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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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WILD BEASTS - BELVE FEROCI (Franco E. Prosperi/I 1984)


Zitat entfällt.

Wild Beasts - Belve Feroci ~ I 1984
Directed By: Franco E. Prosperi

Eine überhöhte PCP-Dosis im Frankfurter Trinkwasser lässt nicht nur den gutmütigen Blindenhund Barko sowie die Ratten aus der Kanalisation, sondern auch die Tiere im Zoo durchdrehen. Einige von ihnen reißen aus und machen die Frankfurter Innenstadt unsicher und greifen diverse Menschen an, die die Attacken zumeist nicht überleben. Der Veterinär Dr. Berner (John Aldrich), die Journalistin Laura (Lorraine De Selle) und Inspektor Braun (Ugo Bologna) haben alle Hände voll zu tun, nicht nur die Ursachen des wilden Treibens aufzudecken, sondern auch damit, den verängstigten Leuten zu helfen.

Ein mittlerweile praktisch vergessener Tierhorror-Streifen aus der Fertigung des "Mondo"-Wizards Franco E. Prosperi (nicht zu verwechseln übrigens mit dem gleichnamigen Regisseur Franco "Francesco" Prosperi - allerdings ohne "E." in der Mitte - der ebenfalls für manch derben Exploitationkracher steht), der wundersamer Weise zu großen Teilen in Frankfurt a.M. entstand und die nächtliche Stadt zu einem faszinierenden weiteren Hauptdarsteller kürt. Die zum Kampf gegen ihre humanen Gegenüber an- und auftretenden Tiere, darunter diverse Großkatzen, Elefanten, eine Horde Gnus und sogar ein Eisbär, sind durch die Bank echt und rangeln mit ihren Trainern herum. Die hier und da dennoch beachtlichen Gore-Momente beschränken sich daher auch erwartungsgemäß auf die späteren Leichenfunde, respektive entsprechend schön gestaltete Dummys (hübsch: zwei Krankenwagenfahrer laden ein völlig zernagtes Rattenopfer ein und lassen dabei ein verächtliches: "Weg damit!" fahren). Interessant wird es dann vor allem gegen Ende, als der PCP-Effekt plötzlich auch ein paar Kinder irrsinnig werden lässt.
Dass solche Filme mittlerweile in vorzüglicher Qualität und mit schönem Bonusmaterial aufbereitet wieder aus der Versenkung gehievt werden, ist Merkmal einer Entwicklung, die man gar nicht genug lobpreisen kann. In diesem Sinne.

6/10

Frankfurt Zoo Tierhorror Drogen Europloitation Splatter Ratten Nacht Großkatzen Franco E. Prosperi


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THE HANGOVER PART II (Todd Phillips/USA, D 2011)


"It happened again."

The Hangover Part II ~ USA/D 2011
Directed By: Todd Phillips

Als Stu (Ed Helms) seine Verlobte Lauren (Jamie Chung) in Thailand heiraten will, achtet er sorgsam darauf, dass diesmal alles richtig läuft: Einen Junggesellenabschied soll es erst gar nicht geben und der spleenige Alan (Zach Galifianakis) soll erst gar nicht kommen. Doch es kommt alles ganz anders: Der schließlich doch noch geladene Alan schießt sich prompt auf Stus zukünftigen Schwager Teddy (Mason Lee) ein, doch der diesem zu Lasten geplante Streich geht völlig nach hinten los. Am Morgen nach einem (als solchen geplanten) gemütlichen Strandbier erwachen Stu, Alan und Phil (Bradley Cooper) ohne jede Erinnerung in Bangkok. Teddy ist, mit Ausnahme eines Fingers, verschwunden, dafür ist der verrückte Mr. Chow (Ken Jeong) plötzlich wieder da...

