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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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MOONRISE KINGDOM (Wes Anderson/USA 2012)


"Our daughter's been abducted by one of these beige lunatics!"

Moonrise Kingdom ~ USA 2012
Directed By: Wes Anderson

Neuengland in den Sechzigern: Der zwölfjährige Waisenjunge und Pfadfinder Sam (Jared Gilman) und seine gleichaltrige Brieffreundin Suzy (Kara Hayward) büchsen gemeinsam aus und flüchten sich in eine einsam gelegene Bucht, wo sie erste romantische Gefühle füreinander entdecken. Die verantwortlichen Erwachsenen, darunter Suzys Eltern (Bill Murray, Frances McDormand), Polizei-Captain Sharp (Bruce Willis) und Scout Master Ward (Edward Norton), brechen derweil in blinde Hysterie aus. Dieser folgt nach dem Einfangen der Kinder ein weiterer, noch weitaus ernster gemeinter Fluchtversuch, dem erst durch Sharps beherztes Eingreifen Einhalt geboten werden kann.

Erneut kann Wes Anderson seinem Herzen für verschrobene Zeitgenossen und ihren Leib-, Magen-und Seelenbedürfnissen Rechnung tragen. Protagonist Sam etwa lässt sich möglicherweise als eine jüngere Version von Max Fischer einsortieren und passend dazu hat auch Jason Schwartzman seinen (obligatorischen) Auftritt im Film. Den skurrilen Humor pflegt Anderson auch weiterhin, wie bereits in den letzten Filmen nimmt er sich diesbezüglich jedoch gepflegt zurück und räumt der zärtlichen Liebesgeschichte seiner beiden Hauptfiguren den Löwenraum ein, ohne, dass diese sich jedweder Lächerlichkeit oder auch nur einem überheblichen Blinzeln preisgeben müssten. Ob diese Distanzaufhebung seine Filme besser macht, weiß ich nicht, ernster, erdiger und auch etwas melancholischer werden sie dadurch auf jeden Fall, selbst wenn ein plötzlicher Blitzschlag sein Opfer kurzfristig und cartoonesk zum Mohren macht. Großer Stilist, der er eben ist ("Buckliger, du sollst nicht reimen!") bleibt Anderson ansonsten seinen einmal installierten Meriten treu und taucht seine entrückte Welt in goldene Herbstfarben, die geradewegs einem der Fantasy-Mädchen-Romane Suzys entsprungen sein mögen. So wie der Titel. Und der Kreis schließt sich.

9/10

Wes Anderson period piece Coming of Age Teenager Pfadfinder Kinder Herbst


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ERCOLE ALLA CONQUISTA DI ATLANTIDE (Vittorio Cottafavi/I, F 1961)


Zitat entfällt.

Ercole Alla Conquista Di Atlantide (Herkules erobert Atlantis) ~ I/F 1961
Directed By: Vittorio Cottafavi

Herkules (Reg Park) und sein Freund Androklus (Ettotre Manni), König von Theben, wohnen einer nervenaufreibenden Vision bei, die nicht nur das Ende Griechenlands, sondern sogar das der ganzen Welt prophezeit. Zusammen mit Herkules' Sohn Illus (Luciano Marin) und dem lustigen Zwerg Timotheos (Salvatore Furnani) bricht man übers Meer auf, die dräuende Gefahr ausfindig zu machen und zu beseitigen. Jene zeigt sich bald in Form der sagenhaften Insel Atlantis respektive deren Königin Antinea (Fay Spain), einer machtgierigen Diktatorin, die ihrem Machterhalt zur Bedingung ohne zu zögern ihre Tochter (Laura Efrikian) opfern will und mithilfe eines mystischen Steines eine Superrasse züchtet, mit deren Unterstützung sie die Weltherrschaft anstrebt.

