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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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DURCHS WILDE KURDISTAN (Franz Josef Gottlieb/BRD, E 1965)


"Die Hände hoch, du unglückselige Hauptfigur eines furchtbaren Trinkeralbtraums!"

Durchs wilde Kurdistan ~ BRD/E 1965
Directed By: Franz Josef Gottlieb

Nachdem Kara Ben Nemsi (Lex Barker) und sein Freund Hdschi Halef Omar (Ralf Wolter) den Schut zur Strecke gebracht haben, feiert ganz Nahost sie als Helden. Doch es naht schon die nächste Schweinerei: Der böse Machredsch von Mossul (Djordje Nenadovic) will Ahmed (Gustavo Rojo), den Sohn des Scheichs Emin (Charles Fawcett), öffentlich hinrichten lassen und marodiert sich auch sonst ungestraft durchs kurdische Hinterland. Kara, Halef und der Scheich befreien Ahmed aus der Gewalt des versoffenen Mütesselin (Werner Peters) und überzeugen den Scheich Kadir Bei (Charles Fawcett) von der Schuld des Machredsch, der nach einem Zweikampf mit Kara von einem hohen Felsen stürzt.

Nach einem knappen Jahr Pause war Kara Ben Nemsi wieder da, in einer allerdings nicht mehr ganz so wertigen Fortsetzung, wie man hinzusetzen darf. Bei "Durchs wilde Kurdistan", der von dem routinierten Allesfilmer Franz Josef Gottlieb back to back mit der direkten Fortsetzung "Im Reiche des silbernen Löwen" hergestellt wurde, kam Brauners berühmt-berüchtigte Sparpolitik zum Tragen: Statt von dem in "May-Kompositionen" mittlerweile erfahrenen Martin Böttcher stammt die weitaus weniger schöne Musik diesmal von gleich drei gelisteten Komponisten, allen voran Raimund Rosenberger (Brauners ursprüngliche Idee, den Score bei Maurice Jarre in Auftrag zu geben, dürfte ihm angesichts dessen Honorarforderungen rasch die Dollarzeichen aus den Augen gewischt haben); das als Drehort herhaltende, zerklüftete Almería taugt als Kulisse für Western, nicht jedoch als solche für ausladende Abenteuerfilme und dass Charles Fawcett gleich in zwei Rollen als unterschiedliche Scheichs zu sehen ist, mutet auch nicht eben kostenfreigiebig an. Ferner fallen die Tricks um Sir David Lindsays (Dieter Borsche) fliegende "Geheimwaffe RS-1", einen hübsch bunten Fesselballon, der, von Borsche, Chris Howland, Marie Versini als Prinzessin Ingdscha und ihrer Zofe (Gloria Cámara) besetzt, eine überdeutliche Eminiszenz an Vernes Phileas-Fogg-Luftfahrzeug darstellt, mit Verlaub höchst bescheiden aus. Immerhin: witzig, besonders wegen des großartigen Werner Peters, ist dieser "Para-May" an allen Ecken und Enden; er macht Spaß und bringt bei aller sonstigen Bescheidenheit viel Herz mit.

6/10

Karl May Kara Ben Nemsi Türkei period piece Franz Josef Gottlieb


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DER SCHUT (Robert Siodmak/BRD, YU, F, I 1964)


"Sidi, schmeckt Schweinefleisch wirklich so schlecht, wie der Prophet sagt?"

Der Schut ~ BRD/YU/F/I 1964
Directed By: Robert Siodmak

Der Abenteurer Kara Ben Nemsi (Lex Barker) und sein treuer Freund Hadschi Halef Omar (Ralf Wolter) begeben sich im Skipetarenland auf die Jagd nach dem bislang unidentifizierten Banditenboss "Schut", der Karas Freund, den französischen Handelsmann Galingré (Pierre Fromont) als Geisel hält. Auf der Suche nach dem rücksichtslosen Bösewicht müssen sie jedoch diverse Vasallen und Untergebene desselben überwinden, darunter den Scharlatan Mübarek (Friedrich von Ledebur) und die brutalen Aladschy-Brüder (Dusan Perkovic, Zivojin Denic).

