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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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A BRIDGE TOO FAR (Richard Attenborough/USA, UK, 1977)


"I've got lunatics laughing at me from the woods. My original plan has been scuppered now that the jeeps haven't arrived. My communications are completely broken down. Do you really believe any of that can be helped by a cup of tea?"

A Bridge Too Far (Die Brücke von Arnheim) ~ USA/UK 1977
Directed By: Richard Attenborough


September 1944: Der britische Feldmarschall Montgomery ersinnt die in mehreren Schritten auszuführende "Operation Market-Garden", innerhalb derer alliierte Streitkräfte über die belgische Grenze in Holland einmarschieren und mehrere strategisch bedeutsame Brücken nehmen sollen, um so den Weg um den Westwall herum und hinein ins Ruhrgebiet, das industrielle Herz Nazideutschlands, gewährleisten zu können. Der Widerstand der Wehrmacht ist, besonders bei der Brücke von Arnheim, unerwartet groß und die meisten der beteiligten Soldaten fallen.

Eines der ambitionierten Studio-Großprojekte der siebziger Jahre, die mit gigantischem finanziellen und technischem Aufwand und einer auserlesenen All-Star-Cast gegen die von den Kritikern noch immer heißgeliebte New-Hollywod-Schiene anstinken sollten. "A Bridge Too Far" (im angelsächsischen Sprachgebrauch bezeichnet diese Phrase ganz allgemein das 'kleine Quäntchen zuviel'), gescriptet von dem zuvor für "All The President's Men" und "The Marathon Man" tätigen Drehbuch-Genius William Goldman, meistert seine Mission dabei absolut zuverlässig. Die nicht weniger als fünfzehn renommierte internationale umfassende Besetzung, die meisten darunter ganz nebenbei frühere und spätere Oscar-Preisträger, wird sorgsam auf die unterschiedlichen Szenarien verteilt: Neben den Kommandozentralen werden mehrere Einheiten bei ihren Fortschritten und Rückschlägen beobachtet. Elliott Gould und Paul Maxwell nehmen Eindhoven, Ryan O'Neal, Michael Caine, Robert Redford und James Caan sind um die Gegend von Nijmwegen am Start, Sean Connery sitzt ohne Funk in einem Bauernhaus fest und Anthony Hopkins findet sich gleich an der Arnheimer Straßenbrücke von Hardy Krüger und Maximilian Schell eingekesselt. Gene Hackman und seine Luftlandetruppen eilen zur Rettung, werden jedoch aufgerieben. Laurence Olivier ist ein heldenhafter holländischer Arzt und Liv Ullmann als seine rasch hinzurekrutierte Krankenschwester. Dirk Bogarde und Wolfgang Preiss residieren derweil als zynische Kommentare zum Besten gebende Oberbefehlshaber in kostbaren Samtsesseln und tun bei Tee und gutem Essen, wie ihnen geheißen. Auch wenn Goldman mehrfach beteuert, dass Atteboroughs und sein Werk "einer der wenigen Filme sei, die den Wahnsinn und sie Sinnlosigkeit des Krieges spürbar machten", so haben wir hier natürlich vor allem stupend inszeniertes Actionkino und bare Heldenverehrung im ganz großen Stil. Einzelne Szenen wie die Luftlandung, Caans selbstmörderische Fahrt mit einem Jeep an der deutschen Waldfront entlang und natürlich ganz besonders die am hellichten Tag erfolgte Übersetzung und Aufreibung der alliierten Truppen über die Waal sind meisterlich inszeniert und besitzen zum Teil die Anmut eines filigran choreographierten Balletts. So bleibt "A Bridge Too Far" weniger als ein Film in Erinnerung, der wegen seiner Gehaltfülle trumpft denn vielmehr als ein Erlebnis für die entsprechend justierten Sinne, das beinahe ebenso vom Größenwahn beseelt ist wie die authentischen, historischen Vorbildereignisse.

8/10

Widerstand period piece Operation Market-Garden Historie Nationalsozialismus WWII Richard Attenborough


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ROBIN AND MARIAN (Richard Lester/USA 1976)


"Have you ever tried to fight a legend?"

