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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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FIVE CARD STUD (Henry Hathaway/USA 1968)


"They all look alike to the worms."

Five Card Stud (Todfeinde) ~ USA 1968
Directed by: Henry Hathaway


Die Pokerspieler im Goldgräberstädtchen Rincon verstehen wenig Spaß - als sie einen Fremden (Jerry Gatlin) beim Falschzocken erwischen, knüpfen sie ihn, unter der Ägide des hasserfüllten Nick Evers (Roddy MacDowall) am nächsten Baum auf. Nur der Barkeeper George (Yaphet Kotto) sowie der Kartengeber Van Morgan (Dean Martin), der die Tat verhindern will und niedergeschlagen wird, bleiben unschuldig an dem Lynchmord. Einige Zeit später kommt Reverend Jonathan Rudd (Robert Mitchum) nach Rincon, der dessen verirrten Sündern ein gerüttelt Maß Gottesfürchtigkeit einpredigen will. Zeitgleich beginnt eine unheimliche Mordserie an den Lynchjustizlern des fremden Falschspielers...

"Five Card Stud" ist ein im positiven Sinne seltsamer Western, der parallel als eine Art missing link zwischen den verschiedensten Genrezweigen zu fungieren weiß. Zunächst vereinen sich mit Dino und Bob Mitchum ausgerechnet jene zwei berühmten Säufer, die Duke jeweils in den Zwillingsfilmen "Rio Bravo" und "El Dorado" freundschaftlich trockenzulegen hatte. Bob Mitchum als teuflischer Wanderprediger ist natürlich zusätzlich noch in bester Erinnerung aus Laughtons "The Night Of The Hunter", ein Part, den er hier mit beinahe ebensolch lustvoller Dämonie ausfüllt. Doch nicht nur in die Vergangenheit des Genres; auch in seine Zukunft weist "Five Card Stud": Den geheimnisvollen Bruderrächer, der eine der Sünde verschriebene Stadt in Angst und Schrecken treibt, findet man fünf Jahre später in Eastwoods grandiosem Horror-Western "High Plains Drifter" wieder, allerdings mit mystischem Überbau und diesmal auf der Heldenseite. Dafür kommen hier mehr oder weniger eindeutige Whodunit-Elemente hinzu, die sich allerdings ein wenig albern gestalten, da jedem Panz schon mit der bedeutungsvollen Einführung der Predigerfigur klar ist, wo der Hase im Pfeffer sitzt. Zudem dürfte dies, neben "Rio Bravo" (zweite Hälfte, versteht sich) der einzige Film sein, in dem Dino einen Drink stehen lässt. Dazu dudeln Maurice Jarres alles andere als westernhafte Kompositionen als gelte es, einen Melville-Thriller zu vertonen. Besonderheiten auf ganzer Linie also.

8/10

Lynchjustiz Poker Henry Hathaway Rache


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THE SHOOTIST (Don Siegel/USA 1976)


"I don't believe I ever killed a man that didn't deserve it."

The Shootist (Der letzte Scharfschütze) ~ USA 1976
Directed By: Don Siegel


Der berüchtigte Gunfighter J.B. Books (John Wayne) kommt nach Carson City, um sich dort von Doc Hostetler (James Stewart) untersuchen zu lassen; er habe ständig wiederkehrende, starke Schmerzen im Lendenbereich und ahne aufgrund einer vorherigen Diagnose bereits deren Ursache. Der Arzt bestätigt, dass Books Krebs im Endstadium und nur noch wenige Wochen zu leben hat. Books wählt die Pension der Witwe Rogers (Lauren Bacall) als seine letzte Wohnstatt, lässt sich von Doc Hostetler eine Flasche Laudanum einpacken und plant, sein Lebensende nicht einfach dem schnöden Siechtum anheim fallen zu lassen.