Zu den wackeren Bypass-May-Produktionen der Sechziger gehören nicht nur die beiden Winnetou-Filme "Old Shatterhand" und "Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten", sondern neben den zwei Mexiko-Filmen um Dr. Sternau auch die Orient-Trilogie mit Kara Ben Nemsi, eines alter ego des ebenfalls als Old Shatterhanf bekannten, namenlosen Ich-Erzählers. Im Gegensatz zu den May-Western-Titeln hatte Horst Wendlandt auf die Rechtseicherung der übrigen Romane verzichtet, die somit Atze Brauners "CCC" zur Freien Verfügung standen. Mit den gewohnten Formalia, aber doch unter ungewohnten Perspektiven konnten die Zuschauer somit 1964 eines "neuen" May-Formats ansichtig werden. Diesmal dufte sich der Balkan ausnahmsweise als er selbst ins Bild setzen lassen, in Kombination mit den beliebten, leicht umgemodelten Figuren (wobei Hadschi Halef Omar im Gegensatz zu Sam Hawkens kein schlauer Fuchs oder brillanter Schütze ist, sondern ein liebenswerter Dummkopf) ergab das eine nicht minder patentwürdige Mixtur, die wiederum von Martin Böttchers großartiger Musik zehren konnte. Mit Dieter Borsche als Sir David Lindsay und Chris Howland als seine getreuer Diener Archie gab es zudem zwei neue, witzige Sidekicks zu bewundern. Was bzw. wer allerdings jedermann fehlte war Pierre Brice - in einem Film über den Nahen Osten nicht unterzubringen und daher schmerzlich vermisst. Immerhin fanden sich noch Marie Versini und der obligatorische Rik Battaglia wieder ein. Neben den bekannten Sterbeszenen Nscho-tschis und in "Winnetou I" bzw. "III" gibt es im "Schut" außerdem moch eine weitere große im May-Kino: Karas treuer Hengst Rih bricht am Ende tot zusammen. Und der kundige Kenner weiß: So herzzereißend hat Lex Barker noch nichtmal um seine große Liebe oder seinen Blutsbruder getrauert!

8/10

Robert Siodmak period piece Karl May Kara Ben Nemsi Balkan


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THE 300 SPARTANS (Rudolph Maté/USA 1962)


"Truth is a heady wine. A politician must never exaggerate people's capacity for it."

The 300 Spartans (Der Löwe von Sparta) ~ USA 1962
Directed By: Rudolph Maté

480 v. Chr.: Der persische König Xerxes (David Farrar) steht mit einer gewaltigen Armee vor den Toren Griechenlands. Der politische Vordenker Themistokles (Ralph Richardson) weiß, dass die einzige Möglichkeit, das morgenländische Heer zu besiegen, in der Einigkeit der griechischen Königreiche liegt. König Leonidas (Ralph Egan) von Sparta sieht dies ähnlich und bietet an, mit seinen gefürchteten Mannen die Vorhut der griechischen Infanterie zu übernehmen. Doch der spartanische Rat schiebt ihm einen Regel vor: Göttliche Feierlichkeiten verbieten den Soldaten, auszurücken. Mit seiner 300 Mann starken Leibgarde rückt Leonidas dennoch gegen Xerxes vor. Bei den Thermopylen können er und seine Getreuen die exponentiell überlegenen Perser immerhin drei Tage aufhalten und das sich im Hinterland sammelnde Hauptheer schonen, bis sie durch den Verrat des Hirten Ephialtes (Kieron Moore) vernichtend aufgerieben werden.

