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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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IT HAPPENED ONE NIGHT (Frank Capra/USA 1934)


"Behold the walls of Jericho!"

It Happened One Night (Es geschah in einer Nacht) ~ USA 1934
Directed By: Frank Capra

Das ebenso verwöhnte wie trotzköpfige Millionärstöchterlein Ellie Andrews (Claudette Colbert) reißt von ihrem Vater (Walter Connolly) aus, da dieser ihr nicht seinen Segen für die kurz bevorstehende Hochzeit mit einem schmierigen Piloten (Jameson Thomas) geben will. So gut wie mittellos macht sich Ellie auf den Weg von Florida nach New York und wählt dazu - ganz unspektakulär - eine Nachtbus-Passage. Dabei wird der windige Reporter Peter Warne (Clark Gable) auf sie aufmerksam und verspricht sich eine profitträchtige Story von Ellies Flucht. Die Liebe jedoch macht beiden einen kräftigen Strich durch ihre Pläne.

Wenn die Tage kurz werden und die Novembernebel wallen, dann sollte man, sofern man nicht gerade an cineastischem diabetes mellitus leidet, sich ein, zwei Capras aus dem Regal greifen, um sein Herz damit nachhaltig etwas anzuwärmen. "It Happened One Night" bildete bekanntermaßen den Durchruch für den amerikanophilen Regisseur und war auch sonst gleich in mehrerlei Hinsicht eine Sensation. Er gewann als erster von bis heute nur drei Filmen die fünf "Hauptoscars" für Film, Regie, Script und Hauptdarsteller und räumte damit in jeder nominierten Kategorie ab. Für die MGM, die ihren Vertragsschauspieler Gable lediglich an die Columbia ausgeliehen hatte, kam dies einem mittleren Skandal gleich. Die als "schwierig" geltende Colbert, sonst bei Paramount daheim, soll den Film anfangs gehasst haben, während Capra sehr von dem Projekt angetan war und in für einen damals tätigen Regisseur ungewohnt löwenhafter Weise für die Realisation des Projekts gekämpft hat. Dass "It Happened One Night" mancherorts als "erste Screwball Comedy" bezeichnet wird, ist derweil natürlich Unsinn.
Erwartungsgemäß sind die allermeisten Lorbeeren für Capras Film als ein Muster seiner Gattung jedoch höchst berechtigt: Eine ebenso sorgfältige wie vielschichtige Charakterzeichnung sowie ein scharfer Blick für die soziale Realität, beides fraglos dem brillanten Drehbuch von Robert Riskin geschuldet, sorgen neben Capras frischer Inszenierung dafür, dass der Film seine Schönheit und Klasse in zeitloser Weise konservieren kann.

9/10

Frank Capra Screwball Road Movie Journalismus Florida New York Bus Great Depression


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THE SUN ALSO RISES (Henry King/USA 1957)


"You don't like Paris?" - "No." - "Why don't you go somewhere else?" - "There isn't anywhere else."

The Sun Also Rises (Zwischen Madrid und Paris) ~ USA 1957
Directed By: Henry King

Der im Paris der zwanziger Jahre tätige, infolge einer Kriegsverletzung impotente Journalist Jake Barnes (Tyrone Power) hängt seiner alten Liebe Brett Ashley (Ava Gardner) nach, die es wegen seiner mangelnden koitalen Möglichkeiten nicht aushält, bei ihm zu bleiben, obschon sie ebenso für ihn empfindet. Ihre aktuelle Eroberung ist der schottische Ex-Millionär Mike Campbell (Errol Flynn) und auch Jakes Freund Robert (Mel Ferrer) verkuckt sich heftig in Brett. Geminsam mit dem lustigen Lebemann Bill Gordon (Eddie Albert) reist das Quartett nach Pamplona, um dort zu feiern und die alljährlich stattfindenden Stierkämpfe zu beobachten. Doch hier wartet bereits Bretts nächster Liebhaber in Person eines Nachwuchs-Matadors (Robert Evans)...

