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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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CHATO'S LAND (Michael Winner/USA 1972)


"Hell, it was a good war."

Chato's Land ~ USA 1972
Directed By: Michael Winner


Der Mestize Chato (Charles Bronson) erschießt in Notwehr einen großmäuligen Kleinstadtsheriff (Rudy Ugland) in New Mexico. Für die aufgebrachten Bürger der Stadt, allen voran den vor sich hin vegetierenden Kriegsveteranen Whitmore (Jack Palance), eine willkommene Gelegenheit für eine zutiefst rassistisch motivierte Menschenjagd. Zwar ist Chato der schlussendlich dreizehn Männer umfassenden Gruppe im offenen Gelände haushoch überlegen, doch die Häscher entdecken die Hütte des Halbbluts, vergewaltigen seine Frau (Sonia Ragan) und lynchen einen Stammesbruder (Luis Amarilla). Chato übt grausame Rache an seinen Verfolgern.

Die unglaubliche Ökonomie und Kargheit, mit der Winner seinen unerbittlichen Rachewestern inszeniert, ringt mir jedes Mal, da ich ihn wiedersehe, aufs Neue ein offenmündiges Staunen ab. Noch mehr als im ganz ähnlich motivierten, zwei Jahre später entstandenen Vigilantendrama "Death Wish" untersucht "Chato's Land" die Abgründe menschlicher Charakterzüge im Angesicht extremer Situationen und legt eine Figurenpalette vor, die fast ausschließlich hassens- oder bemitleidenswerte Männer umfasst. Bis auf zwei Jäger, die das große Glück haben, gleich zu Beginn wegen ihrer Unfähigkeit wieder nach Hause gehen zu können, werden sämtliche von Chatos selbst ernannten, anfänglich vor Arroganz und Überheblichkeit nur so strotzenden Jägern entweder von ihrem beinahe mystifiziert gezeichneten Antagonisten erledigt oder bringen sich gegenseitig um. Eigentlich geht es dabei weniger um den wie oben bereits angemerkt metahuman dargestellten Chato, sondern um den von einem großartigen Jack Palance gespielten, traurigen und ausgehöhlten Bürgerkriegsveteranen Captain Quincey. Erwartet man zunächst, dass er der Kapitän Ahab der Gruppe ist, wendet sich das Blatt bald - die historische Zeit für noch fanatischere Aktionisten bricht an. Besonders faszinierend erscheint mir in diesem Zusammenhang der Einsatz von Richard Basehart, der in John Hustons bravouröser "Moby Dick" - Adaption den Ich-Erzähler Ishmael spielte. Sein Part als treuer, letztlich harmloser Beobachter Nye Buell versteht sich praktisch als eine Analogie zu Melvilles Ich-Erzähler, wie die gesamte Fabel um "Chato's Land" mehr als viel von Melville besitzt - ein Film, einem dämonisch-bedrohlichen Donnergrollen gleich.

9/10

Michael Winner Rache Menschenjagd


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BROKEN TRAIL (Walter Hill/USA 2006)


"We're all travelers in this world. From the sweet grass to the packing house. Birth 'til death. We travel between the eternities."

Broken Trail ~ USA 2006
Directed By: Walter Hill


Im Jahre 1898 treiben Prentice "Print" Ritter (Robert Duvall) und sein Neffe Tom Harte (Thomas Haden Church) eine große Herde Mustangs von Oregon nach Wyoming, um sie dort für den späteren Einsatz in der britischen Armee zu verkaufen. Unterwegs geraten sie an den üblen Menschenhändler Billy Fender (James Russo), der fünf just nach San Francisco verschiffte chinesische Jungfrauen für die Puffmutter Big Rump Kate (Rusty Schwimmer) nach dem Minenstädtchen Caboo City bringen soll. Fender jedoch kann die kleptomanischen Finger nicht bei sich behalten und baumelt bald an einem Strick. Nun müssen Print, Tom und der mittlerweile ebenfalls hinzugestoßene Tagelöhner Gilpin (Scott Cooper) die Obhut für die fünf Asiatinnen, die kein Wort Englisch sprechen, übernehmen. Als Big Rump Kate vom heldenhaften Auftritt der Cowboys erfährt, reagiert sie jedoch ziemlich ungehalten und schickt ihnen den üblen Pferdedieb und Killer Big Ears (Chris Mulkey) auf den Hals.

