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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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TARZAN'S SECRET TREASURE (Richard Thorpe/USA 1941)


"Too much talk. Tarzan way better."

Tarzan's Secret Treasure (Tarzans geheimer Schatz) ~ USA 1941
Directed By: Richard Thorpe

Einige Weiße kommen zu Forschungszwecken auf den Mutia-Felsen. Als die beiden zum Expeditionsteam gehörenden Schurken Medford (Tom Conway) und Vandermeer (Philip Dom) durch den kleinen Boy (Johnny Sheffield) von den in Tarzans (Johnny Weissmuller) Gefilden lagernden Goldbeständen erfahren, lässt die Gier sie rasch zu üblen Gewalttätern werden: Sie töten den braven Professor Elliott (Reginald Owen), entführen Boy und Jane (Maureen O'Sullivan) und geraten schließlich selbst in die Fänge eines Hottentotten-Stammes. Gut, dass Tarzan nicht wie vermutet tot in einer Felsspalte liegt, sondern bereits zur Hilfe eilt.

Und wieder schlägt er zu: Der Fluch der Zivilisation. Dass Tarzan es sich ja längst zur Gewohnheit gemacht hat, jedem in seiner versteckten Zuflucht aufkreuzenden Tropenhelmträger erstmal das Gewehr abzunehmen und am nächsten Baum zu Kleinholz zu verarbeiten, schützt noch lange nicht vor der auch ihm noch unbekannten Goldgier der Nordländer. Was Tarzan anbelangt, so sehen die glänzenden Klumpen in See und Höhle ganz hübsch aus; was Ordentliches zu essen bringen sie jedoch auch nicht den Tisch. Umso verständnisloser reagiert er auf die zwangsläufig hilflosen Versuche Janes, ihm die Grundzüge des modernen Merkantilismus nahezubringen. Welch verderbliche Einflüsse jedoch das Edelmetall auf den menschlichen Charakter auszuüben angetan ist, mag selbst Tarzan erst glauben, als mal wieder alles bereits verloren scheint. Glücklicherweise helfen seine Freunde Cheetah, der kleine Elefant Timba, der just verwaiste Eingeborenjunge Tumbo (Cordell Hickman) und der lustige, versoffene Ire O'Doul (Barry Fitzgerald) Tarzan, die Kartoffeln in letzter Sekunde aus dem Feuer zu holen.
Dass indes auch dieser Beitrag zur MGM-Reihe im Grunde nichts Anderes darstellt als ein kaum getarntes Remake seiner Vorgänger inklusive diversem neuerlich verwandtem Archivmaterial (wie etwa einmal mehr der Krokodilkampf aus "Tarzan And His Mate"), gerät beinahe schon zu einer Art "Traditionsübung". Man könnte daraus auch ein lustiges Trinkspiel machen: Wer nicht erkennt, welche Sequenz aus welchem Film recycelt wurde, muss sich einen Kurzen genehmigen.

6/10

Tarzan Afrika Richard Thorpe Sequel Gold


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TARZAN FINDS A SON! (Richard Thorpe/USA 1939)


"Go!"

Tarzan Finds A Son! (Tarzan und sein Sohn) ~ USA 1939
Directed By: Richard Thorpe

Tarzan (Johnny Weissmuller) und Jane (Maureen O'Sullivan) ziehen ein von ihren Schimpansenfreunden aus einem abgestürzten Flugzeug geborgenes Findlingsbaby groß. Mit sechs Jahren ist aus "Boy" (Johnny Sheffield) bereits ein stattlicher Bursche geworden, der genau wie sein Ziehvater keine Angst kennt und jeder Urwaldgefahr spöttisch ins Gesicht lacht. Doch ewig schleichen die Erben: Boys englische Verwandte geben die Suche nach dem Erben des Familienvermögens derer von Greystoke nämlich nicht auf und stoßen irgendwann bis zu der kleinen Patchwork-Familie im tiefsten Dschungel vor. Tarzan, der die unangenehmen Charaktereigenschaften zivilisierter Weißer zur Genüge kennt, wird sogleich misstrauisch. Und zu Recht: Austin Lancing (Ian Hunter) und Etepetete-Gattin (Frieda Inescort) wollen als finanzielle Vormünder für den kleinen Mann ordentlich Penunze abschöpfen und gehen dafür sogar über Leichen.

