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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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YOUNGBLOOD (Peter Markle/USA 1986)


"Thank God there is a sport for middle-sized white boys."

Youngblood (Bodycheck) ~ USA 1986
Directed By: Peter Markle

Der Farmerjunge und Eishockey-Narr Dean Youngblood (Rob Lowe) bewirbt sich jenseits der kanadischen Grenze bei den 'Hamilton Mustangs', einem semi-professionellen Eishockeyteam, das als Sprungbrett für die Profiliga gilt. Nach einigen harten Herzlichkeiten ist Dean im Team akzeptiert und gewinnt in seinem Mitspieler Derek (Patrick Swayze) sogar einen neuen besten Freund. Die Tatsache jedoch, dass Dean Hemmungen hat, seine Gegner auf dem Eis auch tätlich anzugreifen und dass er ferner mit der Tochter (Cynthia Gibb) seines Trainers (Ed Lauter) anbandelt, brechen ihm beinahe das sportliche Genick.

Als '"Top Gun" auf dem Eis' könnte man ihn auch titulieren, diesen einzig und allein mit seinem Geburtsjahr 1986 denkbaren Film, der seiner Titelfigur am Ende die größte erbrachte Leistung darin bescheinigt, seinem Erzfeind (George J. Finn) ordentlich eins aufs Maul gegeben zu haben. Ein wunderbar prolliger Brat-Pack-Streifen kam dabei heraus, in dem Patrick Swayze sich, wie damals so oft, als tumber Asi vom Dienst empfiehlt und der, wie eben auch "Top Gun" eine seltsame, verhalten-metrosexuelle Atmosphäre transportiert. Die flotten Eishockey-Boys geben sich zwar alle als Erzheteros, die vordergründig mit grober Lautstärke, derben Gags, Kloppe und Alkohol liebäugeln, stehen aber andererseits auf höchst lauwarme Initiationsriten (Zwangs-Schamhaarrasur) und sind sich untereinander sowieso am Meisten zugetan. Dazu passt auch wunderbar der schmucke Rob Lowe, der gleich zu Beginn mit Suspensiorium und arschfrei durch die Katakomben seines Eisstadions wackeln darf. Eine spätere Liebesszene mit der eigentlich nicht sonderlich schönen, irgendwie aber dennoch attraktiven Cynthia Gibb soll das Lowe und Swayze zugetane, weibliche Publikum wohl in Sicherheit wiegen. Dass der Rest der Mannschaft mit Ausnahme eben von Lowe, Swayze und Keanu Reeves ein Kabinett der Hässlichkeiten bietet, lässt "Youngblood" gleich noch drolliger erscheinen. Eine echte Rarität des Achtziger-Kinos und überhaupt einfach nur zum Schießen.

5/10

Peter Markle Kanada Eishockey Coming of Age Sportfilm Brat Pack


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CAPTAIN AMERICA: THE FIRST AVENGER (Joe Johnston/USA 2011)


"This isn't a back alley, Steve, this is war!"

Captain America: The First Avenger ~ USA 2011
Directed By: Joe Johnston

Die Allieerten sägen bereits beträchtlich an Hitlers Thron, als der schmächtige Gefreite Steve Rogers (Chris Evans) sich bereit erklärt, am Supersoldaten-Experiment des Wissenschaftlers Dr. Erskine (Stanley Tucci) teilzunehmen: Dieses soll dazu dienen, die Physis des Probanden mittels eines speziellen Serums und Bestrahlungen zu perfektionieren. Tatsächlich wird Steve zum Muskelprotz - seine "Mission" besteht vorläufig aber darin, an der "Heimatfront" für Kriegsanleihen zu werben. Erst ein Abstecher nach Europa macht ihm bewusst, dass seine Fähigkeiten in ganz anderer Form genutzt werden müssen. Auch der Nazi Johann Schmidt (Hugo Weaving) hat nämlich mit dem Supersoldaten-Serum herumexperimentiert und ist zum bösen, nunmehr der Organisation 'Hydra' vorstehenden Red Skull geworden. Und dessen Entschlossenheit stellt selbst Hitlers Machtstreben in den Schatten.