Kings nächste Hemingway-Adaption, diesmal in Scope und noch ausgewalzteren Farben, ist ein Film ganz nach meinem Gusto. Wie schon in "The Snows Of Kilimanjaro" passiert im Prinzip nämlich, abgesehen von ein paar amourösen Verwicklungen und Eifersüchteleien hier und da, die wieder mal allesamt um die Gardner kreisen, nur recht wenig über die nicht eben kurze Distanz des Films. Außer, das zünftig gesoffen wird. Besonders Flynn und Albert, die Arm in Arm mit ihren Weinschläuchen durch Pamplona torkeln, machen "The Sun Also Rises" zu einem richtig guten Kumpel von Film, wie überhaupt die konsequente Dekonstruktion der beiden in die Jahre gekommenen swashbuckler Power und Flynn ausnehmend gut gefällt. Power als impotenter, innerlich verzweifelter Kriegsveteran, der einen Boxkampf haushoch verliert und Flynn, dem zu dieser Zeit bereits sein ausgesprochen ungesunder Lebenswandel in die Kiemen gekrochen war und der somit vermutlich bloß sich selbst zu spielen hatte, sind einfach nur toll. Die anarchische Leichtigkeit und Würde des nicht mehr ganz jungen Lebemannes bringt das Werk auf eine fast schon untypisch unverschämte Weise für das Studiokino dieser Jahre an sein Publikum.
Nicht nur eine der besten Hemingway-Adaptionen überhaupt kam dabei heraus, sondern vielleicht auch der schönste Film seines arbeitsamen Regisseurs.

9/10

WWI Stierkampf Bohème Spanien Paris Ernest Hemingway Henry King period piece Alkohol


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THE SNOWS OF KILIMANJARO (Henry King/USA 1952)


"A man should never lose his hand at hunting."

The Snows Of Kilimanjaro (Schnee am Kilimandscharo) ~ USA 1952
Directed By: Henry King

Der zynische Bestsellerautor und Großwilfjäger Harry Street (Gregory Peck) liegt am Fuße des Kilimandscharo im Sterben. Er hat sich eine Wundinfektion zugezogen, ist zu schwach, um zu Fuß transportiert zu werden und das rettende Flugzeug ist seit Tagen überfällig. Unter der Pflege seiner Frau Helen (Susan Hayward) lässt Harry sein Leben Revue passieren und kommt zu dem quälenden, resümierenden Schluss, dass es einerlei ist, ob er weiterlebt oder stirbt. Erst Helens aufopfernde Liebe spendet ihm neuen Lebensmut.

Kings erste Liebäugelei mit Hemingway, einer seiner vielen Filme mit Gregory Peck und ein aufreizend süffiges Melodrama, das einmal mehr eine vom Erdboden losgelöst schwebende Ava Gardner zeigt, die wie das Licht von Motten in Form von sich verzehrenden Galanen umschwirrt wird. Wie so häufig in ihren Rollen als gleichermaßen liebenswertes und verdorbenes Frauenzimmer zieht sie irgendwann mit einem feurigen Spanier ab, nur um dann irgendwann als um eine schmerzliche Erfahrung reicheres Häuflein Elend wieder zu ihrer Lebensliebe zurückgekrochen zu kommen. Diesen in der Regel undankbaren Part pflegt Peck als alter ego Hemingways; einst von unersättlichem Lebenshunger getrieben und nunmehr zerfließend in Selbstmitleid. Daheim unter den Pariser Bohèmiens, zwischen Schreibmaschine und Rotweinflasche und sowieso im Afrika der Kolonialisten und Safaris. Dabei ist es so essenziell (und existenziell), das Gefühl, wiedergeliebt zu werden, wo der Zynismus schleichend die Überhand zu gewinnen droht und wo Hemingway seinem Helden keine Rettung gönnt und seine Fieberträume ihn schließlich übermannen lässt, da reicht Hollywood uns die Hand. Ob man diese dankend ergreifen und sich leiten lassen mag, ist gottseidank freigestellt; ich tu's regelmäßig wieder gern in diesem Fall.

8/10

Henry King Ernest Hemingway Afrika Paris Spanien Spanischer Bürgerkrieg Biopic Bohème period piece


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BLINDMAN (Ferdinando Baldi/I, USA 1971)


Zitat entfällt.

