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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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CONFESSIONS OF AN OPIUM EATER (Albert Zugsmith/USA 1962)


"Here was the secret of happiness, about which philosophers had disputed for so many ages, at once discovered..."

Confessions Of An Opium Eater (Bekenntnisse eines Opiumsüchtigen) ~ USA 1962
Directed By: Albert Zugsmith

Der Abenteurer Gilbert De Quincey (Vincent Price) kommt nach San Francisco, wo er in Chinatown in die Machenschaften einer Tong-Chefin (Linda Ho) gerät, die eine Versteigerung orientalischer Sklavinnen für wohlhabende Geschätsleute plant.

Nach De Quinceys berühmter Novelle entstand dieses durchaus als waghalsig zu bezeichnende trip movie, eine frühe, poetische Vorwegnahme von "Big Trouble In Little China", die im vorgeblichen Gewand eines wilden kleinen Exploiters den schon damals nicht mehr ganz jungen Vincent Price als schwarzgewandeten Seemann zeigt, der im Bannkreis zwischen Opiumpfeife, Baudelaire und kreischenden Mädchen die Kastanien aus dem Feuer holen muss. Price als Actionheld; das mutet bereits als Idee paradox an und in der Tat dürfte er im Zuge der meisten entsprechenden Szenen, die ihn bei Kletteraktionen oder beim Sprung von irgendwelchen Dächern zeigen, gedoubelt worden sein. Zwar ist der Protagonist nur einmal während des Films wirklich direkt berauscht, dennoch gehorcht die gesamte Narration einer seltsamen Traumlogik. Mit dem Eintritt in das fernab der Hauptstraßen liegende Chinatown erhält man zugleich das Visum für eine Parallelwelt, in dem abendländische Wertmaßstäbe passé sind. Passend dazu ist Prices best buddy eine zwergenwüchsige Chinesin (Yvonne Moray). In einer Mischung aus lustvoller Zeigefreudigkeit und kulturellem Respekt springt Zugsmiths Film mitten hinein in dieses räucherstäbchen- und qin-geschwängerte Exotik-El-Dorado und findet am Ende auch ganz bewusst nicht mehr heraus: what happens in Chinatown, stays in Chinatown.

7/10

Albert Zugsmith San Francisco Chinatown Drogen Opium Tongs Thomas De Quincey


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THE MOUNTAIN (Edward Dmytryk/USA 1956)


"My brother was a good man!"

The Mountain (Berg der Versuchung) ~ USA 1956
Directed By: Edward Dmytryk

Über einem Berggipfel der französischen Alpen stürzt im dichten Nebel ein aus Kalkutta kommender Passagierjet ab. Ein erster Bergungsversuche mit einem ortskundigen Führer (Stacy Harris) erweist sich als zwecklos, nur erfahrene Bergsteiger können zu dieser Jahreszeit in die Nähe des Wracks gelangen. Für den gierigen, lebensfrustrierten Fremdenführer Chris Teller (Robert Wagner) eine wohlfeile Chance, das Wrack unbemerkt plündern zu können. Chris nötigt seinen ihnen seit jeher behütenden, wesentlich älteren Bruder Zacharias (Spencer Tracy), der einst ein großartiger Bergsteigerer war und heute nurmehr Schafe hütet, zusammen mit ihm en Aufstieg zu vollziehen. Der moralisch gefestigte, gottesfürchtige Zacharias hält die Aktion für irrsinnig und höchst verwerflich. Nach einer entbehrungsreichen Klettertour finden die ungleichen Brüder das Wrack und in ihm ein überlebendes indisches Mädchen (Anna Kashfi). Zacharias will es unbedingt retten und vom Berg hinabbringen, für Chris ist sie lediglich eine lästige Zeugin seiner Plünderung, die es irgendmöglich loszuwerden gilt...

