich jemals eingestanden zu haben, ohne sich jemals körperlich näher gekommen zu sein. Für Martha, die für Männer ohnehin nie erotische Bedürfnisse hegte, bedeutet Marys zerstörerische Aktion immerhin ein Sprungbrett zum Eingeständnis. Doch auch Karen, die mit dem Arzt Joe Cardin (James Garner) eine Beziehung pflegt, ist insgeheim in ihre langjährige Freundin verliebt - die Barriere in ihrem Falle ist dabei sogar noch größer, denn sie belügt vor allen anderen insbesondere sich selbst und Joe. Erst Marthas Geständnis, das, im berechtigten Irrglauben, es stoße auf Ablehnung und Unverständnis, ihren Selbstmord nach sich zieht, lässt Karen nach kurzer Reflexion der Dinge die Wahrheit erkennen. Doch da ist es bereits zu spät.
"The Children's Hour" ist ein Film über tragische Missverständnisse, Lügenkonstrukte und gescheiterte Lebensentwürfe, aus denen immerhin Karen, wenn auch mit (vorübergehend) gebrochenem Herzen hoch erhobenen Hauptes herausschreiten darf. Ein starker Film, einer der ersten aus Hollywood, die, mit der damals noch gebotenen Vorsicht freilich, das Thema Homosexualität offen verhandeln und es mit positiver Haltung reflektieren. Darüber hinaus meisterhaft inszeniert und gespielt.

10/10

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ROMAN HOLIDAY (William Wyler/USA 1953)


"You should always wear my clothes."

Roman Holiday (Ein Herz und eine Krone) ~ USA 1953
Directed By: William Wyler

Die junge engische Thronfolgerin Prinzessin Ann (Audrey Hepburn) ist auf Staatsbesuchsreise durch Europa. In Rom wird ihr der sie umgebende Trubel um all die engmaschigen Besuchstermine und die höfischen Etikette zuviel. Nach einem halben Nervenzusammenbruch erhält sie ein Sedativ und büchst danach aus der Botschaft aus. Auf der nächtlichen Straße findet sie der amerikanische Journalist Joe Bradley (Gregory Peck) und nimmt die schlaftrunkene Schöne mit in sein Appartement. Erst am nächsten Morgen wird ihm bewusst, wen er da eigentlich aufgegabelt hat, ohne, dass Ann ihrerseits dies bemerkt. Zusammen mit seinem Kumpel, dem Photographen Irving (Eddie Albert), initiiert Joe eine eintägige Exklusivreportage über die sich freistrampelnde Prinzessin. Als er sich jedoch in das bezaubernde Wesen an seiner Seite verliebt, muss er seine Pläne überdenken.

Diese bittersüße Liebeskomödie zählt zu Wylers vielen Meisterwerken, was der Regisseur allerdings auch dem zu keinem Zeitpunkt je in den Kitsch abdriftenden Script des zu dieser Zeit auf der Schwarzen Liste befindlichen Dalton Trumbo zu verdanken hat. Mit Audrey Hepburn, der tatsächlich ein paar blaublütige Gene durch die Venen schossen, ward die perfekte Verkörperung für die einerseits fragile und andererseits doch so pflichtbewusste Prinzessin gefunden. Nach einigen wenigen und wenig beachteten Minirollen in europäischen Produktionen begründete "Roman Holiday" ihr knapp zwei Jahrzehnte währendes stardom als einer der schönsten Schwäne Hollywoods, die Filmromanzen mit den ganz großen, häufig auch deutlich älteren Ikonen des golden und silver age pflegen durfte, wobei seltsamerweise die vielumschriebene "Chemie" zwischen ihr und ihren männlichen Partnern stets authentisch wirkte - vermutlich auch dies ein Verdienst des ihr eigenen, turmhohen Charmes. Gregory Peck bildete in diesem Punkt sogleich einen formidablen Auftakt, wenn ihm am Ende auf der Pressekonferenz, als er Anne das vermutlich letzte Mal zu Gesicht bekommt, die Tränen in den Augen stehen im Bewusstsein, mit dem vielleicht ungeheuersten Verlust seines Lebens fertig werden zu müssen, dann nimmt man ihm dies mit aller Konsequenz ab. Für Wyler dürfte seine Geschichte dieser 24 römischen Ferienstunden bei so viel geballter, kreativer Unterstützung nahezu ein Selbstläufer gewesen sein.