"One night in Bangkok makes a hard man humble", sang Murray Head 1984, und diese Weisheit, heuer musikalisch von Überraschungs-Hochzeitsgast Iron Mike rezitiert, scheint ihre Gültigkeit auch 27 Jahre später noch zu besitzen. Glücklicherweise versucht Todd Phillips nicht, den lauten Wahnsinn des Vorgängers in seinem Sequel noch zu toppen, tatsächlich scheint dieses sogar vergleichsweise zurückgenommen. Die Figuren sind ja nunmehr etabliert; der Königskomiker Zach Galifianakis macht einmal mehr das, was er am Besten beherrscht, nämlich schlicht und einfach vollkommen bescheuert sein, derweil auch die übrigen Herren (Justin Bartha als Doug hat diesmal wenig bis gar nichts zu tun) weiter ihre "Wolf-Pack"-Gruppenmosaik-Funktionen erfüllen, wobei diesmal dem ehedem noch als schüchtern bekannte Dentisten Stu die endgültige, weltklassige Entdeckung vorbehalten ist, dass irgendwo in jeder Maus auch ein Tiger schlummert. Tally Ho! in Bangkok also - wobei, ein Drogencocktail, der eine zwölfstündige und vor allem vollkommen abrupt auftretende Totalamnesie nach sich zieht, derweil seine Konsumenten noch immer in vollstem Aktionismus zu schwelgen in der Lage sind, der muss, glaube ich, erst noch erfunden werden.

8/10

Todd Phillips Thailand Bangkok Alkohol Drogen Amnesie Freundschaft Hochzeit Sequel


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GREEN CARD (Peter Weir/USA, F, AU 1990)


"I am the husband!"

Green Card ~ USA/F/AU 1990
Directed By: Peter Weir

Er heiratet, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen, sie, um in ihre Traumwohnung ziehen zu können, in der die gestenge Mietervereinigung nur Eheleute lassen möchte. Darum planen Brontë (Andie MacDowell) und Georges (Gérard Depardieu) auch, sich nach dem Tag ihrer Eheschließung nicht wiederzusehen. Als die Einwanderungsbehörde jedoch zu bohren beginnt, wird es brenzlig für die beiden und sie müssen eine traute Zweisamkeit vorspielen, die bald schon weniger getürkt als echt ist.

Neben "Groundhog Day" die für mich einzig gültige Hollywood-RomCom der Neunziger und dies liegt NICHT speziell an der MacDowell, die rein zufällig in beiden Filmen auftritt und deren andere Fiesimatenten wie zum Beispiel "Four Weddings And A Funeral" mir herzlich gestohlen bleiben können. "Green Card" ist schlicht ein Liebesfilm für ein mündiges Publikum und fällt deshalb so traumhaft schön und ungekünstelt aus. Selbst Hans Zimmers afrikanöse Klänge entbehren glücklicherweise ihres späteren Pomps und sind eine bereichernde Untermalung von Weirs Inszenierung. Die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern ist wahnsinnig und sie scheinen sich darüberhinaus in ihrer reizvollen, völligen Diversität noch gegenseitig anzuspornen. Natürlich ist die stille Vitalität des Films zuvorderst Peter Weir zuzuschreiben, der zum ersten Mal seit acht Jahren wieder ein eigenes Script verfilmte und produzierte. Der wunderschöne "Green Card" ist also ganz sein Baby, und ein prachtvoll-bittersüßes noch dazu.

9/10

Peter Weir New York Ehe


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DEAD POETS SOCIETY (Peter Weir/USA 1989)


"I sound my barbaric YAWP over thec rooftops of the world!"

Dead Poets Society (Der Club der toten Dichter) ~ USA 1989
Directed By: Peter Weir