Blindman ~ I/USA 1971
Directed By: Ferdinando Baldi

Ein blinder Glücksritter (Tony Anthony), der fünfzig künftige Ehefrauen zu den Arbeitern einer texanischen Minengesellschaft eskortieren soll, wird von seinen Kompagnons übers Ohr gehauen. Doch der Blinde ist alles andere als ungeschickt im Umgang mit Schusswaffen und Sprengstoffen und besitzt zudem eine hervorragende Spürnase, die ihn geradewegs zum Enteigner seiner "Ware" führt: Dem Gangsterboss Domingo (Lloyd Battista), der zusammen mit seinem Bruder Candy (Ringo Star) und seiner Schwester Margherita (Marisa Solinas) in Mexiko krumme Geschäfte treibt.

Wie sehr Baldi an seinen Aufgaben gewachsen ist, das zeigt dieser ebenso verrückte wie gelungene späte Italowestern, der sich von der von Spencer & Hill angefeuerten Spaßwelle allerhöchstens minimal hat anstecken lassen und stattdessen nochmal ein knüppelhartes Abschiedsgeschenk des Genres vollbringt, bevor Baldi und sein Kollege Tony Anthony dann erst ein paar richtig durchgedrehte Machwerke vom Stapel ließen.
"Blindman", der im Zuge einer ihrer raren Kinovorstöße von Allen Kleins ABKCO mitproduziert wurde (was auch die Mitwirkung des Ex-Beatles-Drummers Ringo Starr erklärt), präsentiert jedoch noch goldenes Handwerk; einen hübsch charakteristischen, gehandicapten Helden, der trotz kleinerer Rückschläge hier und da stets am längeren Hebel sitzt und dessen bisweilen durchschimmernde Naivität sowieso bloß gespielt ist, weil er im Grunde nicht das Glück in Form von Reichtum, sondern von Abenteuern sucht.
Toller Film, der immer noch dazugewinnt, je öfter man ihn schaut.

8/10

Ferdinando Baldi Mexiko Italowestern


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IL PISTOLERO DELL'AVE MARIA (Ferdinando Baldi/I, E 1969)


Zitat entfällt.

Il Pistolero Dell'Ave Maria (Seine Kugeln pfeifen das Todeslied) ~ I/E 1969
Directed By: Ferdinando Baldi

Mexiko, in den frühen 1860ern: Der Landknecht Rafael (Pietro Martellanza) hat nur Eines im Sinn: Endlich Sebastian (Leonard Mann), den Bruder seiner geliebten Isabella (Pilar Velázquez) ausfindig zu machen und diesen zur Blutrache an seiner Mutter (Luciana Paluzzi) und deren Liebhaber (Alberto De Mendoza) zu animieren. Das schändliche Paar hat nämlich den Vater (José Suárez) der beiden auf dem Gewissen, kaum, dass dieser aus dem Kriege heimgekehrt war. Vor Sebastian und Isabella liegen jedoch noch einige ungeheure Enthüllungen, bevor sie ihre Rache bekommen.

Diesen Western inszeniert Baldi mit dem großen Odem antiker griechischer Tragödie: Spuren von Aischylos' und Euripides' "Orestie" finden sich; der vertriebene, halbverwaiste Caballero, dem die schrecklichen Kindheitserlebnisse eine Amnesie verabreicht haben und der erst wieder zu sich finden muss, um für sein Recht einzustehen; der brüderliche Freund und die Liebe zur Schwester des Ersteren, schließlich familiäre Enthüllungen und der latente Verdacht auf inzestuöse Verwicklungen, wobei einige Entwicklungen davon ziemlich verwildert und unscharf über das klassische Format hinausschießen. Recht starker Tobak zudem für einen Film und ganz nebenbei dem ein paar Jahre älteren "Texas, Addio" nicht sonderlich unähnlich. Dennoch einer der besseren Spaghetti-Western, da mit einiger Chuzpe und Stil gemacht, eine gewisse Ernsthaftigkeit und somit auch eine besondere Seriosität wahrend und über eine erstklassige Musik von Roberto Pregadio mit hohem Wiedererkennungswert verfügend.

