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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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MOEBIUS REDUX: A LIFE IN PICTURES (Hasko Baumann/D 2007)


"I shit on the United States!"

Moebius Redux: A Life In Pictures ~ D 2007
Directed By: Hasko Baumann


Jean Giraud, Comicfreunden in aller Welt unter seinem Künstlernamen 'Moebius' ein bekannter, klingender Begriff, plaudert in dieser dankenswerten, kleinen Dokumentation von Hasko Baumann mit all seiner sympathischen Verve über einige Stationen seiner langen Karriere. Angefangen hat er bei "Pilote", wo er unter anderem "Blueberry" zeichnete. Später veröffentlichte er dann mit seinem Weggefährten Philippe Druillet im Eigenverlag die Erwachsenencomic-Reihe "Métal Hurlant", in dem die Autoren und Zeichner ihren von Halluzinogenen beeinflussten, transzendentalen Phantasien freien Lauf lassen konnte. Bald wurde auch Jodorowsky auf Moebius aufmerksam; das gemeinsame Filmprojekt "Dune" scheiterte dann jedoch bekanntermaßen in seiner Frühphase. Es folgte die Zuwendung zum New-Age-Sektenführer Appel-Guéry, mit dem zusammen Moebius in den Achtzigern auf die Abholung durch außerirdische Intelligenzen wartete. Später zeichnete Moebius dann noch Manches für Jodorowsky und erarbeitete sogar eine "Silver Surfer" - Geschichte mit Stan Lee. Allein, wie Baumann Jodorowsky und Lee, zwei denkbar unterschiedliche Künstler, sozusagen von diametralen Spektralenden stammend, gegenüberstellt, ist ein Gedicht. Das obige Zitat stammt (natürlich) von Jodorowsky, der gleich noch die Gelegenheit nutzt, seine Abscheu über Superhelden kundzutun ("Superman und Batman bringen mich zum Kotzen") und dann die amerikanische Comicindustrie verteufelt. Dass er damit nicht allein dasteht, untermauern auch gleich noch Druillet und Mike Mignola. Als Gegengewicht installiert Baumann allerdings einige Interviewschnipsel um den Zeichner Jim Lee, der den gegenwärtig vorherrschenden Stil im Superheldencomic so sehr geprägt hat wie nur wenige andere. Beinahe tragisch wirken die Gespräche mit einem merklich angeschlagenen Dan O'Bannon. Die unverkennbare Musik von Karl Bartos trägt den Film mitsamt seiner wunderbaren, losgelösten Montage ganz exquisit. Eine äußerst lohnenswerte Angelegenheit!

9/10

Marvel Moebius Comic Hasko Baumann


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LA BATTAGLIA DI ALGERI (Gillo Pontecorvo/DZ, I 1966)


Zitat entfällt.

La Battaglia Di Algeri (Die Schlacht um Algier) ~ DZ/I 1966
Directed By: Gillo Pontecorvo


1954 wird der kleinkriminelle Ali La Pointe (Brahim Hadjadj) in der algerischen Casbah von der nationalistischen FLN als Kämpfer rekrutiert. La Pointe erweist sich bald als wichtiges personelles Elelement in der ersten Phase des algerischen Unabhängigkeitskriegs, der anfänglich auf dem urbanen Terrain der Hauptstadt und gegen die französische Fallschirmspringergarde unter Colonel Mathieu (Jean Martin) gefochten wird.

Emanzipation, Selbstbestimmung, politische Autonomie und Autarkie sind grundsätzlich begrüßenswerte Faktoren im Werden einer Nation. Algerien musste sich in den fünfziger und sechziger Jahren zunächst mit Gewalt aus der kolonialistischen Klaue Frankreichs befreien, um sich unter Benutzung solcher Termini definieren zu können. Dass der vorausgehende Kampf ein langer und blutiger war und wohl auch sein musste, zeigt dieses Meisterwerk von Pontecorvo. Seine Stärke und Kraft bezieht "La Battaglia Di Algeri" in erster Instanz aus seiner minutiösen Rekonstruktion bewusster Ereignisse in Algier, die seiner noch vom längst schon wieder im Abklingen begriffenen Neorealismus geprägten Inszenierung einen fast dokumentarischen Charakter verleihen. So funktioniert der Film mit seinem weitgehend neutralen, nüchternen Stil als zeitnahe Zusammenfassung der realen Ereignisse. Ferner sind die ersten Ideenphasen des Projekts auf die in politischer Haft verfassten Memoiren Yacef Saadis zurückzuführen, der den Film außerdem mitproduziert hat und eine der Hauptrollen spielt. Saadi war selbst eine Schlüsselfigur im ersten Konflikt um Algier und wie im Film, wo er sich praktisch selbst spielt. Höchst ungewöhnliche Entstehungsaspekte allesamt, aber durchweg Gründe dafür, warum "La Battaglia" nicht nur verpflichtendes, großes Kino ist, sondern auch einer der elementaren Marksteine des politischen Films.