Wilmington, Vermont 1959: Die hochrenommierte Welton Academy, die als sicheres Sprungbrett für Elite-Studenten gilt, erhält kollegialen Zuwachs durch den Englischlehrer John Keating (Robin Williams) sowie einen neuen Obersekunda-Schüler in Person des schüchternen Todd Anderson (Ethan Hawke). Beide haben schon bald ihre Sympathisanten beieinander: Keating, weil seine unkonventionelle Art, die Jungen zu unterrichten und zu Freigeistern zu erziehen, sich vornehmlich hoher Beliebtheit erfreut und Todd, weil seine poetische Ader von Keating gefördert und von seinen Kameraden anerkannt wird. Sieben der Jungen finden sich bald zum "Club der toten Dichter" zusammen, bei dressen Treffen Gedichte von Whitman und Byron rezitiert oder einfach nur centerfolds bewundert werden. Zur Katastrophe kommt es, als einer der Schüler, Neil Perry (Robert Sean Leonard), sich gegen seinen überautoritären Vater (Kurtwood Smith) stellt und unerlaubterweise in einem Shakespeare-Stück auftritt.

Und es gibt ihn doch, den "pädagogisch wertvollen Film", hier in Gestalt von Weirs wohl gleichermaßen meistgeliebtem und meistgehasstem Film, aus jeweils identischen Gründen. Nach "Good Morning Vietnam" wurde Robin Williams hier endgültig auf den Part des ewigen Gutmenschen und Seelentrösters festgenagelt; auf den Hobbytherapeuten und Philanthropen, der gern zu absurdem Humor und Kindlichkeit neigt. Die Meisten haben ihn irgendwann - vermutlich ganz zu Recht - nicht mehr in dieser ganz speziellen Inkarnation ertragen können und doch sind die Rolle des John Keating und auch Williams' diesbezügliches Spiel unleugbar unvergesslich. Als Lehrer kann man sich wohl kaum ein größeres Vorbild bzw. Ideal wünschen als einen, der pädagogischer Repression, elitärem Denken und dem stocksteifen Standesdünkel der Klassengesellschaft begegnet, indem er seine Eleven erstmal die Seiten zur Lyriktheorie und -bewertung aus den Unterrichtswerken herausreißen lässt. Verdammt, das ist Wahrheit, nichts weniger. Man kann dem Film auch vorwerfen, seinen Humanismus auf eine massenkompatible, verständige Art zu verkaufen - aber muss man das denn? Sollten Botschaften wie diese, solche, die zum Denken und Debattieren anregen, denn einem bildungsbürgerlichen Zirkel vorbehalten sein? Hätte Weir seinen Film so inszeniert, wäre er vermutlich keinen Deut besser zu nennen denn der gusseiserne, prügelnde headmaster Mr. Nolan (Norman Lloyd), dem 'Tradition' und 'Disziplin' über alles gehen, selbst über Freigeistigkeit und Ratio.
Nein, dies ist und bleibt so wertvolles wie edel gesonnenes Kino, das hoffentlich noch über viele Generationen fortlebt und von denen geschaut und internalisiert wird.

9/10

Freundschaft period piece Schule Internat Peter Weir Coming of Age Vermont Herbst Theater Literatur


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GALLIPOLI (Peter Weir/AU 1981)


"I'll see you when I see you." - "Yeah. Not if I see you first."

Gallipoli ~ AU 1981
Directed By: Peter Weir

Australien, 1915: Der talentierte Sprinter Archy Hamilton (Mark Lee) will trotz seiner 17 Jahre unbedingt zur leichten Kavallerie, um den Briten bei Gallipoli im Kampf gegen die Türken beizustehen. Der nur wenig ältere Frank Dunne (mel Gibson), den Archy bei einem Wettkampf kennenlernt und mit dem ihn bald eine enge Freundschaft verbindet, lässt sich mitreißen, landet jedoch bei der Infanterie. Dennoch treffen die beiden sich im Einsatz wieder, allerdings unter furchtbaren Umständen: Die völlig verblendete Admiralität schickt die australischen Soldaten mitten ins Sperrfeuer der türkischen MGs, nur, um angeblich den Vorstoß der Briten zu decken.