"Broken Trail", Walter Hills bislang letzte, als Zweiteiler für das Fernsehen konzipierte Regiearbeit, muss wohl zu den schönsten und geschlossensten Arbeiten des Regisseurs gezählt werden. Alles ist hier im Einklang, es scheint, als wandle Hill direkt in John Fords Fußstapfen, habe das Wesen und den Geist des Alten Westens zur Gänze erfasst und wolle nun den Beweis dafür antreten. Der Film schwelgt in einigen der schönsten Landschaftsaufnahmen, die ich je gesehen habe, erklärt die Menschen, zumindest jene, die es verdienen, zu einem unseparierbaren Teil des Landes, hegt einen ungeheuren Respekt für seine Figuren und vermittelt eine emotionale und atmosphärische Ausgeglichenheit, die von dem Hill von vor 30 Jahren nie denkbar gewesen wäre. Trotz seiner stolzen Erzählzeit hält "Broken Trail", besonders durch die großartige Darbietung von Robert Duvall, seine Zuschauer permanent bei Aufmerksamkeit und Interesse. Unglaublicherweise sind gerade die ruhigsten Szenen, nämlich die am abendlichen Lagerfeuer, in denen im Grunde nichts passiert außer aufrichtigen Gesprächen zwischen desillusionierten alten Männern oder vielleicht einem kleinen Tänzchen zum Fidelspiel, Herz und Motor von "Broken Trail". Und noch manches mehr erfährt man über die alten Tage in der Prärie; dass Cowboys nicht nur Karnickel, sondern auch Biskuit mit Marmelade zu verzehren pflegten zum Beispiel, dass die meisten von ihnen durch den permanenten Sattelsitz irgendwann o-beinig wurden, dass es ziemlich unangenehm sein konnte, sich den Arsch mit Salbeiblättern abzuwischen oder das Hofhunde gern die Samenstränge frisch kastrierter Ochsen schlabbern. "Broken Trail" ist Romantizismus und Wahrheit, beides schmerzhaft ehrlich, beides von traumwandlerischer Schönheit.
Dass dieser Film es mit den geringen, notwendigen Modifikationen vielleicht, nicht ins Kino geschafft hat, ist eigentlich ein Skandal.

9/10

Walter Hill Cowboy Wyoming


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HEAVEN'S GATE (Michael Cimino/USA 1980)


"It's getting dangerous to be poor in this country."

Heaven's Gate ~ USA 1980
Directed By: Michael Cimino


Wyoming, 1890: Die wohlhabenden Großrancher von Johnson County beschließen, nachdrücklich gegen den Strom der sich in der Gegend niederlassenden, osteuropäischen Einwanderer vorzugehen, die, mittelos wie sie sind, versuchen, sich dort eine kärgliche Neuexistenz aufzubauen. Als Marshal Averill (Kris Kristofferson), dessen früherer Harvard-Kommilitone Irvine (John Hurt) mit den Ranchern paktiert, von der Sache Wind bekommt, warnt er die slawischstämmigen Bewohner des Städtchens Sweetwater, in dem auch Averills Geliebte, die Hure Ella Watson (Isabelle Huppert), lebt, eindringlich vor den Plänen der Rancher. Jene haben sich nicht nur eine gesetzliche Legitimation ihrer Aktion durch den Präsidenten besorgt, sondern mittlerweile auch eine umfassende Todesliste erstellt und eine fünfzigköpfige Gruppe von Auftragskillern engagiert. Doch die Migranten sind aller Ängste zum Trotz des Flüchtens müde und stellen sich gegen die Rancher und ihre Killerbrigade.