10/10

Gillo Pontecorvo Algerienkrieg Kolonialismus Terrorismus


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THE BARBARIAN AND THE GEISHA (John Huston/USA 1958)


"How many wars have you led in the last two centuries?" - "Too many."

The Barbarian And The Geisha (Der Barbar und die Geisha) ~ USA 1958
Directed By: John Huston


Botschafter Townsend Harris (John Wayne) wird zusammen mit dem Dolmetscher Heusken (Sam Jaffe) in den 1850ern als Konsul nach Japan geschickt. Dort zeigt man sich wenig angetan von dem raubeinigen Klotz aus dem Westen, ändert seine Ansichten jedoch, als auf Harris' Initiative hin in einem Hafendorf erfolgreich eine Cholera-Epidemie abgewendet werden kann. Der Amerikaner wird zum Shogun (Hiroshi Yamato) vorgelassen und kann sogar den Ältestenrat überzeugen, diplomatische Beziehungen mit den USA zuzulassen. Seine große Liebe, die Geisha Okichi (Eiko Ando), kann Harris jedoch nicht behalten.

Farbenfrohes Rührstück von Huston, dessen einzige Zusammenarbeit mit Wayne dies blieb. Der liberale Lebemann und der stockkonservative Erzrepublikaner konnten sich, obschon beide von legendärer Trinkfestigkeit, gegenseitig nicht ausstehen, was auch dieses engagierte, vor Ort in Japan gefilmte Prestige-Projekt der Fox nicht zu ändern vermochte. Zwar bemerkt man die akuten Zwistigkeiten hinter der Kamera nicht; man darf aber wohl schon annehmen, dass der Film in erster Linie als Vehikel für seinen Star konzipiert war. Wayne spielt eine für ihn typische Rolle als Repräsentant des Imperialismus, stoisch hat er seine Politik und seine Kultur in einem zerrissenen, tradierten Staat vermeintlicher Hinterwäldler und Attentäter durchzusetzen, was ihm am Ende natürlich auch gelingt. Anders als Dukes Präsenz es erscheinen lässt, dürfte "The Barbarian And The Geisha" jedoch keineswegs als verspäteter Nackenschlag in Richtung Japan gedacht sein, sondern vielmehr als Vorreiterfilm einer folgenden, langen Ahnenreihe popkultureller Annäherungsversuche. Entspannung in Scope, sozusagen. Ob es dafür eines so versierten Regisseurs bedurft hätte, mag bezweifelt werden; auf diese Weise erhielten wir aber ein - vornehmlich aufgrund seiner bezaubernden Bilder - doch recht ansehnliches Resultat.

7/10

Japan John Huston Historie period piece


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THE WAY WEST (Andrew V. McLaglen/USA 1967)


"Oregon, Mister! Ain't ya heard?"

The Way West (Der Weg nach Westen) ~ USA 1967
Directed By: Andrew V. McLaglen


1843 startet ein Siedlertreck auf eine gefahrvolle Reise von Missouri nach Oregon. Der Initiator Tadlock (Kirk Douglas), ein in Ungnade gefallener Ex-Politiker, führt den Zug mit eiserner Hand und zieht bald den Unmut einiger Mitreisender auf sich, derweil Treckführer Summers (Robert Mitchum) stets einen kühlen Kopf und zu allen ihn umgebenden Vorgängen eine gesunde Distanz wahrt. Einen persönlichen Rivalen findet Tadlock indes in dem Familienvater Evans (Richard Widmark), der schon bald genug hat vom diktatorischen Wesen des Minidespoten.