Im wahrsten Wortsinne high drama, was Edward Dmytryk hier in feinstem, knallfarbigem VistaVision vorgelegt hat. Tracy und Wagner, die zwei Jahre zuvor in Dmytryks "The Broken Lance" noch als sich gegenseitig wohl gesonnenes Vater-und-Sohn-Paar aufgetreten waren, spielten hierin zwei latent spinnefeindliche Brüder, wovon der eine als deutlich älterer stets besonnen und großmütig die Verantwortung für die Lebensuntüchtigkeiten seines jüngeren, von ihm seit dessen Geburt betreuten Bruder übernimmt und diese sogar bis nach dessen Tode beibehält - Grundlage für eine fast gleichnishafte Erzählung. Spencer Tracy als versagend-zwangserzieherischer Ältester beweist mit seiner anrührenden, göttlichen Darbietung neuerlich, dass er wahrhaftig einer der größten Filmschauspieler des 20. Jahrhunderts war. Ansonsten ist natürlich der namenlose menschenfressende Berg der Star, der stellvertretend durch Styropor-Substitute und Rückprojektionen im Studio geschickt zu Ehrfurcht gebietendem Leben erweckt wurde. Ich als zutiefst höhenängstiger Mensch finde "abgründige" Szenen vor tiefen Schluchten, wie "The Mountain" sie bereithält, sowieso grundsätzlich unerträglich spannend und wurde damit nicht zuletzt auf der affektiven Ebene hervorragend bedient. Dabei ist "The Mountain" auch sonst als durch die Bank absolut sehenswert einzustufen.

9/10

Edward Dmytryk Alpen Frankreich Berg Brüder


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LUST FOR GOLD (S. Sylvan Simon/USA 1949)


"You never loved me, you just loved my gold. You can have it all."

Lust For Gold (Der Berg des Schreckens) ~ USA 1949
Directed By: S. Sylvan Simon

Der junge Barry Storm (William Prince) weiß um einen Goldschatz, den sein Großvater Jacob Walz (Glenn Ford) rund sechzig Jahre zuvor in einem nahezu unauffindbaren Versteck in einem Bergmassiv Arizonas in Besitz genommen hat und begibt sich auf die Recherche danach. Schon seit damals hat die Suche nach dem Gold viele Todesopfer gefordert, darunter einige, die auf das Konto eines geheimnisvollen Scharfschützen gehen. So ist überhaupt die gesamte Geschichte des Schatzes blutbefleckt. Schon Jacob hat einst kaltblütig seinen Partner (Edgar Buchanan) erschossen, um das räuberisch erworbene Gold für sich allein zu haben. Später ist ihm die unheilige Beziehung zu der gierigen Julia (Ida Lupino) selbst zum Verhängnis geworden. Und nun steht Barry mitten im Visier des Heckenschützen...

Eine seltene, dafür umso schönere Melange aus Western und film noir, die besondere Effektivität dadurch erhält, dass sie ihre Geschichte auf zwei Zeitebenen erzählt. Die Virtuosität späterer Regisseure, die Gegenwart und Vergangenheit auch direkt gegeneinander montierten und so ein höheres Maß an Komplexität erreichten, bringt "Lust For Gold" noch nicht auf, die Szenen um Barry bilden die narrative Klammer, während Jacobs Geschichte in Form einer geblockten, zentral gelegenen Rückblende erzählt wird. Jene bildet zugleich das unumwundene Herzstück des Films: Glenn Ford als ruchloser, der Goldgier verfallener Loner ist dabei in einer seiner vollendetsten Leistungen zu sehen, ähnliches gilt für die tolle Ida Lupino. Eines der großen, unbesungenen Paare der Kinogeschichte, die sich verdient, gefunden und infolge ihrer jeweils argwöhnischen Natur aus gegenseitigem Misstrauen heraus zerstört haben. Irgendwo im Dunklen, hinterm Vorhang, warten sie darauf, wiederentdeckt zu werden.

8/10

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LEPRECHAUN (Mark Jones/USA 1993)


"I need me gold!"