Marvels letzter Wegbereiter bevor es im nächsten Frühling endlich heißen soll: "Avengers assemble!" Nach Hulk, Iron Man und Thor nun also der finale elementare Baustein der Ur-Besetzung des Teams, der bereits 1942 in Print-Aktion getretene Captain America. Der einstmals patriotischste aller Comichelden trägt, nach all den Jahren und seinem mittlerweile handelsüblichen Tod mitsamt Auferstehung, zwar immer noch seine ikonischen Sterne und Streifen in rotweißblau, ist aber längst nicht mehr der systemtreue Naivling, als den ihn ungebildetere Zeitgenossen so gern hinzustellen trachten. Außerdem ist er die erste Figur, die durch einen inhaltlichen Kunstgriff vom Golden- ins Silver Age überführt wurde. Wie man zu Beginn der Sechziger erfährt, war Steve Rogers nämlich rund zwanzig Jahre lang in einem Eisblock eingeschlossen, konnte durch seine gesteigerten körperlichen Fähigkeiten jedoch überleben. Für die aktuelle Adaption, der vierten nach einem alten Serial aus den Vierzigern, zwei TV-Produktionen mit Reb Brown von 79 und einem rund zwanzig Jahre alten, keinesfalls so mies wie behauptetem B-Schinken von Albert Pyun, mussten daraus fette sieben Dekaden werden, wodurch der "Zeitsprung" des Helden natürlich noch deutlich an Brisanz gewinnt. Da "Captain America: The First Avenger", wie jeder Superheldenfilm ohne Ordnungszahl hinterm Titel, primär dazu dient, die origin der Titelfigur auszuwalzen, bleibt man von großen Charakterwandlungen und -wendungen verschont. Als Regisseur empfahl sich der ansonsten völlig medioker zu Erke gehende Auftragsfilmer Joe Johnston dennoch; immerhin hat er vor zwanzig Jahren das schöne vintage superhero movie "The Rocketeer" inszeniert, in dem es ebenfalls um einen wissenschaftlich bzw. technisch "verbesserten" Helden und gegen die Nazis geht. Heute dürfte es Johnston um einiges leichter gehabt haben, seinen Stoff zu illustrieren; immerhin sind Superhelden im Kino anno 11 (noch) der letzte Schrei. "Captain America" bleibt auch qualitativ vollends im Rahmen seiner Mitstreiter. Zu ambitioniert, um kläglich abzustinken, zu gedrungen, um wirklich toll zu sein, bietet Johnstons Film exakt das, was man von ihm erwarten kann.

7/10

WWII Marvel Monster Joe Johnston Comic Captain America Superhelden


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DER STEIN DES TODES (Franz Josef Gottlieb/BRD, LK 1986)


"Versprich mir, dass du gerecht handelst und nicht aus Rache." - "Manchmal ist Rache Gerechtigkeit."

Der Stein des Todes ~ BRD/LK 1986
Directed By: Franz Josef Gottlieb

Der in Sri Lanka lebende Jungarchitekt Kumar Cunningham (Albert Fortell) verliert seine Freundin Jane (Birte Berg) durch eine Überdosis Heroin, nachdem sie einem brutalen Heroindealer (Christian Anders) etwas zu dicht auf die Fersen gekommen ist. Kumars Rache folgt auf dem Fuße, doch dafür wird er prompt eingebuchtet. Die flotte Reporterin Merryl Davis (Heather Thomas) ahnt derweil nicht, dass ausgerechnet ihre sich seriös exponierende Tante Kris Patterson (Elke Sommer) hinter dem schmutzigen Heroingeschäft der gesamten Insel steckt. Kumar kann schließlich fliehen und mithilfe Merryls sowie der beiden Vietnamveteranen Brain (Brad Harris) und Hemingway (Siegfried Rauch) der Patterson und ihrem schmierigen Galan Gomez (Tony Kendall) den Garaus machen.