7/10

Rache Mexiko Ferdinando Baldi Familie Italowestern


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ODIA IL PROSSIMO TUO (Ferdinando Baldi/I 1968)


Zitat entfällt.

Odia Il Prossimo Tuo (Hasse deinen Nächsten) ~ I 1968
Directed By: Ferdinando Baldi

Weil er den Lageplan einer Goldmine besitzt, muss Pat Dakota (Claudio Castellani) mitsamt seiner Frau sterben. Übrig bleiben nur sein kleiner Sohn und und Pats Bruder Ken (Spiros Focás), der alles daran setzt, die Mörder zur Strecke zu bringen. Diese findet er mit der Hilfe des Bestattungsunternehmers Duke (Roberto Risso) in den Personen des habgierigen Gary Stevens (George Eastman) und des sadistischen Chris Malone (Horst Frank).

Ungelenk inszeniert und mit einem Minimalbudget versehen dürfte dies der schwächste Western aus Baldis Feder sein, daran ändert selbst die klassische Besetzung nebst der hübschen Nicoletta Macchiavelli nichts. Für seine Produzenten dürfte "Odia Il Prossimo Tuo" sowieso von vornherein die Funktion eines Abschreibungsobjektes erfüllt haben, denn seine mangelnde Ambition trieft dem Film aus jeder Pore. Die set pieces sehen teilweise aus wie bei uns im Hünxer Staatsforst abgefilmt, was der Ausweisung des Streifens als in Mexiko spielender Western leider nicht eben zugute kommt. Das kleine Bisschen Erwärmungsmotivation, das sich für Baldis Film aufbringen lässt, ist wirklich nur den Schauspielern zu verdanken, die, wenn sie die oben genannten, klangvollen Namen tragen, zu sehen grundsätzlich immer ein wenig Freude bereitet. Ansonsten ist dieser leidlich spannende kleine, blutarme Trasher bestenfalls etwas für Komplettisten.

4/10

Ferdinando Baldi Italowestern Mexiko Rache


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UOMINI SI NASCE POLIZIOTTI SI MUORE (Ruggero Deodato/I 1976)


Zitat entfällt.

Uomini Si Nasce Poliziotti Si Muore (Eiskalte Typen auf heißen Öfen) ~ I 1976
Directed By: Ruggero Deodato

Die beiden einer Spezialeinheit angehörenden Polizisten Fred (Marc Porel) und Tony (Ray Lovelock) schießen grundsätzlich erst, bevor sie fragen. Jeder Gewaltverbrecher, der ihnen in die Finger kommt, wird kurzerhand vor Ort abgeurteilt und erledigt. Der Gangsterboss Pasquini (Renato Salvatori) jedoch entpuppt sich als härtere Nuss als die beiden gewohnt sind - gut, dass ihr väterlicher Chef (Adolfo Celi) ein wachsames Auge auf sie hat.

"Uomini Si Nasce Poliziotti Si Muore" ist genau das, was man in Ermangelung komparativen Vokabulars so gern als "Wahnsinn auf Stelzen" bezeichnet: Ein absolut rückhaltloser Bastard von einem Film, der nicht nur zynisch und beiläufig gewaltverliebt bis in die Haarspitzen ist und den Poliziottesco sozusagen bis auf die letzte denkbare Konsequenz herunterschält, sondern auch noch das Männlichkeitsbild des mediterranen maschillista böse ad absurdum führt. Wie jedes Genre hat ja auch der Actionfilm seine mehr oder weniger verhüllten Schwulenepen und Deodatos Film führt jene Liste ganz weit vorne mit an. Fred und Tony machen alles zusammen, heizen stets gemeinsam und eng umschlungen auf einer Enduro durch Roms Straßen (wobei Tony stets den Sozius belegt), hausen zusammen in einer Wohnung wie ein altes Ehepaar und baggern zum Schein die Sekretärin des Chefs mit schmierigen Sprüchen an. Als sich ihnen eine dralle blonde Nymphomanin (Sofia Dionisio) feilbietet, über die sie beide in geradezu verpflichteter Weise rüberrutschen, scheinen sie im Nachhinein eher angewidert denn glücklich und erledigen den "Job" im Prinzip sowieso nur, um ihrem Erzfeind Pasquini eins auszuwischen - die Begattete ist nämlich dessen Tochter. Ich weiß nicht, ob die zwei Süßen ein wenig an "Starsky & Hutch" gemahnen sollten, in jedem Fall ist dies bislang der erste und einzige (tatsächlich nicht nur latent) schwule Poliziottesco, den ich kennenlernen durfte. Eine ziemlich spezielle Erfahrung...