Die "wilde Ehe" weitet sich aus: Zur ordentlichen funktionalen Familie gehört natürlich auch ein Stammhalter, der aber eben leider nicht auf den Bäumen wächst und auch nicht vom Klapperstrauß gebracht wird. In Zentralafrika landet sowas als Waise und per abgestürzten Flugzeug. Plötzlich findet in "Tarzan Finds A Son!" auch der Familienname 'Greystoke' Erwähnung, dem fachkundigen Kenner als englisches Adelsgeschlecht geläufig, dem laut E.R. Burroughs' Vorlage eigentlich Tarzan selbst entstammt. Und der putzige Boy, dessen Prä-Stimmbruch-Dschungelschrei etwas kieksig daherkommt, bringt, kaum dass er richtig (und vor allem deutlich besser als sein lernfauler Adoptivpapa, der selbst nach so vielen Jahren Zusammenleben mit seiner Jane immer noch reine Imperativsätze absondert) sprechen gelernt hat, die traute Dschungelharmonie zum Wackeln: Jane, bei aller zivilsatorischen Vorbildung naiv wie Süßstuten, verrät sogar ihren Geliebten: Sie lässt ihn in einer tiefen Schlucht sitzen, damit die Fremdlinge Boy problemlos mitnehmen können. Erst danach erkennt die Gute das wahre Antlitz ihrer Gäste; denen stehen nämlich längst die Dollarzeichen in den Augen.
Es wird viel recycelt aus den Vorgängerfilmen, aber das kennt man nun. Cheetah vollzieht den immergleichen Standsalto und auch Nashörner, Löwen und Flusspferde komen einem mitunter seltsam vertraut vor. Aber das gehört wie erwähnt zum Konzpt der Reihe und muss nicht weiter bemängelt werden. Bleibt alles anders.

7/10

Tarzan Richard Thorpe Afrika Sequel Familie


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TARZAN ESCAPES (Richard Thorpe/USA 1936)


"Food? Clothes? Money?"

Tarzan Escapes (Tarzans Rache) ~ USA 1936
Directed By: Richard Thorpe

Um ihr ihren just zugesprochenen Erbteil zu offenbaren, reisen Janes (Maureen O'Sullivan) Cousine Rita (Benita Hume) und Cousin Eric (William Henry) zum Mutia-Berg, auf den sie von dem undurchsichtigen Aussteiger und Tierfänger Captain Fry (John Buckler) geführt werden. Tarzan (Johnny Weissmuller) reagiert auf die Nachricht, dass seine Jane - wenn auch nur befristet - in die Zivilisation zurückkehren soll, traurig und unverständig. Zudem entpuppt sich Fry als echter Halunke - er will nämlich den Dschungelkönig einfangen und als exotische Attraktion nach England verscherbeln.

Immer, wenn Weiße auftauchen, gerät das urweltliche Idyll in Gefahr: Die "Tarzan"-Reihe entdeckt peu-à-peu ihre zivilisationskritischen Ausläufer. Nachdem er bereits mehrfach schlechte Erfahrungen mit der Gier der weißhäutigen Tropenhelmträger gemacht hat, ist Tarzan zu Recht misstrauisch, als das Gefolge um Rita und Eric bei seinem und Janes mittlerweile schmuck herausgeputztem Dschungel-Appartment aufkreuzt. Dabei sind eigentlich alle bis auf den schurkischen Captain Fry ganz nett. Der trottelige Rawlins (Herbert Mundlin) etwa, ein dümmlicher, aber herzensguter Patron, bringt mit seiner tolpatschigen Art sogar Cheetah zum Lachen. Am Ende jedoch stehen Habgier und Gewissenlosigkeit einmal mehr kurz vor ihrem Triumph, als Tarzan mithilfe seiner tierischen Freunde doich noch den Tag retten und Fry seiner gerechten Strafe zuführen kann: Der Unselige versinkt symbolträchtig im Morast und wird von den dort hausenden Leguanen vertilgt. Jane darf natürlich im Urwald bleiben und Rita und Eric sind um eine wichtige Lebenserfahrung reicher: Materielle Güter sind zwar schön, aber nicht existenziell.
Von der in "Tarzan And His Mate" kultivierten, hitzigen Zeigefreudigkeit ist leider nicht mehr viel übrig. Maureen O'Sullivan trägt jetzt einen züchtigen Ganzkörper-Schurz, der weder Bein noch Hüfte noch Bauch zu Bewunderungszwecken durchblitzen lässt. Kurz vor einer dräuenden Liebesszene zwischen den im doppelten Wortsinne 'wilden Eheleuten' wird züchtig weggeschwenkt. Überhaupt zeigt sich Vieles deutlich familienfreundlicher: Keine Massaker von und an Löwen mehr; die Eingeborenenstämme wirken um Einiges weniger blutgierig und damit einhergehend ungefährlicher. Der moralische Überbau indes präsentiert sich zunehmend griffig, um nicht zu sagen: simplifiziert. Das ist dann in etwa schon der klassische Film-Tarzan, wie er im kulturellen Gedächtnis verankert ist.