Eine Besetzung wie geradewegs aus dem siebenten Trashhimmel importiert konnte Franz Josef Gottlieb für sein von Atze Brauners CCC co-produziertes Urlaubsvideo mit farbenfroher Landesfolklore und Elefanten zusammentrommeln; leider fehlt es "Der Stein des Todes" im Endeffekt dennoch ein wenig an Kaltschnäuzigkeit und feste zupackenden Klauen. Man muss sich schon mit den sagenhaft dümmlichen Dialogen, einem selten ekligen Christian Anders, einer stets hauteng gewandeten Heather Thomas sowie dem sympathischen Duo Harris/Rauch zufrieden geben, wenn man auf eine lustige Dosis Pöbelentertainment einzustellen gedenkt. An einigen anderen, wohlfeilen Ingredienzien dieser Art Film mangelt es leider. Von dem familienfreundlichen Massenabfertigungsregisseur Gottlieb wäre aber ehrlich gesagt auch nichts wesentlich anderes zu erwarten gewesen. Außerdem hätte ein etwas blut- oder fleischwürstigerer Metteur-en-scène sicherlich nicht auf eine solch familiäre Darstellergruppe zurückgreifen können. Man muss sich also fragen, was einem letzten Endes lieber ist, respektive was auf der Habenseite verbleibt. Und das, so meine ich, ist nichtmal übel.

5/10

Drogen Sri Lanka Europloitation Franz Josef Gottlieb Heroin Rache


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ARENA (Peter Manoogian/USA, I 1989)


"I deserved that!"

Arena ~ USA/I 1989
Directed By: Peter Manoogian

Irgendwann in ferner Zukunft bestimmen live aus der "Arena", einem interstellaren Sportstadion, übertragene Zweikämpfe den Löwenanteil der öffentlichen Unterhaltung. Dort treten allerlei Wesen von unterschiedlichen Welten gegeneinander an, wobei der von dem zwielichtigen Rogor (Marc Alaimo) gemanagte, wuchtige Horn (Michael Deak) ungeschlagener Champion ist. Erst der Terraner und Gelegenheitsarbeiter Steve Armstrong (Paul Satterfield) scheint als erster Kämpfer seit Langem überhaupt das Zeug zu haben, Horn aus dem Ring zu prügeln...

Die kleine, von Charles Band gegründete Billigfilmfima Empire verlieh und produzierte in den Achtzigern Jahren einige, in der Regel unbeirrbar genreverhaftete Kleinode des B- und C-Films, darunter auch den possierlichen "Arena". Jener, im Grunde seines Wesens nichts anderes als eine fleischgewordene, geekige Kleine-Jungs-Fantasie, spiegelt recht gut das wider, was Empire im Großen und Ganzen auszeichnete: Eine Geschichte, die selbst mit Abermillionen von Dollars kaum adäquat hätte verfilmt werden können, wird in ein Minibudget-Korsett gezwängt und lebt ihre Realisation als hoffnungsvolle Kleinstproduktion aus hochmotivierter Hand. Die meisten Empire-Filme nahmen sich nie zur Gänze ernst, mühten sich - etwa im Vergleich zu Troma - jedoch andererseits, ihre Manufaktur nie der verzweifelten Selbstverspottung preiszugeben. So ist das Vielversprechendste an "Arena" sein toll gemaltes Videoplakat, auf dem ein humanoider Kämpfer gegen ein merkwürdiges Alien mit der Physiognomie eines Bullenhais und Krabbenscheren anstelle von Händen antritt. Diese dramaturgische Prämisse löst der Film zwar nicht ein, aber seine recht phantasievoll gestalteten Masken und die an Hodges' "Flash Gordon" erinnernden Kostüme sorgen für ein gerüttelt Spaßmaß im insgesamt etwas tempoarmen Alien-Einerlei. Wer sich in verruchten, außerirdischen Eckpinten wohlfühlt und wem "Rocky" zu sozialkritisch und "No Retreat, No Surrender" zu intellektuell ist, der mag hier durchaus mal vorbeischauen.

5/10

Peter Manoogian Aliens Zukunft Sportfilm Empire


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CHI SEI? (Ovidio G. Assonitis, Robert Barrett/I, USA 1974)


"Come on, you filthy pig. Lick the vile whore's vomit!"

Chi Sei? (Vom Satan gezeugt) ~ I/USA 1974
Directed By: Ovidio G. Assonitis/Robert Barrett

Das dritte Kind kommt zwar unerwartet, aber es kommt. Doch die Zuversicht, mit der der Plattenproduzent Robert Barrett (Gabriele Lavia) und seine schwangere Frau Jessica (Juliet Mills) auf das Baby warten, verfliegt bald: Jessica fängt an durchzudrehen, wird zunehmend aggressiv und spricht mit fremder Stimme, bevor sie sich auch physisch zu verändern beginnt. Derweil taucht ein Fremder namens Dimitri (Richard Johnson) auf, mit dem Jessica vor Jahren mal was hatte, und der behauptet, genau zu wissen, was mit ihr los ist. Während Roberts Freund, der Arzt Staton (Nino Segurini), dem Braten alles andere als traut, sieht Robert in Dimitri die letzte Chance für Jessicas Rettung.