Ein Schlachtengemälde ganz nach meinem Geschmack, immerhin geht es einzig und allein um den mehrtägigen Kampf Leonidas' gegen Xerxes an den Thermopylen. Kleinere Handlungsbypässe wie Xerxes' Techtelmechtel mit der listigen griechischen Königin Artemisa (Anne Wakefield), die Liebesgeschichte des jungen Soldaten Phylon (Barry Coe) mit Leonidas' Nichte Ellas (Diane Baker) oder Ephialtes' niederträchtige Handlungsweise lenken nur unwesentlich vom Geschehen ab. Die Kriegskunst wird hier wirklich als solche dargestellt und bedenkenlos heroisiert, ohne die im Vergleich fast schon als widerlich zu titulierende Stilisierung der späteren Snyder-Miller-Adaption. Maté versagt sich zudem allzu redundante Ausflüge in den Camp: Obgleich diverse Italiener und Griechen an der Herstellung von "The 300 Spartans" beteiligt waren, hebt sich der Film weit vom infantil gefärbten, mediterranen Cinecittà-Sandalenkino dieser Jahre ab. Er ist vielmehr wie ein rundum befriedigender Museumsgang: Fett, satt, ausgeglichen machend.

8/10

Rudolph Maté Historie Antike Griechenland Schlacht


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THE PRINCESS BRIDE (Rob Reiner/USA 1987)


"This being our first try, I'll use the lowest setting."

The Princess Bride (Die Braut des Prinzen) ~ USA 1987
Directed By: Rob Reiner

Ein Junge (Fred Savage) bekommt von seinem Opa (Peter Falk) das Buch von der "Braut des Prinzen" am Krankenbett vorgelesen, obschon er Märchen eigentlich langweilig und blöd findet. In der Geschichte wird das Liebespaar Buttercup (Robin Wright) und Westley (Cary Elwes) getrennt. Während Buttercup, im Glauben, Westley sei tot, auf die Heirat mit dem schmierigen Prinzem Humperdinck (Chris Sarandon) wartet, wird sie von dem kriegstreibenden Gauner Vizzini (Wallace Shawn) und seinen Partnern Inigo Montoya (Mandy Patinkin) und Fezzik (André the Giant) entführt. Doch Westley lebt und kehrt als maskierter Korsar zurück, um Buttercup zu befreien und wieder zu der Seinen zu machen.

Rob Reiners Film erfreut sich ja ungebrochener Beliebtheit, wie seine konstante Listung in der imdb-Top-250 beweist. Wohl zu Recht, denn der Ansatz, einem potenziellen Kinderfilm eine Metaebene zu verleihen, die einerseits über Wesenhaftigkeit und Status klassischer Märchen und Sagen in der hedonistischen Yuppie-Ära der Achtziger Auskunft gibt und andererseits mit spitzfindiger Komik auch gesetzte Herrschaften zum Schmunzeln bringt, geht perfekt auf. Ohne die übertriebene Effekte-Zauberei eines George Lucas, der fast zeitgleich mit "Willow" einen nicht unähnlichen, jedoch wesentlich oberflächlicheren Film vom Stapel ließ, erfrischt "The Princess Bride" mit den ebenso luziden wie bewährten Mitteln des klassischen hollywood'schen Abenteuerkinos immer wieder aufs Neue Herz und Hirn.

9/10

Rob Reiner Märchen Magie Satire Kinderfilm Riese


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THE WIZARD OF OZ (Victor Fleming/USA 1939)


"Lions and tigers and bears! Oh, my!"

The Wizard Of Oz (Das zauberhafte Land) ~ USA 1939
Directed By: Victor Fleming

Weil sie mit ihrem Hund Toto von zu Hause weggelaufen ist, hat die kleine Dorothy (Judy Garland) ein furchtbar schlechtes Gewissen. Als sie sich dann während eines Wirbelsturms den Kopf stößt, träumt sie sich in das sagenhafte Land Oz, in dem sie sich mit der bösen Hexe des Westens (Margaret Hamilton) anlegt und drei Freunde, der Vogelscheuche (Ray Bolger), dem Zinnmann (Jack Haley) und dem Löwen (Bert Lahr) zu ihren Wunschträumen verhilft. Am Ende aber weiß Dorothy: "'S ist nirgends besser als daheim."