7/10

Richard Thorpe Tarzan Afrika John Farrow James C. McKay George B. Seitz William A. Wellman


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TARZAN AND HIS MATE (Cedric Gibbons/USA 1934)


"Good morning, I love you."

Tarzan And His Mate (Tarzans Vergeltung) ~ USA 1934
Directed By: Cedric Gibbons

Zusammen mit seinem alten Kumpel Arlington (Paul Cavanagh) startet Harry Holt (Neil Hamilton) eine neuerliche Safari zum Elefantenfriedhof jenseits des Mutia-Felsens. Er hofft zugleich, seine heimliche Liebe Jane (Maureen O'Sullivan) dort wiederzufinden, die mittlerweile seit über einem Jahr fern der Zivilisation mit ihrem Tarzan (Johnny Weissmuller) lebt. Um diverse eingeborene Boys dezimiert erreichen Arlington und Holt schließlich das Dschungelpaar. Leider entscheidet sich Tarzan gegen eine Wegweisung zum Elefantenfriedhof als er erfährt, dass Holt und Arlington die Kultstätte entweihen wollen, indem sie die Stoßzähne mitnehmen. Arlington ist jedoch zu gierig, als dass er so kurz vorm Ziel aufzugeben bereit ist und schießt Tarzan hinterrücks nieder. Dieser kommt gerade noch zur rechten Zeit, als Arlington, Holt und Jane in eine Falle eingeborener Kopfjäger geraten, die ihre Feinde am Liebsten den Löwen zum Fraß vorwerfen...

Echtes Sleazekino alleroriginärster Machart mitsamt zermatschten Gesichtern von Eingeborenenopfern und einem splitternackten Maureen O'Sullivan-Body-Double auf Tauchtour. Das Hays Office für Anstand und Sitte stieg seinerzeit auf die Barrikaden und "Tarzan And His Mate" wurde zu einem der Auslöser für den im selben Jahr eingeführten Production Code. Hundsföttische Zivilisationssnobs, stets erkennbar durch Tropenhelm, kniehohe Socken, Pfeife und spitzen Schnauzbart, schlaue Schimpansen, eherne Elefanten, lüsterne Löwen - alles drin! Und Jane kultiviert ihren persönlichen Dschungeljodler, der etwas, nun ja, gewöhnungsbedürftig daherkommt.
Die herrlich beknackten Affenkostüme gibt es auch hier wieder zu bestaunen, derweil der Titelheld gegen eine Vielzahl tödlicher Urwaldbewohner antritt, darunter ein tolles, freilich erkennbar unechtes Riesenkrokodil, das sich durchs Wasser schraubt wie ein unerbittlicher Drillbohrer etc. Man kann davon ausgehen, dass die Rückprojektionen Abschüsse echter Löwen zeigen, gestellt sind die entsprechenden Einstellungen jedenfalls nicht. Soweit, so gut - "Tarzan And His Mate" ist deutlich actionlastiger, auregender und vor allem Aufsehen erregender als sein Vorgänger, macht eine Höllenlaune und ist als früher Exploiter für den enbtsprechenden Chronisten von unschätzbarem Wert. Zudem der wahrscheinlich beste Weissmuller-"Tarzan", weil so bestechend aufrichtig bezüglich seines Sujets.

9/10

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TARZAN THE APE MAN (W.S. Van Dyke/USA 1932)


"Tarzan... Jane."