Robin and Marian (Robin und Marian) ~ USA 1976
Directed By: Richard Lester


Nach fast zwanzig Jahren kehrt Robin von Locksley (Sean Connery) zusammen mit seinem treuen Freund John Little (Nicol Williamson) von den Kreuzzügen nach England zurück - freilich erst, nachdem König Löwenherz (Richard Harris) wegen einer Infektion dass Zeitliche gesegnet hat. Der Sheriff von Nottingham (Robert Shaw) hält die Gegend um den Sherwood Forest noch immer unter seiner Knute, derweil Robins rebellische Vergangenheit in vielen bäuerlichen Mären besungen wird. Die einstige Geliebte Marian (Audrey Hepburn) ist nach einem Selbstmordversuch Nonne geworden, liebt Robin jedoch noch immer. Der übereifrige Edelmann Sir Ranulf (Kenneth Haigh) sorgt schließlich dafür, dass der neue König John (Ian Holm) Robin endgültig aburteilt.

Richard Lester erarbeitete sich nach seinen Anfängen als Auteur in der britischen New Wave über die Dekaden einen ausgezeichneten Ruf als Meister der Dekonstruktion. Nach seinen beiden durchaus ans Bizarre grenzenden Beatles-Filmen "A Hard Day's Night" und "Help!" kam noch eine ganze Kohorte von mehr oder weniger scharf formulierten Satiren, die trotz Lester US-amerikanischer Herkunft stets eine stark britische Konnotation besaßen. Eine davon ist "Robin And Marian", der ein sehr ungewohntes Bild des traditionell auch im Kino stark verklärten und romantisierten Helden bietet. In Lesters Version erleben wir Robin als einen zerzausten, ergrauten Ritter in den Herbstjahren seines Lebens. Statt eines feschen grünen Wams trägt er Sackleinen und höchstens mal einen dreckstarrenden Harnisch, verzichtet auf Unterwäsche wie auf Kopfbedeckung und musste in vielen Lektionen erkennen, dass alles, woran er die vielen Jahre im Dienste seines Herrn geglaubt hat, nicht mehr ist als ein gewaltiges Lügenkonstrukt. Löwenherz, sonst stets das leuchtende Bild des gütigen Mittelalterkönigs, wird von Lester mithilfe eines leider viel zu kurzen Auftritts von Richard Harris als größenwahnsinniger, raffgieriger Despot gezeichnet, der seine ursprünglich vielleicht ehrbaren Ambitionen längst im Blaut und Staub des Heiligen Landes verloren hat. Dass auch vor tausend Jahren schon mehr oder minder Suizidversuche aus Verzweiflung verübt wurden wie im Falle der mittlerweile auch nicht mehr ganz taufrischen Lady Marian, dürfte manchen Ritterromantikern ebenfalls befremdlich vorkommen. Und der Sheriff von Nottingham? Der hätte die Waagschale seiner imerwährenden Rivalität mit Robin gern noch etwas länger in der Balance gehalten und ist deutlich besonnener und sympathischer als in unserer Erinnerung. Immerhin: Ein paar Nebenfiguren, namentlich Bruder Tuck (Ronnie Barker), Will Scarlett (Denholm Elliott) und Little John sind noch gleich auf den ersten Blick als "sie selbst" erkennbar.

8/10

Mittelalter England period piece Robin Hood Kreuzzuege Richard Lester Satire Historie


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ANGEL FACE (Otto Preminger/USA 1952)


"I can't exist without you!"

Angel Face (Engelsgesicht) ~ USA 1952
Directed By: Otto Preminger


Der Ex-Rennfahrer, Kriegsveteran und Sanitäter Frank Jessup (Robert Mitchum) lernt bei einem Einsatz die wohlhabende Familie Tremayne kennen: Den ungeschäftigen Autor Charles (Herbert Marshall), seine zweite Ehefrau Catherine (Barbara O'Neil) und Charles Tochter aus erster Ehe, Diane (Jean Simmons), in die Frank sich verliebt. Diane ist krankhaft eifersüchig auf ihre Stiefmutter und versucht erfolglos, Frank in ein Mordkomplott betreffs Catherine zu verwickeln. Als sie eines Tages selbst ihre Pläne durchsetzt, stirbt unfällig auch Dianes Vater und sie und Frank kommen vor Gericht. Der Tod des Ehepaars wird schließlich als Unfall behandelt. Doch Diane kommt mit ihrer Schuld nicht zurecht, zumal Frank sie mit ihrer Depression im Stich zu lassen droht...