Duke, der um diese Zeit mal wieder felsenfest davon überzeugt war, den eigenen Krebs endlich besiegt zu haben, bekleidete mit der Rolle des J.B. Books, einer Art Quintessenz sämtlicher Westernparts, die er zuvor gespielt hatte, zugleich sein Filmfinale. Ein guter Schwanengesang, der beste vielleicht, den ein Mann wie John Wayne sich wünschen kann. Drei Jahre und einen knappen Monat später besiegte ihn selbst die Todeskrankheit, mit der er allerdings, im Gegensatz zu J.B. Books, komplett schmerzmittelfrei rang. "The Shootist" präsentiert ihn mit neunundsechzig Jahren nochmal in vollem Saft, als stattliche Erscheinung und Mannesbild, wie man es gern in Erinnerung behält. Books wählt im Film den Freitod, indem er sich drei archetypischen Gegnern stellt: Einem (Hugh O'Brian), der es liebt, gepflegte Pistolenduelle auszutragen, einem (Richard Boone), der seinen vor Jahren von Books erschossenen Bruder rächen will und einem schlichtweg garstigen Bösewicht (Bill McKinney). Dass Books dann am Ende ausgerechnet von einem bedeutungslosen, ängstlichen Barkeeper in den Rücken geschossen wird, bedeutet für ihn letztendlich einen Abgang nach Maß, einen, wie ihn auch der große Wild Bill Hickock (als der Books sich zunächst bei der Witwe Rogers ausgibt) erlebte.
"The Shootist" ist ein inszenatorisch betrachtet stark zurückhaltender Film, seinem Thema angemessen. Siegel konzentriert sich fast gänzlich auf Narration und Spielführung und beschränkt seinen Formalismus auf das Notwendigste. Der Film spielt im klirrend kalten Januar des Jahres 1901 und beginnt einen Tag nachdem Königin Victoria das Zeitliche gesegnet hat. Books erfährt quasi parallel von ihrem Tode und seinem eigenen, unmittelbar bevorstehenden. Ein weiteres Monarchenfossil soll endlich sterben, jenes der Revolverhelden im Westen nämlich. Denn auch für diese naht angesichts von Benzinkutschen und überirdischen Telefonleitungen der Zapfenstreich. Der letzte beruhigende Gedanke, den Books mit ins Grab nimmt, ist der, dass nachfolgende Generationen (hier: Ron Howard) der Zivilisation einmal besonnener den Weg ebnen werden.
Mein persönlicher intrinsischer Genre-Endpunkt ist ja Peckinpahs "Pat Garrett & Billy The Kid"; fairerweise muss man jedoch anmerken, dass Dukes letzter Streich doch um einiges mehr von einem, wenn auch sanften, Paukenschlag besitzt.

9/10

Krebs Don Siegel Drogen


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ROOSTER COGBURN (Stuart Millar/USA 1975)


"Good night, Ms. Goodnight."

Rooster Cogburn (Mit Dynamit und frommen Sprüchen) ~ USA 1975
Directed By: Stuart Millar


Keine Woche, nachdem Marshal Reuben "Rooster" Cogburn (John Wayne) seinen Stern wegen unentwegter Missachtung des Gesetzes abgeben musste, wird er schon wieder zurück in den Staatsdienst beordert: Der Ganove Hawk (Richard Jordan) hat mit seinen Männern einen Armeetransport überfallen und eine Wagenladung Nitroglycerin geraubt. Cogburn soll das Nitro und Hawk zurückbringen. Während seiner Verfolgung der Halunken begegnet er der ältlichen, aber sehr patenten Pfarrerstochter Eula Goodnight (Katharine Hepburn) und deren Schützling, dem Indianerjungen Wolf (Richard Romancito). Hawk hat auch Eulas Vater (Jon Lomer) und Wolfs Familie auf dem Gewissen. Die beiden begleiteten den Marshal und sind ihm eine wesentlich größere Hilfe als dieser zunächst zugeben möchte.