7/10

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LEIDENSCHAFTLICHE BLÜMCHEN (André Farwagi/BRD 1978)


"Jestatten, Carlos. Hundert Prozent Spanier. Ick bin jeboren in Berlin!"

Leidenschaftliche Blümchen ~ BRD 1978
Directed By: André Farwagi

Schweiz, 1958: Im Internat "St. Clara" für Töchter gehobener Familien haben es einige der jungen Damen faustdick hinter den Ohren - oder besser: unterm Rock, denn das Einzige, was ihnen durch den Kopf spukt, ist die möglichst baldige Defloration. Als die Amerikanerin Debbie Collins (Nastassja Kinski) nach St. Clara kommt, wird der Laden ordentlich aufgemischt. Nicht nur, dass Debbie ein äußerst kesses Gör ist, sie stiftet ihre neuen Freundinnen auch noch mit der blitzgescheiten Idee an, ein hauseigenes Bordell zu eröffnen, in dem die Herren des benachbarten Jungeninternats verkehren sollen. Spaß und Kommerz soll eine flotte Verbindung eingehen. Dummerweise geht nahezu jedes Tête-à-Tête böse in die Hose. Immerhin findet Debbie ihre große Liebe (Gerry Sundquist).

Habe ich mir gekauft in der voyeuristischen Hoffnung, ein paar gezielte Blicke auf den biegsamen Leib der jungen Nastassja Kinski werfen zu können - für mich immer noch ein absolut ätherisches Symbol formvollendeter Weiblichkeit. Diese Rechnung ging leider nur zu Teilen auf, denn "Leidenschaftliche Blümchen ist weit weniger schmierig, als Titel und Thema es vermuten lassen. Tatsächlich hat das Ganze eher ein naives Flair von "Hanni und Nanni als Puffmütter" und versteht sich als ein flockiges Sittenbild wider die knauserige Prüderie der Nachkriegsära. Die Zielgruppe ist denn wohl auch tatsächlich eher "Bravo"-Leserinnen zu suchen denn beim steifen (ähem) Trenchcoat-Senioren. Dennoch lässt David Hamilton hier und da kurz mal grüßen.
Ob man das toll finden kann, sei mal dahingestellt - ich mag's dann doch lieber ein bisschen derber in Sprache und Gestus. Dennoch gibt es hier und da ein paar lustige Stellen, die zumeist dem feisten Stefano D'Amato zu verdanken sind, dessen komische Auftitte (natürlich mit der Synchronstimme Joachim Tennstedts, der zumeist auch auf Zachi Noy besetzt wurde) dem recht biederen Schwank eine gute Portion Auflockerung spendieren. Ansonsten mag man Verzicht üben - die Bilder der schönen Nasti haben's für mich persönlich aber zumindest noch halbwegs ansehnlich gemacht.

4/10

Sexualität André Farwagi Schweiz Internat period piece Schule Coming of Age Teenager


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OLIVER TWIST (David Lean/UK 1948)


"Where is this audacious young savage?"

Oliver Twist ~ UK 1948
Directed By: David Lean

Die frühen, turbulenten Lebensjahre des Waisenknaben Oliver Twist (John Howard Davies), geboren von einer im Kindbett verstorbenen, gehetzten jungen Mutter, aufgewachsen unter existenzverspottenden Umständen in einem düsteren Waisenstift, als billige Arbeitskraft missbraucht von einem Sargmacher (Gibb McLaughlin), schließlich nach London geflüchtet, dort unter die Fittiche des raffgierigen Gauners und Seelenverkäufers Fagin (Alec Guinness) genommen um nach einigen Verwicklungen, die ihn mehrfach bald das Leben kosten, endlich in die Obhut seines lieben Großvaters (Henry Stephenson) zu gelangen.

