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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THUNDER BAY (Anthony Mann/USA 1953)


"Ha! Stupid oil men..."

Thunder Bay (Die Todesbucht von Louisiana) ~ USA 1953
Directed By: Anthony Mann

Louisiana, 1946: Der Bauingenieur Steve Martin (James Stewart) und sein Kumpel Johnny Gambi (Dan Duryea) wittern endlich die große Chance, einen langgehegten Traum zu verwirklichen: Vor der Küste, im Golf von Mexiko, vermutet Martin riesige, unterseeische Ölvorkommen. Um diese ausfindig zu machen, will er zunächst eine Öl-Rig errichten. Damit eckt er bereits bei den hiesigen Garnelenfischern an, die hinter dem Engagement der Ölförderer eine immense Störung ihres täglichen Broterwerbs wittern. Doch nicht nur die Einheimischen bereiten Martin und Gambi Probleme, auch der finanzierende Konzern wartet auf handfeste Resultate und setzt die Arbeiter unter Zeitdruck.

Inmitten ihres berühmten Westernzyklus fertigten Anthony Mann und sein Hauptdarsteller James Stewart noch drei andere Projekte, das erste davon dieser aus heutiger Sicht inhaltlich reichlich hausbacken wirkende Heimatfilm, in dem die historische, ökonomische und soziale Bedeutsamkeit der landeseigenen Ölförderung betont wird. James Stewart als klassischer amerikanischer Held und Vorreiter ungern gesehener, nichtsdestotrotz progressiver Ideen ist in einer für ihn typischen Rolle zu sehen; ruppig, exzentrisch, mit Ecken und Kanten versehen, aber nichtsdestotrotz beseelt von güldenem Pioniergeist. Am Ende wird alles gut, Martin und der reiche Multi im Hintergrund haben ihr Öl, die Helden jeweils ihr Mädchen und sogar ihre vormaligen Rivalen Ruhe, da sich unter der Bohrplattform ganz zufällig auch die vermissten Garnelen sammeln und damit die Zukunft der Fischer gesichert ist. Die Leistungen von Mann und Stewart sind im Gegensatz zu dieser etwas haarsträubenden Öko-Utopie allerdings tadellos und hätten natürlich, ein etwas anderes Setting vorausgesetzt, auch ebensogut im Wildwest-Milieu angesiedelt werden können.

7/10

Anthony Mann Louisiana Südstaaten period piece Fischerei


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RIVER OF DEATH (Steve Carver/USA 1989)


"Goodbye, old friend!"

River Of Death ~ USA 1989
Directed By: Steve Carver

Im Brasilien des Jahres 1965 ist der Abenteurer Hamilton (Michael Dudikoff) zusammen mit dem Wissenschaftler Blakesley (Victor Melleney) und dessen Tochter Anna (Sarah Maur Thorp) auf der Suche nach einer "Verlorenen Stadt" tief im Amazonasgebiet. Als sie sie endlich finden, bleibt 'Hamilton nur die Möglichkeit zur Flucht vor den kriegerischen Indios, Anna muss er zurücklassen. Zurück in der Zivilisation bemüht sich Hamilton sogleich um die Finanzierung einer weiteren Expedition und tatsächlich scheinen mehrere Interessensgruppen an einer Reise zur Verlorenen Stadt interessiert: Der zwielichtige Polizeichef Diaz (Herbert Lom) etwa, der nicht minder mysteriöe Industrielle Berger (Donald Pleasence) und ein Nazijäger-Pärchen (Rufus Swart, Foziah Davdson). Wie Hamilton bald herausfindet, bildet die Verlorene Stadt nämlich nicht nur die Heimat aggressiver Indianer, sondern auch den Verbreitungspunkt eines Lepravirus und außerdem das Exil des flüchtigen Naziarztes Dr. Manteuffel (Robert Vaughn), mit dem diverse Zeitgenossen noch eine persönliche Rechnung offen haben...