Der "Heaven's Gate" zueigene, filmhistorische Status als eines der größten Kassendebakel überhaupt ist ja legendär. Die Verschwendungssucht und besessene Detailgenauigkeit, mit der Cimino sein Projekt versah, wuchs seinerzeit ins Astronomische, das veranschlagte Budget von sieben Millionen Dollar schnellte im Laufe der Zeit um das sechsfache in die Höhe. Die US-Kritik geleitete die Premiere dann mit Rufmord und -totschlag, was zu einem prompten kommerziellen Absturz führte, der United Artists auf lange Sicht in den Ruin trieb. Selbst später aufgeführte, von Cimino selbst gekürzte Versionen schafften keine Abhilfe. Erst das europäische Feuilleton bescherte "Heaven's Gate" eine kleine Amnestie. Hier erkannte man, dass das selbstgefällige, inszenatorische Gewichse des Regisseurs tatsächlich pure filmische Poesie in der Tradition der Kinoelegien von Lean, Leone, Visconti oder Coppola ist und war auch durchaus nicht gekränkt von der antipatriotischen und zudem von einer stark antikapitalistischen Mentalität geprägten Nestbeschmutzung, die der Film in kompromissloser Weise praktiziert.
Natürlich hatten die Europäer - wie meistens - völlig Recht. Hätte Visconti seinen "Il Gattopardo" auf amerikanischem Boden gemacht, wären ihm wahrscheinlich ganz ähnliche Vorwürfe zuteil worden, wie sie Cimino zu erdulden hatte. Barbarisches Banausentum, Arroganz, Ignoranz, Pack! Gut, dass "Heaven's Gate" kein großflächiger Erfolg werden konnte, hätte den executives von UA eben etwas früher auffallen sollen. Weder betreibt der Film auch nur die geringste Publikumsanbiederung, noch dürfte ihn ein Gros der unbedarfteren Rezipientenschaft überhaupt als zuschauerfreundlich, geschweige denn unterhaltsam empfinden. Cimino und sein dp Vilmos Zsigmond filmen in engelsgeduldig langen Einstellungen Landschaften bei ausschließlich besonderem Tageslicht, lassen gleich zwei große Tanzszenen (davon eine auf Rollschuhen) sich ihren Platz verschaffen und choreographieren waghalsige Massenszenen, die tatsächlich so wirken, als seien sie dokumentarischen Ursprungs. Für "Heaven's Gate" muss man sich freilich Muße und Zeit nehmen, wer aber Kino in seiner pursten Form genießen und nicht bloß zwischenzeitlich ordinärem Eskapismus frönen will, der wird sich von diesem großen Meisterwerk reichhaltig belohnt finden.

10/10

Ethnics Historie period piece Michael Cimino Wyoming Megaflop Cattle War


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THE OUTLAW (Howard Hughes, Howard Hawks/USA 1943)


"The crazier a man is for a woman, the crazier he thinks and the crazier he acts."

The Outlaw (Geächtet) ~ USA 1943
Directed By: Howard Hughes/Howard Hawks


Pat Garrett (Thomas Mitchell), Sheriff in Lincoln County, ist zunächst guter Dinge, als sein alter Freund Doc Holliday (Walter Huston) in der Stadt auftaucht - trotz dessen schlechten Rufs. Die Wiedersehensfreude wird jedoch jäh getrübt, als Doc sich mit dem ebenfalls in Lincoln erscheinenden William Bonney (Jack Buetel) alias Billy The Kid verbrüdert. Zusammen flüchten die beiden Outlaws vor den Gesetzeshütern. Billy wird angeschossen und von Doc seiner Freundin Rio (Jane Russell) zur Pflege übergeben. Ein unglückliche Entscheidung, denn der wesentlich jüngere und attraktivere Billy löst Docs Gunst bei der feurigen Rio ab. Als Garrett die beiden Kriminellen schließlich nacheinander aufspürt, müssen sie zunächst noch zusammen gegen eine Horde Mescaleros bestehen, bevor es Zeit wird für ein paar klärende Worte - und Schüsse.