Noch schöner als Cottafavis erster "Herkules"-Film mit Mark Forest gestaltet sich dieser Meilenstein des Schundfilms. Herrliche, verschwenderisch mit Goldlack bepinselte Plastikbauten, kurzsichtige Maskenbildnerei (Antineas blondbärtige Ariergarde steht den Heino-Zombies aus "Otto - Der Film" in nichts nach), des Recken bemühter Kampf gegen ein teuflisch kindergartenkostümiertes Monster namens Proteus, das sich wahlweise auch in einen sattgefressenenen, dressierten Zirkuslöwen oder in eine dreißig Zentimeter lange Babypython verwandeln kann und natürlich Reg Park selbst, mein persönlicher Lieblings-Herkules, machen Cottafavis Film zu einem Erlebnis. Meine wie immer überheblich konnotierte Schilderung des Films soll dabei der spürbarten Vitalität der Inszenierung, die vor einem fast kindlichen Enthusiasmus sowie dem Mut zur Ernsthaftigkeit inmitten der eigenen Trashprämisse strotzt bitte nicht den Weg abschneiden. "Ercole Alla Conquista Di Atlantide" ist wirklich italienischer Bodybuilder-/Sandalen-Gurkensalat at its finest accomplishment!

8/10

Vittorio Cottafavi Herkules Griechenland Atlantis Europloitation Griechische Mythologie


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LA VENDETTA DI ERCOLE (Vittorio Cottafavi/I, F 1960)


Zitat entfällt.

La Vendetta Di Ercole (Die Rache des Herkules) ~ I/F 1960
Directed By: Vittorio Cottafavi

Herkules (Mark Forest) kehrt von einem Abenteuer im Hades zurück, an deren erfolgreichem Ende er dem Gott der Rache einen in der Unterwelt aufgespürten Blutdiamanten opfern kann. Doch auch in der Oberflächenwelt geht es heiß her: Der böse Tyrann Eurytos (Broderick Crawford) plant die Eroberung Thebens und sucht dafür willfährige Mitstreiter. Derweil erliebt sich Herkules' Sohn Hylos (Sandro Moretti) in die flotte Thea (Federica Ranchi), ein Umstand, den Eurytos wohlfeil für allerlei Ränke gegen seinen muskelbepackten Erzfeind zu nutzen weiß. Der jedoch schreckt selbst vor Elefanten nicht zurück.

Nach Steve Reeves war Mark Forest der zweite Herkules im italienischen Sandalenopus im ersten von zwei Filmen des immens visuell denkenden Regisseurs Cottafavi. "La Vendetta Di Ercole" hat eigentlich gar keine richtige Geschichte, sondern präsentiert eine Abfolge schaulustiger Szenen, deren Zusammenhang bestenfalls einer surrealistischen Traumlogik folgt. Daher konnte der Film in unterschiedlichen Ländern auch in ganz unterschiedlichen Schnittfassungen ohne besondere strukturelle Einbußen gezeigt werden. So bekamen die Amerikaner etwa noch einen Kampf zwischen dem Halbgott und einem Drachen in Stop-Motion-Animation zu sehen, der bei uns völlig fehlt. Worauf wir glücklicherweise nicht verzichten mussten, ist Herkules' Hades-Abstieg, im Zuge dessen er gegen den Höllenhund Zerberus und gegen ein plüschiges Fledermausmonster kämpfen muss - im Film als Kreaturen zu sehen, die dem "Spezial" in "Spezialeffekt" eine ganz neue semantische Konnotation abringen. "La Vendetta Di Ercole" ist an der Oberfläche zwar doof und billig, in seinen spezifischen Bahnen jedoch getragen von absoluter Könnerschaft sowie inbrünstiger Fabulierfreude und gerade deshalb beseelt von einem unwiderstehlichen Charme.

7/10

Vittorio Cottafavi Herkules Griechenland Europloitation Sandalenfilm Griechische Mythologie


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TARZAN AND THE MERMAIDS (Robert Florey/USA 1948)


"Balu no God. Just man."

Tarzan And the Mermaids (Tarzan in Gefahr) ~ USA 1948
Directed By: Robert Florey

Tarzan (Johnny Weissmuller) und Jane (Brenda Joyce) finden die erschöpfte Mara (Linda Christian), die vor ihrem Volk, den Aquitaniern geflohen ist, weil sie mit dem angeblichen Gott Balu verheiratet werden soll. Hinter dessen Maske verbirgt sich der skrupellose Perlenschmuggler Varga (Fernando Wagner), der die Naivität der Eingeborenen für seine Zwecke ausnutzt und mithilfe des falschen Hophepriesters (George Zucco) im ortseigenen Tempel haust wie die Made im Speck. Als Mara zurückentführt wird, folgt ihr Tarzan und bringt die Sache vor Ort in Ordnung, indem er Varga enttarnt und den Aquitaniern die nötige Vernunft einbläut.