Weirs trauriges Kriegsepos steht ganz in der Tradition von Remarques "Im Westen nichts Neues": Unfähig, das Frontgeschehen realistisch einzuordnen, folgen praktisch jugendliche Rekruten dem verlogenen Lockruf von Patriotismus und Ehre und glauben, dass ihre Uniformen vor allem dazu dienen, junge Damen zu beeindrucken. Im Falle der Australier und Neuseeländer, die im Laufe des Stellungskrieges bei Gallipoli zu Tausenden von der türkischen Gegenwehr aufgerieben wurden, ist dieses Kapitel von besonderer Bitterkeit, stellten sich die Jungsoldaten doch im Prinzip auf eine Seite, die bestenfalls im übertragenen bzw. im Commonwwealth-Sinne die ihrige war, nur um dann als Kanonenfutter verheizt zu werden. Gibson, damals noch jung und noch nicht von der Prä-Senilität angegriffen, und besonders sein Partner Lee repräsentieren eingängig jenes wehmütige Kapitel des Abschieds von der Unschuld, das selbst die Überlebenden dereinst nurmehr als Krüppel wird heimkehren lassen. Auditiv höchst beeindruckend: Der Einsatz von Jarres "Oxygene (Pt. 2)" vor den Laufsequenzen neben vornehmlich klassischer Musik von Strauß und Bizet.

9/10

Coming of Age Peter Weir WWI Ägypten Australien Sport Historie period piece Freundschaft


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SUSAN'S PLAN (John Landis/USA 1998)


"Paul's going to be all right." - "Shit!" - "Fuck!" - "Damn it!"

Susan's Plan (Die Again) ~ USA 1998
Directed By: John Landis

Susans (Nastassia Kinski) Plan, mithilfe einiger mehr oder weniger idiotischer Gehilfen (Billy Zane, Michael Biehn, Rob Schneider, Dan Aykroyd, Lara Flynn Boyle) ihren Ex-Mann Paul (Adrian Paul) um die Ecke zu bringen, um dann dessen großzügige Lebensversicherung zu kassieren, geht mit Pauken und Trompeten in die Hose. Kein Wunder, bei solch einer Vollpfostentruppe.

Lieber John,

ich möchte mich im Nachhinein herzlichst dafür entschuldigen, dass ich deinen während einer kommerziellen Dürreperiode entstandenen Film "Susan's Plan" gute zwölf Jahre lang allerorten schlecht gemacht und zerredet habe. Ich kann mich heutzutage über meine damalige Arroganz nur wundern und muss einige wohl mehr oder weniger unbrauchbare Ausflüchte bemühen, um mich überhaupt rechtfertigen zu können. Vermutlich war ich a.) einstweilen übersättigt von Filmen wie diesen, die ich manchmal vorschnell in die Ablage "Tarantino-Zögling" zu stecken geneigt war, hatte b.) noch den (leider wirklich miesen) "Beverly Hills Cop III" im Nacken sitzen und war diesbezüglich c.) nachhaltig beleidigt und somit d.) außer Stande, diesem neuerlichen, verschmitzten kleinen Rotzer von Film die gebührende Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen. Natürlich muss jeder darin Bewanderte auch in "Susan's Plan" den guten alten, höchst unikalen Landis-Humor wiederfinden, die duften Gastauftritte von Jeff Morris (der Bob von "Bobs Country Bunker") und Jake Steinfeld oder den Regie-Kollegen Randal Kleiser und Stuart Gordon beim Flachwitzreißen anhimmeln und deinen ausnehmend guten Frauengeschmack teilen. Gut, mit den (Alb-)Traum-Sequenzen hast du es vielleicht ein wenig zu gut gemeint, aber andererseits gehört die maßlose Übertreibung ja auch zu deinem speziellen humoristischen Arsenal und ist deswegen ein Obligatorium.
Ich habe jedenfalls just mal wieder überprüfen können, warum du einer meiner ewigen Lieblingsfilmemacher bist und verbleibe in aufrichtiger Zuneigung und Dankbarkeit,

Dein Funxton

8/10

Los Angeles Taranteenie Farce John Landis Hollywood Ensemblefilm


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BEHOLD A PALE HORSE (Fred Zinnemann/USA 1964)


"What difference does it make?"