Premingers heute als meisterlich bezeichneter film noir galt für seinen Produzenten Howard Hughes damals als Abschreibungsobjekt: Hughes ließ seinem Regisseur, der eigentlich bereits sein Desinteresse an der Inszenierung dieser Herzschmerz-Story bekundet hatt, sämtliche Freiheiten und wollte darüber hinaus der Simmons, die damals mit Stewart Granger verheiratet war und sich als immun gegenüber den Nachstellungen des exzentrischen Geldsacks erwies, nachträglich eins auswischen. Als eine kuriose Analogie zu Hughes eigener kleiner Filmkatastrophe "The Outlaw", in die der 'Aviator' Unmengen an Zeit und Talent investiert hatte, wurde dieser von vornherein so stiefmütterlich behandelte, psychologische Kriminalfilm zum Klassiker. Die Attribute lassen allerdings auch wenig anderes zu -; Mitchum und Simmons zählen zu den großen unglücklichen Liebespaaren des film noir und Premingers häufig des Nachts spielende Szenen halten besonders auf Seiten der formidablen, neurotisch aufspielenden Simmons nachhaltig tiefe Abgründe bereit. Falls Sie auf der Suche nach Erlösung sind, suchen Sie bitte woanders.

8/10

film noir Howard Hughes Otto Preminger Amour fou


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REVENGE (Tony Scott/USA 1990)


"As your former friend I apologize for taking your wife away from you."

Revenge ~ USA 1990
Directed By: Tony Scott


Nach seiner Entlassung reist der Ex-Air-Force-Pilot Jay Cochran (Kevin Costner) nach Mexiko, um ein paar Tage auf der riesigen Hazienda seines alten Freundes Tiburon "Tibey" Mendez (Anthony Quinn), eines mächtigen Gangsterbosses, auszuspannen. Es kommt, wie es kommen muss: Cochran verliebt sich Hals über Kopf in Tibeys junge Ehefrau Miryea (Madeleine Stowe) und beginnt mit ihr eine heftige Affäre. Es dauert nicht lange, bis Tibey Lunte riecht und sich grausam für den doppelten Verrat rächt: Cochran wird halbtot in der Prärie zurückgelassen und Miryea in ein Bordell vberkauft, wo sie unter Drogen gesetzt und vielfach missbraucht wird. Nachdem Cochran durch die Hilfe eines mexikanischen Bauern (Luis de Icaza) wieder genesen ist, macht er sich auf die Suche nach Miryea.

Kurz vor "Days Of Thunder" gefertigt und dabei um ein Vielfaches substanzieller, gehört "Revenge" zumindest im just von mir angeschauten, knackigen Director's Cut zu den gewinnbringendsten und wohl besten Filmen von Tony Scott. Dass er im günstigen Fall, also in jenem, nicht bloß irgendeinen Prospekt, sondern eine Geschichte mit Herz und Seele zu visualisieren, urplötzlich zu einem wahrhaft ambitioniert anmutenden Regisseur avanciert, konnte Scott mit "Revenge" aufs Beeindruckendste unter Beweis stellen. Ich muss allerdings einräumen, die vom Produzenten Ray Stark geschnittene, ursprünglich Version nie gesehen zu haben. Jene genießt wohl keinen besonders guten Leumund; sie soll zu lang und verquast sein, während Scotts erst vor drei Jahren erschienene, stark gestraffte und ummontierte Fassung meinem Empfinden nach gar eine Art Erbfolge des seligen Peckinpah-Kinos um sozialaussätzige, schmutzstarrende Gestalten wie Billy The Kid, Cable Hogue oder den kopfjagenden Bennie antritt. Die Geschichte um eine impulsive, am Ende blutig und traurig ausgehende Liebesbeziehung in Mexiko wäre zweifelsohne genau nach dem Gusto des alten Haudegens gewesen und es lässt sich nur mutmaßen, was er erst daraus gemacht hätte. Immerhin kann sich bereits das vorliegende Resultat mehr als sehen lassen und lässt insbesondere für zickige Scott-Kritiker wie mich ausgiebig Hoffnung für potenzielle spätere Großtaten schöpfen.

8/10

Mexiko Mafia Director's Cut Amour fou Tony Scott Rache Freundschaft


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DAYS OF THUNDER (Tony Scott/USA 1990)


"If you're from California, you're not a Yankee. You're not really anything."