Ein obskurer, nichtsdestotrotz sehr sehenswerter Versuch des exzentrischen Howard Hughes, selbst einen Film zu inszenieren. Zwar holte sich Hughes Hilfe und Rat bei seinem Freund und Namensvetter Howard Hawks, dieser jedoch stellte sich lediglich für ein paar wenige Szenen zur Verfügung, ließ Hughes dadurch im Endeffekt nonchalant und gekonnt auf die Schnauze fallen und sich somit selbst nachhaltig seine Grenzen vor Augen führen. "The Outlaw", rein historisch betrachtet bereits kompletter Nonsens, strotzt nur so vor technischer Schlampereien und fast als klassisch zu bezeichnender Regiefehler. Diverse Einstellungen wurden in sichtlich billigen Ateliers vor Pappmachéfelsen gefilmt; für einen Western ein garantierter Atmosphärekiller. Der Schnitt ist abenteuerlich, die Musik scheint geradewegs einem Tex-Avery-Cartoon entlehnt. Die Dialoge, wie die gesamte Dramaturgie des Films auch, sind zumeist - wohlwollend gesprochen - 'umständlich'; böse Zungen dürften sie allerdings auch widerspruchslos als klebrig bezeichnen. Als relativ streng gehaltenes Vier-Personen-Stück bietet die Story eigentlich eine Menge dramtisches Potenzial, das jedoch komplett im Sande verläuft, da wirkliche Dynamik oder gar Spannung unter den Charakteren zu keiner Sekunde aufkommen wollen. Buetel gefiel sich offenbar als hoffnungslos-eitler Geck, Huston wirkt permanent, als durchlebe er gerade einen kalten Bourbon-Entzug und die Russell samt ihrer Brüste ist bloße Staffage. Dazu gleich mehr. Einzig Thomas Mitchell, der in vielen der großen Western dieser Zeit mitwirkte, begeistert ansatzweise in einem ausnahmsweise eher unsympathisch gehaltenen Part. Stichwort Russell: Für das damals knapp zweiundzwanzigjährige Busenwunder war "The Outlaw" den Kinoeinstand, und wahrhaft einen nach Maß: Nicht nur, dass sie in gleich mehrfacher Hinsicht zum mutmaßlich hilflosen Gegenstand einer extrem misogynen Mär wurde (Billy macht sich Rio, die sich ursprünglich an ihm für den Tod ihres Bruders rächen wollte, gleich bei ihrer ersten Begegnung per Vergewaltigung gefügig; gleich mehrfach wird herausgestellt, dass das Pferd, um das Holliday und Billy streiten, wesentlich mehr wert sei als ihre "gemeinsame Freundin" Rio, die mit fortlaufender Spielzeit immer weniger Text hat). Die Anekdoten sind Legion: Angeblich war Hughes ausschließlich daran interessiert, wie er das Dekolleté seines weiblichen Stars möglichst gewinnbringend - um nicht zu sagen offenherzig - ins Bildzentrum bringen konnte, ohne in übermäßigen Konflikt mit dem Hays Code zu geraten und wie nebenbei noch dafür Sorge zu tragen war, dass sich unter der Bluse ihre Brustwarzen abzeichneten. In letzter Instanz hatte Hughes zumindest mit diesen Bemühungen Erfolg - heute verbindet man "The Outlaw" fast ausschließlich mit dem Bild einer sich lasziv räkelnden Jane Russell, zumal nahezu jedes existente Plakat oder DVD-Cover von ihrem Antlitz bzw. ihrem Körper beherrscht wird. Insofern wurde "The Outlaw" zumindest in einer Hinsicht zur Begründung eines Mythos - wenn er auch ein von der rein formalen Warte aus besehen letztlich indiskutabler Film (und Western sowieso) geworden ist.

5/10

Howard Hughes Howard Hawks Billy The Kid


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THE DEADLY COMPANIONS (Sam Peckinpah/USA 1961)


"You don't know me well enough to hate me that much."

The Deadly Companions (Gefährten des Todes) ~ USA 1961
Directed By: Sam Peckinpah

Ein Bürgerkriegsveteran (Brian Keith) aus dem Norden sucht erbittert nach einem alten Widersacher, der ihn einst während eines Gefechts zu skalpieren trachtete. Seine lange Jagd führt ihn mit den beiden Gaunern Billy (Steve Cochran) und Turk (Chill Wills) zusammen und schließlich in eine kleine Stadt, in der der Yankee im Zuge eines Feuergefechts versehentlich einen Jungen (Billy Vaughn) erschießt. Um seine Schuld zu tilgen, begleiten er und die zwei Halunken die zunächst alles andere als wohlgehaltene Mutter (Maureen O'Hara) des Kindes zu einer Geisterstadt inmitten des Apachengebiets, wo es neben seinem Vater begraben werden soll.