Behold A Pale Horse (Deine Zeit ist um) ~ USA 1964
Directed By: Fred Zinnemann

Gute zwanzig Jahre nach seiner Kapitulation und der Zwangs-Emigrierung über die Grenze nach Frankreich findet sich der legendäre Rebell Manuel Artiguez (Gregory Peck) vom Altwerden bedroht. Erst die Ankunft des Jungen Paco (Marietto), dessen Vater von den Franquisten umgebracht wurde, weil er Manuels Versteck nicht preisgeben wollte, bringt wieder Bewegung in das Leben des früheren Recken. Obwohl der weiß, dass jenseits der Grenze, in San Martín, sein alter Feind Viñolas (Anthony Quinn) und damit zwangsläufig der Tod auf ihn wartet, entschließt sich Manuel zu einer letzten Mission, um einen ungeliebten Verräter (Raymond Pellegrin) seiner gerehten Strafe zuzuführen...

Tolles Spätwerk von Fred Zinnemann, das sich eng an den europäischen Realismus schmiegt, auf Farbe und Breitwand pfeift und eine für seine Entstehungszeit ebenso karg wie dicht gestaltete Bilderwelt entwirft. Nichts ist mehr zu spüren von dem großatmigen Flair der lokal anverwandten Hemingway-Verfilmungen und auch auf äußere Aktion verzichtet der auf einem semibiographischen Roman von Eneric Pressburger basierende Film fast völlig. Die größte Gewalt liegt vermutlich in seinem etwas irreführenden Titel: "Behold A Pale Horse" beginnt prologisch mit den berühmten Zeilen aus der Offenbarung des Johannes, "and I looked, and behold a pale horse: and his name that sat on him was Death, and Hell followed with him....", die schon ein Gewitter der Vergeltung befürchten lassen. Stattdessen entpuppt die Geschichte sich jedoch eher als die Geschichte einer späten Sühne, einer Art längst überfälliger Friedensabmachung des Protagonisten mit sich selbst. Gregory Peck ist einfach nur toll als knarziger Guerillero, der in seiner kleinen Dachkaschemme längst Patina angesetzt hat und nochmal "raus muss", bevor seine Knochen nicht mehr wollen. Ein letztes Mal wird seine alte Wut entfesselt und man ahnt: dafür ist der Mann tief dankbar, wenn auch um den Preis seines Lebens.

9/10

Fred Zinnemann Emeric Pressburger Spanischer Bürgerkrieg Franquismus Kirche


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THE SAND PEBBLES (Robert Wise/USA 1966)


"Hello, Engine; I'm Jake Holman."

The Sand Pebbles (Kanonenboot am Yangtse-Kiang) ~ USA 1966
Directed By: Robert Wise

China, 1926: Die verworrene politische Situation im Reich der Mitte ebnet dem Nationalisten Chiang Kai-shek den Weg, während den ausländischen Kräften im Land zunehmendes Misstrauen entgegenschlägt. Vor diesem Hintergrund wird der Maschinist Jake Holman (Steve McQueen) auf das auf dem Yangtse kreuzende Kanonenboot 'San Pablo' versetzt. Es dauert nicht lang, bis der misstrauische Holman die eigenwilligen hierarchischen Strukturen um die Besatzung durchschaut; dennoch gewinnt er einige wenige gute Freunde, darunter den Kuli Po-han (Mako) und den warmherzigen Frenchy (Richard Attenborough). Selbst mit dem linientreuen, aber gerechten Captain (Richard Crenna) kommt Holman aus. Dennoch wird die äußere Situation weiter zunehmend brenzlig, bis den Amerikanern allerorten offener Hass entgegenschlägt und die Evakuierung einer Mission flussaufwärts nurmehr unter schweren Verlusten zu bewerkstelligen ist.