9/10

William Wyler Standesdünkel Rom Adel amour fou Dalton Trumbo Coming of Age


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THE INTERNSHIP (Shawn Levy/USA 2013)


"Hell of a summer."

The Internship (Prakti.com) ~ USA 2013
Directed By: Shawn Levy

Billy (Owen Wilson) und Nick (Vince Vaughn) sind nicht nur beste Kumpel, sondern auch zwei exzellente Außendienst-Verkäufer. Als ihre Traditionsfirma dichtmacht, stehen sie auf der Straße. Da hat Nick die gloriose Idee, sich für ein Praktikum bei dem Internet-Multi Google zu bewerben. Den erfolgreichsten Absolventen winkt zum Ende hin ein Festvertrag. Dumm nur, dass Billy und Nick mit Anfang 40 zu einer Generation gehören, für die das Aufwachsen mit Twitter und Smartphone nicht selbstverständlich ist - mit anderen Worten: Sie haben keinen Plan von dem, worauf sie sich da eigentlich einlassen. Umso kritischer nehmen sie ihre halb so alten Mitpraktikanten wahr. Dennoch finden sie sich einem Team zugeordnet, das vor allem von Billys und Nicks menschlichem Impact, ihren charmant überspielten Schwächen und ihrer Lebenserfahrung profitiert.

Als - verhaltene - Komöde um Generationskonflikte und Kulturpessimismus taugt "The Internship" durchaus; in seinem Versuch, zwischen der nun auch nicht mehr ganz so jungen Base der "Frat-Pack"-Fans und die des sub-zwanzigjährigen Nachwuchspublikums zu schlagen, scheitert er jedoch - wenngleich auf liebenswerte Art. Von dem Brachialhumor, der die früheren Phillips-Komödien auszeichnet (es verwundert angesichts Besetzung und Thematik fast, dass selbiger hier nicht als Regisseur antrat), ist nicht mehr viel zu spüren. "The Internship" nimmt sich mit Ausnahme einer in der unzensierten Version ausgedehnten Strip-Club-Szene, in der denn auch einiges an Alkohol fließt, recht hausbacken aus. Tatsächlich rekultiviert er, insbesondere durch den selbstreflexiven Einsatz diverser entsprechender Zitate, die Konzepte der häufig von Simpson und Bruckheimer produzierten Achtziger-Erfolgsstorys, in denen ein Individuum oder eine kleine Gruppe von Außenseitern allen Widernissen zum Trotze mikrokosmisch reüssierte und damit symbolisch den amerikanischen Erfolgstraum träumte. Ähnliches gabe es bereits in "Old School", jedoch auf einem betont anarchischen, entgleisten Level. Hier tritt mit Google ein wahrhaftiges Kapitalismuskonstrukt auf den Plan, das den Film durchaus als Werbeplattform benutzt, ganz ähnlich, wie es die U.S. Navy seinerzeit via "Top Gun" praktizierte. Nun, eine vielleicht probate Realitätsanbindung ist damit in der einen oder anderen Form gegeben; nicht jedoch die notwendige Distanz, derer es Filmen dieser Art bedarf, um auf ihre Art zumindest halbwegs seriös zu wirken. Einem zweistündigen Werbespot mag sich schließlich niemand freiwillig aussetzen, auch dann nicht, wenn darin mal kurz Will Ferrell in gewohnt grandioser Pose herumspalkt.

5/10

Shawn Levy Frat Pack Internet Google Freundschaft Satire San Francisco Kalifornien





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

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