Ziemlich bizarrer Streifen, den Corman-Lehrling Steve Carver da für die dämmrige Cannon inszeniert hat. "The Boys From Brazil", gepaart mit den ersten Minuten von "Raiders Of The Lost Ark" hat es hier, garniert mit einigen Altstars, die während dieser Zeit in allerlei ihrer früheren Karrieren unwürdigen Filmen auftraten, um ihre Pensionskasse aufzubessern und sich dabei zudem auffallend häufig untereinander kombiniert fanden. Ernest Borgnine und George Kennedy fehlten eigentlich noch. Nun, geteiltes Leid ist halbes Leid. Auch Peckinpah-Standard L.Q. Jones, der für Carver bereits in "Lone Wolf McQuade" spielte, gibt sich die zweifelhafte Ehre. Immerhin führen diese Auftritte regelmäßig dazu, dass man sich bisweilen in einem deutlich wertigeren Film wähnt, als man seiner letzten Endes ansichtig ist, so auch im Falle "River Of Death". Zwar müht sich Dudikoff nach Kräften, den ihn umgebenden darstellerischen Schwergewichten Paroli zu bieten, aber im Angesichte des Elefanten bleibt selbst die stärkste Ameise bloß eine Ameise (alte Funxton-Weisheit). Das völlig verworrene, sich auf den Trivialromancier Alistair MacLean berufende Storykonstrukt präsentiert sich als, gelinde formuliert, anstrengend, weil ziehfreudig anzuschauen. Was sich von "River Of Death" hält, sind seine interessanten Produktionsumstände und das Resultat als exemplarisches, anschauliches Ergebnis eines vorprogrammierten Scheiterns, einem jener Sorte, von der der Schrotthaufen der Filmgeschichte voll ist.

4/10

Cannon period piece Nationalsozialismus WWII Amazonas Brasilien Rache Alistair MacLean


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OCTOPUSSY (John Glen/UK 1983)


"Mr. Bond is indeed of a very rare breed."

Octopussy ~ UK 1983
Directed By: John Glen

Der in Ostberlin tätige 009 wird, als Clown verkleidet, tot aufgefunden, ein kostbares, russisches Fabergé-Ei in der Hand - das sich allerdings als Fälschung herausstellt. Das Original wird kurz darauf bei Sotheby's versteigert. Dort stößt James Bond (Roger Moore) auf den zwielichtigen Kunsthändler Kamal Khan (Louis Jordan), der Verbindungen zu der in Indien sesshaften Schmugglerin Octopussy (Maud Adams) pflegt. Bond findet, nachdem er Kamal nachgereist ist, heraus, dass dieser noch ganz andere Geschäfte betreibt: Im Auftrag des kriegstreiberischen Sowjet-General Orlof (Steven Berkoff) soll Kamal nämlich via Octopussys fahrendem Zirkus eine Atombombe auf den bei Berlin liegenden US-Militärstützpunkt Feldstadt schaffen und zur Detonation bringen.