Da ihre Verdienste um die klassische Weltkultur eher bescheiden sind, klammern die Amerikaner sich voller Inbrunst und Verzweiflung an die wenigen entsprechenden Beiträge, darunter L. F. Baums Märchen "The Wonderful Wizard Of Oz", das in punkto globaler Popularität längst von dieser 39 Jahre jüngeren Technicolor-Adaption von MGM abgelöst worden ist. Die Songs und Dialogzeilen haben sich über die Jahrzehnte längst in das Weltbewusstsein eingefräst und begleiten vermutlich noch immer Milliarden von Menschen von Kindesbeinen an. Ich bin mir nicht sicher, ob überhaupt jemals irgendein anderer Film einen solchen Impact auf die Massenrezeption hatte wie "The Wizard Of Oz". Der Film ist aber auch herrlich trippy: Die tanzenden Zwerge, die jederzeit als Atelier-Kulisse erkennbare Sagenwelt in leuchtenden Farben, die scheußliche grünhäutige Hexe mitsamt ihren fliegenden Affenmonstern, der wunderbar witzige Löwenmann, der allgemein vorherrschende Schulaufführungs-Charakter. Und inmitten all diesen gepuderten Irrsinns die gar nicht mehr so kleine, sondern mit siebzehn Jahren durchaus "grenzerwachsene" Judy Garland, die, ist man mal ganz ehrlich, in ihrer Interpretation als, tja, vermutlich zehn- oder elfjähriges Mädchen ein klein wenig albern wirkt. Da Flemings Film, an dem, ebenso wie an "Gone With The Wind" noch diverse andere Hausregisseure herumgedoktert haben, sich durch seine ihm bereits wesentlich innewohnende Irrealis aber ohnehin alles gestatten darf, ohne weiter zu erstaunen, macht auch das überhaupt gar nichts.

9/10

Victor Fleming Hexen Kansas Kinderfilm Traum Mervyn LeRoy


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LE AVVENTURE DELL'INCREDIBILE ERCOLE (Luigi Cozzi/I, USA 1985)


"Who art thou?"

Le Avventure Dell'Incredibile Ercole (Die Abenteuer des Herkules, 2. Teil) ~ I/USA 1985
Directed By: Luigi Cozzi

Eine olympische Verschwörung gegen den Göttervater Zeus (Claudio Cassinelli) bewegt diesen, erneut seine Geheimwaffe zu mobilisieren - den superstarken Herkules (Lou Ferrigno)! Dieser hat die Aufgabe, die Insignien von Zeus' Macht, nämlich seine sieben Blitze, ausfindig zu machen und sie ihm zurückzubringen. Die Blitze verbergen sich im Inneren verschiedener Monster und Kreaturen, die Herkules mithile der Amazone Urania (Milly Carlucci) erledigt. Als die machthungrige Hera (Maria Rosario Omaggio) dann auch noch Herkules' alten Erzfeind Minos (William Berger) wieder ins Leben zurückruft, scheint das Böse endgültig zu triumphieren - der Mond bewegt sich geradewegs auf die Erde zu!

Noch verrückter als der Erstling, angereichert mit Wischmopp-Monstern, Schleimwesen und halbgaren Rotoskopie-Tricks, hat Luigi Cozzi auch dieses nicht minder lustige Sequel in die Bahn geworfen. Lou Ferrigno, bereits um einige Filmerfahrungen mit den Italienern reicher (zwischendurch hatte er noch das von mir schmerzlich vermisste "Shinichin No Samurai"-Rip-Off "I Setti Magnifici Gladiatori" gemacht, ebenfalls für die Cannon), wirkt beileibe nicht mehr so strahlend gut aufgelegt wie im Vorgänger und ringt sich bestenfalls mal ein gequältes Lächeln ab. Kein Wunder, bei all dem materialisierten Schwachsinn, der hier aufs Tapet kommt. Der Gipfel wartet am Ende - hier wird Herkules von Zeus zum interplanetarischen Riesen hochgezogen und bringt mit einem kräftigen Hebeldruck Erde und Mond wieder in ihre jeweiligen Umlaufbahnen, bevor sie aufeinanderprallen können. Kein Thema für den guten Lou. Ansonsten, wahrlich, wahrlich, wird jeder, der mit dem Original seinen Spaß hatte, auch hier wieder überaus reell bedient.