Peckinpahs erster Spielfilm steht im eher zweifelhaften Ruf, noch viele der späteren Qualitäten des Regisseurs vermissen zu lassen und das deutlich sichtbare Opfer einiger Fehlentscheidungen von Produzentenseite geworden zu sein. Ich pflichte dem alles andere als bei; die Komplexität des in "Deadly Companions" entworfenen Schuld-/Sühne-Geflechts in Kombination mit den seltsam verschlungenen, inszenatorischen Pfaden, auf denen der Film wandelt, erschienen mir überaus faszinierend und weisen Peckinpah bereits in dieser Frühphase als einen Mann fürs Ungewöhnliche aus. "Companions" trägt manchmal fast die Züge eines Meta-Westerns; bereits das Städtchen, in dem der namenlose Yankee die von den ansässigen, naserümpfenden Frauen gemiedene Bardame Kit und deren Sohn kennenlernt, ist ein Beispiel typischer Grenz-Bigotterie. Weil die Einwohner nicht mehr wissen, welcher Tag gerade ist, halten sie ihre Gottesdienste je nach Gutdünken im örtlichen Saloon ab.
Diese karge Poesie setzt der Film ungebrochen fort, etwa in der Inszenierung eines langwierigen Privatduells zwischen dem Yankee und einem einsamen Apachen (Buck Sharpe) oder in der sich anbahnenden, bald pervers anmutenden Liebesbeziehung zwischen Kit und dem unfreiwilligen Mörder ihres Kindes. Vielerorts wurde auch der mit einem Akkordeon garnierte, für einen Western ungewöhnliche Score von Marlin Skiles bemängelt. Gewöhnungsbedürftig sein mag selbiger bestimmt, aber dem von "Companions" hinterlassenen, so ungewöhnlichen wie begeisternden Gesamtbild ist er auch sehr zuträglich.
Die aktuell erschienene DVD, deren feine Edierung natürlich besonders der mit einem Audiokommentar, einem kenntnisreichen Booklet und einer fast halbstündigen Doku (die auf den Film selbst leider nur sehr spärlich eingeht, ansonsten aber wie üblich toll geworden ist) vertretene Peckinpah-Apologet Mike Siegel stark gepusht hat, gesellt sich schon jetzt zu meinen Lieblingsveröffentlichungen des Jahres.

8/10

Rache Sam Peckinpah Independent


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THE LAST OF THE MOHICANS (Michael Mann/USA 1992)


"No matter how long it takes, no matter how far, I will find you."

The Last Of The Mohicans (Der letzte Mohikaner) ~ USA 1992
Directed By: Michael Mann

Ostküste, 1757: Der französisch-indianische Krieg in den Kolonien befindet sich auf einem Höhepunkt. Die Engländer rufen die Grenzkolonisten auf, sich zu Milizen zusammenzuschließen und die Armee King Georges II zu unterstützen, darunter auch die Camerons, Freunde des Trappers Nathaniel Poe (Daniel Day-Lewis), genannt Hawkeye. Zusammen mit seinem indianischen Vater Chingachcook (Russell Means) und dessen Sohn Uncas (Eric Schweig) rettet Hawkeye, nachdem sie die Farm der Camerons dem Erdboden gleich vorgefunden haben, die beiden Offizierstöchter Cora (Madeleine Stowe) und Alice Munro (Jodhi May) vor dem rachsüchtigen, mit den Franzosen paktierenden Huronen Magua (Wes Studi), der um jeden Preis seinen Erzfeind Colonel Munro (Maurice Roëves) und dessen Familie tot sehen will. Obgleich Hawkeye Munro gegen die Franzosen beisteht, wird er von diesem der Aufwiegelung beschuldigt, da er den Siedlern rät, den Kampf aufzugeben und zu ihren Häusern zurückzukehren. Später, nachdem Munro sich der französischen Übermacht unter Général Montcalm (Patrice Chereau) gebeugt hat, gelingt Magua doch noch Coras und Alices Entführung, doch Hawkeye und seine Freunde schreiten erneut zur Rettung.