Tarzan The Ape Man (Tarzan, der Herr des Urwalds) ~ USA 1932
Directed By: W.S. Van Dyke

Der Großwildjäger James Parker (C. Aubrey Smith) und sein Kompagnon Harry Holt (Neil Hamilton) suchen in Zentralafrika nach einem legendären Elefantenfriedhof, um die dort lagernden Elfenbeinvorräte für sich abschöpfen zu können. Begleitet werden sie von Parkers soeben angekommener Tochter Jane (Maureen O'Sullivan). Um zu ihrem Ziel zu gelangen, müssen die Schatzsucher die gigantische Mutia-Wand, auch "Mauer des Schweigens" genannt, überwinden und gegen mörderische Eingeborenenstämme kämpfen. Im Dschungel begegnen sie Tarzan (Johnny Weissmuller), einem bei den Affen aufgewachsenen Weißen, der ihnen im Kampf gegen zwergenwüchsige Kannibalen und einen Riesenaffen beisteht. Jane verliebt sich in den Wilden Muskelmann und bleibt mit ihm im Urwald zurück.

Hundert Jahre Tarzan im Print, achtzig Jahre Tarzan bei MGM - ein vortrefflicher Anlass zur neuerlichen Bilanzierung des erfolgreichen und aus dem abendländischen Pop nicht mehr wegzudenkenden Weissmuller-Serials, zugleich ein Triumph der Vulgärkultur. Auf den Tag genau heute vor einem Centennium erschien Edgar Rice Burroughs' erste "Tarzan"-Kurzgeschichte im All Story Magazine, einem legendären New Yorker Pulp-Journal. Bald darauf kam die erste Filmadaption mit dem noch etwas klobigen Elmo Lincoln; genau zwanzig Jahre nach Tarzans literarischem Debüt startete das Löwenstudio sein Kino-Franchise - lautes Primatengebrüll in schönsten Tonlagen inklusive. Der erste "Tazan"-Film mit dem ungarischstämmigen Ex-Olympia-Schwimmer Johnny Weissmuller gab noch einen feuchten Kehrricht auf politische Korrektheit:; vielmehr steht er ganz im zeitgenössischen Chic putziger imperialistisch-rassistischer Herrenmenschen-Fantasien. Da diese sich durch ihr einfältiges Selbsverständnis vollkommen autark ad absurdum führen, braucht man darüber nunmehr nicht zu diskutieren. Das Lokalkolorit wird über sagenhafte Rückprojektionen veräußert, deren fehlende Authentizität schon damaligen Kinogängern aufgefallen sein dürfte (und die eine längere Tradition in der Filmreihe begründeten und zu einer Art trademark avancierten), ansonsten stapfen die Darsteller durch irgendwelche Fünf-Quadratmeter-Kulissen oder den Tümpel hinterm Atelier. Ganz wild wird es dann angesichts der stupenden Affenkostüme, die allen Ernstes echte Schimpansen markieren sollen (wirkliche Schimpansen werden im Film ausschließlich als Baby-Äffchen verkauft). Den Vogel schießt dann der bei den Zwergeingeborenen hausende Riesenaffe ab. Grandios.
Dem gegenüber stehen ein paar noch immer waghalsig aussehende Kampfnummern mit echten Tieren, für deren Aufnahmen heute wohl keine Versicherungsgesellschaft mehr gerade stünde. Die atemberaubende Maureen O'Sullivan brachte derweil eine gehörige Portion Sex mit ein, die man ihr angesichts des animalischen Habitus ihres stets glattrasierten und frischgefönten Dschungelmannes nur allzu gern abzunehmen bereit ist.
Tarzan, unser Dschungelheld, der niemals auf die Schnauze fällt.

7/10

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THE ROOTS OF HEAVEN (John Huston/USA 1958)


"Where do we go from here?"

The Roots Of Heaven (Die Wurzeln des Himmels) ~ USA 1958
Directed By: John Huston

Der im Tschad lebende Morel (Trevor Howard) hat es sich zur Aufgabe gemacht, das rüchsichtslose Dezimieren der hiesigen Elefantenpopulation verbieten zu lassen. Zu diesem Zweck ruft er eine Petition ins Leben, die bei den höher gestellten Herrschaften wie dem gesetzten Gouverneur (André Luguet) jedoch alles andere als aufrichtige Begeisterung hervorruft. Da beginnt Morel, auf deutlich militantere Weise gegen die Kurzsicht der Menschen vorzugehen und versetzt diversen Möchtegernjägern einen Pfefferschuss in den Allerwertesten. Morel wird zu einer At Öko-Guerillero. Vorübergehende Unterstützung erhält er durch internationale Medien swie den Nationalisten Waitari (Edric Connor), der sich einstweilen jedoch wieder auf der Gegenseite positioniert. Dafür stehen die Kneipenwirtin Minna (Juliette Gréco) und der versoffene britische Ex-Offizier Forsythe (Errol Flynn) fest an Morels Seite.