Hier wird es dann nach dem vielversprechenden "For Your Eyes Only" doch wieder etwas lächerlicher: Schon Bonds Pre-Title-Mission in Kuba ist aufsehenerregend, aber höchst albern aufbereitet, später gibt es eine Verfolgungsjagd durch Delhi (tatsächlich Udaipur) mit dreirädrigen Karrentaxis samt einer entfesselten Sequenz auf einem Fakirmarkt, später dann eine Elefantenjagd, auf der es Bond nacheinander mit Vogelspinnen, einem Tiger, einer Schlange, Blutegeln und Krokodilen zu tun bekommt. Die Gadgets sind auf beiden Seiten von ausgesuchter "Finesse": Eine Jojo-Kreissäge sowie ein als Krokodil getarntes Bötchen sind da bloß die Spitze des Eisbergs. Später verfolgt Bond per Mercedes einen fahrenden Zug - indem er diesem nackten Felgen auf den Gleisen hinterhersaust.
Die Bösewichte sind diesmal in Truppenstärke vorhanden; am meisten Eindruck hinterlässt der großartige Theaterautor Steven Berkoff, der rund ein Jahr später faktisch nochmal dieselbe Rolle in "Rambo: First Blood Part II" repetierte und auch in "Beverly Hills Cop" als tuckiger Heroinschieber eine Gala-Vorstellung lieferte. Berkoff ist vielleicht überhaupt der Film-Villain der ersten Hälfte der Achtziger. Doch auch Jordan und der stets sorgfältig turbanierte Kabir Bedi als Würfel zerquetschender Gobinda sind zum Liebhaben. 'Q' Desmond Llewelyn erhält einen deutlich größeren Aktionsradius als gewohnt, der Tennisspieler Vijai Amritraj ist überaus sympathisch und die Messer werfenden Zwillinge Mischka und Grischka (David & Tony Meyer) vergisst man trotz stets steifer Miene auch nicht mehr. So sind es vor allem die Auftritte all dieser so genannten 'supporting actors', die "Octopussy" seine Vitalität verleihen.

7/10

John Glen James Bond 007 London Indien Delhi Atombombe Zirkus DDR Berlin Kalter Krieg Kuba


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FANTASTIC VOYAGE (Richard Fleischer/USA 1966)


"When can I catch the next train back to town?"

Fantastic Voyage (Die phantastische Reise) ~ USA 1966
Directed By: Richard Fleischer

Der verdutzte Regierungsagent Grant (Stephen Boyd) erfährt nicht nur, dass eine geheime, unterirdische Abteilung existiert, in der seit längerem erfolgreich Miniaturisierungsexperimente durchgeführt werden, sondern auch, dass er selbst Teil einer entsprechenden Mission werden soll. Einer der leitenden Köpfe der Technologie, Dr. Benes (Jean De Val), ist zuvor mit Grants Hilfe durch den Eisernen Vorhang in den Westen entkommen, wird jedoch bei einem Anschlag schwer verletzt: Ein Thrombus in der Nähe des Gehirns versetzt ihn ins Koma. Zusammen mit vier Wissenschaftlern (Arthur Kennedy, Raquel Welch, Donald Pleasence, William Redfield) soll Grant nun mittels eines auf mikroskopische Größe verkleinerten U-Boots in Benes' Blutkreislauf geschossen werden, um den Thrombus per Laserstrahl aufzulösen. Die folgende Reise durch Benes' Körper erweist sich als komplizierter als zunächst angenommen...

Einer der einstmals seltenen Ausflüge Richard Fleischers in phantastische Gefilde, mit der üblichen Sorgfalt und Connaissance des heimlichen Meisters formal perfekt und spannend inszeniert. Ist man großmütig genug, die hier und da auftauchenden, kleinen Logikfallen, denen das Script aufsitzt, zu übersehen, wird man von eineinhalb Stunden blendend eingestieltem Genrekino verwöhnt, einem witzigen Ensemble, dessen heimlicher chef du cuisine natürlich der stets kurz vorm Durchdrehen stehende Donald Pleasence ist, vielleicht ohnehin der Mime des 20. Jahrhunderts, der am formidabelsten Wahnsinnige geben konnte. Ansonsten fügt sich alles der Erwartung gemäß: Die Welch drückt die Brust raus, Arthur Kennedy sieht man seine schweren Alkoholprobleme mittlerweile deutlich an und als die eigentlichen Obligata des Films erweisen sich einmal mehr die Ausstattungskünstler, die sich mit dem wabernden, von LSD-Erlebnissen beflügelten Design des Körperinneren selbst übertreffen. It's trippy.

8/10

Miniaturisierung Operation Richard Fleischer Kalter Krieg


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ROBINSON CRUSOE ON MARS (Byron Haskin/USA 1964)


"Mr. Echo, go to hell."