Days Of Thunder ~ USA 1990
Directed By: Tony Scott


Der frisch entdeckte Rennfahrer Cole Trickle (Tom Cruise) wird von dem alternden Stock-Car-Konstrukteur Harry Hogge (Robert Duvall) unter die Fittiche genommen. Nach anfänglichem Beschnüffeln lernen die beiden harten Hunde einander lieben und ihren jeweiligen Dickkopf zu azeptieren. Nebenher spielt Cole noch den Wohltäter für seinen früheren Erz-Konkurrenten Rowdy Burns (Michael Rooker), reißt sich eine flotte Hirnchirurgin (Nicole Kidman ) unter den Nagel, triumphiert über ein paar irrationale Ängste und zeigt einem arroganten Rivalen (Cary Elwes), wie eine echte Staubwolke von hinten aussieht.

Inhaltlich unwesentlich mehr als ein "Top-Gun"-Remake in eigener Sache, ist "Days Of Thunder" allerhöchstens interessant, wenn man Tony Scotts individueller Ästhetik nachspüren möchte. Es ist schon bezeichnend und faszinierend, dass vermutlich selbst ein Scott-Laie höchstens fünf Minuten Spielzeit benötigte, um zu erkennen, wer da inszeniert. Scott liebt den leeren, ominösen Dialog, denn selbiger lässt ihm ausreichend Raum für seine aalglatte Oberflächengestaltung. "Days Of Thunder" enthält mindestens vier Konversationsszenen zwischen Cruise und Duvall, die für die Narration des Films völlig unwesentlich sind und weder den Plot noch die Protagonisten-Beziehung vorantreiben, sondern bloß eine Alibifunktion für Scotts eitle Werbeästhetik bekleiden. Den Verlust einer die Kognition auch nur im Mindesten fordernden Story mag man auch Bruckheimer und Simpson zuweisen, die damals gerade eine Art Negativ-Höhepunkt ihrer in den Achtzigern so erfolgreich gestarteten Blockbuster-Serie erreicht hatten: "Days Of Thunder" ist die endgültige Reduktion eines ausgewiesenhen Erzählkinostückes auf bloße Ästhetizismen und damit zumindest als obszönes Kulturartefakt sehenswert. Ansonsten ist der Film schlicht grausam zu passionierten Geschichtenlauschern und für solche vermutlich, so sie nicht unverzüglich beim Geräusch aufheulender Motoren ejakulieren, eine blanke Tortur. Das ist mindestens so sicher wie die Tatsache, dass Scott niemals irgendein stinknormales, graues Firmanent auf Zelluloid bannen würde.

4/10

Tony Scott Autorennen


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CLEOPATRA (Joseph L. Mankiewicz/USA, UK, CH 1963)


"The way to prevent war is to be ready for it."

Cleopatra ~ USA/UK/CH 1963
Directed By: Joseph L. Mankiewicz


48 v. Chr.: Gaius Julius Caesar (Rex Harrison) kommt nach der Schlacht gegen seinen Rivalen Pompeius mit zwei Legionen nach Alexandria, um den Familienzwist zwischen König Ptolemäus (Richard O'Sullivan) und dessen Schwester Cleopatra (Elizabeth Taylor) zu beenden. Caesar verliebt sich vom Fleck weg in die reizende Nildespotin, nimmt sie zur Geliebten und lässt sie in Rom als Bündnissignal in einer rauschhaften Zeremonie in die Stadt einfahren. Als Caesar von Cleopatra genährte, monarchische Ambitionen offenzulegen beginnt, ermorden ihn seine Gegner im Senat. Seine Nachfolge treten zu gleichen Teilen Marcus Antonius (Richard Burton), Caesars Neffe Octavian (Roddy MacDowall) und Marcus Laepidus an. Die Feindesligkeit zwischen Macus Antonius und Octavian, der sich später Augustus nennt, spitzt sich zusehends zu und steigert sich noch umso mehr, als Marcus Antonius unter dem Einfluss Cleopatras einige irrationale politische Entscheidungen trifft.Am Ende steht der Liebenden Selbstmord.