Die einzige Rolle, die Wayne in seinem immerhin über 160 Einträge umfassenden Œuvre zweimal gespielt hat, ist die des Marshal Rooster Cogburn. Der primäre Grund dafür liegt auf der Hand: Für die erste Interpretation des einäugigen alten Haudegens und Säufers, unter dessen rauer Schale freilich ein weicher Kern steckt, nämlich in Hathaways "True Grit", hatte Wayne seinen ersten und einzigen Oscar kassiert. Nicht nur branchenintern hatte und hat dieser Preis, ähnlich wie der, den Scorsese letzthin für "The Departed" bekommen hat, eher den Ruf als überfälliger, ersatzweiser Lebenswerksaward. Natürlich war Dukes Spiel für "True Grit" ausgezeichnet, aber man muss fairerweise anmerken, dass der Oscar nüchtern betrachtet ganz ohne Frage Dustin Hoffman für "Midnight Cowboy" gebührt hätte. Waynes nach wie vor beste Leistungen sind in "She Wore A Yellow Ribbon", "The Searchers" und "The Man Who Shot Liberty Valance" zu genießen, die allesamt viel verdienter mit dem Darstellerpreis hätten veredelt werden sollen. Eine späte Entschuldigung also für langes, stoisches und wahrscheinlich nicht ganz unwillkürliches Übersehen.
Wie dem auch sei, "Rooster Cogburn" stellte Duke, dessen Darstellung der in "True Grit" kaum nachsteht, nebenbei die Erfüllung des langgehegten Wunschs in Aussicht, mit Katharine Hepburn zusammenarbeiten zu können, was für ihn bereits genug Anreiz gewesen wäre - auch wenn die grande dame Hollywoods im Prinzip nichts weiter als eine Reprise ihrer Rose-Sayer-Rolle in "African Queen" zum Besten gab. Selbst eine Floßfahrt durch gefährliche Stromschnellen, eine überdeutlich formulierte Reminszenz an Hustons Film, muss man nicht missen. Zu einem Kuss mit Duke reichte es trotz gewisser romantischer Avancen allerdings nicht, bloß zu einem freundschaftlichen Schulterklopfen.

6/10

Stuart Miller Sequel


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CAHILL UNITED STATES MARSHAL (Andrew V. McLaglen/USA 1973)


"Do I have to shoot you or what?"

Cahill United States Marshal (Geier kennen kein Erbarmen) ~ USA 1973
Directed By: Andrew V. McLaglen


Sein Status als Witwer und alleinerziehender Vater zweier Söhne, von denen der eine, Danny (Gary Grimes), immerhin fast erwachsen ist, ist für den emsigen Marshal J.D. Cahill (John Wayne) nicht einfach zu handhaben. Frustriert von seiner fortwährenden Abwesenheit wegen diverser Verbrecherjagden geraten seine Kinder, neben Danny auch der jüngere Billy Joe (Clay O'Brien) selbst in die schlechte Gesellschaft des Gangsters Fraser (George Kennedy) und seiner Bande. Dieser benutzt die beiden Jungs für einen Banküberfall, dessen fehlerhafte Aufklärung fast vier Unschuldige das Leben kostet, weil Fraser den Jungs Böses androht für den Fall, dass sie plaudern. Doch Cahill und sein alter Kumpel, das Halbblut Lightfoot (Neville Brand) sind trotz fortgeschrittenen Alters nicht von gestern.

Ein weiterer, sich qualitativ kaum von seinem "Umfeld" untersheidender Wayne-Alterswestern. Dass seine beiden Söhne auch problemlos seine Enkel sein könnten, war für Duke nicht weiter relevant, immerhin hatte er auch im richtigen Leben Kinder in diesem Alter. Für McLaglen, der sich schon durch die Quantität seines Outputs fraglos die Reputation als fleißigster Western-Routinier zwischen 65 und 75 erarbeitet hatte, bedeutete "Cahill", ebenso wie für Duke selbst, eine weitere solide Arbeit, nicht mehr und nicht weniger. Bemerkenswert ist, wie sich Waynes ansonsten natürlich radikal stagnierende Filmfigur langsam aber sicher dem Gedankengut und den Gepflogenheiten modernerer Zeiten stellt: Sein Partner ist, wie schon in "Big Jake", ein Indianer bzw. Mestize, der aber hier doch tatsächlich als zivilsatorisch und dem Titelhelden intellektuell ebenbürtig, wenn ihm nicht gar überlegen charakterisiert wird. Eine kleine Sensation. Ansonsten bleibt jedoch alles beruhigend simpel und beim Alten im Duke-Universum.

7/10

Andrew V. McLaglen


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THE TRAIN ROBBERS (Burt Kennedy/USA 1973)


"Keep digging!"