Robinson Crusoe On Mars (Notlandung im Weltraum) ~ USA 1964
Directed By: Byron Haskin

Die zwei US-Astronauten Draper (Paul Mantee) und McReady (Adam West) geraten in die Atmosphäre des Mars und müssen auf dem roten Planeten notlanden. McReady überlebt die Aktion nicht, Draper kann sich zusammen mit dem Versuchsäffchen Mona retten. Die folgenden Monate verbringt er damit, sein Überleben zu sichern, wobei ihm besonders die Instinkte des Tieres vonnutzen sind. Draper findet eine Möglichkeit, Sauerstoff aus porösem Gestein zu destillieren sowie Nahrung und Wasser. Schließlich entdeckt er, dass er nicht der einzige Mensch in der Einöde ist: Draper kann einen von hochtechnisierten außerirdischen Despoten zum Sklaven gemachten Einheimischen retten, seinen "Freitag" (Victor Lundin). Gemeinsam meistert man fortan die Widrigkeiten des Marslebens.

Eine sehr sympathische "Crusoe"-Adaption hat Byron Haskin, der bei seinen SciFi-Filmen trotz relativ beschränkter Mittel stets einen etwas ernsthafteren Ansatz darlegte als seine Kollegen, da geschaffen. Die günstige Produktion erweist sich hier sogar ausnahmsweise als vorteilhaft, da sie in besonderer Weise die Kreativität des Set Designs schürt. Gedreht im Death Valley, erscheint der "marsianische" Himmel hier durch entsprechende Nachbearbeitung in verschiedensten violettenen Tönen und macht die futuristische Robinsonade damit im visueller Hinsicht sogar zu einem kleinen trip movie. Die dreieckigen, nervös umherflitschenden Gleiter der Extraterrestrier, deren Motive dunkel bleiben, aber, soviel macht der Film bewusst, alles andere als ehrenhaft sein können, bestätigen diesen Eindruck noch. Doch auch sonst erweist sich "Robinson Crusoe On Mars", der sich jeder Form von Camp oder Trash strikt entgegenstellt, als erstaunlich geistesverwandt mit seiner Vorlage und zeigt, dass ernstzunehmendes, gescheites Genrekino bereits vor "2001" existierte.

8/10

Robinsonade Byron Haskin Daniel Defoe Mars Zukunft Affe Ib Melchior


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BAGDAD (Charles Lamont/USA 1949)


"Curse them! May they be forced to eat desert sand and choke of it!"

Bagdad ~ USA 1949
Directed By: Charles Lamont

Als die feurige Bedu-Prinzessin Marjan (Maureen O'Hara) von ihrer kostspieligen englischen Erziehung nach dem Zweistromland zurückkehrt, findet sie deutlich veränderte Zustände vor: Ihr Vater wurde ermordet und sein Stamm zerstreut, der süffisante Pascha Al Nadim (Vincent Price) hält jetzt die Machthoheit in Bagdad und eine Räubergruppe, die "Schwarzen Roben", rauben Karawanen aus und stehlen Waffen und Geschmeide. Nachdem Marjan mit Mühe und Not durchgesetzt hat, dass auch eine Frau funktionierende Waffen einsetzen kann, tut sie sich mit dem eigentlich stammesverfehdeten Prinzen Hassan (Paul Hubschmid) zusammen und deckt die Hintermänner der Schwarzen Roben auf...