Eine weitere Adaption des legendären Cooper-Abenteuerromans "The Last Of The Mohicans", in dem der fabulierfreudige Autor die Geschichte seines Serienhelden, des von dem fiktiven Stamm der Mohikaner adoptierten Fallenstellers Hawkeye (eigentlich Natty Bumppo) fortschrieb. Mann orientierte sich wesentlich an dem bereits 1936 mit Randolph Scott verfilmten Balderston-Script. Dennoch nahm er auch gegenüber dieser Vorlage einige Änderungen vor, so verbendelte er Major Heyward (Steven Waddington) mit Cora Munro, obgleich dieser ursprünglich mit deren Schwester Alice liiert ist und verzichtete auf Coras tragisches Ende (dafür geht Alice in den Freitod). Zudem erweist sich der auteur hier erneut als Freund großer, bisweilen übermächtiger Stilisierung; manchmal überschreitet er dann auch ganz selbstsicher die Schwelle zum Kitsch, nämlich jeweils in den festlich zelebrierten Einstellungen, in denen Day-Lewis die Stowe, beide von windverwehtem Haar umkranzt, in seinen starken Armen hält und Richtung Westen blickt. Da wird's dann schlicht und ergreifend zuviel. Doch punktet "The Last Of The Mohicans" ebenfalls auf der Haben-Seite glücklicherweise nicht zu knapp: Die akribische Re-Kreierung des Zeitkolorits bereitet große Freude, die Inszenierung der Indianerkämpfe und Schlachten ist beispielhaft, die Bilder der satten, grünen Natur, verbunden mit ihrem unweigerlichen Öko-Symbolismus, hätten auch einen Terrence Malick befriedet. Ach, und der stoische Wes Studi ist toll, wie immer.

8/10

Siebenjähriger Krieg Lederstrumpf French-/Indian War Michael Mann J.F. Cooper Historie


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THEY CAME TO CORDURA (Robert Rossen/USA 1959)


"I became two men. One can't stand living in the same skin with the other."

They Came To Cordura (Sie kamen nach Cordura) ~ USA 1959
Directed By: Robert Rossen


Mexiko, 1916: Nachdem Pancho Villa die Grenze übertreten und das Kavallerie-Camp Furlong bei Columbus, New Mexico überfallen hat, geht die Armee der Vereinigten Staaten mit unerbittlicher Härte gegen ihn vor. Nach einer Attacke gegen einen Villaristen-Unterschlupf schlägt der Offizier Thorn (Gary Cooper) vier Soldaten vor, die wegen ihres selbstlosen Einsatzes die Tapferkeitsmedaille in Cordura erhalten sollen. Außerdem bekommen die Kavalleristen den Auftrag, die als Verräterin wegen Paktierung mit dem Feind eingestufte Adelaide Geary (Rita Hayworth) nach Cordura zu eskortieren. Auf dem beschwerlichen Weg durch die Wüste zeigt sich, dass sich beileibe nicht jeder Charakter durch eine einzelne markante Tat definiert.

Rossens spannender, psychologisch hervorragend austarierter Western vor dem historischen Hintergrund der Mexikanischen Revolution bietet dankbare Spätkrarriererollen für die beiden Altstars Cooper und Hayworth, die beide nochmal die Gelegenheit zu jeweils ausgesprochen nuancierten Darstellungen haben und diese auch wohlfeil nutzen. Selbiges gilt für die erstklassigen, als Wölfe im Schafspelz zu überzeugen wissenden Nebendarsteller Van Heflin und Richard Conte. Einen geflissentlich unangenehmen Beigeschmack erhält der Film allerdings durch seine Reduktion der Schuld/Sühne-Thematik auf die singuläre Diskursplattform militärischen Pflichtbewusstseins und selbstlosen Kampfeseinsatzes sowie die entsprechenden Leistungen. Andererseits ist genau das eben der Topos des Films und somit in der Retrospektion kaum vollwertig kritisierbar. Als intelligentes Ensemblestück mit durchweg großzügiger Interpretationsbasis hat "Cordura" vielen der weitaus oberflächlicheren Werke dieser Tage eine Menge voraus. Warum er nicht wesentlich wohlgelittener ist im Kanon der großen Hollywood-Klassiker ist mir ein wenig schleierhaft.

8/10

Historie Mexiko Robert Rossen WWI Mexikanische Revolution Militaer


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JEREMIAH JOHNSON (Sydney Pollack/USA 1972)


"Where you headed?" - "Same place you are, Jeremiah. Hell, in the end."