Leprechaun ~ USA 1993
Directed By: Mark Jones

Der alte Dan O'Grady (Shay Duffin) hat in Irland einen Leprechaun (Warwick Davis) überlistet und ihm dessen Sack voll Goldmünzen entwendet. Um den aggressiven Sagenzwerg zu bannen, sperrt O'Grady ihn im Keller seines Hauses in eine Holzkiste und beschwert diese mit einem vierblättrigen Kleeblatt - der einzige Weg, einen Leprechaun zu schwächen und in Schach zu halten. Doch diese Maßnahme nützt O'Grady nicht viel - er bekommt einen Schlaganfall und landet im Pflegeheim. Zehn Jahre später ziehen J.D. Reding (John Sanderford) und seine verwöhnte Tochter Tory (Jennifer Aniston) in O'Gradys Haus. Es dauert nicht lang, bis der Leprechaun befreit wird und umgehend nach seinem Schatz sucht - dabei wird jeder, der ihn aufzuhalten versucht oder mit dem Gold in Verbindung kommt, gnadenlos attackiert. Zusammen mit dem Anstreichertrio Nathan (Ken Olandt), Ozzie (Mark Holton) und Alex (Robert Gorman) bekämpft Tory den fiesen Leprechaun mit allen Mitteln.

Aus dem damaligen kleinen Fantasy-Slasher ist mittlerweile ein stattliches DTV-Franchise geworden, das bereits fünf Fortsetzungen, denen ich mich in den nächsten Tagen widmen werde, sowie ein momentan in der Produktion befindliches Prequel nach sich zog.
Die frühen Neunziger markierten eine etwas ratlose Periode angesichts der damals stagnierenden Horror- bzw. Slasher-Franchises, die in der Vordekade aus dem Boden gestampft worden waren und florierten: "Halloween", "TCM" und "A Nightmare On Elm Street) hatten gerade längere Auszeiten durchzustehen und wechselten teilweise die Rechte-Schirmherren, bei "Friday The 13th" war dies bereits geschehen und Jason Voorhees wurde auch onscreen zu seiner eigenen Essenz regradiert, "Phantasm", "Basket Case" oder "Hellraiser" verflachten zusehends und für Remakes oder Reboots war die Zeit aufgrund der Publikumsstruktur noch nicht reif. Effektorientierter Horror war nicht mehr recht en vogue und alternative Ideen mussten her. Eine davon schlug sich im "Leprechaun" nieder, einem unübersehbar als slasher comedy für ein halbwüchsiges Publikum konzipierten Fantasy-/Horrorstreifen, der sich mit seiner eher possierlichen Titelfigur im Fahrwasser von Filmen wie "Gremlins", "Critters", "The Gate" oder "The Monster Squad" bewegte: Die Helden und Widerstreiter des/der Monster(s) befinden sich im (teils jüngeren) Teenager-Alter und bieten sich somit auch als Identifikationsfiguren für eine gleichaltrige Rezipiemtenschaft an, die Atmosphäre bleibt stets abenteuerlich und vergleichsweise licht unter Verzicht auf tatsächlich grauen- oder gar albtraumhafte Szenarien. Das bedeutet zugleich, dass angesichts der stark veränderten Sehgewohnheiten nunmehr ein auf reine Evokation zielender Konsum dieses Films weitgehend ausgeschlossen ist und man sich ihm aus anderer Perspektive nähern muss. In seiner gestalterischen Ambition ist er nämlich durchaus ansehnlich, die Ideen um den Goldsack am Ende des Regenbogens, Leprechauns Schuhputz-Ambitionen oder auch um Mark Holton als etwas zurückgebliebenem Schelm und heimlichen Helden überzeugen. Ganz bestimmt kein Spätgewinner oder besonderer Wiederentdeckungskandidat aber für eine Genrechronologie von Wert.

6/10

Mark Jones Sage Leprechaun Slasher Kalifornien


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GWENDOLINE (Just Jaeckin/F 1984)


"Superb, you're superb!"