In Teilen toll, insgesamt jedoch leider allzu schlecht strukturiert und zu sehr hingeschludert, um als wirklich prächtiges Werk durchzugehen. Die Ursachen dafür lassen sich in Ermangelung adäquaten Hintergrundwissens lediglich mutmaßen; zu beobachten sind eine herrliche Farbgebung, O'Hara und Price in jeweils großartiger Form und als tolle Antagonisten, an deren Ankathete der schwyzerische Aushilfs-Errol-Flynn Hubschmid ziemlich verblasst. Ferner mangelt es der Dramaturgie an der notwendigen Action und Kinetik, die ein solcher Stoff für seinen Erfolg a priori benötigt, die politischen Ränkespiele hinter der im Prinzip simplen Handlung sind unnötig irreführend und uninteressant, am Ende gibt es dann einen Showdown, der gar keiner ist. Die notwendige klimaktische Spitze bleibt einfach aus und urplötzlich ist "Bagdad" vorbei, bevor man überhaupt mitbekommen hat warum. Ob die Universal den Film als Abschreibungsobjekt nutzte oder warum hier sonst so gekleckert wurde - ich weiß es wie erwähnt nicht. Mit einem versierteren Script und einem ambitionierteren Regisseur hätte es ein großer Film werden können. So leider nicht. Immerhin, is ja bald Karneval, ein Anlass für den lustigen alten Jokus: "Wat sacht der irakische Bäckermeister zu sein' Lehrling?" - genau.

5/10

Charles Lamont Bagdad period piece Wüste Arabien


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ALI BABA AND THE FORTY THIEVES (Arthur Lubin/USA 1944)


"For a man's country or his stomach he might bid his life, even for his horse. But never, never for a woman."

Ali Baba And The Forty Thieves (Ali Baba und die 40 Räuber) ~ USA 1944
Directed By: Arthur Lubin

Durch den Verrat des feigen Großwesirs Cassim (Frank Puglia) verliert der kleine Ali (Scotty Beckett) seinen Vater, den Kalifen von Bagdad (Moroni Olsen) und zugleich sein Anrecht als Thronfolger. Stattdessen setzt sich der mongolische Eroberer Hulagu Khan (Kurt Katch) auf selbigen. Ali flüchtet in die Wüste und findet in den berüchtigten 40 Räubern seine neue Familie. Als Erwachsener (Jon Hall) hat Ali seine Rache nicht vergessen. Die Räuberbande hat er unterdessen zu tapferen Partisanen gemacht, mit deren Hilfe er gegen den Khan und Prinz Cassim zu Felde zieht. Wäre da nur nicht Cassims Tochter, Alis große Kindheitsliebe Amara (Maria Montez), die jetzt dem Khan versprochen ist.

Mit der aus "Arabian Nights" und dem zwischenzeitlich entstandenen "White Savage" bekannten Traumpaarung Hall/Montez, dazu noch samt dem österreichisch-ungarischen Darsteller Turhan Bey machte sich die Universal an ihren zweites großes Orient-Abenteuer. Sabu war leider nicht mehr an Bord, dafür gab jetzt Ford-Standard Andy Devine den Sidekick Halls, der hier ausnahmsweise einmal nicht den fetten Feigling spielen musste, sondern einen trotz seiner Leibesfülle durchaus beredten Schwertkämpfer und Reiter, der dem Helden am Ende sogar den Arsch rettet. Mit der ausgelassenen Stimmung von "Arabian Nights" hält "Ali Baba" nicht ganz Schritt, dafür nimmt er seine Sache aber um Einiges ernster, kredenzt eine bewegende Sterbeszene um Alis Ersatzvater (Fortunio Bonanova) und hält noch andere, schmucke Ideen bereit. Daher dem "Vorgänger" durchaus ebenbürtig.

7/10

Arthur Lubin Bagdad 1001 Nacht Arabien period piece


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ARABIAN NIGHTS (John Rawlins/USA 1942)


"Haroun Al-Badchid! Haroun Al-Baschid!"

Arabian Nights (Arabische Nächte) ~ USA 1942
Directed By: John Rawlins

Der Zwist mit seinem niederträchtigen Bruder Kamar (Leif Erickson) kostet Haroun (Jon Hall), den Kalifen von Bagdad, beinahe das Leben. Zudem spielt der Großwesir Nadan (Edgar Barrier) ein doppeltes Spiel. Der junge Akrobat Ali (Sabu) jedoch entdeckt Haroun noch gerade rechtzeitig und übergibt den Schwerverletzten der Pflege seiner Kollegin, der hochmütigen Tänzerin Scheherazade (Maria Montez). Diese, im steten Glauben daran, dereinst den Thron Bagdads zu besteigen, verliebt sich in Haroun, ohne zu wissen, wen sie da eigentlich vor sich hat. Als die Freunde zunächst in die Hände von Sklavenhändlern, dann in Kamars Gewalt geraten und sich freikämpfen müssen, hat Scherazade sich einzugestehen, dass Kleider keine Leute machen.