Wenn ich nach dem Genuss eines Horrorfilms Albträume bekomme, eine mit zunehmendem Alter immer seltener auftretende Erscheinung nebenbei, werte ich dies im Allgemeinen als gutes Zeichen (wenngleich mein Nachtmahr nichts mit Assonitis' Film zu tun hatte, sondern Jack Nicholson, mein altes Gymnasium sowie mein damaliger Deutsch-LK-Lehrer drin vorkamen. Aber egal). Irgendwie kann "Chi Sei?", wenn man entsprechender Stimmung ist, einen schon ganz ordentlich vereinnahmen; da sind meisterlich-suggestiv inszenierte Szenen wie etwa die, in der eine Gruppe farbiger Jazz-Musiker um Gabriele Lavia herumtänzelt und ihm irgendwas von Hölle und Verderben vorsingt (die Reaktionen der übrigen Passanten sind wohl echt, was auf knorkes Guerilla-Filmen hindeutet), oder ganz allgemein der gekonnte Blick auf die flächige Urbanität San Franciscos. Daneben steht jedoch der abnsolut schwachsinnige Inhalt, ein logisch keineswegs zur Gänze zu entschlüsselndes Konglomerat aus "Rosemary's Baby" und "The Exorcist", mit deutlichem Schwergewicht auf letzterem natürlich. Rüder Dialog, den in der deutschen Fassung witzigerweise Wolfgang Hess abzusondern hat, schlechte Zähne, Eiterpusteln plus die altbekannte Erbsensuppenkotze gehören dazu wie Senf zum Frankfurter und so bleiben die Überraschungen weitgehend unüberraschend. Am Schönsten sind die zwei ausschließlich via Schimpfwortvokabular parlierenden Kinder: "Du bist ein dummes Arschloch. Spiel doch mit deinem Schwänzchen." - "Halt's Maul, du alte Sau." Und die beiden sind NICHT besessen, das muss dazu gesagt werden! Dagegen sind meine etwa im gleichen Alter befindlichen Schülerinnen und Schüler jedenfalls wahre Novalisse bezüglich des stilvollen Sprachgebrauchs.
"Gekrönt" wird das Ganze schließlich noch von einem vollends blödsinnigen Cliffhanger, der ein (offizielles) Sequel jedoch glücklicherweise quasi bereits im Mutterleib per Auto-Abort verhinderte.
Seltsam? Aber so steht es geschrieben!

5/10

Schwangerschaft Ovidio G. Assonitis Dämon Robert Barrett Exploitation San Francisco


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DUCK SOUP (Leo McCarey/USA 1933)


"I suggest that we give him ten years in Leavenworth. Or eleven years in Twelveworth."

Duck Soup (Die Marx Brothers im Krieg) ~ USA 1933
Directed By: Leo McCarey

Um Trentino (Louis Calhern), Diktator des Nachbarstaates Sylvania und zugleich Rivale in der Gunst um die millionenschwere Mrs. Teasdale (Margaret Dumont), auszustechen, zettelt Rufus T. Firefly (Groucho Marx), frisch eingesetzter Regierungschef von Freedonia, kurzerhand einen Nachbarschaftskrieg an. Dabei helfen ihm zwei vormalige Spione Trentinos, der geschwätzige Chicolino (Chico Marx) und der stumme, aber umso frechere Pinky (Harpo Marx).

"Duck Soup" gilt mit seinen zwischen völlig spinnert und genial-versponnen oszillierenden Dialogen und einigen der kiebigsten Scherze der Brüder als deren Meisterstück, wobei diese Einordnung eher dem gemeinen Filmkritiker zuzuschreiben ist denn eingefleischten Marx-Fans. Von denen hat sowieso jeder seinen ganz persönlichen Liebling und meiner ist, soviel verrate ich mal schon jetzt, "Duck Soup" nicht (wobei ich auch kein eingefleischter Marx-Fan bin, aber das habe ich ja verdammt nochmal auch mit keiner Silbe behauptet, oder?). Dennoch sind die spitzen kleinen Seitenhiebe auf die europäischen Faschistenführer von ausgesuchter Brillanz, Harpos Clownerien von höchster Güte und Grouchos durchweg pampige Art der Konversation, unter der insbesondere ja die arme Margaret Dumont zu leiden hatte, von königlichem Komikergeblüt. Die legendäre Spiegelszene etwa - wer könnte sie nicht lieben?