Bis 1978, als die "Wild Geese" zum Überflug ansetzten, war dies McLaglens bester Film: Ein so aufwändig wie schön inszenierter, in langer Hollywood-Tradition stehender Pionierwestern. Aus all seinen soliden, aber im Gros wenig signifikanten Auftragsarbeiten ragt "The Way West" deshalb so stolz hervor, weil das ihm zugrunde liegende, klassische Script eine echte Bindung zu seinen Figuren entwirft und als Folge davon echte Empathie evoziert. Man fühlt mit diesen so unterschiedlich angelegten Charaktern, von denen so gut wie keiner eindimensional bleibt. Besonders Douglas als ambivalenter Träumer liefert Großartiges, aber auch Nebenfiguren wie die von Sally Field gespielte, naive Teenagerin Mercy und ihr verheirateter Galan Mack (Michael Witney) sind wie nebenbei und doch voller Tiefe angelegt. Zusammen mit den exzellenten Formalia - einer bravourösen Panoramakamera (William H. Clothier), einem vorzüglichen Westernscore (Bronislaw Kaper) und einem bemerkenswerten inszenatorischen Gespür für Stimmungen - ergibt dies eine Pflichtveranstaltung für Genrefreunde, einen der besten Western der Spätära.

9/10

Treck Indianer Berge Andrew V. McLaglen Siedler Wald Wueste


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CRY OF THE BANSHEE (Gordon Hessler/UK 1970)


"It's as though we're all seeds of evil."

Cry Of The Banshee (Todesschrei der Hexen) ~ UK 1970
Directed By: Gordon Hessler


Im elisabethanischen England: Der machtgierige Landvogt Edward Whitman (Vincent Price) geht gnadenlos gegen jede Form von vermeintlicher Hexerei und Heidentum vor. Die alte Oona (Elisabeth Bergner), die in den Wäldern eine Art Fruchtbarkeitskult gegründet hat, wird sein nächstes Ziel. Zwar lässt er die Alte am Leben, diverse ihrer Jünger lässt Lord Whitman jedoch gnadenlos abschlachten. Ein Fluch Oonas über das Haus Whitman ist die Folge. Dieser manifestiert sich in dem jungen Knecht Roderick (Patrick Mower), der sich auf Oonas Befehl hin in einen blutrünstigen Dämonen verwandelt.

Auf die Feudalismuskritik von Reeves' "The Witchfinder General" folgten neben diversen ähnlich gesinnten Ablegern wie denen von Hoven auch reaktionäre Hexenfilme wie dieses AIP-Werk von Gordon Hessler, in dem zwar gegen die Willkür adliger Machtinhaber protestiert wird, sich die von ihnen gefürchtete und bekämpfte Hexerei jedoch als höchst real herausstellt: Die libertine Alte Oona tut im Grunde nichts anderes, als eine Art Hippie-Enklave anzuführen, von denen zunächst keine Bedrohung ausgeht. Erst Whitmans Attacke zeigt, dass sie auch anders kann, nämlich mit Satan persölich paktieren. Außerdem war sie offenbar schon lange auf diesen Fall gefasst, denn der so sympathisch wirkende Roderick entpuppt sich als seelenloser Geist, den Oona einst ganz gezielt in Whitmans Haushalt platziert hat. Der Film selbst ist weniger interessant; die Geschichte schlägt in blassen Bildern einige sehr eigenartige Winkelhaken und bleibt trotz guter Ansätze merkwürdig leer und verschlossen. Beileibe nicht der beste Hexenfilm dieser Jahre.

5/10

Gordon Hessler period piece Fluch Familie Hexen


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AND NOW THE SCREAMING STARTS! (Roy Ward Baker/UK 1973)


"The truth, please!"