Eines der besonders flamboyanten Beispiele für das sterbende Studiokino der Sechziger: Aufwändig, überlang, gehalten in der klassischen Struktur mit Ouvertüre und Intermission berichtet "The Sand Pebbles" von historischen Dramen vor exotischem Hintergrund. Eine feine Besetzung mit ein paar Stars und Newcomern (die als hero's love interest zu sehende Candice Bergen etwa stand gerade am Anfang ihrer Karriere) transportiert die zwischenmenschlichen Tragödien, die Jake Holman jeweils nur Momente des Glücks bescheren, bevor seine Freunde nach und nach irgendwelchen Schicksalsschlägen zum Opfer fallen. Man staunt und lässt sich all das gern gefallen; wirklich mitreißend wie etwa bei David Leans großen Leinwand-Opern ist es aber nie. Und genau aus dieser Tatsache heraus erklärt sich gleichermaßen auch der Niedergang des alten Hollywood, das man in einigen älteren Produktionen Wises ohnedies bereits überkommen wähnte: Trotz Überambition, höchster Professionalität und altbekannter Qualitäten scherte es einfach niemanden mehr, was da auf der Leinwand vor sich ging; trug es sich doch schlicht allzu fernab der bitteren Lebenswirklichkeit zu und bot einen pathetischen Eskapismus, den kaum mehr jemand aus der jungen Generation zu schlucken bereit war. Dieses Misstrauen in die eigene Gestalt, und parallel dazu die Angst davor, luziden Größenwahn wie in den Bronston-Produktionen abzuliefern, merkt man dem hier und da allzu verhaltenen "The Sand Pebbles" deutlich an. Entsprechend zwiespältig ist er, überwiegend positiver Tendenzen zum Trotze.

7/10

Robert Wise China period piece Freundschaft


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DEF-CON 4 (Paul Donovan/CA 1985)


"I'm sorry, Jordan."

Def-Con 4 ~ CA 1985
Directed By: Paul Donovan

Während ihrer Geheimmission auf einem mit Atombomben bestückten Satelliten im Orbit erfahren die drei Astronauten Howe (Tim Choate), Walker (John Walsch) und Jordan (Kate Lynch), dass auf der Erde ein Atomkrieg ausgebrochen ist. Zwei Monate später landen sie mitten in der Ödenei. Walker wird sogleich das Opfer von Kannibalen und Howe versucht, Hilfe zu organisieren. Dabei stößt er zunächst auf den Einzelgänger Vinny (Maury Chaykin) und später auf den wahnsinnigen Offizierssohn Hayes (Kevin King), der sich zum Despoten aufspielt einen kleinen Hofstaat aus Militärs und Gefolgsleuten errichtet hat. Hayes besitzt außerdem die Koordinaten zu einem unverseuchten Fleckchen Erde, das nurmehr über den Seeweg zu erreichen ist und plant, sich abzusetzen. Zuvor jedoch sollen Howe, Jordan und Vinny noch massenwirksam exekutiert werden...

Kanadisches Endzeit-Kleinod aus den Achtzigern, mit billigen Mitteln produziert, dabei jedoch deutlich klüger, eigenwilliger und stilsicherer inszeniert als die meisten zeitgleich erschienenen Gattungsgenossen, die ja in erster Linie als mehr oder weniger deutliche "Mad Max"-Epigonen durchgehen. Bei "Def-Con 4" fühlt man sich jedoch rein atmosphärisch eher an die postapokalyptischen Dystopien der frühen Siebziger erinnert, trotz diverser, nicht zu leugnender Zugeständnisse an den Zeitgeist. Die unangenehme Gefühle und Ängste angesichts des aus der Distanz betrachteten, atomar hervorgerufenen Zivilisationsendes mit all seinen schrecklichen Para- und Post- Erscheinungen schürt Robinsons Film in nicht zu unterschätzender Weise. Freilich muss man einräumen, dass der Film hier und da auch recht zerfahren wirkt - die imdb listet drei beteiligte Regisseure (darunter den in Genrekreisen recht bekannten Tony Randel), was diesen Effekt zumindest etwaig erklären könnte. Andererseits hinterlassen die zuweilen abrupt erscheinenden narrativen Wendungen zugleich den nach meinem Dafürhalten wiederum positiv zu wertenden Eindruck der Eigenwilligkeit.