8/10

Leo McCarey Marx Brothers Slapstick


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CARRIE (William Wyler/USA 1952)


"You still have time, Carrie. Move on now. Find someone to love. It's a great experience."

Carrie ~ USA 1952
Directed By: William Wyler

Im Chicago des späten 19. Jahrhunderts lernt das frisch vom Lande hinzugezogene Mädchen Carrie Meeber (Jennifer Jones) zunächst den Filou Drouet (Eddie Albert) kennen, der sie fortan als eine Art Mätresse hält. Später gerät Carrie dann an den deutlich älteren Oberkellner George Hurstwood (Laurence Olivier), mit dem sich eine aufrichtige Liebesbeziehung anbahnt. Doch auch diese bleibt nicht problemlos: Nicht nur, dass George wegen Carrie seine Familie verlässt, veruntreut er auch noch eine größere Geldsumme. Bald holt die unrühmliche Vergangenheit das nach New York geflüchtete Liebespaar ein und es kommt zur schmerzvollen Trennung. Während Carrie sich allmählich am Broadway einen Namen macht, landet George ganz unten in der Gosse.

Hieße Wylers Film "George", er wäre mindestens ebenso figurentreu wie unter seinem schlussendlichen Titel, doch das nur nebenbei. In "Carrie" erhält der Meisterregisseur wieder ausgiebig Gelegenheit, seinem Faible für unglückselig verlaufende Schicksale zu frönen und sein Personal durch so ziemlich jede existenzielle Vorhölle zu jagen, bis am Schluss dann endgültig alles vor die Hunde geht. Wenngleich die pikanteren Elemente aus Dreislers Vorlage ausgespart bzw. lediglich angedeutet werden (Carries Selbstprostitutierung, Georges Suizid), bleibt die Roman und Film verbindende Tendenz doch allseits stabil. Wie Laurence Olivier, sonst ganz der arrogante Dandy mit einem u.U. leichten bis mittelschweren Knall unterm Toupet, Mitgefühl für seine so verletzliche Figur des George Hurstwood evoziert mit einer so ehrlichen Deklamierung seines ganz persönlichen Glücksanspruchs, das gehört ganz ohne Frage zu den darstellerischen Höhepunkten mindestens der fünfziger Jahre. Überlebensgroße Schmonzette, daher unbedingt bei Kerzenschein genießen!

9/10

William Wyler Chicago New York Fin de Siècle period piece Theodore Dreisler Emanzipation amour fou


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WUTHERING HEIGHTS (William Wyler/USA 1939)


"Heathcliff, make the world stop right here!"

Wuthering Heights (Sturmhöhe) ~ USA 1939
Directed By: William Wyler

Die Grafschaft Yorkshire im frühen 19. Jahrhundert: Der Gutsherr Earnshaw (Cecil Kellaway) bringt den verlotterten Slumjungen Heathcliff (Rex Downing) mit nach Haus und zieht ihn neben seinen beiden leiblichen Kindern Cathy (Sarita Wooton) und und Hindley (Douglas Scott) wie seinen eigenen Sohn auf. Während Heathcliff und Cathy bald unzertrennlich sind, beäugt Hindley den Findling stets voller Argwohn und Neid. Als Erwachsene, der alte Earnshaw ist längst tot, findet sich Heathcliff (Laurence Olivier) nurmehr zu einem Teil des Gutsgesindes degradiert. Hindley bringt das Erbe seines Vaters mit Spiel und Suff durch und die stolze Cathy lässt sich - zu Heathcliffs größtem Leidwesen - von dem reichen Edgar Linton (David Niven) den Hof machen. Als Cathy und Linton schließlich heiraten, verschwindet Heathcliff für ein paar Jahre, nur um als vermögender Edelmann zurückzukehren und sich für jedwede Unbill, die ihm in Wuthering Heights widerfahren ist, bitter zu rächen.