5/10

Herkules Luigi Cozzi Cannon Griechische Mythologie Trash


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ESTHER AND THE KING (Raoul Walsh/I, USA 1960)


"Hang the betrayer!"

Esther And The King (Das Schwert von Persien) ~ I/USA 1960
Directed By: Raoul Walsh

500 Jahre vor Christi Geburt beherrscht Xerxes (Richard Egan), der König der Perser, ein gewaltiges Reich. Als er von einem seiner Feldzüge zurückkehrt und registriert, dass seine Frau (Daniele Rocca) ihn betrogen hat, wird er zum Zahnrädchen in einem allumspannenden Stürzungsplan seines intriganten Würdenträgers Haman (Sergio Fatoni). Dieser sucht eine Judäerin für Xerxes' nächste Ehe und findet sie in der Person der jungfräulichen Esther (Joan Collins). Mit viel Aufopferungsbereitschaft vermag es Esther schließlich, Xerxes zu einem gerechteren Herrscher zu machen und ihn die wahre Natur seines Erzfeindes Haman erkennen zu lassen.

Purer Camp ist dieser Ausflug von Walsh nach Rom geworden, wo er mit einer fast durchgängig italienischen Crew, darunter Mario Bava als DP und unkreditiertem Co-Regisseur, dieses herrliche Stück Bibeltrash aus dem Boden stampfte. Bereits die Besetzung der Collins, die ja zuvor schon Hawks' Ägypten-Epos "Land Of The Pharaohs" einen unwiderstehlichen Schmierfilm verlieh, garantiert für exploitatives Hinguckerkino erster Garnitur. Die Geschichte ein einziger antiker Witz, die Formalia schön, lieb und teuer, die Atmosphäre durchsetzt von schwüler Ränke und säurehaltiger Boshaftigkeit - so liebt man sein kleines Monumentalkabinett. Kokain, appe Köpfe und angedeuteter Sex - für einen Streifen von anno 60 liefert "Esther And The King" beachtliche Schauwerte. Wie sich ausgerechnet Raoul Walsh in diesen amüsanten Killefit verirren konnte, weiß ich nicht genau, aber das ist ja eigentlich auch ganz egal.

6/10

Raoul Walsh Persien Bibel Camp Trash Mario Bava


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HERCULES (Luigi Cozzi/I, USA 1983)


"For the sake of science!"

Hercules (Herkules) ~ I/USA 1983
Directed By: Luigi Cozzi

Göttervater Zeus (Claudio Cassinelli) schickt seine Lichtessenz gen Erde, wo sie sich mit dem Säugling des Königs von Hellas vereint. Jener und seine Gattin werden aber kurz darauf von dem bösen Minos (William Berger) und seiner intriganten Tochter Ariadne (Sibyl Danning) gemeuchelt und der kleine Herkules wächst bei einfachen Bauersleuten zu einem superstarken Muskelprotz (Lou Ferrigno) heran, unter ständiger Beobachtung des Götter-Pantheons. Als auch Herkules' Pflegeeltern das Zeitliche segnen, zieht der Recke hinaus in die Welt, um seine Bestimmung zu suchen. Diese findet er im Schutze der jungfräulichen Cassiopeia (Ingrid Anderson), Tochter des Königs Augias (Brad Harris). Minos will Cassiopeia dem von ihm gefangenen Feuervogel Phönix opfern, doch mithilfe der Zauberin Circe (Mirella D'Angelo) haut Herkules dazwischen.