Der letzte "Tarzan"-Film mit Johnny Weissmuller, mittlerweile immerhin stolze 45, schlägt nochmal eine recht ungewohnte Richtung ein. Erstmals zu weiten Teilen in freier Natur in Mexiko gefilmt und trotz des unveränderten Schauplatzes Afrika mit polynesischem Inselflair angereichert gibt sich der Film merkwürdig kulturübergreifend. Zudem hat Tarzan gleich mehrere neue Freunde im Schlepptau, darunter einen wackeren Kolonialpolizisten (Edward Ashley) und den öligen Glücksritter Benji (John Laurenz), der sich, mit Strohhut und Ukulele ausgestattet, als Postbote und Lieder-Improvisator durch den Dschungel schlägt und für einige flaue Gags zu sorgen hat. Diese Figuren zielen ganz offensichtlich auf einen späteren Ausbau ihrer selbst ab, zu dem es jedoch nicht mehr kam: Schon im folgenden Jahr übernahm Lex Barker den Lendenschurz für den umtriebigen Sol Lesser und gab dem Franchise damit einige neue Impulse. Höhepunkte dieses bis dato außerdem kürzesten "Tarzan"-Abenteuers aus den Häusern RKO bzw. MGM bilden die Auftritte der überaus ansehnlichen Linda Christian, einem halbmexikanischen Starlet, das über Errol Flynn zum Film gekommen war, später Tyrone Power heiratete und Mutti der Trällerliese Romina Power wurde; Tarzans leider nur kurzes Duell mit einem Riesenkraken und die letzte Einstellung, in der Cheetah buchstäblich den schmierigen Mariachi Benji nachäfft.
Schön war's.

7/10

Tarzan Afrika Sequel Robert Florey Krake


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TARZAN AND THE HUNTRESS (Kurt Neumann/USA 1947)


"You on one side of the river - Tarzan on the other side."

Tarzan And The Huntress (Tarzan wird gejagt) ~ USA 1947
Directed By: Kurt Neumann

Als ein paar weiße Großwildjäger, die ihre Lebendbeute an internationale Zoos verscherbeln wollen, in Tarzans (Johnny Weissmuller) Gebiet vordringen, erwartet sie harscher widerstand. Der weise König Farrod (Charles Trowbridge), dem das Gebiet untersteht, gestattet ihnen zwar, jeweils ein Pärchen mitzunehmen, dies ist den gierigen Herrschaften jedoch zu wenig. Also lässt der skrupellose Weir (Barton MacLane) Farrod hinterrücks meucheln und bringt dessen nicht minder profitgeilen Neffen (Ted Hecht) an die Macht. Mit der Hilfe seiner Elefantenfreunde zeigt Tarzan den Herrschaften, wo der Hammer hängt.

Für den mittlerweile sechzehnjährigen Johnny Sheffield war "Tarzan And The Huntress" der achte und letzte Einsatz als Tarzans Ziehsohn Boy. Der immer noch ziemlich naive junge Mann versucht einmal, zwei Löwenbabys gegen eine Taschenlampe zu verscherbeln, kassiert dafür jedoch eine ziemlich verärgerte Rüge von seinen Adoptiveltern. Überhaupt zeigt sich Tarzan naturverbunden und tierlieb wie nie: Es kommt nunmehr ausschließlich Fisch auf den Tisch und ein frecher Leopard wird nicht mehr gleich zu seinen Ahnen gesandt, sondern mit ein paar scharfen Worten des großen Meisters zum Rückzug veranlasst. Tarzan entdeckt die Nachhaltigkeit. Das bekommen wiederum die Wilderer umso schärfer zu spüren, die bis auf zwei Ausnahmen allesamt zum Deibel gejagt werden, was sie als wie gehabt rücksichtslose Zivilisationsagenten ja eigentlich auch verdient haben. Am Ende wird auch das Gleichgewicht der Mächte wiederhergestellt. Tarzan setzt Farrods überlebenden Sohn (Maurice Tauzin) als wahren Thronerben ein und alles kommt wieder ins Reine. Ein weiterer schöner RKO-Beitrag zur Serie mit einigen lustigen Einlagen, die wie meist auf Cheetahs Konto gehen, ist der wohlfeile Saldo.