Jeremiah Johnson ~ USA 1972
Directed By: Sydney Pollack


Der Navyveteran Jeremiah Johnson (Robert Redford) zieht um 1840 in die Rocky Mountains, um der Zivilisation den Rücken zu kehren und Trapper zu werden. Nach einigen Lektionen in Sachen Überleben in der Wildnis will er sich mit einem stummen Jungen (Josh Albee) und einer Hals über Kopf geheirateten Flathead-Indianerin (Delle Bolton) ein ruhiges Leben aufbauen. Als er jedoch wider besseres Wissen aus Gründen der Zeitnot einen Rettungstrupp über einen Friedhof der Crow führt, rächt sich der eigentlich befreundete Stamm grausam: Jeremiah findet seine Ersatzfamilie ermordet und verstümmelt. Der wortkarge Einzelgänger begeht ein Massaker unter den Crow und tötet fortan jeden ihrer Krieger, der ihm zu nahe kommt. Der Beginn einer jahrelangen Fehde.

Der mountain man ist aus den Annalen des Westen und der frontier days nicht wegzudenken. Gesellschaftsmüde Individuen, die einen den Indianern ähnlichen, einsamen Lebensstil vorzogen, und aus eigener Hand beziehungsweise von dem lebten, was sie selbst erlegten oder in ihren Fallen fangen konnten. "Jeremiah Johnson" suchte sich den berüchtigsten aller mountain men heraus, um dessen von diversen Überhöhungen und Fabulierereien geschmückte Geschichte zu erzählen. John "Liver-Eating" Johnson, auch bekannt als "The Crow Killer", galt viele Jahre lang als Todfeind der Crow-Indianer, nachdem diese seine Flathead-Frau ermordet hatten. Seinen Beinamen erhielt er, weil er angeblich die Lebern seiner Gegner verzehrte, um ihnen so eine dem indianischen Glauben gemäß zusätzliche Schmach zuzufügen. Mehrere hundert Menschen sollten auf sein Konto gehen, bis er nach fünfundzwanzig Jahren seinen Rachefeldzug einstellte und eine Art zweckmäßigen Frieden mit den Crow schloss. Johnson starb mit 74 Jahren eines natürlichen Todes.
Wie viele Genreproduktionen ging es auch "Jeremiah Johnson" um ungehemmte Mythologisierung sowie das Schüren folkloristischer Landeslegenden. Jeremiah Johnson wäre eigentlich ein perfekter Eastwood-Part gewesen, doch irgendwie riss sich Pollack das Script von John Milius und Edward Anhalt rechtzeitig unter den Nagel und machte das Ding mit seinem Dauerdarsteller Redford. Milius betonte in seiner Version der Geschichte auch die kannibalistischen Aspekte um den Protagonisten, Pollack und Redford jedoch verwarfen diese; sicherlich, um ihren zwar harten, aber stets human agierenden Helden nicht zu denunzieren, ebenso aber nicht zuletzt, um Redfords Sunnyboy-Image nicht zu gefährden. Wie dem auch sei, "Jeremiah Johnson" ist mit seinen prächtigen landscapes und einigen schönen Songs eine Zierde für das sterbende Genre und demonstrierte der Konkurrenz, wie man dem in seinen finalen Zügen liegenden Western noch ein prachtvolles Abschiedsgeschenk machen konnte, ohne gleich wie Peckinpah, Altman oder Penn Grabsteine zu meißeln.

10/10

Sydney Pollack Biopic Rocky Mountains


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JUNIOR BONNER (Sam Peckinpah/USA 1972)


"Ya bet."

Junior Bonner ~ USA 1972
Directed By: Sam Peckinpah


J.R. Bonner (Steve McQueen), genannt Junior, kommt zurück in seine Heimatstadt in Arizona, um ein paar Kröten beim hiesigen Rodeo abzustauben. Zu Hause hat sich vieles verändert. Seine Mum (Ida Lupino) und sein Dad (Robert Preston), zwei ältliche Zausel, entfremden sich zunehmend voneinander und nicht genug damit, dass Juniors Bruder Curly (Joe Don Baker) dabei ist, zu einem unangenehmen Immobilienhai zu avancieren, vertreibt er auch noch die eigenen Eltern von ihrem Grund und verfachtet sie in Seniorenheime um, um den Familienbesitz verscherbeln zu können. Doch Junior ist keine Kämpfernatur, er nimmt am Rodeo teil, schnappt sich ein Mädchen (Barbara Leigh), teilfinanziert seinem Dad einen letzten spinnerten Traum und zieht danach wieder von dannen.