Ein buntes Technicolor-Abenteuer aus Zeiten, da der gemeine US-Bürger Bagdad noch nicht mit raketenwerfenden, fantatischen Schnurbart- und Barettträgern assoziierte, sondern mit Bauchtänzerinnen, gut ausgestatteten Harems, fliegenden Teppichen und Turbanen. Sabu, der kurz zuvor mit dem "The Thief Of Bagdad"-Remake Weltruhm errungen hatte, wurde kurzerhand nach Hollywood umgesiedelt und in einer analogen Rolle, als hero's best friend und Romanzenstifter nämlich, bei der Universal unter Vertrag genommen. Der Produzent Walter Wanger derweil nutzte das spartenerprobte Studio, um hier eine kleine, aber für gute zehn Jahre stet weitergeführte Reihe von orientalischen swashbucklers zu initiieren. Der Erfolg gab ihm Recht: Die inszenierung des Handarbeiters John Rawlins ist frisch, unterhaltsam, lustig und überhaupt die komplikationsbefreite Verbildlichung von "unprätenziös". Entsprechend kurzweilig der Film, wobei er für einen wahren Klassiker wohl doch etwas zu glatt geraten ist.

7/10

John Rawlins 1001 Nacht Bagdad period piece Arabien Sindbad


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BLACK NARCISSUS (Michael Powell, Emeric Pressburger/UK 1947)


"How do I know what nuns eat?"

Black Narcissus (Die schwarze Narzisse) ~ UK 1947
Directed By: Michael Powell/Emeric Presburger

Die junge Ordensschwester Clodagh (Deborah Kerr) soll in Mopu im indischen Teil des Himalaya eine Klosterschule für die einheimischen Mädchen leiten, sie das Wort Gottes, die englische Sprache und ein Mindestmaß gepflegter, abendländischer Zivilisiertheit lehren. Zusammen mit vier weiteren Nonnen nimmt sie die schwierige Arbei in Angriff. Doch das Kloster, ehemals ein lokaler Herrscherpalast, übt auf die fünf Neuankömmlinge teils höchst unterschiedliche, in jedem Fall allerdings eine prägende Wirkung aus: Sie alle besinnen sich ihrer lange verdrängten, weltlichen Wurzeln, trauern ihrem früheren Leben und lange verflossenen Liebschaften hinterher oder verlieben sich, wie im Falle der zunehmend psychotischen Schwester Ruth (Kathlee Bryon), sogar neu - in den britischen Verwalter Dean (James Farrar). Jener indes ahnt, dass der Berggipfel mit missionarischer Geisteshaltung nicht zu bezwingen ist und prognostiziert bereits früh die heraufziehende Katastrophe...

Ein Hochgenuss in jeder Hinsicht, demonstriert dieses große Kunstwerk von Powell und Pressburger, was Kino einst zu leisten im Stande war: Die Erschafung von Mythen, Geheimnissen und Exotik, nicht minder den zielgerichteten, klugen Einsatz von Technicolor, der dem Gesamwerk dienlich war und den mittlerweile völlig verbrauchten Begriff "Farbdramaturgie" greifbar erläutert. Dazu die fein pronocierte antiimperialistische Gesinnung des Ganzen, die am Ende nichts anderes herausprustet als ein beleibtes "Wir haben euch nicht gerufen, wir wollen und brauchen euch und euresgleichen nicht! Verschwindet hier oder bleibt und verderbt!". Eine bittere Erfahrung für die darbenden, dem erotischen Vertrocknen nahen Bräute Jesu, die denn auch nicht durchweg dem von Mystik und primitiver Wollust geschwängerten Klima und den in der Luft zu liegen scheinenden Verlockungen jenes gleichermaßen so kontemplativen und beflügelnden Ortes widerstehen können. Cardiffs Bilder sind voll von symbolischer Schönheit, seine Gesichter, jedes aus anderer Perspektive und Beleuchtung aufgenommen, von ebenmäßiger Kraft. Der Moment, als die zuvor nur im weißen Gewand zu sehende Ruth plötzlich als "normale" Frau dasteht, rothaarig, schön, und doch den fiebrigen Irrsinn im Blick, wirkt auf verstörende Art berühend und kann es in seiner Wirkung mit jedem Horrorfilm-Schockmoment aufnehmen.