Wer Luigi Cozzi kennt, weiß, dass der Mann vor nichts zurückschreckt, um dem Publikum seine mitunter etwas weichhirnigen Fantasien vor den Latz zu knallen. Da er dies stets mit recht viel Elan und gegen alle monetären Widerstände zu Werke bringt, ist er ja auch ein ganz Netter. Für "Hercules", der das italienische Sandalenkino um die bärtigen Bodybuilder im Gefolge von "Conan The Barbarian" reanimierte und den unglaublich geformten Lou Ferrigno (einem der wenigen Männer im Showbiz, bei denen überdimensionale Titten männlichkeitsbetonend wirken) an seine Speerspitze setzte, ging Cozzi eine Allianz mit dem gerade im Aufstreben begriffenen Indie Cannon ein - wie man weiß die das Unterhaltungskino der Achtziger entscheidend mitprägende Produktionsgesellschaft der beiden israelischen Vettern Menahem Golan und Yoram Globus. So erklärt sich auch die illustre Besetzung, die einige große Namen des jüngeren, internationalen Exploitationkinos unter einen Hut schaffte, darunter neben den o.A. Bobby Rhodes und Yehuda Efroni, einem Stammschauspieler bei Golan/Globus. Welch wahnwitzige Wendungen die Geschichte schlägt, dürfte selbst in der Kurzwiedergabe uninteressant sein, allein das rührende Selbstverständnis des Films, der es schafft, seine bescheidenen Mittel geradezu plausibel für 100 Minuten zum Maß aller Dinge zu machen, ist erstaunlich. Allen kenntnisreichen Anlehnungen an die Originalmythologie zum Trotze darf geschmunzelt werden: Hydra und Zentaur werden zu kreischenden Robotern, Herkules putzt einen göttlichen Pferdestall, der danach blinkt wie Meister Propers Kückenfliesen, der Halbgott wirft einen Bären ins All, der dann das entsprechende Sternbenbild begründet, wird riesengroß (und wieder klein) und trennt Europa von Afrika, zum Hades muss man über eine Regenbogenbrücke und so fort. Film macht Baff.

6/10

Luigi Cozzi Cannon Herkules Griechische Mythologie Götter Europloitation Trash


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IO MONACA... PER TRE CAROGNE E SETTE PECCATRICI (Ernst Ritter von Theumer/BRD, I 1972)


Zitat entfällt.

Io Monaca... Per Tre Carogne E Sette Peccatrici (Ich, die Nonne und die Schweinehunde) ~ BRD/I 1972
Directed By: Ernst Ritter von Theumer

Claire (Vonetta McGee) und sechs Leidensgenossinnen nutzen die Gunst der Stunde: Die herzensgute Nonne Schwester Maria (Monica Teuber) hat durchgesetzt, dass die acht in einem Frauengefängnis einsitzenden Damen stundenweise in ihrem Klosterhof arbeiten dürfen. Das Luder-Oktett ist allerdings nicht faul, sondern macht sich flugs an einen Ausbruch, dem Schwester Maria sich solidarisch anschließt - immerhin brauchen die "Ladys" spiritistischen Beistand. Vom Regen in die Traufe schlitternd geraten sie in die Fänge des üblen Mädchenhändlers Bob (William Berger), der sie an den Wüstenscheich El Kadir (Gordon Mitchell) verscherbeln möchte. Der wackere Skipper Jeff (Tony Kendall) jedoch haut sie alle - Kollateralschäden inbegriffen - raus...

Viel zu lachen gibt es in Herrn von Theumers Sleaze-Kracher, der sich die Welt gerade so wahnsinnig macht, wie sie ihm gefällt. Das Schöne bei diesen alten Heulern ist ja, dass man stets auf alles gefasst sein muss, selbst auf irrsinnige Folterzwerge, die plötzlich hinter einer Mauer auftauchen und nackte Schönheiten berserkernd ins Jenseits peitschen, nur um hernach selbst von einer Ordensschwester per schädelgroßem Stein kaputtgehauen zu werden. Topographisch einsortieren lässt sich "Io Monaca" nicht so ohne Weiteres, ich tippe auf Nordafrika oder den Nahen Osten. Von Theumer hat jawohl auch des öfteren in der Türkei gearbeitet - möglicherweise rühren die teils pittoresken Landschaftspanoramen auch dorther.
Wie dem auch sei, das Ding ist ordentlich schmierig, wird von einer Erster-Klasse-Trash-Besetzung flankiert und der Löwenanteil der Produktionskosten von Dreimarkfuffzich stecken in den stolz ins Bild gesetzten Mini-Exlplosionen. Ansonsten gilt: Lasset euch dies lecker Gürksken in geselliger Runde munden - eure Freunde lieben euch danach gleich nochmal so doll. Versprochen.