Gwendoline ~ F 1984
Directed By: Just Jaeckin

Gwendoline (Tawny Kitaen) sucht zusammen mit ihrer Zofe Beth (Zabou Breitman) in China ihren verschollenen Vater, der hier einer seltenen Schmetterlingsspezies auf der Spur war. Zusammen mit dem verruchten Abenteurer Willard (Brent Huff) dringen die beiden Frauen nach diversen Abenteuern zu Lande und zu Wasser in das Reich der Yik-Yak ein, das von einer wahnsinnigen Amazonenkönigin (Berndatte Lafont) beherrscht wird.

Womöglich konzipiert als eine Art "Barbarella" für die Achtziger übernahm der in Angelegenheiten der Hochglanzerotik stets ansprechbare Regisseur Just Jaeckin diese Adaption der Schmutzfinken-Comics um die gleichnamige Titelheldin, deren Schöpfer John Willie die Reihe in den Fünfzigern und Sechzigern zu Papier gebracht hatte. Willie gefiel es als Bondage-Fetischist, seine vollbusigen Heldinnen von engen Fesseln und Knebeln traktieren zu lassen und auf diese Weise ihre - und natürlich seine - geheimen Wünsche zu illustrieren. Tawny Kitaen, deren erste große Darbietung die Rolle der Gwendoline darstellte, war ehedem als Hardrock-Mäuschen bekannt, das durch dieselbe Fönfrisur wie die von ihr angehimmelten Interpreten in den entsprechenden Videos erkennbar war. Zwei Jahre war sie mit David Coverdale von Whitesnake verheiratet und trat regelmäßig in dessen Clips auf. Zusammen mit der damals sogar noch attraktiveren Zabou Breitman lüpft sie gern mal das Blüschen, mehr ist in dieser Hinsicht aber nicht dran. Da punktet "Gwendoline" schon eher mit ein paar frotzeligen Splatter-Einlagen und es kommt Freude auf, wenn ein Paar Ohren am Gefängnisgitter hängenbleibt. Ob die waghalsige Montage, die einen allenthalben glauben lässt, der Film mache urplötzliche Bocksprünge, künstlerische Motive hat oder eher Zeugnis vom Dilettantismus der Hersteller ablegt, vermag ich nicht zu sagen, erstaunt war ich denn aber doch hier und da. Man schaut, man staunt, man schüttelt den Kopf. Gewisse Filme müssen gar nicht mehr leisten.

5/10

Just Jaeckin China Dschungel Exploitation Sleaze Camp Groteske mad scientist period piece Comic


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THE TRAP (Sidney Hayers/UK 1966)


"Go clean the hut."

The Trap (Wie ein Schrei im Wind) ~ UK 1966
Directed By: Sidney Hayers

Der völlig verwilderte und grobschlächtige Trapper John La Bête (Oliver Reed) verbringt 95 Prozent seines Lebens fernab jeglicher Zivilisation in den Wäldern British-Columbias mit Fallenstellen, Tierehäuten und Rumsaufen. Als er sich eines Tages entschließt, sich eine Frau zu nehmen, kommt ihm das Angebot einer gierigen Krämersfrau (Barbara Chilcott) in der Hafenstadt gerade Recht: Gegen den Obolus von 1000 Dollar bietet sie La Bête ihre Patentochter, die seit einem Indianerüberfall auf ihre Familie verstummte Eve (Rita Tushingham). La Bête zögert nicht lang und nimmt die völlig verschüchterte Frau gegen ihren Willen mit. Innerhalb eines Jahres entsteht eine seltsame, symbiotische Freundschaft zwischen dem ungleichen Paar, wobei sie sich gegen seine Annäherungsversuche stets tapfer zu wehren weiß. Als sie jenen zu ihrem eigenen Entsetzen dann doch einmal stattgibt, scheint ein unsichtbares Band zerrissen: Über Umwege kehrt Eve zu ihrer Ersatzfamilie zurück, entscheidet sich jedoch nach wenigen Monaten für eine endgültige Rückkehr zu La Bête.