The Train Robbers (Dreckiges Gold) ~ USA 1972
Directed By: Burt Kennedy


Der Bürgerkriegsveteran Lane (John Wayne) und seine zwei alten Freunde Jesse (Ben Johnson) und Grady (Rod Taylor) nehmen den Auftrag einer jungen Witwe namens Mrs. Lowe (Ann-Margret) an, das aus einem Raubüberfall stammende, verborgene Gold ihres toten Mannes zu bergen. Die Belohnung der Eisenbahngesellschaft soll aufgeteilt werden. Zu den drei alten Hasen gesellt sich zur Unterstützung nochmal dieselbe Anzahl an jungen Abenteurern (Christopher George, Bobby Vinton, Jerry Gatlin) und los geht es mitsamt Dame nach Mexiko, zum Versteck des Goldes. Verfolgt werden die glorreichen Sieben von einer zwanzigköpfigen Gruppe von Killern, die es ebenfalls auf das Edelmetall abgesehen hat, sowie einem mysteriösen Zigarrenraucher im Anzug (Ricardo Montalban).

Schön kurzer und sehr unterhaltsamer Profi-Western des alten Western-Profis Kennedy, der weder die vergangenen noch die gegenwärtigen Zeiten negiert und beide zu einer überaus passablen Fusion zusammenführt. Nach dem stark selbstreflexiven "The Cowboys" kehrt Duke hier wieder zu seinem alten Leisten zurück und spielt dieselbe Rolle wie eh und je, nämlich die des altersweisen, unbesiegbaren professionals, wobei er in seiner Rolle als Lane allerdings gleich mehrere menschliche und strategische Fehler begehen und diese sogar zähneknirschend zugeben darf. Weiterhin gefällt die Zusammenarbeit der sechs sympathischen Pistoleros, zu denen auch der mir sehr grüne, hier in seiner vierten (und letzten) Kollaboration mit Duke zu bewundernde, später in mehreren Exploitationklassikern reüssierende Christopher George gehört. Von Ann-Margret derweil habe ich letzte Nacht geträumt - no further comment necessary.

7/10

Burt Kennedy


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THE COWBOYS (Mark Rydell/USA 1972)


"We're burnin' daylight."

The Cowboys ~ USA 1972
Directed By: Mark Rydell


New Mexico, um 1880: Kurz bevor er sein Vieh zum Großmarkt von Belle Fourche treiben will, läuft dem Rancher Wil Andersen (John Wayne) sein komplettes Personal weg - in der Gegend ist ein plötzlicher Goldrausch ausgebrochen. Verzweifelt sucht Andersen nach Ersatz für seine Cowboys, wird jedoch nur in der örtlichen Schule fündig, die ausschließlich von zehn- bis fünfzehnjährigen Kindern besucht wird. Nach anfänglichem Zögern Andersens und unmissverständlicher Eigenitiative der Jungs (u.a. Robert Carradine, A Martinez) entscheidet sich der alte Sturkopf dann doch für das Engagement dieser "true cowboys". Zusammen mit einem erfahrenen Koch (Roscoe Lee Browne) geht es auf nach Norden. Allerdings ist da noch eine Gruppe böser Gauner unter Führung des sadistischen Long Hair (Bruce Dern), die auf Andersens Rinder scharf ist.

Ich muss meine im gestrigen "Chisum"-Bericht etwas vorschnell getätigte Aussage nun doch wieder relativieren - Rydells "The Cowboys", den ich zu meiner Schande just zum ersten Mal gesehen habe, ist nicht nur ein prächtiges Altersgeschenk an Wayne, er gehört sogar eindeutig in den Olymp der schönsten Dukes. Nachdem "Big Jake", der Waynes letzter Film im alten, für die berühmten leuchtenden Farben sorgenden Technicolor-Prozess war und damit sukzessive die Nostalgie herausgepumpt wurde aus seinem Werk, fügt sich "The Cowboys" tatsächlich dort hinein, wo man es am wenigsten erwartet hätte: In die Reihen des New-Hollywood-Western. Der Film hat trotz seiner Anbindung an das bewährte Strukturschema epischer Langfilme mit Anfangs-, Pausen- und Abschlussmusik deutlich mehr mit zeitgenössischen, meditativ benetzten Genreproduktionen wie "The Culpepper Cattle Co." und "Bad Company" (beide ebenfalls 72 ins Kino gelangt) zu tun als mit den letzten Filmen des Hauptdarstellers. Die Erklärung dafür ist relativ schnell gefunden: Mark Rydell inszeniert "The Cowboys" nicht mit Duke, sondern im Prinzip - sehr geschickt - um ihn herum. Wayne wird erstmals auch im Film ganz unverhohlen als sein eigener Mythos identifiziert, der dann auch auf recht unsanfte Weise das Zeitliche segnen muss und das letzte Viertel der Story, die große Racheaktion der Kinder, erst gar nicht mehr miterleben darf. Wie meistens, wenn Wayne seine eigene Position als Mensch und Filmlegende kritisch hinterfragt, kommt dabei etwas uneingeschränkt Ausgezeichnetes heraus.