Film als Treppenwitz - das Irrsinnsprojekt "Cleopatra" bildete zugleich Klimax und Epitaph der Monumentalfilmära Hollywoods. Der Kostenverschleiß dieses damals wie heute unglaublich anzuschauenden Mammutstücks ruinierte fast die Fox, obschon es eigentlich zum Rettungsanker des Studios ausersehen war. Nur der dickköpfigen Beharrlichkeit einiger weniger Beteiligter wie Walter Wanger und Spyros Skouras ist zu verdanken, dass "Cleopatra" allen Pannen zum Trotze doch noch das Licht der Leinwände erblicken konnte, wenn auch in einer zunächst unverhältnismäßig und heute trotz Restaurierung weiterhin stark gekappten Fassung.
Die Dreharbeiten des zunächst in London vorbereiteten, später dann in Rom gefilmten Epos gerieten zum Schickeria-Ereignis, wie es heute nicht mehr vorstellbar ist. "Wenn du in Rom bist," hieß es seinerzeit, "schau dir das Colosseum an, die Vatikanstadt und die "Cleopatra"-Kulissen", wobei sich letztere Besichtigung sogar als die komplizierteste erwies, weil man so gut wie nie vorgelassen wurde. Allein die wöchentlich zu entrichtenden Mineralwasserkosten für Cast und Crew, so wird berichtet, beliefen sich auf größere Vermögenswerte. Der ursprünglich für zehn Wochen in einer Nebenrolle gecastete Schauspieler Hume Cronyn kaufte sich einen Landsitz bei Rom und einen Sportwagen, und sich während seines letztlich viermal so langes Engagements häuslich einrichten zu können. Der erste Regisseur, Rouben Mamoulian, wurde auf Wunsch von der soeben von einer schweren Lungenentzündung genesenen Hauptdarstellerin gefeuert, ebenso wie die beiden ursprünglichen männlichen leads Peter Finch und Stephen Boyd. Als bereits alles für den triumphalen Einzug der Cleopatra in Rom vorbereitet war, entschied der dp Jack Hildyard kurzfristig, dass das Licht in dieser Jahreszeit zu ungünstig sei und das Ganze erst in sechs Monaten gefilmt werden könne - nur ein paar Zeugnisse und Anekdoten des Wahnsinns, der damals von Hollywood und der Industrie ausging und ohne den "Cleopatra" wohl kaum das wäre, was er heute ist. Der Film selbst leidet unter seinen Kürzungen, ist im Grunde kaum mehr denn eine aneinandergereihte Kette von pathetischem bis intrigantem Dialog, der in der ersten Hälfte zwischen der Taylor und Harrison und in der zweiten eben zwischen der Taylor und Burton stattfindet. Dazwischen gibt es darstellerische Glanzlichter, die jedoch eher die Nebendarsteller wie MacDowall und Martin Landau setzen. Dennoch gleicht es einem lustvollen, schuldbewussten Vergnügen, sich an diesem opulenten Zelluloidmahl zu delektieren; ähnlich wie an einem dekadent teuren Zehn-Gänge-Menü, das man nur ein paar Male im Leben genießt. Man freut sich jedesmal erneut darauf, obgleich man weiß, dass einem hinterher schlecht ist von der unmäßigen Völlerei und all den köstlichen Speisen, an denen man sich so ausufernd labte. Dennoch ist man auf seltsame Weise zufrieden mit sich und der Welt. "Cleopatra", dieser in Eselsmilch gebadete, mit Mandelöl gesalbte und dreifach in Blattgold eingewickelte Film, hat da einen verblüffend ähnlichen Effekt.

8/10

Remake period piece Antike Rouben Mamoulian Historie Joseph L. Mankiewicz Römisches Reich Ägypten Taylor/Burton


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BEN-HUR (William Wyler/USA 1959)


"Hate keeps a man alive. It gives him strength."

Ben-Hur ~ USA 1959
Directed By: William Wyler


Noch zu Lebzeiten Christi kehrt der Römer Messala (Stephen Boyd) nach diversen Kriegseinsätzen als Tribun nach Judäa zurück, wo sein Kindheitsfreund Judah Ben-Hur (Charlton Heston) aus einer der angesehensten Familien der Stadt schon freudig auf ihn wartet. Als Messala von Judah verlangt, ihm die Namen anti-imperialistischer Dissidenten preiszugeben und dieser sich weigert, ist das eherne Freundschaftsband zerbrochen. Während der Einkehr eines neuen Statthalters kommt es dann zu einem unbeabsichtigten Unfall, den Messala Judah und seiner Familie wider besseres Wissen als böswilligen Anschlag auslegt. Judah wird als Galeerensklave verbannt, seine Mutter (Martha Scott) und Schwester (Cathy O'Donnell) landen im Verlies. Nach einigen unerbittlichen Jahren als Ruderer rettet Judah dem Feldherrn Quintus Arrius (Jack Hawkins) das Leben. Arrius adoptiert seinen Retter und sorgt für dessen gesellschaftliche Rehabilitierung. Der einzig noch für seine Rache lebende Judah kehrt nach Palästina zurück und fordert mithilfe des Scheichs Ilderim (Hugh Griffith) Messala zum Wagenduell in der Arena. Judah kann dieses souverän für sich entscheiden, Messala stirbt. Als Judah dann seine mittlerweile an Lepra erkrankten Schwester und Mutter durch den Segen des gekreuzigten Christus geheilt sieht, findet auch sein Herz endlich Frieden.