Ein eigenartiger Abenteuerfilm für Erwachsene, in der die Mär von der Schönen und dem Biest in tatsächlich beinahe kaum codierter Form neu erzählt wird. Nicht umsonst trägt der Frankokanadier La Bête seinen vielsagenden Rollennamen: Als mit lautem, gebrochenen Englisch krakeelender Waldmensch, der mit Blut und Därmen zu tun hat und sein letztes Paar Manieren - sofern überhaupt je gelernt - zusammen mit einer Flasche Rum heruntergespült hat, ähnelt Oliver Reed mehr Tier denn Mann. Dabei braucht er Eve, um nicht seinen letzten Faden zur Menschlichkeit zu verlieren - ihre Zartheit und Schüchternheit bildet den exakten Gegenpol zu La Bêtes lärmendem Wesen. Als er ihr schließlich sein Leben verdankt, verliert er zugleich seine Greulichkeit und schält sein Innerstes hervor, was durch einen lang hinausgeschobenen, unbeholfenen Liebesakt belohnt wird. Doch für die von ihren schrecklichen Kindheitserlebnissen noch immer schwer traumatisierte Eve kommt der vollzogene Koitus einem Verbrechen an sich selbst gleich: Sie flieht und verliert vor lauter Seelenkummer das in jener Nacht gezeugte Kind. Erst als sie mit einem braven, aber kantenlosen Bürgerssohn verheiratet werden soll, erkennt sie ihre wahre Zugehörig- und damit zugleich ihre wahre Persönlichkeit. Dabei enthält sich der Film der zwangsweise befürchteten "Falle", Rita Tushingham am Ende "sprechen zu lassen": Sie bleibt - wenngleich glücklich - stumm. Zumal La Bête sie gar nicht anders braucht.
Angereichert mit dem symbolbehafteten, faszinierten Blick des Europäers auf die unbändige Natur der Schauplätze ist "The Trap" eine höchst ungewöhnliche Romanze, die manch einer Zuschauerin misogyn erscheinen mag, hinter ihrer rauen Schale jedoch sehr viel Zärtlichkeit bereithält.

8/10

Sidney Hayers period piece Kanada


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TYCOON (Richard Wallace/USA 1947)


"I've got a railroad to build."

Tycoon ~ USA 1947
Directed By: Richard Wallace

Die neueste Aufgabe des als höchst zielstrebig bekannten Ingenieurs Johnny Munroe (John Wayne) besteht darin, einen Eisenbahntunnel durch einen gewaltiges Massiv in den Anden freizulegen. Entgegen seines vorhergehenden Rats, statt der risikoreichen Tunnelkonstruktion einen Brückenbau in die Wege zu leiten, hat das Management des Eisenbahnmoguls Alexander (Cedric Hardwicke) als zu kostspielig abgelehnt. Entsprechend unwegsam gestaltet sich Munroes Arbeit: permanent gibt es Un- und andere Zwischenfälle, die die Arbeit trotz hohen Einsatzes immer wieder verzögert. Als Munroe sich zu allem Überfluss in Alexanders Tochter Maura (Laraine Day) verliebt und diese zu des Vaters höchstem Unwillen ehelicht, legt der beleidigte Tycoon den Arbeitern immer noch zusätzliche Steine in den Weg, um Maura auf diesem Wege zu überzeugen, den Falschen geheiratet zu haben. Doch Alexander rechnet weder mit Munroes Entschlossenheit noch mit Mauras aufrichtiger Liebe zu ihm.