Aaah - zurücklehnen, relaxen, genießen. "Junior Bonner" ist der rechte Begleiter zu einem schmackhaften Sechserpack Dosenbier und nebenbei wahrscheinlich die entspannteste, lässigste Arbeit Peckinpahs. Im Gegensatz zu dessen unverzichtbaren SloMo-Schnitt-Gegenschnittparaden haben Gewalt oder Tote haben in dieser intimen Familiengeschichte keinen Platz, wenn auch die alte Weise vom anachronistischen Cowboy, der im Westen die weite Freiheit sucht und irgendwann unweigerlich auf Bulldozer, Planierraupen und andere Hindernisse stößt, hier wiederum ganz akut ist. Doch was wäre ein Peckinpah auch ohne solcherlei Sehnsuchtsformulierungen? Ansonsten gibt sich "Junior Bonner" eher undramatisch und kokettiert lieber mit naturalistischem Witz, der wunderbare Steve McQueen demonstriert einmal mehr, dass echte Coolness nicht gelernt werden kann und das bezaubernde Lächeln von Barabara Leigh unter der Krempe ihres weißen Stetson lässt ganze Gletscher schmelzen.

8/10

Neowestern Rodeo Sam Peckinpah


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IL MERCENARIO (Sergio Corbucci/I, E 1968)


Zitat entfällt.

Il Mercenario (Mercenario - Der Gefürchtete) ~ I/E 1968
Directed By: Sergio Corbucci


Während der mexikanischen Revolution wird der amerikanische Söldner Sergei Kowalski (Franco Nero), genannt 'der Pole', von dem Silberbaron García (Eduardo Fajardo) angeheuert, der seine Vorräte lieber in den Staaten und geschützt vor den Rebellen sähe. Als Kowalski in Mexiko ankommt, haben sich Garcías Arbeiter, allen voran der etwas unbedarfte Neo-Renegat Paco Roman (Tony Musante), bereits der Hacienda ihres vormaligen Unterdrückers bemächtigt. Das gesamte Silber ist bei einer Explosion verschüttet worden. Kowalski lässt sich kurzerhand von Roman als Militärberater anheuern. Gejagt von García, der Regierungsarmee und dem rachsüchtigen Ganoven Ricciolo (Jack Palance), schlagen die beiden sich mal als Freunde, mal als Feinde durch die Revolutionswirren.

Mit "Il Mercenario" liegt nun endlich auch das lang erwartete, letzte noch fehlende der Hauptwerke des Italowestern auf DVD vor. Unmittelbar vor seinem Meisterwerk "Il Grande Silenzio" fertigte Corbucci diesen völlig anders gearteten Film für den Großproduzenten Alberto Grimaldi und konnte somit neben wunschlos machenden Equipment auch über eine ansehnliche internationale Besetzung verfügen. "Il Mercenario" kombinierte die schalkhafte personelle Ausgangssituation von "Il Buono, Il Brutto, Il Cattivo" mit dem in Italien beliebten Thema der Revolution in Mexiko. Wie der andere Sergio setzte auch Corbucci auf die humorige Triangel dreier Gegenspieler (Nero, Musante, Palance), von denen jedoch nur einer ein wirklicher Schurke ist und die beiden übrigen linke Opportunisten, die den jeweils anderen lediglich für ihre eigenen Zwecke benutzen, um ihn in der Folge immer wieder zu übervorteilen.
Dennoch präsentiert sich "Il Mercenario" als hinreichend eigenständig und qualitätsbewusst, um nicht einfach als bloßer Nachzügler gehandelt zu werden. Heute verbucht man ihn zu Recht unter den maßgeblichen italienischen Revolutionswestern neben "Quién Sabe?", "Corri Uomo Corri" und "Giù La Testa".

8/10

Sergio Corbucci Italowestern Mexikanische Revolution period piece





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