Für die damals marode MGM bedeutete die Zweitverfilmung von "Ben-Hur" ein waghalsiges Alles-oder-Nichts-Geschäft; die Kosten für das gewaltige, in Cinecittà gefilmte Opus verschlangen die bildlichen letzten monetären Reserven des Studios, das im Falle eines Flops ebenso im Sande gestrauchelt und gestürzt wäre wie Messala in der Wagenarena. Der tatsächliche, triumphale Ausgang ist bekannt: 38 Jahre lang blieb "Ben-Hur" mit elf Trophäen der Rekordhalter aller Oscar-Gewinner (mittlerweile gibt es derer bekanntlich drei), sein Erfolg bei Publikum und Kritik war einhellig. All das sind selbstverständlich keine messbaren Indizien für einen wirklich herausragenden Film, beeindruckend indes erscheinen solche Lorbeeren schon. Und das pompöse Werk rechtfertigt sie auch irgendwie, seine erhabene und gloriose Erscheinung und die (besonders im Kontrast zu den vulgären Bibel-Fantasien eines DeMille) durchaus mündige und intelligente Inszenierung darf sich tatsächlich das Prädikat "zeitlos" ans Revers heften. Ganz anders als der donnernde Bombast eines "The Ten Commandments" vollbringt Wyler das Kunststück, das epochale Geschmücke seines Werks zum bloßen Beiwerk einer Reifungsgeschichte zu machen. Dass diese sich an der Biographie Jesu entlangschlängelt, ist wohl unvermeidlicher, seiner Zeit geschuldeter Kitsch und ebenschon ein spritueller Bestandteil der literarischen Vorlage. Kann man nix machen und verdirbt den Film und seine universelle Botschaft, derzufolge die passive stets die besonnenste Form des Widerstands ist, auch nicht. Schließlich der aktionistische Nukleus des Films: das Vierspänner-Rennen. Dessen Inszenierung ist von einer bis heute beispiellosen kinetischen Qualität und in ihrer zwingenden Rasanz höchstens noch mit den größten Verfolgungsjagden des Actionfilms vergleichbar. Man kann sich die Sequenz vermutlich auch hundert Male anschauen und wird jedesmal wieder gefesselt sein. Allein dafür gebühren Wylers Film höchste Lobpreisungen, doch sollte seine sonstige, durchweg perfekte Präsentation sich in diesem Zuge nicht geschmälert finden. Selten gebrauche ich diese Phrase, doch hier passt sie ausnahmsweise einmal zur Gänze: Großes Kino!

10/10

William Wyler Remake Historie period piece Jesus Christus Antike Bibel Best Picture Römisches Reich


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THE TEN COMMANDMENTS (Cecil B. DeMille/USA 1956)


"Harden yourself against subordinates. Have no friend. Trust no woman."

The Ten Commandments (Die Zehn Gebote) ~ USA 1956
Directed By: Cecil B. DeMille


Um einem Erlass des Pharao zu entgehen, demzufolge alle neugeborenen hebräischen Kinder getötet werden sollen, setzt die Sklavin Yochabel (Martha Scott) ihr Baby in einem Weidenkörbchen in den Nil. Es landet bei der just verwitweten Sephora (Yvonne De Carlo), Tochter des herrschenden Pharao, die den Säugling Moses tauft und an Kindesstatt annimmt. Jahre später konkurrieren Moses (Charlton Heston) und Ramses (Yul Brynner) um Gunst und Nachfolge des Pharao Sethos (Cedric Hardwicke). Als Moses von seiner wahren Herkunft erwährt, schließt er sich seinem eigenen, versklavten Volk an, wird verbannt und kehrt, nachdem er die Stimme Gottes vernommen hat, nach Ägypten zurück, um das Volk Israel aus seiner Knechtschaft zu befreien. Der missgünstige Ramses, mittlerweile Pharao, bedarf einiger "Überredungskunst", bis er die Hebräer ziehen lässt. Eine von der rachsüchtigen Pharaonengattin Nefretiri (Anne Baxter) initiierte, impulsive Verfolgung der vormaligen Sklaven endet für Ramses' Armee in einer Katastrophe. Schließich muss Moses noch sein eigenes Volk von der Wollust heilen, als es wilde Orgien feiert, derweil er selbst auf dem Berge Sinai die Tafeln mit den zehn Geboten empfängt.