Launiges, wenngleich etwas merkwürdiges Heldenepos gestrickt rund um Duke Wayne, der hier wie üblich sich selbst spielt als hochgewachsenen Erz-Amerikaner, der vor exotischer Kulisse irgendwelche üblen kolonialkapitalstischen Belange durchzusetzen trachtet und am Ende natürlich in jeder Hinsicht erfolgreich ist. Soweit also nichts Spezielles. Spaßig wird "Tycoon" dennoch im Hinblick auf seine naive Ausgestaltung. Die Farbfilme der RKO sahen immer etwas anders aus als die der Konkurrenz, schienen stets noch etwas bunter und kontrastreicher und wirken heute aufgrund ihrer mitunter wenig adäquaten Lagerung noch zusätzlich angestaubt. "Tycoon" ist mehr als deutlich sichtbar nirgendwo in Lateinamerika aufgenommen worden, sondern ausschließlich im Atelier respektive im Steinbruch nebenan entstanden. Die eingesetzten matte paintings, besonders die der aus einem Straßenzug bestehenden Lokalmetropole, wirken nunmehr himmelschreiend, dazu gibt es einen der kitschigsten Sonnenuntergänge, die je im Film zu sehen waren. Dabei galt "Tycoon" als Prestigeprojekt der RKO; verwurstete einige Stars, war unverhältnismäßig teuer und stellte den verzweifelten Versuch des Studios dar, an die großen Kritiker- und Publikumserfolge der immer wieder reüssierenden Konkurrenz anzuknüpfen - heuer ein auf den ersten Blick erkennbar zum Scheitern verurteiltes Unterfangen - und gerade deshalb so liebenswert.

7/10

Richard Wallace Bauwesen


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THE CONQUEROR (Dick Powell/USA 1956)


"Dance for me, Tatar woman."

The Conqueror (Der Eroberer) ~ USA 1956
Directed By: Dick Powell

Der mongolische Stammesführer Temujin (John Wayne), der dereinst als Dschingis Khan in die Geschichte eingen wird, raubt die Tatarentochter Bortai (Susan Hayward), deren Vater Kumlek (Ted de Corsia) einst Temujins Vater ermordete. Dennoch will er Bortai zur Frau, koste es was es wolle. Zugleich will Temujin endlich Rache an den Tataren und entspinnt eine Fehde gegen sie, in die er auch den Chinesen Wang Khan (Thomas Gomez) einbezieht. Doch Temujin gerät in die Fänge seiner Feinde, aus denen Bortai, die ihrer heimlichen Liebe zu ihm endlich stattgibt, ihn wieder befreit. In einem einzigen großen Schachzug eignet er sich das Reich Wang Khans an und führt seine und dessen Armee siegreich gegen die Tataren.

In inhaltlicher Hinsicht nicht nur vollkommen banal, sondern nachgerade haarsträubend, ist "The Conqueror" einer der merkwürdigsten Filme aus Duke Waynes mittlerer Schaffensphase. Als letzte Filmproduktion des Millionärs Howard Hughes sowie Prestige- und immenses Risikoprojekt für die RKO erwarb sich "The Conqueror" vor allem den Ruf eines "Mörderfilms": Der Wüstendrehort in Utah lag nämlich genau in der Windrichtung eines Atombombentestgebiets im Nachbarstaat Nevada und wurde unentwegt von den stark radioaktiv verseuchten Staub- und Sandstürmen just durchgeführter Bombentests heimgesucht. Dies hatte mittelbar zur Folge, dass mit über einem Drittel aller an der Produktion beteiligten Darsteller und Stabsmitglieder ein überdurchschnittlich hoher Anteil der Mitarbeiter an Leukämie und anderen strahlungsbegünstigten Krebsarten verstorben ist, darunter Wayne, Susan Hayward, Pedro Armendáriz, Agnes Moorehead und der Regisseur Dick Powell, in erster Linie eigentlich selbst Akteur. Nachweislich hatte dieser für Nachdrehs in Culver City sogar tonnenweise von dem vor Ort lagernden Sandstaub ins Atelier bringen lassen - um möglichst authentische Bilder zu erhalten. Ungeachtet der bösen Ironie, dass ausgerechnet der eherne Anti-Kommunist Wayne durch dem Kalten Krieg geschuldete A-Waffen-Experimente das Zeitliche segnen musste, ist "The Conqueror" lupenreiner Camp, ein Beispiel teurer, verschleuderter Logistik und ein weiterer Beweis der unbestechlichen Unfähigkeit Howard Hughes', Filme auch nur halbwegs gewinnbringend zu produzieren. Dennoch ist er gerade in seinem stolzen, verschwenderischen, kurzsichtigen Versagen sowie als das, was er eben über die Dekaden zu symbolisieren begann, sehr sehenswert.