6/10

Ernst Ritter von Theumer W.I.P. Trash Sleaze Europloitation


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1492: CONQUEST OF PARADISE (Ridley Scott/F, E 1992)


"Riches don't make a man rich, they only make him busier."

1492: Conquest Of Paradise (1492: Die Eroberung des Paradieses) ~ F/E 1992
Directed By: Ridley Scott

1492 bricht der Italiener und Seenavigator Christoph Columbus (Gérard Depardieu) mit dem Segen der spanischen Krone gen Westen auf, um eine alternative Meeresroute nach Asien ausfindig zu machen. Nach etwa neunwöchiger Kreuzfahrt über den Atlantik stößt Columbus mit seinen drei Schiffen auf eine Gruppe von Inseln, die von verschiedenen Eingeborenenstämmen besiedelt sind und die heute als Bahamas und Teil der Westindischen Inseln bekannt sind. Eine zweite Reise im Folgejahr steht unter eindeutiger imperialistischer Hoheit: Columbus und seine Brüder (Steven Waddington, Fernando Guillén Cuervo) werden als für Christianisierung und Ausbeutung der hiesigen humanen und ökologischen Ressourcen zuständige Gouverneure eingesetzt. Besonders jedoch der sie begleitende, spanische Edelmann Moxica (Michael Wincott) entpuppt sich als sadistischer Menschenschinder und sorgt, zusammen mit klimatischen Ungelegenheiten dafür, dass Columbus' Eroberungsträume wie eine Seifenblase zerplatzen. Später wird nicht er, sondern der Festlandfinder Amerigo Vespucci als Entdecker der Neuen Welt gefeiert.

Und da reisten sie an und brachten all das Schlechte auf Erden mit ins Paradies: Gier, Religion. Machtdurst, Intrigen, Krieg - kurz gesagt: Zivilisation. Dass ausgerechnet der dafür verantwortliche Mann fünf Jahrhunderte später als Geschichtsheld mit zwei Spielfilmen geehrt wurde, von denen der vorliegende als der wohl deutlich aufsehenerregendere bezeichnet werden darf, schmeckte nicht jedem. Und in der Tat bietet "1492" erklärten Kritikern vermutlich eine Vielzahl von Ansatzpunkten, um Scotts Kolonialepos aus den Angeln zu hebeln. Der Regisseur macht erneut von seiner überaus flamboyanten Oberflächeninszenierung Gebrauch und bietet zur zweiten Filmhälfte hin einige betont naturalistische, augenscheinlich unverhältnismäßige Momente, die in ihrer beinahe horrorartigen Ausprägung die späteren Gewaltmomente in "Gladiator" vorwegnehmen. Sein hübsch größenwahnsinniger Gestus, unterstrichen noch von Vangelis' so vielzitiertem Bombast-Score zeichnet "1492" nach meinem Empfinden jedoch erst wirklich aus, alles wirkt teuer, edel und vor allem echt. Man ahnt, welch hohes Maß an Sorgfalt in die (Re-)Kreation der Kostüme und Requisiten gesteckt wurde, mit welcher Detailversessenheit die set pieces ausgewählt und später in den Film integriert wurden. Das alles ist nichts minder als Ehrfurcht gebietend, ja, fast schon erschlagend. Und es ist eine Art Kino, die ich in ihrem naiv-simplifizierenden Selbstverständnis sehr liebe, zumal sie in ihrer Naturbelassenheit seit ein paar Jahren ausgestorben ist und hier ausnahmsweise mal kein Hollywood-Studio die Finger im Spiel hatte. Was man hier sieht, stammt alles noch aus altweltlichen Bankkonten. Ein charmanter Versuch also, 500 Jahre später nochmal neues Terrain zu erschließen.

8/10

Ridley Scott Kolonialismus Columbus Seefahrt period piece Historie Biopic Inquisition Karibik Mittelalter





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Funxton

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