"The Ten Commandments", Remake von DeMilles eigenem, dreiundreißig Jahre älteren Film selben Namens, ist immer wieder eine unglaubliche Schau. "Christploitation" ließe es sich wunderbar taufen, dieses von dem Mogul höchstpersönlich mitkreierte Kino, das biblische Kapitel in gigantische Nummernrevuen verwandelte, stets unter dem wackligen Alibi der religiösen Wahrhaftigkeit. DeMille war, als jemand, der es sich leisten konnte, auch ein immens sakral veranlagter Mensch und wollte, bevor er dereinst selbst in das Himmelreich Einzug halten sollte, offenbar noch ein beständiges irdisches Manifest seines Glaubens hinterlassen. Er ließ es sich denn auch nicht nehmen, höchstpersönlich eine kleine Exposition zu halten, bevor der eigentliche Film beginnt. Dann trompetet sie los, die gewaltige Geisterbahn in Technicolor und Vistavision; von denkbar prächtigster Gestalt an Originalschauplätzen gedreht, von monströser Spielzeit, verschlang sie Tonnen von Requisiten, Abertausende von Statisten und Tieren und einen Herzinfarkt. Nachhaltig eindrucksvoll beweist uns DeMille dabei mit allen Mitteln, dass der "liebe" Gott (im Film wiederum durch die dröhnende Stimme Hestons personifiziert) tatsächlich der größte (weil übernatürliche) Terrorist von allen ist: Statt dem starrköpfigen Pharao des Nachts im Traume Vernunft einzubläuen, lässt er blutige Plagen über das Land herniedergehen, schickt Menschenmassen in den Tod und lässt als Höhepunkt der Zurschaustellung seiner Macht die Pestilenz alle Erstgeborenen holen. Später lässt er das Rote Meer über der ägyptischen Armee zusammenfallen, auf dass diese komplett ersaufe und schickt den ungläubigen, gewinnsüchtigen Dathan (Edward G. Robinson) mitsamt seinem goldenen Götzenlamm in einen sich auftuenden Abgrund. Gott=Angst=Tod, "Final Destination" in Reinkultur. Wer einem solchen Glauben frönt, braucht keine Hölle mehr. "The Ten Commandments" ließe sich ferner auch unschwer als Statement zur globalpolitischen "Cold War"-Situation lesen; auf der einen Seite Christentum, Demokratie und zionistisches Kapital, auf der anderen Seite der glatzköpfige, orientalisch gefärbte und zu allem Überfluss ungläubige Diktator. Widerstreit in Welt und Geist.
Dass DeMilles filmisches Vermächtnis bei all seinem explizit formulierten Größenwahn auch ein Beispiel meisterhafter Inszenierungskunst, minutiös bewältigter Logistik und vor allem großen Entertainments ist, sollte bei aller Kritik nicht verleugnet werden. Die Spezialeffekte wissen selbst heute noch zu beeindrucken; Charlton Heston scheint für die Dauer der Dreharbeiten tatsächlich vom Geist Mose besessen worden zu sein, Brynner, Robinson und Vincent Price als Sklavenbaufseher Baka liefern großes, klassisches Spiel.
Ich behaupte: "The Ten Commandments" ist zugleich Pflichtfilm und unerlässliche Lehrstunde für jeden Hollywood-Apologeten. Und ganz nebenbei ein schillernd-hübscher Farbtupfer für die derzeit gastierende, graue Jahreszeit.

9/10

Cecil B. DeMille Remake Bibel period piece Israel Camp Ägypten


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THE LEFT HAND OF GOD (Edward Dmytryk/USA 1955)


"Let's roll some dice."

The Left Hand of god (Die linke Hand Gottes) ~ USA 1955
Directed By: Edward Dmytryk


China, 1947: Während der Revolutionswirren kommt Pater O'Shea (Humphrey Bogart) zu einer kleinen Mission in den Bergen. Der Pater gewinnt bald das Vertrauen der ländlichen Bevölkerung, des Ärzteehepaars Sigman (E.G. Marshall, Agnes Moorehead) und besonders das der Krankenschwester Scotty (Gene Tierney), die sogar mehr für ihn empfindet als rein christliche Nächstenliebe. Tatsächlich ist der Pater gar kein Pater, sondern der amerikanische Jetpilot Jim Carmody, der für einige Zeit als Berater in den unfreiwilligen Diensten des grausamen General Yang (Lee J. Cobb) stand und sich nunmehr auf der Flucht befindet.