9/10

Mark Rydell Treck New Hollywood New Mexico


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BIG JAKE (George Sherman/USA 1971)


"I thought you were dead." - "Not hardly."

Big Jake ~ USA 1971
Directed By: George Sherman


Texas, 1909: Als eine Gruppe Desperados unter Führung des alten Fain (Richard Boone) fast das gesamte Personal ihrer Ranch hinmordet und ihren kleinen Enkel Jake (Ethan Wayne) kidnappt, ruft Martha McCandles (Maureen O'Hara) ihren getrennt von ihr lebenden Mann Jakob (John Wayne), genannt "Big Jake" herbei, um die Verbrecher dingfest zu machen. Big Jake klemmt sich seinen scharfen Wolfshund Doc, seinen besten Kumpel, den Indianer Sam (Bruce Cabot) und seine beiden Söhne James (Patrick Wayne) und Michael (Jim Mitchum) - Little Jakes Vater Jeff (Bobby Vinton) muss schwer verletzt daheim bleiben - unter den Arm und geht über die Grenze nach Mexiko, um das Gesindel kaltzustellen.

Und nochmal: Duke als alter Patriarch, der selbstverständlich jede Situation im Griff hat, seinen Zossen (wie sich zeigt, mit Recht) jedem dieser neumodischen Autos vorzieht und schnippische Sprüche seiner zu Recht wegen der jahrelangen väterlichen Abwesenheit ungehaltenen Söhne stets mit einem gezielten Schlag vor die Fresse quittiert. Sollte auf die anschließende Frage, ob's denn auch ordentlich wehtue, dummerweise ein "Nein" ausgestoßen werden, gibt's gleich noch eins hinterher. Hart aber herzlich und um 1971 ein gar wunderbares pädagogisches No-Go. Wie im Prinzip der komplette "Big Jake", der, abgesehen davon, dass er vielleicht hier und da mal kurz zu Peckinpah hinüberschielt und sich als ungewöhnlich gewalttätig präsentiert, die letzten zehn Jahre Kinosozialisation komplett übergeht. Es mutet regelrecht rührend an, wie sehr sich Duke analog zu seiner Filmfigur an obsolete Ideale und Bilder klammert und die gute alte Zeit beschwört, wo doch die neue längst gezeigt hat, wie's besser geht. Ansonsten haben wir hier business as usual: Einen humorvollen Opawestern, der keine Silbe zuviel verliert und eben nichts Besseres zu tun hat, als sich permanent selbst zu entlarven. Macht aber nicht nichts, macht Laune.

7/10

George Sherman


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CHISUM (Andrew V. McLaglen/USA 1970)


"Mr. Chisum, that sounds like a threat." - "Wrong word. FACT!"

Chisum ~ USA 1970
Directed By: Andrew V. McLaglen


Lincoln County, die 1880er: Der Rinderbaron John Chisum (John Wayne) wacht mit eiserner, aber gerechter Hand über sein Imperium, das ihm der kriminell agierende Lawrence Murphy (Forrest Tucker) streitig macht. Zusammen mit seinem besten Freund und Faktotum James Pepper (Ben Johnson) und anderen Alliierten wie seinem pazifistisch eingestellten Nachbarn Tunstall (Patric Knowles) sowie den Abenteurern William "Billy The Kid" Bonney (Geoffrey Deuel) und Pat Garrett (Glenn Corbett) verteidigt Chisum Land und Gut gegen Murphy und seine immer größer werdende Bande von Halunken.