6/10

Dystopie Kalter Krieg Paul Donovan Apokalypse Atombombe WWIII Kannibalismus


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MR. DEEDS GOES TO TOWN (Frank Capra/USA 1936)


"You are not only sane, but you're the sanest man that ever walked into this courtroom!"

Mr. Deeds Goes To Town (Mr. Deeds Goes To Town) ~ USA 1936
Directed By: Frank Capra

Das bodenständige, bei jeder Gelegenheit an den "gesunden Menschenverstand" appellierende Landei Longfellow Deeds (Gary Cooper) erbt unerwartet einen gigantischen Millionenbetrag und muss zu Verwaltungszwecken erstmal aus seiner beschaulichen Heimatstadt Mandrake Falls nach New York. Hier fangen sogleich die Probleme an: Gierige Anwälte, Erbschleicher, Schnorrer und Journalisten verfolgen den prompt als Kindisch und naiv verschrieenen Deeds überall hin. Als er die Wahrheit über die verdeckt arbeitende Reporterin Babe Bennett (Jean Arthur), die sich an ihn rangemacht und dann verächtliche Storys über ihn geschrieben hat, erfährt, ist Deeds schwer betrübt. Er beschließt, sein Vermögen gerecht an zweitausend mittellose Farmer umzuverteilen, damit diese eine neue Existenz gründen können. Die Folge: Deeds wird vor Gericht zitiert, um auf seinen Geisteszustand hin überprüft zu werden.

Und gleich noch mein Lieblings-Capra hinterher. "It Happened One Night" mag der Romantischste sein, "It's A Wonderful Life" der Schönste, "Mr. Smith Goes To Washington" der Leidenschaftlichste. Aber keiner vereint all diese Attribute so erfolgreich und öffnet Capras Weltanschauung selbst für frühkindliches Verständnis in solch vollkommener, luzider Weise wie es bei "Mr. Deeds Goes To Town" der Fall ist. Außerdem hat keiner der anderen Gary Cooper, der trat dann später dafür nochmal in "Here Is John Doe" für Capra an. Trotz dieser kleinen, heutzutage womöglich geradezu ekelhaft erscheinenden Szene, in der Deeds vor Grants Grabmal steht und angesichts dessen Biografie sinniert: "Such things only happen in America!" (man muss natürlich den Zeitkontext in Betracht ziehen, um zu erkennen, wie ernst gemeint diese Worte tatsächlich sind) ist "Mr. Deeds" rote Politisierung in höchster Vollendung. Nichts weniger als Sozialismus und Vermögensumverteilung wird hier gepredigt vor der berechtigten Frage: 'Wofür brauche ich soviel Geld, während andere hungern?' Dass die Anzugträger angesichts dieser so revolutionären wie naheliegenden und zugleich unmöglichen Idee einen politischen Erdrutsch befürchten und Deeds in ihrer Panik flugs unterstellen, geisteskrank zu sein, passt wie die Faust aufs Auge. Eine solch grandiose Finanzsatire kam erst knapp fünfzig Jahre später mit Landis' "Trading Places" wieder ans Tageslicht. Doch "Mr. Deeds" hat noch weitaus mehr zu bieten: Eine schöne Romanze zwischen der Arthur und Cooper beispielsweise (die kurz darauf in DeMilles "The Plainsman" fortgesetzt werden sollte), den tollen Lionel Stander als Deeds' ratio recta und einen herrlichen Kurzauftritt von Walter Catlett als versoffenen Schriftsteller, der in der deutschen Fassung (das Originalzitat habe ich leider gerade nicht zur Hand, ist aber auch egal) ankündigt: "Wir machen eine Sause, dagegen wirkt Omar, der versoffene persische Philosoph, wie ein Wassertrinker!" Daraufhin musste ich mir dann wie immer an dieser Stelle erstmal ein Pils aufmachen und dem großen Mr. Capra auf seiner rosaroten Wolke 7 in stillem Gedenken zuprosten.

10/10

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