And Now The Screaming Starts! (Embryo des Bösen) ~ UK 1973
Directed By: Roy Ward Baker


England im späten 18. Jahrhundert: Der blaublütige Lehensherr Fengriffen (Ian Ogilvy) bringt seine junge Braut Catherine (Stephanie Beacham) mit auf das Familiengut. Kaum dort angekommen, hat Catherine grauenhafte Visionen von einer sie verfolgenden, abgetrennten Hand und einem merkwürdigen Geist mit leeren, blutigen Augenhöhlen. Der sinistre Holzfäller Silas (Geoffrey Whitehead) macht Catherine noch zusätzlich Angst. Als sich dann herausstellt, dass die nächtliche Vergewaltigung, die sie schon als Phantasie abgetan hat, mitnichten ein Traum war, beginnt Catherine endgültig zu verzagen. Kann der eilends aus London herbeigerufene Nervenarzt Dr. Pope (Peter Cushing) Aufklärung besorgen?

Hübsches Gruselstück von Amicus, ausnahmsweise mal kein Episodenfilm, aber wie gewohnt mit dem hohlwangigen Peter Cushing in vorderster Front. Wobei seine Nennung an der Besetzungsspitze eigentlich ein Etikettenschwindel ist, denn Cushing taucht erst in der 48. Filmminute auf. Ähnliches gilt für seine vermeintlichen Mitprotagonisten Herbert Lom und Patrick Magee, die jeweils nur kurz bzw. in einer Rückblende zu sehen sind. Die eigentlichen Hauptparts geben stattdessen die in einer Art historischen "Rosemary"-Reprise zu sehende, aus Leibeskräften kreischende (insofern passt auch der Titel des Films maßgetreu) Beacham mitsamt ihrem bebenden Dekolleté und natürlich der arme Ian Ogilvy, der hier nach "The Witchhunter General" erneut den Verstand verlieren und mit einer Axt herumbeserkern muss. Am Vorzüglichsten gefallen hat mir das Interieur des englischen Grafschaftslandsitzes. Ganz genau so ein Haus mit identischer Innenausstattung möchte ich auch gern haben, wenn ich mal groß bin!

7/10

period piece Roy Ward Baker Fluch


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SANTA FE TRAIL (Michael Curtiz/USA 1940)


"One of them is wrong - but which one?"

Santa Fe Trail (Land der Gottlosen) ~ USA 1940
Directed By: Michael Curtiz


West Point, 1850er: Jeb Stuart (Errol Flynn) und sein Freund George Custer (Ronald Reagan) graduieren mit Auszeichnung an der Militärakademie und werden umgehend nach Kansas geschickt, um den Eiseningenieur Cyrus Holliday (Henry O'Neill) beim Bau seiner Bahnlinie entlang dem berühmten Santa Fe Trail zu unterstützen sowie den Abolitionistenführer John Brown (Raymond Massey) von seinen Terroraktionen gegen die Südstaatler abzuhalten.

Beileibe kein unproblematischer Film, den Michael Curtiz mit seinem Leibgespann Flynn - de Havilland da gedeichselt hat. "Santa Fe Trail" ist nicht nur offen rechtslastig und zuweilen sogar rassistisch; er propagiert zudem noch abenteuerliche Theorien, denen zufolge die Südstaaten die Sklaverei irgendwann sowieso auch in autonomer Weise abgeschafft hätten und der gesamte Sezessionskrieg somit rückblickend eine Aktion von utopistischen Landesverrätern gewesen sei. Van Heflin als Gegenspieler von Flynn und Reagan unterstützt die Ideen der Abolitionisten und wird permanent als gefährlicher Radikaler veräußert, dabei ist er der eigentliche Held und seine Widersacher jene, die es im Namen der Menschlichkeit zu bekämpfen gälte. Dass der Film nebenbei noch mit historischen Fakten jongliert, wie es ihm gerade in den Kram passt (Stuart hat drei Jahre vor Custers Ankunft in West Point graduiert, keinesfalls mit ihm zusammen und beide waren in ihrem jeweiligen Jahrgang als mittelmäßige bzw. hoffnungslos disziplinlose Kadetten verufen) und "seine Neger" permanent als führungsbedürftige, ungebildete Halbaffen denunziert, die eigentlich ja sowieso lieber in der Sklaverei verharren wollten als den ungemütlichen Weg in die Freiheit zu wagen, ist ohnehin eine Hollywood-Krankheit dieser Jahre und somit verschmerzbar. Dennoch ist "Santa Fe Trail", natürlich zusammen mit Raoul Walshs Custer-Beweihräucherung "They Died With Their Boots On" aus der ganzen, langen Serie glamouröser WB-Produktionen mit Flynn zwischen 35 und 50 vermutlich jener Film, den man getrost und mit Fug und Recht als "ungenießbar" bezeichnen darf. Nur gut, dass ich so ein gewaltig großes Filmherz habe.