7/10

Tarzan Sequel Afrika Kurt Neumann Jäger


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TARZAN AND THE LEOPARD WOMAN (Kurt Neumann/USA 1946)


"Kimba! You traitor!"

Tarzan And The Leopard Woman (Tarzan und das Leopardenweib) ~ USA 1946
Directed By: Kurt Neumann

Ein mysteriöser Leopardenkult macht die Handelsroute zwischen Sambesi und Bangasi unsicher. Diesem stehen der durchgeknallte Arzt Lazar (Edgar Barrier) und die machthungrige Lea (Acquanetta) nebst ihrem nicht minder hinterlistigen kleinen Bruder Kimba (Tommy Cook) vor. Tarzan nimmt sich der Sache an, als die Leopardenleute vier angehende Lehrerinnen entführen und ihrem Gott als Menschenopfer darbringen wollen.

Wenn man diesem "Tarzan" eines weiß Gott nicht vorwerfen kann, dann ist es, sich gezielt an ein kindliches Publikum zu richten. Wie selten zuvor haut der Dschungelheld berserkerhaft dazwischen, wenn es darum geht, die Urwald-Balance im Namen von Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die ebenso dümmlich wie gesichtslos gezeichneten Leoparden-Sektierer werden von Tarzan und seinem mittlerweile zu einem stattlichen jungen Mann herangereiften Ziehsohn Boy (Johnny Sheffield) gleich im Dutzend platt gemacht, bis am Ende aber auch garantiert keiner mehr von ihnen übrig ist. Die "Bereinigungs-Methoden" sind dabei vielfältig: Einige der Fellheinis werden den Krokodilen zum Fraße vorgeworfen oder in eine mit Bambusspitzen ausgeschmückte Grube gelockt, andere von präparierten Bäumen erschlagen, wieder andere werden am Ende in der eigenen Höhle beim lustigen Feuer verschüttet, nachdem Tarzan deren Säulen wie einst Samson zertrümmert hat. Es geht also zur Sache in "Leopard Woman", der nebenbei mit dem lustigsten deutschen Titel der Serie gesegnet ist, ansonsten aber nicht ganz die flamboyante Erzähllust (und -kunst) durchschimmern lässt wie die vorangegangenen drei Serienbeiträge.

7/10

Tarzan Kurt Neumann Sequel Afrika Sekte


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TARZAN AND THE AMAZONS (Kurt Neumann/USA 1945)


"When the sun meets our God, your life will be ending!"

Tarzan And The Amazons (Tarzan und die Amazonen) ~ USA 1945
Directed By: Kurt Neumann

Auf dem Weg zur Begrüßung der just nach Afrika zurückkehrenden Jane (Brenda Joyce) rettet Tarzan einer Amazone (Shirley O'Hara) aus der legendären, verborgen Stadt Palmyria das Leben. Just auf deren Entdeckung ist auch eine Jane begleitende Expedition verkorkster Wissenschaftler unter der Führung des distinguierten Archäologen Sir Guy (Henry Stephenson) scharf. Tarzan, der das Geheimnis der Amazon wohlfeil hütet, lehnt die Bitte nach seiner Führung der Expedition jedoch ab. Der unverständige Boy (Johnny Sheffield) jedoch kennt seit Tarzans Rettungsaktion ebenfalls den Standort Palmyrias und bringt die Männer naiverweise dorthin. Ein Fehler, denn der gierige Konsul Ballister (Barton MacLane) will sich sogleich die Goldschätze der Amazonen unter den Nagel reißen. Deren Rache ist grausam und Boy wird von ihnen gefangen gehalten. Gerade noch rechtzeitig kann Tarzan die entwendeten Insignien der Amazonen zurückschaffen und BVoy somit auslösen.