"Chisum" ist ein typisches Beispiel für die willkürliche Art von heroisch gefärbter Geschichtsklitterung, die im Hollywood-Western Gang und Gäbe war. Der Film berichtet vom berühmten Lincoln County War, in dem bei wechselnder Allianzenbildung tatsächlich jeder gegen jeden stand und sich selbst der Nächste war, so auch der Großrancher und -kapitalist Chisum, der über verschlungene Umwege die Ermordung des Renegaten Billy The Kid in Auftrag gab. Da der breit und prachtvoll bebilderte Film von McLaglen aber ein Duke-Vehikel ist, wird der Titelcharakter in selbigem als ehrbarer Patriarch charakterisiert, der wie kein anderer für Recht und Ordnung einsteht und das Herz am rechten Fleck hat. Diverse authentische Ereignisse werden völlig verquer auseinandergenommen und wie in einem Baukasten mit Kinderklötzen neu zusammengesetzt. Wayne verteidigt seinen Ruf als konservativer Pferdeheld, indem er seinen Respekt für alte, von ihm auf dem tugendhaften Pfad der Landnahme bezwungene Feinde wie den Indianerhäuptling White Buffalo (Abraham Sofaer) bekundet, ein wachsames Auge auf seine jungfräuliche Nichte (Pamela McMyler) hat und fortwährend nach der alten Weise "Auge um Auge, Zahn um Zahn" verfährt.
Den Startschuss des wayne'schen Spätwerks zu datieren, ist eine strittige Frage - für mich beginnt es gleich nach seiner letzten Zusammenarbeit mit Ford, "The Man Who Shot Liberty Valance", zugleich der mit Abstrichen betreffs späterer Nachfolger letzte Film mit Duke, der wirklich etwas zu sagen hatte - was freilich nicht an dessen Präsenz liegt, sondern am Regisseur. Die letzte Westernphase läutete sich dann mit Hawks' "El Dorado" ein, der bereits erfolgreich den zunehmend alternden, steifen und gut gepolsterten Wildwestopa kultivierte und Waynes Zeitlupenbewegungen dramaturgisch damit rechtfertigte, dass er im Film eine Kugel im Rücken stecken hat, die nicht ohne Weiteres entfernt werden kann. Hernach folgten mit Ausnahme von Hathaways "True Grit", dem etwas traurig geratenenen Hawks-Finale "Rio Lobo" und nastürlich Siegels "The Shootist" (danke an Short Cut für den Hinweis) praktisch ausschließlich Zusammenarbeiten mit mediokren Altregisseuren und unbeschriebenen Neulingsblättern, die dieselbe Geschichte immer wieder erzählten und auf harten Konfrontationskurs mit New Hollywood gingen, indem sie die jungen, liberalen Ideale schlichtweg ignorierten und ein neuerlich irritierend romantisches Bild des alten Westens prägten. Nichtsdestotrotz fungieren gerade diese Spätwestern als nachhaltiger Imagestempel für Wayne, der sich in den Köpfen der nachfolgenden Generationen fast ausschließlich als altes Haudegen-Schlachtross mitsamt selbstzufriedenem Grinsen inkarniert sieht, nicht jedoch als der ernstzunehmende Schauspieler aus diversen, teils dreißig Jahre älteren Ford-Filmen. Was mich anbelangt, so habe ich viele dieser jüngeren Filme lange Zeit ignoriert bzw. mich ihrer Wahrnehmung schlicht verweigert, um das mir wesentlich liebere Bild des wahren, kraftvollen Duke von einst aufrecht erhalten zu können. Mein Komplettierungswahn und die Tatsache, dass ich momentan hübsch viel Zeit habe, nötigt mich jedoch zur Aufgabe dieser Stoa. Wollen mal sehen, was dabei herauskommt.
Jedenfalls entledigte sich im Zuge des Kinoeinsatzes von "Chisum" ein zeitgenössischer Kritiker der nicht eben von der Hand zu weisenden Bezeichnung Waynes als "fetter, alter Kunstleder-Cowboy". Und weil diese so himmelschreiend-unbequem-wahr ist, zitiere und verbuche ich sie hier mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

6/10

Andrew V. McLaglen Lincoln County War Billy The Kid New Mexico


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TAKE A HARD RIDE (Antonio Margheriti/USA, I 1975)


"Who's gonna be next?"

Take A Hard Ride (Einen vor den Latz geknallt) ~ USA/I 1975
Directed By: Antonio Margheriti


Cowboy Pike (Jim Brown) wird von seinem herzkranken Boss Morgan (Dana Andrews) kurz vor dessen Tod mit der Aufgabe betraut, sein gesamtes erwirtschaftetes Vermögen nach Sonora zu bringen, wo es nahe der Morganschen Familienranch zur Gründung einer ganz im Zeichen der Liberalität stehenden Gemeinde verwendet werden soll. Schnell bekommen auch zwielichtige Kreise, darunter der gnadenlose Kopfgeldjäger Kiefer (Lee Van Cleef) Wind von dem Schwarzen, der mit 86.000 $ im Gepäck durch die Prärie reitet und Pike sieht sich unversehens zur Zielscheibe umfunktioniert. Glücklicherweise helfen ihm auch ein paar neue Freunde - der Falschspieler Tyree (Fred Williamson), die verwitwete Ex-Hure Catherine (Catherine Spaak) und der stumme Indianer Kashtok (Jim Kelly).