Einer von Hustons schönsten Filmen, der sich im Laufe der Jahrzehnte leider irgendwo in den Wirren der Enzyklopädien verloren zu haben scheint und heute nurmehr selten hervorgekramt wird. Auch Huston selbst war nicht sonderlich begeistert von seinem Werk und hätte sich nach eigemem Bekunden gern an ein spätere Neuverfilmung gewagt, zumal er den Roman von Romain Gary sehr schätzte. Ähnlich wie "The African Queen" sind die Dreharbeiten zu "The Roots Of Heaven" von diversen schönen, in Hustons Autobiographie nachzulesenden Anekdoten umrankt, die tatsächlich die wahren Gefühle des Regisseurs bezüglich seines Films entlarven. Errol Flynn und Trevor Howard haben bei etwa 40 Grad Durchschnittstemperatur um die Wette gesoffen, wobei Flynn, dem seine derangierte Konstitution sogar deutlich anzusehen ist, es doch stark übetrieben und neben schmerzstillenden und sonstigen Pharmaka Unmengen von Wodka verkonsumiert haben muss. Obgleich er die Besetzungsliste anführt, spielt er denn tatsächlich auch lediglich einen unentwegt an der Scotch-Flasche nippenden Nebencharakter, der einen spektakulären Heldentod stirbt. Trevor Howard in der Hauptrolle ist im Vergleich dazu ein ungewöhnlicher Held, besonders, wenn es zu romantischen Emotionen kommt. Mit "Brief Encounter" hatte er einst zwar an einem der schönsten Liebesfilme überhaupt mitgewirkt, hier, um Einiges gealtert, wirkt es jedoch zuweilen, als wäre Captain Bligh plötzlich erotisch rührig geworden. Der Film ist mit seiner wertvollen ökologischen Botschaft - die Elefantenjagd gerät zur Metapher für den allgemeinen Zustand der Erde und den humanen Umgang damit - mindestens zehn Jahre im Vortreffen und enthält einige höchst wunderbare Szenen, wie etwa jene, in der Friedrich von Ledebur (noch bestens bekannt als Queequeg in "Moby Dick") als Morels Adjutant Peer Qvist einer großkotzigen Spinatwachtel von Elefantenkillerin vor versammelter Soiree als Strafe für ihre Respektlosigkeit gegenüber der Natur den nackten Hintern versohlt. Ein großer, liebenswerter, weltliterarischer und vor allem erwachsener Film ist "The Roots Of Heaven", zudem eines der schönsten Hollywood-Vehikel über Afrika.

9/10

John Huston Afrika Romain Gary Großwildjagd Alkohol


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O BROTHER, WHERE ART THOU? (Joel Coen/USA 2000)


"Damn! We're in a tight spot!"

O Brother, Where Art Thou? ~ USA 2000
Directed By: Joel Coen

Irgendwann während der Depressionszeit bricht der ölige Kettensträfling Ulysses Everett McGill (George Clooney) zusammen mit seinen beiden grenzdebilen Mitgefangenen Pete Hogwallop (John Turturro) und Delmar O'Donnell (Tim Blake Nelson) aus dem Knast in Mississippi aus. Seinen beiden Kompagnons erzählt er, es gäbe dringend noch einen vergrabenen Schatz zu bergen, bevor das entsprechende Stück Land sich in einen Stausee verwandele; tatsächlich will McGill jedoch die Hochzeit seiner gewschiedenen Frau (Holly Hunter) mit einem schmierigen Wahlhelfer (Ray McKinnon) verhindern. Die Reise durch den Magnolienstaat gestaltet sich für das Ausbrechertrio wie eine Odyssee, auf der man zunehmend seltsamen Typen begegnet...