5/10

Dick Powell Howard Hughes Dschingis Khan Mongolei period piece Camp


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NORTHWEST PASSAGE (King Vidor/USA 1940)


"I'll see you at sundown, Harvard."

Northwest Passage (Nordwest-Passage) ~ USA 1940
Directed By: King Vidor

New Hampshire, 1759: Nachdem sie einen Krach mit dem örtlichen Magistraten (Montagu Love) vom Zaun gebrochen haben, müssen derstudierte Nachwuchskünstler Langdon Towne (Robert Young) und sein versoffener Kumpel Hunk Marriner (Walter Brennan) aus Portsmouth fliehen. Eher unfreiwillig schließen sie sich einer Gruppe britischer 'Rangers' an, tapferer Waldläufer mit unbedingtem Gehorsam zu ihrem Obersten, Major Rogers (Spencer Tracy). Rogers schätzt insbesondere Langdons graphische Talente und so erklärt er ihn zum Kartenzeichner. Als sie bereits unterwegs sind auf einer längeren Mission, erläutert Rogers seinen Männern das Ziel: Das hinter der kanadischen Grenze gelegene Dorf St. Francis ist von marodierenden Abenaki-Indianern eingenommen worden, die dort grausam hausen. Ziel der Rangers ist es, St. Francis zu befreien und sämtliche dort befindlichen Abenaki als abschreckendes Beispiel zu töten. Nach vollführtem Auftrag, während dessen Langdon schwer verletzt wird, erweist sich der lange Rückweg als schwerster Teil der Reise...

Neben dem Unabhängigkeitskrieg gab auch das klassisch-historische Sujet des French-/Indian War, eines Ausläufers und durch Literatur und Kultur sehr populär gewordenen Nebenschauplatzes des Siebenjährigen Krieges, um die späten dreißiger und vierziger Jahre in Hollywood Anlass zu einigen prestigeträchtigen Großproduktionen, die ich persönlich gern als "Dreispitz-Western" zu bezeichnen pflege. Stets in bestechendem Drei-Streifen-Technicolor gedreht und jeder für sich noch heute eine formidable Augenweide, eröffnete dieser inoffizielle kleine Zyklus mit Fords "Drums Along The Mohawk" (Fox), setzte sich mit "Northwest Passage" (MGM) fort und fand seinen vorläufigen Abschluss in DeMilles "Unconquered" (Paramount).
King Vidors Film, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Kenneth Roberts, trägt den heute kaum mehr verwendeten Untertitel "Book I - Rogers' Rangers', der darauf hinwies, dass "Northwest Passage" ursprünglich als zwei- oder mehrteiliges Epos angelegt war. Tatsächlich spielt die nominelle Nordwestpassage im vorliegenden Film bestenfalls eine höchst untergeordnete Rolle; es wird angedeutet, dass sie dereinst noch zu expedieren sei und eine wichtige Rolle bei der Befriedung der Indianerstämme und dem strömenden SIedler-Zuzug spielen werde. Am Ende brechen Rogers (der durch die Schlusseinstellung zu einem amerikanischen Mythos stilisiert wird) und seine Männer auf, um die Nordwest-Passage abzulaufen und zu kartographieren, freilich ohne Langdon Towne, den es mit seiner Braut (Ruth Hussey) in die Alte Welt zieht. Ein weiterer Hinweis auf eine mögliche Fortsetzung, die leider nie realisiert wurde. "Northwest Passage" floppte nämlich in den Kinos und konnte seine kostenintensive Herstellungkaum rechtfertigen. Warum, das kann heuer nurmehr gemutmaßt werden. Zwar weist er einerseits die bezaubernde Unschuld und die jungenhafte Abenteuerlust vor, die Genrefilme aus Hollywood um diese Zeit eint, dennoch ist er in Teilen erstaunlich naturalistisch und vielleicht dem einen oder anderen sauer aufgestoßen: Es wird kein Hehl daraus gemacht, in welch systematischer Weise die Rangers im Zuge ihrer Vergeltungsaktion die Abenaki überfielen, einkesselten und abschlachteten und wie zermürbend ihre Rückreise unter der steten Todesangst vor den nachrückenden französischen Verfolgern, ausfällt. Einige der Jäger verfallen dem Wahnsinn, verzehrender Hunger und Erschöpfung machen sich breit. Selbst Walter Brennan, stets gern als comic relief im Genrefilm eingesetzt, hat zwar zwei, drei Gags - das war's aber auch. Zudem fehlte dem eher kompakten, für die Rolle des rustikalen Rober Rogers durchaus idealen Spencer Tracy möglicherweise die elegante Strahlkraft eines Gary Cooper oder Errol Flynn. Wirklich sehr schade, dass da nicht mehr gekommen ist.