Ab hier gab die blonde Brenda Joyce, deren etwas krankenschwesterliches, aseptisches Charisma bei aller Sympathie der subtilen Erotik Maureen O'Sullivans zumindest nach meinem Dafürhalten nicht das Wasser reichen konnte, die Jane. Sie "überlebte" sogar Weissmullers RKO-Einsatz, war noch im ersten Lex-Barker-Tarzan "Tarzan's Magic Fountain" dabei und nach O'Sullivan somit die am zweithäufigsten besetzte Jane der Filmgeschichte. Ansonsten bietet jedoch auch dieser "Tarzan" wieder schönstes B-Movie-Flair. Die Geschichte um die Amazonen, bis auf ihre von Maria Ouspenskaya gespilete Hohepriesterin wundersamerweise alle gleich alt bzw. gleich jung und samt und sonders aussehend wie Wonder Woman, ist ja ein stets gern aufgegriffenes, klassisches Motiv des eher günstig gehaltenen Phantastischen Films und macht erfreulicherweise auch Tarzan alle Ehre. Dass Jane trotz ihtrer mittlerweile kosmopolitischen Weltgewandtheit immer noch nicht gescheit ist und jedem dahergelaufenen Zivilisationsrepräsentanten dessen angeblich ehrbare Motive abnimmt, gehört so sehr dazu wie die Schimpansin Cheetah (ebenfalls von einer anderen Primatin dargestellt als in den Vorgängern), die sich diesmal als Anglerin versucht und für einige stressige TNT-Situationen zu sorgen hat. Boy heißt jetzt urplötzlich in der deutschen Synchronisation 'Burt', was zu Recht für verständnisloses Kopschütteln sorgen musste, ansonsten schlagen sich Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein mittlerweile auch bei "Tarzan" nieder. Wenn früher eine Löwenmutti abgeknallt und ihre kleinen Waisen schutzlos zurückgelassen wurden, kommentierte der Film das mit einem Achselzucken (so geschehen in "Tarzan Escapes"), nunmehr adoptiert die liebe Cheetah die knuffigen Drillinge. Harter Realismus zum Quadrat; recht so!

8/10

Kurt Neumann Tarzan Sequel Afrika Amazonen


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TARZAN'S DESERT MYSTERY (William Thiele/USA 1943)


"Oh no! You ruined my number!"

Tarzan's Desert Mystery (Tarzan, Bezwinger der Wüste) ~ USA 1943
Directed By: Wilhelm Thiele

Von der als Feldschwester in Burma tätigen Jane erhalten Tarzan (Johnny Weissmuller) und Boy (Johnny Sheffield) den Auftrag, ein seltenes Antidot zu besorgen, das ausschließlich aus in einem entlegenen, teils von prähistorischen Tieren bevölkerten Dschungeteil nordöstlich von Tarzans Behausung wachsenden Früchten gewonnen werden kann. Der beschwerliche Weg dorthin führt durch ein großes Stück Wüste und die angrenzende Stadt Bir Herari, deren Scheich (Lloyd Corrigan) von dem sinistren Nazispion Hendrix (Otto Kruger) eingewickelt wird. Die Vaudeville-Künstlerin Connie Bryce (Nancy Kelly) lässt derweil Selim (Robert Lowery), dem weniger naiven Sohn des Scheichs, eine Nachricht über Hendrix' wahre Beweggründe zukommen. Hendrix tötet den informierten Prinzen und lässt Tarzan festsetzen, dem jedoch dank Cheetahs Hilfe die Flucht mit Connie und Boy sowie die Erfüllung seiner Mission gelingt. Hendrix und seine Schergen werden zu Opfern einiger Urzeitmonster.