Angenehm anzuschauende Spät- und Heldenrolle für Bogey in einem von der Fox prachtvoll arrangierten Abenteuerdramas. Scope und leuchtendes DeLuxe lassen die Bilder des ansonsten kaum preisverdächtigen Filmes geradezu erstrahlen und machen jede Einstellung zu einem Genuss und einem kleinen Lehrstück für professionelle Kameraarbeit. Erwartungsgemäß für einen frühen Scope-Film arbeitet der große dp Franz Planer vornehmlich mit Totalen, belässt die spärlichen künstlichen Lichtquellen in Bodennähe und schafft damit den genannten Effekt. Tatsächlich genügt allein der ästhetische Reiz seiner Bilder, um "The Left Hand Of God" bei mancher sonstigen Schwerfälligkeit kurzweilig und bedeutsam erscheinen zu lassen - ob er dies denn auch wirklich ist, mag ein jeder selbst beurteilen. Die Betrachtung lohnt jedenfalls, so oder so.

7/10

Edward Dmtryk China period piece Mission Kirche


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THE SHEPHERD OF THE HILLS (Henry Hathaway/USA 1941)


"The bigger the man, the deeper the imprint."

The Shepherd Of The Hills (Verfluchtes Land) ~ USA 1941
Directed By: Henry Hathaway


Das Ozark-Gebirge, um die vorletzte Jahrhundertwende. Die Familie Masters, eine Sippe von 'moonshiners', illegaler Schnapsbrenner, wird von den abergläubischen Einheimischen misstrauisch beäugt. Ein Fluch soll auf ihnen lasten, seit vor vielen Jahren die Mutter in einer stürmischen Gewitternacht infolge schwerer Krankheit starb, ohne dass ihr aus unklaren Gründen abwesender Ehemann rechtzeitig Hilfe herbeiholte, und ihr kleiner Neffe (Marc Lawrence) beinahe von einem herabstürzenden Baumstamm erschlagen wurde. Matt Masters (John Wayne) lebt seitdem als verbitterte Halbwaise bei seiner Hass predigenden Tante Mollie (Bellulah Bondi) und hat nur eins im Sinn: Seinen Vater, den er für alles verantwortlich macht, zu finden und zu erschießen. Als ein wohlhabender, den Ansässigen durchweg mit Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft begegnender Fremder (Harry Carey) in die Gegend kommt, um sich hier niederzulassen, entspinnt sich ein Drama.

Eine Annäherungsgeschichte auf steinigen Pfaden, ähnlich wie Hawks' ein paar Jahre später entstandener "Red River". Die Mauer des tief verwurzelten Hasses muss erst durchbrochen werden, um ein Leben in Idylle und seelischem Wohlstand führen zu können; dazu ist es bisweilen auch nötig, die Lügen der Vergangenheit auszuräumen und verbohrte menschliche Störelemente zur Wahrheit zu bekehren.
"The Shepherd Of The Hills" ist ein Stück klassischer amerikanischer Heimatliteratur, mehrfach verfilmt und vor rauer Hillbilly-Romantik strotzend. Besonders wenn ältere Filme eintauchen in diese hinterwäldlerische Parallelkultur hat man oft das Gefühl, einer fremden Welt im Inneren ansichtig zu werden. Die Menschen hier kümmern sich bloß um sich selbst, sind mit ihrer zivilisationsautarken Existenz zufrieden und begegnen allen und allem von außerhalb mit mindestens ebensolch misstrauischer Arroganz wie umgekehrt. Ein emotionales Vater-Sohn-Drama vor diesem hermetischen lokalen Hintergrund bildet die erste von sieben Zusammenarbeiten von Henry Hathaway mit Duke, die meisten davon freilich Western. Zu jener Kategorie zählt "The Shepherd Of The Hills" allerdings nicht, er ist tatsächlich ein lupenreiner Heimatfilm mit allem, was so dazugehört. Gefilmt in wunderprächtigem Drei-Farben-Technicolor ist Hathaways dabei vor allem von ästhetischem Reiz, bevor man die manchmal leicht schwülstigen, inhaltlichen Verwicklungen ernst nimmt. Hat der Film einen dann jedoch erstmal auch in dieser Hinsicht im Griff, lässt er nicht mehr los.

8/10

period piece Familie Henry Hathaway





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