6/10

Sklaverei Sezessionskrieg Michael Curtiz Eisenbahn Kansas


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THE FLESH AND THE FIENDS (John Gilling/UK 1960)


"I'm just responsible to my very own consciousness."

The Flesh And The Fiends (Der Arzt und die Teufel) ~ UK 1960
Directed By: John Gilling


Edinburgh in den 1820ern: Der renommierte Mediziner Dr. Knox (Peter Cushing) ist ein ausgesprochener Zyniker seiner Zunft. Vor dem Tode pflegt er keinerlei Respekt und beschäftigt somit diverse Leichenräuber, die ihn auf illegale Weise mit frischen "Versuchsobjekten" beliefern, da üblicherweise nur exekutierte Verbrecher für medizinische Experimente verwendet werden dürfen. Als die beiden Tagelöhner William Burke (George Rose) und William Hare (Donald Pleasence) auf Knox aufmerksam werden, beginnen sie, ihm die Körper just Verstorbener zu bringen. Dass es sich um Mordopfer von Burke und Hare handelt, spielt für Knox zunächst keine Rolle, da für ihn der Zweck die Mittel heiligt. Erst ein spätes Schlüsselerlebnis führt ihn auf den Pfad der Tugend zurück.

Wundervolle Kino-Adaption der berühmten West-Port-Mordserie, in deren Zuge die beiden skrupellosen Mörder Burke und Hare insgesamt siebzehn Personen töteten, um aus ihren Leichen Profit schlagen zu können. Bereits 1945 war der Fall als "The Body Snatcher" von Robert Wise innerhalb des neunteiligen Schauerzyklus von Val Lewton für die RKO produziert worden, in einem nicht minder prächtigen Film. Allerdings stand diesem vornehmlich Robert Louis Stevensons fiktionalisierende Kurzgeschichte vor, die die Knox-Affäre nah ihrem Ende weiterspinnt. Bei Gilling, der seine teils gewagten, buchstäblich labyrinthischen Schwarzweißbilder in edles, breites Scope einfasst, kommt allerdings mit deutlicher Vehemenz der ethische Aspekt um Knox' (zumindest historisch betrachtet) beinahe tragischen Werdegang zum Tragen. Für Cushing, der soeben in den ersten großen Hammer-Filmen zu Ruhm gelangt war, stellte die Rolle des Dr. Knox eine Art Gratwanderung zwischen seinen zwei vorherigen Medizinern dar: Dem kühlen, aber im Zeichen des Guten agierenden Professor Van Helsing und dem wahnsinnigen, über jede Moral hinwegsehenden Victor Frankenstein. In Knox' Fall gewinnt, etwas anders als es die Tatsachen diktieren, am Ende das Berufsethos: Er wird zu einer Art heldenhaftem Pionier der medizinischen Progression und, nach einer kurzen Phase der Abwendung, auch für seine Studenten wieder der Doktorvater nach Herzenslust. Der tatsächliche Knox konnte nach den Gerichtsprozessen um ihn herum nicht weiter erfolgreich lehren noch praktizieren und musste schließlich nach England gehen.

9/10

Serienmord Historie period piece Edinburgh Schottland West-Port-Morde John Gilling Medizin


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MASTER OF THE WORLD (William Witney/USA 1961)


"I'm gonna make them lay you in irons!"

Master Of the World (Robur - der Herr der sieben Kontinente) ~ USA 1961
Directed By: William Witney


Im späten 19. Jahrhundert gehen der US-Agent Strock (Charles Bronson), der Waffenfabrikant Prudent (Henry Hull), seine Tochter Dorothy (Mary Webster) und deren Verlobter Evans (David Frankham) seltsamen Gerüchten aus dem Mittelwesten nach, denen zufolge dort ein geisterhafter "sprechender Vulkan" existiert. Tatsächlich wird das Quartett in seinem Ballon bei der Ankunft an ebenjenem Berg von Raketen getroffen und abgeschossen. Dahinter steckt der Freibeuter Robur (Vincent Price), der die Vier auf seinem phantastischen, soeben zu einem Flug um die Welt abhebenden Luftschiff "Albatross" beherbergt. Roburs Ziel ist es, dem Krieg den Krieg zu erklären und die Nationen der Erde mit Gewalt zur Abrüstung zu zwingen. Stock und Prudent jedoch haben etwas dagegen.