Unterhaltsamer Euro-Western von Margheriti, an dem die prominente Besetzung das hervorstechendste Merkmal ist. Neben dem bereits aus "Three The Hard Way" bekannten Blaxploitation-Trio Brown/Williamson/Kelly stehen auch ein paar Große des klassischen Hollywood ins Haus: Lee Van Cleef, Barry Sullivan, Dana Andrews und Harry Carey jr. - Namen, die man wiederum in Verbindung bringt mit Aldrich, Fuller, Lang und Ford. Dass ausgerechnet ein italienischer Regisseur dieses Klassentreffen beschirmt, gibt dem Ganzen einen zusätzlichen Reiz. Da tritt der in erstaunlich amerikanophilen, tatsächlich jedoch auf den Kanaren gefilmte äußere Rahmen fast in den Hintergrund. Irgendwann schickt sich das ewige Hin und Her dann auch tatsächlich an, sich in Richtung Beliebigkeit zu verabschieden, aller Voraussetzungen zum Trotze. Dafür hat Jerry Goldsmith immerhin das neben Maurice Jarres Musik zu "Soleil Rouge" wahrscheinlich allerschönste Western-Thema des Jahrzehnts komponiert. Ist schließlich auch was.

6/10

Italowestern Blaxploitation Antonio Margheriti


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THE LAST OUTLAW (Geoff Murphy/USA 1993)


"You can be first, you can be last. Your choice."

The Last Outlaw ~ USA 1993
Directed By: Geoff Murphy


Der ehemalige Konföderiertenoffizier Graff (Mickey Rourke) marodiert mit seinen Kameraden im Westen herum und hält sich durch gewalttätige Banküberfälle über Wasser. Als er auf der Flucht ein Mitglied (Daniel Quinn) seiner Bande wegen einer Schussverletzung zurücklassen und ihm den Gnadenschuss verabreichen will, meutert Graffs rechte Hand Eustis (Dermot Mulroney), erschießt seinerseits Graff und reitet mit den übrigen Gesellen (Steve Buscemi, Keith David, John C. McGinley, Ted Levine) weiter. Graff jedoch hat den Anschlag ohne größere Blessuren überlebt. Rachsüchtig schließt er sich seinen vormaligen Häschern an, übernimmt die Führung derselben und tötet einen der Verräter nach dem anderen, bis ihm nur noch Eustis gegenübersteht.

Passabler, von HBO produzierter TV-Western, der sich zwar stark an Peckinpahs "The Wild Bunch" orientiert, trotzdem aber immer noch gut genug für einen Kinoeinsatz gewesen wäre. Murphy bemüht einen Naturalismus, wie man ihn im Genre seit Medfords "The Hunting Party" nicht mehr gesehen hat - auch hier spielt ein Präzisionsgewehr eine ausschlaggebende Rolle, und Graffs kurzläufige Schrotflinte respektive deren Effektivität sind auch nicht zu verachten. Kurz gesagt: "The Last Outlaw" klotzt in punkto blutiger shoot-outs mehr als ordentlich, was letztlich und streitbarerweise wohl gleichfalls sein hervorstechendstes Merkmal darstellt. Die gute Besetzung rechtfertigt das innovationsferne Szenario kaum und Mickey Rourke, der um diese Zeit gerade anfing, sich kläglich von seinem Eighties-Image als neuer Brando zu verabschieden, wirkt in der Hauptrolle mit lächerlich gestutztem Bärtchen und gezupften Augenbrauen doch arg geckenhaft. Dennoch - Genrefreunde dürften sich in der Mehrzahl an "The Last Outlaw" erfreuen, zumal die Gattungsbeiträge ja bekanntermaßen in den letzten zwei Jahrzehnten verhältnismäßig rar gesät sind.

6/10

TV-Film Rache Geoff Murphy Eric Red





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