Nach einem Umweg über Kalifornien mit "The Big Lebowski" landeten die Coens pünktlich zum Jahrtausendwechsel im (buchstäblich) Goldenen Süden. Wie sich zeigt, gibt es auch dort eine großzügige Anzahl hinreichend eigenwilliger Persönlichkeiten, die es lohnenswert machen, auch über diesen Teil Amerikas eine Coen-Geschichte zu erzählen, dazu erstmals in Scope. Titel und Idee des Films haben dabei berewits einen ganz langen Bart; tatsächlich geht "O Brother, Where Art Thou?" auf Preston Sturges' Meisterwerk "Sullivan's Travels" zurück, in dem ein Regisseur für die Verfilmung eines sozialkritischen Stoffs selbst zum Hobo wird. Für das Trio Everett, Pete und Delmar gestaltet sich die Reise über das sommerliche Land auch wie eine Reise durch die Ära: Berühmte Persönlichkeiten wie der Bluesmusiker Tommy (Robert) Johnson (Chris Thomas King) oder der Bankräuber George "Babyface" Nelson (Michgael Badalucco) werden zu kurzfristigen Weggefährten, ergänzend finden sich reanimierte Figuren aus Homers "Odyssee" ein, wie die Sirenen (Mia Tate, Musetta Vander, Christy Taylor) oder der Zyklop Polyphem (John Goodman), die sich bei den Coens allerdings zu realen Missetätern der Gegenwart umgemodelt finden. Ein Film über den alten Süden wäre natürlich nicht komplett ohne brennende Kreuze und grand wizards, geschweige denn ohne Banjo und Bluegrass. Und weil es in Mississippi so wenig Berge gibt, werden aus den 'Foggy Mountain Boys' eben kurzerhand die 'Soggy Bottom Boys'.
Der Film ist schon formvollendet auf seine Weise, nur, dass er mich etwas weniger anspricht als andere Coen-Odysseen. Möglicherweise trägt daran der unübersehbare Wunsch nach inszenatorischer und erzählerischer Epik ein gewisses Schuldmaß. Allerdings lehrte mich die jüngst gemachte "Hudsucker-Proxy"-Erfahrung, künftig weitsichtiger zu urteilen. Wer weiß, beim nächsten Mal wird "O Brother" vielleicht zu meinem Lieblings-Coen. Diesmal hielt sich das Vergnügen bei aller Bewunderung für die Stilsicherheit der Brüder jedoch in Grenzen.

8/10

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LAWRENCE OF ARABIA (David Lean/UK 1962)


"My fear is my concern."

Lawrence Of Arabia (Lawrence von Arabien) ~ UK 1962
Directed By: David Lean

Der während des Ersten Weltkriegs in Kairo stationierte britische Leftenent T.E. Lawrence (Peter O'Toole) erhält den Auftrag, auf der arabischen Halbinsel den Beduinenscheich Faisal (Alec Guinness) aufzusuchen und ihn im Kampf gegen die Türken zu beraten. Bei Faisal angelangt, fasst Lawrence den eigenmächtigen Plan, mit fünfzig von Faisals Männern, darunter der mutige Sherif Ben Ali (Omar Sharif) die als unüberwindbar geltende Wüste Nefud zu durchqueren und die türkische Küstenfeste Akaba von der unbewachten Landseite her anzugreifen. Nachdem das Unmögliche gelungen ist und die britische Kommandatur in Kairo informiert wurde, soll Lawrence mit den geeinten arabischen Stämmen einen Guerillakrieg gegen die türkischen Besatzer führen. Seine Gefangennahme und Folter durch einen feindlichen Bey (José Ferrer) hinterlässt tiefe psychische Narben bei ihm, deren Auswirkungen in einer blutigen Racheaktion gegen eine türkische Garnison kulminieren. Die Einnahme von Damaskus markiert Lawrences letzte große Militäraktion, bevor er nach England zurückkehrt.