Knuffige kleine B-Variation von Fleischers "20,000 Leagues Under The Sea", wie dieser eine Verne-Verfilmung, in dem staunende Probanden ihrer Zeit einem technokratischen Fortschrittsmonster begegnen und dessen Existenz in einer Mischung aus Angst und Kleingeistigkeit vernichten, als sie erkennen, dass der Urheber sein Geheimnis mit keinem anderen zu teilen bereit ist. Statt James Mason gibt es hier Vincent Price, statt Kirk Douglas Charles Bronson, statt Walt Disney AIP und statt Peter Lorre nur einen blöden französischen Maître (Vitto Scotti), der sich jedesmal aufregt, wenn bei Roburs Attacken seine Töpfe durch die Gegend fliegen. Alles eine Nummer kleinber also, was dem Film nach meinem Empfinden nicht sonderlich bekommt. Die Fabulierlust und der große visuelle Reichtum, die Fleischers Film so auszeichnen, wandeln sich hier in eine Art plagiatorisches Krämertum. Das macht den Film zwar nicht schlecht, lässt ihn aber vergleichsweise ungloriös in sich zusammenschrumpfen. Immerhin: Nicht nur der wie immer herrliche Price ist eine Bank, sondern auch Bronson mit immerhin 40 in seiner ersten richtigen Helden-Hauptrolle.

6/10

Jules Verne William Witney period piece


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DAMNATION ALLEY (Jack Smight/USA 1977)


"Albany is the place to aim for."

Damnation Alley (Straße der Verdammnis) ~ USA 1977
Directed By: Jack Smight


Nach einem Atomkrieg hat sich die Erdachse verschoben. Klimatische Unregelmäßigkeiten, Elektrostürme und Wüstenei überziehen die USA, Riesenskorpione und mörderische Kakerlakenkulturen werden zur Gefahr für die letzten Überlebenden. Major Denton (George Peppard) und die nachträglich desertierten Offiziere Tanner (Jan-Michael Vincent) und Keegan (Paul Winfield) haben Bombe und Fallout in einem Bunker in Nevada überstanden und empfangen nun Radiosignale aus Albany, New York. Mit einem gepanzerten Riesentruck machen sie sich auf den langen und gefahrvollen Weg zur Quelle der Sendungen. Unterwegs sammeln sie noch zwei Mitreisende ein, das Las-Vegas-Showgirl Janice (Dominique Sanda) und den verwaisten Jungen Billy (Jackie Earle Haley).

B-Kino wie ich's mag: Ohne Umwege zum Ziel kommend, schnörkellos und vor allem treu zu sich selbst und zu seiner Prämisse, eine kurzweilige Geschichte möglichst reizvoll zu erzählen. "Damnation Alley" ist vor allem mit Herz,Hand und viel grundnaiver Liebe zu seinem Topos erzählt; das postapokalyptische Szenario wirkt zwar zu keiner Sekunde so bedrückend, wie es in anderen Endzeitfilmen der Fall ist, aber darum geht es diesem Film auch überhaupt nicht. Vielmehr sollen ein entrücktes Szenario und die filmischen "Möglichkeiten", die es bietet, ausgelotet und zur Schau gestellt werden. Dass sich da von sogenannter "etablierter" Seite über die "schlechten Projektionstricks" und die "Plotlöcher" ereifert wird, ist somit völlig am Ziel vorbei und zeugt nicht von den "minderen Qualitäten" des Films, sondern höchstens von der Ignoranz der entsprechenden Verfasser. Sozusagen das illegitime missing link zwischen "On The Beach" und "Judge Dredd" (dem Film, nicht den Comics), im Bedarfs- oder auch Idealfall hintereinander als Triloge zu betrachten.

8/10

Monster Kalter Krieg Atombombe Apokalypse Jack Smight Road Movie





Filmtagebuch von...

Funxton

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