10/10

Michael Powell Emeric Pressburger Jack Cardiff Kloster Indien Nonnen Madness Himalaya


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IM REICHE DES SILBERNEN LÖWEN (Franz Josef Gottlieb/BRD, E 1965)


"Allah sei mit dir, Effendi." - "Und Gott mit dir."

Im Reiche des silbernen Löwen ~ BRD/E 1965
Directed By: Franz Josef Gottlieb

Der Machredsch von Mossul (Djordje Nenadovic) konnte sich retten und plant, neben der Rache an Kara Ben Nemsi (Lex Barker) und seinen Verbündeten, des von der weisen Mara Durimeh (Anne-Marie Blanc) behüteten Chaldäerschatzes habhaft zu werden. Zu diesem Zweck verbündet sich der Machredsch mit dem gefürchteten Banditenboss Abu Seif (Sieghardt Rupp), entführt die schöne Ingdscha (Marie Versini), die sich mittlerweile in Karas Freund Ahmed El Corda (Gustavo Rojo) verliebt hat und erwirkt beim Padischah (Fernando Sancho) eine Komplett-Amnestierung. Dieser, gegen Kara und Halef (Ralf Wolter) aufgehetzt, lässt die Freunde eine gefährliche Prüfung bestehen, bevor sie der Mara Durimeh zur Hilfe eilen können.

Chris Howland, der auch in "Im Reiche des silbernen Löwen" wieder als Sir Davids (Dieter Borsche) Butler Archie zu sehen ist, wusste bis vor wenigen Jahren angeblich noch nichteinmal von der Existenz dieses Films. So haben Regisseur und Hauptdarsteller ebenfalls erst vor Ort in Almería und per Zufall erfahren, dass sie hier eigentlich zwei Filme herstellen, anstatt, wie allgemein angekündigt, nur einen. Artur Brauner, für diese windige Art der Geschäftspraxis zuständig und verantwortlich, hatte sich in der Folge mit mehreren Klagen durch die gerichtlichen Instanzen zu prügeln, unter anderem mit einer von Lex Barker, die dieser erst Jahre später gewinnen konnte. Für Brauner wurde "Im Reiche des silbernen Löwen" somit zum Abschreibeobjekt degradiert: Der Film ist bei aller sonstigen, dem Vorgänger "Durchs wilde Kurdistan" immerhin in punkto Ausstattung und Inszenierung absolut ebenbürtigen Qualität, sehr nachlässig und hastig montiert worden, was seinem Rhythmus zumindest geflissentlich schadet. Zudem ließ Brauner den Film nicht über seine übliche Verleihfirma Gloria, sondern über die Münchener Nora ins Kino bringen, um einen älteren Vertrag erfüllen zu können. Die bis heute komplizierte Rechtelage verhinderte somit auch eine Restauration von "Im Reiche des silbernen Löwen", der als einziger May-Film der Sechziger selbst auf DVD nur in minderwertiger Qualität und im falschen Format vorliegt. Dieses unflätigen Missstandes könnte und sollte sich einmal endlich jemand annehmen.

6/10

Franz Josef Gottlieb Karl May Kara Ben Nemsi Naher Osten Orient Sequel period piece





Filmtagebuch von...

Funxton

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