Nicht der schönste von Leans Monumentalfilmen, das ist und bleibt für mich "Dr. Zhivago", dafür jedoch sein ausgewogenster und in Bezug auf die Darstellung eines Charakters wahrscheinlich sorgfältigster. In kaum einem anderen Werk dieser Prägung wird das gattungsinhärente Missverhältnis zwischen komplexer Persönlichkeitszeichnung und bedingungslosen Schauwerten so kompromisslos ausgehebelt. Im Laufe des Films findet sich die all over England rückblickend frenetisch gefeierte Person des T.E. Lawrence nach und nach ihres mythischen Sockels entledigt und sein Wesen parallel dazu dergestalt heruntergeschält, dass am Ende ein nunmehr befremdlicher, gebrochener Mensch zurückbleibt, der seiner historisch übermächtigen Reputation kaum mehr gerecht werden kann. Nach diversen zuvor als unmöglich eingestuften Aktionen muss der sich auch selbst immens verklärende Mann sich eingestehen, dass er nicht nur keineswegs allmächtig ist, sondern dass er darüberhinaus an seinen inneren und den von außen an ihn herangetragenen Ansprüchen zu zerbrechen droht. Als sich der gewaltige, an ihn gerichtete Erwartungsdruck nach der Einnahme von Damaskus, die die Unmöglichkeit einer langfristigen Einigung der teils seit Generationen verfehdeten arabischen Stammesfürsten transparent macht, in Wohlgefallen auflöst, ist auch Lawrences "Intervention" in Arabien beendet. Von jetzt an finden sich die weiteren Konflikte zwischen Besatzern und landesstämmischer Bevölkerung vornehmlich auf dem Papier ausgetragen und er selbst sich als in diesem Teil der Welt nicht weiter von Belang.
Eines T.E. Lawrence' Entwicklungsgeschichte lässt sich kaum ohne eine gewaltige Visualisierung der ihn begleitenden Ereignisse schildern und für ebendiese Gratwanderung war David Lean fraglos der beste Mann zur Zeit. Wenngleich sein Produzent Sam Spiegel das gewaltige Werk zeitweilig um bis zu runden vierzig Minuten heruntergekürzt hatte, fand sich "Lawrence" knappe drei Jahrzehnte nach seiner Uraufführung dank des eifrigen Restaurators Robert Harris in einer der integralen Fassung zumindest sehr nahe kommenden Version wieder, die man nunmehr umweglos genießen kann. In dieser vollendeten Form taugt "Lawrence" vorzüglich dazu, einem jeden die Phrase von 'filmischer Pracht' nahezubringen, ohne sich in ausufernden verbalen Blumigkeiten zu versteigen. Danach fällt einem dann erstmal gar nichts mehr ein.
Watch it, be amazed and weep gently.

10*/10

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ARTIFICIAL INTELLIGENCE: AI (Steven Spielberg/USA 2001)


"I am. I was."

Artificial Intelligence: AI ~ USA 2001
Directed By: Steven Spielberg

Irgendwann in der Zukunft übernehmen Roboter, sogenannte 'Mechas', die ihren Schöpfern mit jeder Generation ähnlicher werden, diverse Aufgaben des menschlichen Alltags. Der Konstrukteur Hobby (William Hurt) erfindet schließlich ein täuschend echtes Androidenkind namens David (Haley Joel Osment), das sogar Liebe simulieren kann. Davids Pototyp kommt zu dem jungen Ehepaar Swinton (Frances O'Connor, Sam Robards), dessen Sohn Martin (Jake Thomas) im Koma liegt. Nach einigen Startschwierigkeiten akzeptiert man David als Ersatzkind, dann jedoch wacht Martin wieder auf. Kindliche Boshaftigkeiten und Machtspielchen sorgen dafür, dass David schließlich als Gefahr wahrgenommen und im Wald entsorgt wird. Der mit der Persönlichkeit eines Kindes ausgestattete David glaubt, er müsse die Blaue Fee aus "Pinocchio" finden. Diese verwandelte ihn einen echten Jungen und er könne nach Hause zurückkehren. Die folgende Odyssee, bei der ihm ein Lustmecha namens Gigolo Joe (Jude Law) hilfreich zur Seite steht, führt David bis zu seinen Ursprüngen und an den Rand der Welt...

"AI" gilt ja unter anderem als Vermächtnis Stanley Kubricks, ein Projekt, das laut Spielberg durch wechselseitigen Input und Austausch über viele Jahre hinweg entwickelt wurde und bei dem bis zum Schluss nicht feststand, welcher der beiden Maestri produzieren und welcher inszenieren würde. 'Schluss' bedeutet in diesem Falle Kubricks tragisches Ableben. Dieses hatte bekanntermaßen zur Folge, dass Spielberg den Film in kompletter Eigenregie herstellen musste - oder auch durfte. Wenngleich der trockene Perfektionismus Kubricks postum aus allen Ecken des Films hervorlugt, ist er zugleich doch vielmehr der verzögerte Abschluss einer SciFi-Trilogie, die mit "Close Encounters" und "E.T." begann. Sogar thematisch bleibt "AI" jener Linie treu; am Ende sorgen freundliche Aliens, die lange nach dem endgültigen Kollaps der Menschheit auf der Erde landen, dafür, dass der jahrtausendelang wartende David seinen sehnlichsten Wunsch erfüllt bekommt.
Für mich ist "AI" durchweg formvollendet und einer der schönsten Filme Spielbergs, wobei ihm natürlich auch Kubricks spirituelle Präsenz zugute kommt. Die visuellen Qualitäten und set pieces des Films sind von nicht nur atemberaubender, sondern wegweisender Perfektion und auch nach elf Jahren immer noch komplett 'state of the art'. Allein die Darbietung der Vergnügungsstadt Rouge City ist ein zelluloidgewordener Traum in neon; in wechselseitiger Kombination mit der "Mad Max"-artigen 'Flesh Fairy', die so schön die ganze Tragik einer langfristig lebensunfähigen Menschheit widerspiegelt, ergibt sie sogar ein existenzialistisches Kaleidoskop.
Am Ende habe ich mich dann, einer armseligen Ratte gleich, mal wieder total einfangen lassen und die letzten fünfzehn Minuten hindurch geflennt, dass mir anschließend die Augen brannten. Ich konnte das, völlig reuelos, ich war allein mit mir und dem Film in regnerischer Dunkelheit. Ein geradezu intimes Erlebnis, das mir, so glaube ich, über Spielberg, den Menschen, Spielberg, den Filmemacher UND Spielberg, den regelmäßig an der Diskrepanz zwischen Anspruch und Umsetzung Scheiternden, nochmal ein zusätzliches Paar Augen geöffnet hat.