8/10

King Vidor Siebenjähriger Krieg period piece Freundschaft Flucht Kanada New Hampshire French-/Indian War Kenneth Roberts


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BLOOD ALLEY (William A. Wellman/USA 1955)


"This ain't my China anymore."

Blood Alley (Der gelbe Strom) ~ USA 1955
Directed By: William A. Wellman

Der in einem rotchinesischen Gefängnis einsitzende US-Schipperer Tom Wilder (John Wayne) kennt die Küsten Südostasiens hinauf und hinab besser als seine Westentasche. Darum wird er mittels eines geschickten Manövers auch von der schönen Arzttochter Cathy Grainger (Lauren Bacall) aus dem Bau befreit: Er soll der etwa 200-köpfigen Bevölkerung eines kleinen chinesischen Küstendorfes helfen, auf einem alten Raddampfer nach Hong Kong zu entfliehen. Wenngleich das Unternehmen von Anfang an als wahnwitzig gestaltet, ist Wilder bald Feuer und Flamme für seinen neuen alten Kahn und die Leben der 200 Seelen in seiner Verantwortung.

In direkter Folge von "The Sea Chase" noch ein weiteres Seeabenteuer mit Duke als meersalzgegerbtem Kapitän, dem Wasser, Algen und Planken über alles gehen, der sich dann gegen Ende aber doch einer etwas zarteren Liebe ergibt. In "Blood Alley", der in ideologischer Hinsicht ganz nach Waynes Geschmack war, hatte der reaktionäre "Kunstleder-Cowboy" allerlei Gelegenheit, antikommunistische Propaganda zu machen: Die Maos dieses Teils der Welt mit ihrer rückhaltlosen Indoktrination und ihren nach allen Nachbarschaften hin grapschenden Krakenarmen waren Duke schon damals ein immenser Dorn im rechten Auge. Dass die etwas ins Hintertreffen geratende asiatische Provinzbevölkerung allerdings einen starken, westlichen Arm braucht, um sich aus ebenjener roten Umklammerung zu befreien, daran ließ "Blood Alley" keinen Zweifel. Dennoch ganz erstaunlich, wie sich zwei so kurz hintereinander entstandene Filme wie "The Sea Chase" und "Blood Alley" unterscheiden können: Wo ersterer noch ungebrochen die Romantizismen des Golden Age of Hollywood zelebriert, gibt sich zweiterer eher progressiv: In punkto Visualität und äußerer Gestaltung deutet "Blood Alley" mehr in Richtung Moderne; Robert Wises elf Jahre später gemachter "The Sand Pebbles" etwa steht ihm wesentlich näher als sein mit demselben Hauptdarsteller angefertigtes, unmittelbares "Vorgängermodell".

7/10

William A. Welmman John Wayne China Hong Kong Seefahrt Flucht





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