Leans zweite Dickens-Verfilmung ist noch formvollendeter als die erste und wäre nicht jener spezielle mystische Touch, der "Great Expectations" so auszeichnet und der ganz besonders dessen Kinoqualitäten untermauert, dieser mehr als ebenbürtig. So bleibt das mitreißende, bildgewaltige Epos einer Kindheit, deren schicksalhafte Wendungen in einer Zeit, die Kinder erwiesenermaßen hasste, das eine ums andere Mal zu tiefster Betrübnis anhalten, ganz so, wie es bereits Dickens' epochale Geschichte vollbringt. Bekanntermaßen ist diese ein Meilenstein humanistischer LIteratur und David Lean, lebenslanger Kompositeur schmuckster Leinwand-Grandezza, rettet sie nahezu verlustfrei in sein Medium hinüber. Von der denkwürdigen, berühmten Guinness-Darstellung des Fagin bis hin zu Bill Sikes' (Robert Newton) unglückseliger Promenadentöle durchleidet man samt und sonders sämtliche Figurenschicksale, etwas, das lediglich ganz große Tragödieninszenierer wie eben dieser Brite so gewinnend zum Leben zu erwecken vermögen.
Ein Hochgenuss, selbst für härteste Kerle nur in Verbindung mit inflationärem Herzschmerz zu verdauen!

10/10

David Lean Charles Dickens London period piece


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GREAT EXPECTATIONS (David Lean/UK 1946)


"In becoming a gentleman, I had only succeeded in becoming a snob."

Great Expectations (Geheimnisvolle Erbschaft) ~ UK 1946
Directed By: David Lean

Der junge Pip (Tony Wager), Ziehsohn seiner älteren Schwester (Freda Jackson) und ihres Angetrauten, eines Schmieds (Bernard Miles), erlebt während seiner Kindheit im Moor bei Kent Seltsames: Einmal hilft er einem entflohenen Sträfling (Finlay Currie) mit Essen und einer Feile, später muss er der seltsamen alten dame Miss Havisham (Marita Hunt) zu Diensten sein, indem er mit ihrer hochmütigen Adoptivtochter Estella (Jean Simmons) spielt. Mit 15 wird Pip (John Mills) dann eine beträchtliche Monatsrente zuteil, die ihm ein anonymer Gönner über den Anwalt Jaggers (Francis L. Sullivan) ausbezahlen lässt. In London zu einem Dandy herangreift, begegnen ihm bald sämtliche schicksalhaften Personen aus seiner Kindheit wieder - und entpuppen sich dabei zumeist als genau gegenteilig zu Pips Erinnerungen...

Leans großartige Adaption von Dickens' noch großartigerem Entwicklungsroman sollte jedem, der viktorianische Schauerromantik in Verbindung mit expressionistischer Bildsprache liebt, ein Begriff sein. Zwar reduziert Leans Film etwas die inhaltliche Komplexität der Vorlage; ihr Geist und Nukleus bleiben dafür jedoch umso kristalliner erhalten. Um die Streiche, die unsere kindliche Wahrnehmung uns spielt, geht es, und um die charakterlichen Verpuppungsstadien, die ein Mensch auf dem Wege zur Ausbildung einer halbwegs standhaften Persönlichkeit durchzustehen hat. Um darum natürlich, dass die erste große Liebe im Grunde auch immer die einzige bleibt. Vom schüchternen, murmeläugigen Jungen über den braven Lehrling bin hin zum arroganten Verschwender reicht Pips Karriere, jeweils gesteuert von mysteriöser, unbekannter Hand. Lean begleitet den liebenswerten John Mills bei seiner Seelenfindung und verfolgt dabei exakt Dickens' Linie: Pip zu einem Vertrauten des Lesers zu machen, der im Bestfall sogar zu seinem spiegelbildlichen Gegenüber avanciert.

9/10

London Sumpf David Lean Charles Dickens period piece Biopic Haus Coming of Age





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Funxton

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