Emily Brontës großer viktorianischer Roman, dessen Rezeption trotz seines unanfechtbaren Klassikerstatus bis heute zwischen mildem Belächeln und glühender Bewunderung pendelt, wurde schon seit den frühen Stummfilmtagen diverse Male für Kino und TV adaptiert. William Wylers Fassung von 1939 gilt unter all den unterschiedlichen Versionen als die gelungenste und zählt darüberhinaus zu den Meisterwerken des amerikanischen Kinos. Vom Produzenten Samuel Goldwyn anfänglich als "Gone With The Wind"-Konkurrenz konzipiert, war relativ rasch eindeutig, dass der thematisch nicht unähnliche "Wuthering Heights" dem aufwändigen Technicolor-Mammut-Projekt nicht das Wasser würde reichen können. Dennoch weisen beide Filme abgesehen von ihrem Entsttehungszeitrahmen natürlich, noch viele weitere, unübersehbare Analogien auf: Vom 'Schicksal' füreinander determinierte Paare sind zu stolz und zu kurzsichtig, um sich ihre Liebe aufrichtig eingestehen zu können und durchschreiten bloß infolge ihrer jeweiligen Arroganz tiefe, nicht enden wollende Tränentale. In der Konklusion von Brontës wildromantischer Geschichte können Heathcliff und Cathy erst im Jenseits, losgelöst von aller weltlichen Schwere und beschränkt auf die ätherische Reinheit ihrer Seelen, zueinander finden - und der Weg dorthin ist gebrandmarkt. Ein klein wenig Schauergestus und Geisterspuk steckt auch mit darin wie sich gleich im Prolog zeigt, und just dieses Element nutzt Wyler für seine Verfilmung, um die altweltliche, georgianische Atmosphäre des Romans noch umso mystischer erscheinen zu lassen. In seiner schönen Privatanthologie "Mein Kino" schreibt Hellmuth Karasek, dass "Wylers [Werk] in seinen Pappkulissen sicherlich inzwischen reichlich angestaubt", es jedoch "Gone With Wind" unbedingt vorzuziehen sei, habe es doch "Schmelz statt Schmalz". Nun, die letztendliche Verifizierung diese stolzen Worte liegen wohl im jeweiligen Betrachterauge, zitierens- und überprüfenswert sind sie jedoch allemal, wie ich finde.

8/10

England Emily Brontë Biopic Amour fou Standesdünkel Georgianisches Zeitalter period piece William Wyler


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FAREWELL, MY LOVELY (Dick Richards/USA 1975)


"To hell with polite drinking."

Farewell, My Lovely (Fahr zur Hölle, Liebling) ~ USA 1975
Directed By: Dick Richards

Der Privatdetektiv Philip Marlowe (Robert Mitchum) wird von dem bulligen Ex-Knacki Moose Malloy (Jack O'Halloran) beauftragt, sein Mädchen, eine gewisse Wilma, ausfindig zu machen. Nachdem Marlowe etwas im Trüben gestochert und eine katatonische Klappsmühleninsassin gefunden hat, glaubt er den Fall bereits abgeschlossen. Da bittet ihn der zwielichtige Marriott (John O'Leary), ihn bei der Übergabe einer kostbaren Jadekette zu eskortieren, was mit einem getzielten Nackenschlag für Marlowe endet - nicht dem ersten, denn Malloy ist mit Marlowes Entdeckung keinesfalls zufrieden und die verruchte Richtersgattin Helen Grayle (Charlotte Rampling) spielt auch keine unwesentliche Rolle in dem immer undurchsichtiger werdenden Dickicht aus Lügen und falschen Fährten.