9/10

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HOOK (Steven Spielberg/USA 1991)


"Prepare to die, Peter Pan!"

Hook ~ USA 1991
Directed By: Steven Spielberg

Peter Pan (Robin Williams) ist jetzt um die 40, trägt Bauch, Brille und Fliege, hat zwei Kinder namens Maggie (Amber Scott) und Jack (Charlie Korsmo), ist Industrieanwalt und ein verklemmter Spießer, der zum Lachen in den Keller geht und dem sein Handy zum wichtigsten Alltagsgegenstand geworden ist. Der Grund: An seine Vergangenheit als Peter Pan, der Junge, der fliegen und ins Nimmerland reisen kann und niemals alt wird, kann der Mann sich mit keinem Deut mehr erinnern. Als Peter samt Familie seine Adoptiv-Großmutter Wendy (Maggie Smith) in London besuchen kommt, entführt sein alter Erzfeind Captain Hook (Dustin Hoffman) Maggie und Jack ins Nimmerland, um Peter dorthin zu locken und seine alte Rache zu vollenden. Mithilfe der emsigen Elfe Tinkerbell (Julia Roberts) schafft der einstige Recke es zurück zu alter Form.

Weia, war das eine Tortur. Offenbar schwer beeindruckt von dem wunderbaren "The Adventures Of Baron Munchhausen" seines Kollegen Terry Gilliam, der alles vorbildlich richtig macht, was "Hook" seinerseits so vorbildlich falsch macht, begab sich auch Steven Spielberg an die Sektion eines klassischen Märchenabenteuers, unterzog es einer postmodernistischen Revision und spie es danach Richtung Publikum wieder aus, verklebt als großer bunter Schleimball mit zuckerwattigem Sabber und hoffnungslosem Dopaminüberschuss. Das filmische Äquivalent zum Diabetes mellitus sozusagen. Zugleich ein Wendy-, äh, Wendepunktsfilm, der Spielbergs omnipräsente Tendenz zum Größenwahn so gut illustriert wie vermutlich kein anderer. Glücklicherweise honorierte das Publikum dieses schweineteure Experiment nicht mit allzu sehr wehenden Fahnen; weiß der Deibel, was uns danach noch für größenwahnsinniges Kirmeskino ins Haus gestanden wäre.
"Hook" möchte viel berichten: Von der Fähigkeit, sich auch als Erwachsener ein großes Stück Kinderseele zu bewahren und im Herzen jung zu bleiben; andererseits jedoch auch von der Qualität, sich den ernsteren Dingen des Lebens zuzuwenden, sprich: eine Familie zu gründen. Im Prinzip keine sonderlich komplexen Diskurse, aber dermaßen umständlich und quälend selbstbezogen dargeboten, dass es zu einer Folter wird, diese ellenlang gedehnte Kindergeburtstagsparty ertragen zu müssen. Wir alle kennen die böse Kritikerfloskel, derzufolge das Gegenteil von gut gut gemeint sei; mir fällt kein Film ein, auf den dies mit solcher Passgenauigkeit zutrifft wie "Hook". Man kann nur von Glück reden, dass der Meister hiernach noch einmal die Kurve gekriegt hat. Es hätte auch sein Ende sein mögen. Kann ich mir nur im Zuge einer Komplettwerkschau anschauen, ansonsten bitte weg von mir.

3/10

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