Mit diesem naiven, aber umso fabulierfreudigen Abenteuer macht sich langsam bemerkbar, dass das "Tarzan"-Franchise bei Sol Lesser und der RKO hervorragend aufgehoben war, zeigte sich nunmehr doch, dass die Serie auch phantasievolle Beiträge hervorbringen konnte, ohne sich permanent selbst zu zitieren, wie es besonders bei den von Richard Thorpe inszenierten MGM-Filmen der Fall gewesen war, die immer gleich strukturiert waren und sich selbst recycelten. "Tarzan's Desert Mystery" wurde häufig vorgeworfen, er sei ein mir geringer Sorgfalt gemachter Schnellschuss im Gefolge von "Triumph", was jedoch nicht stimmt. Die Pulp-Wurzeln der Geschichte kommen hier ganz wunderbar zum Tragen, ein bisschen 1001-Nacht-Flair hebt die Story vom üblichen Urwald-Ambiente ab und erstmals kommen auch ein paar - wenn auch recht dümmlich einkopierte - Monster vor, darunter ein paar als Dinos verkleidete Warane und eine Riesenspinne, die den bösen Nazi fressen darf. Das recht kregle Stanwyck-Substitut Nancy Kelly macht seine Sache als Jane-Ersatz halbwegs ordentlich. "Desert Mystery" war dann zugleich auch der letzte Jane-lose "Tarzan"-Film, bevor die ehrbare englische Dame im nächsten Film mit neuem Gesicht, neuer Haarfarbe und einigen bravourösen Erlebnissen vor dem Hintergrund des aktuellen Welt(kriegs)-Geschehens nach Afrika und zu ihren Jungs zurückkehren sollte.

8/10

Tarzan Afrika Sequel Kurt Neumann Wüste Monster Spinne Dinosaurier William Thiele


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TARZAN TRIUMPHS (William Thiele/USA 1943)


"Now Tarzan make war!"

Tarzan Triumphs (Tarzan und die Nazis) ~ USA 1943
Directed By: William Thiele

Tarzan (Johnny Weissmuller) und Boy (Johnny Sheffield) lernen Zandra (Frances Gifford) kennen, Regentin der verborgenen Urwaldstadt Palandria. Auf deren Bodenschätze haben es bereits die in Afrika herumstochernden Nazis abgesehen und so dauert es nicht lange, bis eine Wehrmachtsabordnung unter Oberst Von Reichart (Stanley Ridges) Palandria besetzt und seine Bevölkerung versklavt. Als Tarzan durch Zandra davon Wind bekommt, weigert er sich zunächst strikt, in die Geschehnisse einzugreifen. Solang die Nazis ihn in Ruhe ließen, habe er schließlich auch keinen Streit mit ihnen. Als dann jedoch Boy wegen einer vermissten Funkspule von den braunen Verbrechern entführt wird, ist Tarzan endgültig zur Parteinahme gezwungen.

Nur kurz nach dem Abschluss der kleinen MGM-Reihe griff der B-Film-Produzent Sol Lesser, der bereits frühere Erfahrungen mit dem Titelhelden gesammelt hatte in Form zweier unabhängiger Kleinproduktionen mit Buster Crabbe und Glenn Morris für die RKO das Franchise wieder auf. Und siehe da: Die veränderte Ägide bewirkte tatsächlich so etwas wie eine - zumindest kurzfristig wirksame - Frischzellenkur, die einen der schönsten Weissmuller-Tarzans hervorbrachte. Einige im Laufe der Jahren zu offenkundigen Schwächen der MGM-Filme gewordenen Formalia, so etwa die billigen Rückprojektionen oder die stete Wiederaufnahme der immergleichen Personen- und Plotmuster wurden nunmehr zwangsläufig ad acta gelegt. Maureen O'Sullivan, die bereits seit einigen Jahren aus der Serie auszusteigen gehofft hatte, konnte nun endlich ihren Lederschurz an den Nagel hängen, was zunächst dazu führte, dass die ersten beiden RKO-Beiträge ohne Jane-Appearance auskommen mussten - nicht allerdings ohne ein paar überleitende Worte in Form von Janes Briefen. Diese ist nämlich, wie wir erfahren, auf Krankenbesuch back in good ole Britain.
Tarzans Schrei klang jetzt etwas anders, sein Vokabular und seine Satzkonstruktionen indes ließen (speziell in der deutrschen Fassung) auf einiges an zwischenzeitlichem Studium schließen. Am Aufsehen erregendsten betreffs "Tarzan Triumphs" dürfte jedoch die Vereinnahmung der beliebten Trivialfigur als Propaganda-Werkzeug sein. Der Film macht unmissverständlich klar, dass es im Kampf gegen die braune Bedrohung in Europa keine Unparteilichkeit geben kann und jeder sein Scherflein dazu beizutragen hatte, wenn er nicht in den Verdacht der Sympathie oder gar Feigheit zu kommen gedachte. Wie viele andere Pulp- und Comichelden auch gelangte somit also auch Tarzan in die Kriegsmaschinerie und ging, sozusagen als Ausgleich für seine anfängliche Neutralität, umso nachdrücklicher gegen die Feinde vor: Einige werden von einer Art afrikanischem Piranha gefressen, den bösen Oberst lockt Tarzan schließlich ungerührt in eine Löwengrube. Und auch Cheetah leistet ihren Beitrag zur Verballhornung des Führerkults: Ein paar Schimpansengrunzer in das Nazifunkgerät veranlassen die Herren Empfänger in Berlin zu der bestimmten Annahme, niemand anderes als der Reichsdiktator persönlich spräche zu ihnen.