Die späteren Siebziger hielten neben einigen anderen schönen Rollen auch zwei besondere Bonmots für Robert Mitchum bereit: Er durfte für den Produzenten Elliott Kastner den klassischen L.A.-Detektiv Philip Marlowe in zwei Neuverfilmungen von ursprünglich bereits in den Vierzigern adaptierten Chandler-Romanen interpretieren. "Farewell, My Lovely" von dem leider nur sehr geringfügig beschäftigten Dick Richards wurde dabei zu einem der schönsten unter den vielen period pieces der New-Hollywood-Ära, während Michael Winners eher auf TV-Niveau befindlicher "The Big Sleep" in vielerlei Hinsicht als zelluloidgewordenes Sakrileg gilt, nicht zuletzt, weil Marlowe hier urplötzlich in England agieren musste. Richards' Film jedoch hält en gros sämtliche Stärken bereit, die ein hartgekochter Detektiv-Krimi benötigt: Eine Großstadt, die in nachtschwarzer Kriminalität, moralischer Verworfenheit und Korruption zu ersaufen droht, ein herrlich kunterbuntes Figureninventar, eine schön unübersichtliche Story mit diversen Irrläufern und Sackgassen sowie eine bis in höchste Kreise reichende, diverse Menschen ihr Leben kostende Verschwörung. Schließlich wäre da ein Robert Mitchum, dessen Schaffenszenit faktisch seine gesamte Karriere hindurch anhielt. Im Gegensatz zu vielen anderen Stars der goldenen Ära, die ihr Renommee wahlweise im Suff ertränkten, in billigen italienischen Exploitern ihren letzten Hafen fanden oder ihr Talent zumindest an schwachbrüstige Katsatrophenfilme verscheuerten, blieb Mitchum stets 'state of the art', ließ sich auf New Hollywood ein und blieb ein Monster der wahren Coolness. "Farewell, My Lovely", dessen Script ihm einige köstliche Oneliner in den Mund legt, ist dafür Beweis genug.

9/10

New Hollywood neo noir film noir Verschwörung Remake Los Angeles Philip Marlowe Raymond Chandler Dick Richards period piece hardboiled


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FRATERNITY VACATION (James Frawley/USA 1985)


"I'd prefer an ice-cream."

Fraternity Vacation (American Eiskrem) ~ USA 1985
Directed By: James Frawley

Eine Woche winterlicher Partyurlaub lockt - im schönen Palm Springs, wo Sonne, Bier und Bikinis den drei Studentenboys Wendell (Stephen Geoffreys), Joe (Cameron Dye) und Larry (Tim Robbins), genannt 'Mother' lachen. Wendell ist dabei zwar ein elementares Mosaiksteinchen - immerhin lassen seine Eltern (Max Wright, Julie Payne) das Trio in ihrem Appartment hausen -, doch alles andere als unkompliziert: Er hatte noch nie was mit einem Mädchen und interessiert sich mehr für lauwarme Milch und Astronomie. Als Joe und Larry dann noch eine Flachlegewette mit ihren Kommilitonen Chas (Leigh McCloskey) und J.C. (Matt McCoy) eingehen, wird's erst richtig turbulent!

Interessant an all den College Comedies dieser Dekade ist ja vor allem der dargestellte bzw. intensivst suggerierte Status des Studenten: Offenbar sollen da dereinst durchweg instinktgesteuerte Individuen als Sozietätslenker eingesetzt werden, deren Köpfe ausschließlich von vielgestaltigem Suchtdruck und der Angst vor Geschlechtskrankheiten besetzt sind und deren Lebensinhalte ansonsten lediglich Sex, Drogen, Alkohol und miese Popmusik markieren. Das Ende der Reagonomics lag ergo nicht mehr fern, auch wenn danach noch Zeit für eine weitere republikanische Legislaturperiode herrschte: Die Mühlen besonders des amerikanischen Politbewusstseins mahlen bekanntich langsamer denn langsam.
Als spezifisch liebenswert an "Fraternity Vacation" erweist sich indes gleich mehrerlei: Die Besetzung mit durchweg bekannten Achtziger-Antlitzen, die Songs von Bananarama, die abgestandenen Gags und, betreffs der deutschen Fassung, die alberne Elsholtz-Synchro, die um keinen noch so platten Spruch verlegen ist. Was damals an kalifornischen Schönheitsidealen - die Titulierung 'Knochengestell' wäre im Falle Sheree J. Wilson noch geschmeichelt - aufgetischt wurde, macht derweil noch heute staunen. Dafür hüpft immerhin die schöne Barbara Crampton durch die Reihen. Zusätzlich gibt's John Vernon als miesen (erzrepublikanischen) Polizeichief, der bloß dazu da ist, den Jugendlichen den Spaß zu verderben. Da lugt dann auch "Porky's" nochmal durch die Lotterbettspanten.

6/10

James Frawley Teenager Kalifornien Coming of Age





Filmtagebuch von...

Funxton

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