8/10

Tarzan Sequel William Thiele Afrika Nationalsozialismus WWII Propaganda


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TARZAN'S NEW YORK ADVENTURE (Richard Thorpe/USA 1942)


"Smell like a Swahili swamp. Why people stay?" - "It's what they call 'having a good time'."

Tarzan's New York Adventure (Tarzans Abenteuer in New York) ~ USA 1942
Directed By: Richard Thorpe

Ein Flieger mit Tierfängern aus New York an Bord landet in Tarzans (Johnny Weissmuller) Nachbarschaft. Für den wie immer neugierigen Boy (Johnny Sheffield) eine Sensation. Als der geldgierige Zirkusmitarbeiter Buck Rand (Charles Bickford) sieht, welche Kunststückchen Boy mit den wilden Tieren treiben kann, wittert er sogleich den großen Reibach. Da kommt ihm ein nervenaufreibender Zwischenfall mit Eingeborenen, der Tarzan und Jane (Maureen O'Hara) scheinbar tot zurücklässt, gerade Recht: Rand nimmt Boy mit nach New York und lässt ihn als Tierbändiger im Zirkus auftreten. Tarzan und Jane, die in letzter Sekunde von Cheetah gerettet werden können, eilen flugs hinterher und holen sich ihren Adoptivsohn nach einigen stressigen Episoden mit der Polizei und den Gerichten wieder zurück.

Ausgerechnet Wolkenkratzer! Der vorerst letzte "Tarzan"-Film der MGM gab dem Franchise dann doch nochmal eine neue Richtung, die jedoch auch nicht half, verborgene Publikums-Reserven zu aktivieren. Diesmal kam nicht die Zivilisation zu Tarzan, sondern umgekehrt: Der selbst nach so vielen Jahren mit seiner Jane zusammenlebende Recke ist immer noch keiner ordnungsgemäßen Syntax fähig und sorgt als ruraler Sonderling im Betondschungel New York für allerlei Naserümpfen und Gelächter, zumindest solange, bis er naseweise Staatsanwälte durch den Gerichtssaal wirbelt und den gesamten Polizeiapparat narrt. Einen Sprung von der Brooklyn Bridge inbegriffen dreht Tarzan den urbanen Autoritäten eine lange Nase. Das Gesetz des Urwalds, es triumphiert am Ende eben doch immer wieder. Auf charmante und sehr humorige Weise verpflanzt Thorpes Film die stets präsente, sozialkritische Metaebene in den Vordergrund des Geschehens und stellt Tarzan vor seine bislang größte Herausforderung: Den Kampf gegen die Gerichte. Nachdem er durch seine aufbrausende Art schon fast alles zu verderben droht, siegt am Ende doch der Tatendrang, um nicht zu sagen: Die Bastion der Familie. Und sei sie auch noch so flickwerkartig.

8/10

Tarzan New York Afrika Kidnapping Familie Sequel Zirkus Courtroom Richard Thorpe





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Funxton

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