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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE SOCIAL NETWORK (David Fincher/USA 2010)


"He's wired in."

The Social Network ~ USA 2010
Directed By: David Fincher


Wie der Harvard-Student Mark Zuckerberg (Jesse Eisenberg) die Idee eines Studenten-Netzwerks plagiiert, ausbeutet, damit Milliarden macht und von seinen früheren Teilhabern der Reihe nach verklagt wird.

"The Social Network" sollte man eigentlich durch einen Zeittunnel in die Vergangenheit entsenden und ihn den klassischen Dystopisten von Wells bis Huxley vorstellig machen - die würden sich höchstwahrscheinlich mit Grausen abwenden angesichts der heuer verbreiteten Kommunikationsmodelle, die Finchers Film vorführt. Wie sämtliche der letzten Arbeiten des Regisseurs hat auch dieses Projekt seine Momente, die ich auf die formale Glätte und die wirklich erlesene, von allerhöchster Könnerschaft zeugende Oberfläche zurückzuführen geneigt bin, ansonsten hat "The Social Network" mich weithin kalt, unbeeindruckt und schulterzuckend zurückgelassen sowie mit der zunehmend dringlichen Frage im Cortex, was ein Oliver Stone, und noch besser ein zwanzig Jahre jüngerer, mit einem solchen, implizit höchst kritikwürdigen Stoff angestellt hätte. Einem privilegierten Spinner und seiner Internet-Idee beim Reichwerden und Kumpels verprellen zuzuschauen, ist eben nicht so ganz meine Art Faszinosum.

6/10

Mark Zuckerberg Boston Harvard Kalifornien Facebook Internet David Fincher Biopic


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THEY LIVE BY NIGHT (Nicholas Ray/USA 1948)


"I won't sell you hope when there ain't any."

They Live By Night (Sie leben bei Nacht) ~ USA 1949
Directed By: Nicholas Ray


Der junge Bankräuber Bowie (Farley Granger) arbeitet im Verbund mit den beiden alten Hasen Chickamaw (Howard Da Silva) und T-Dub (Jay C. Flippen). Als Bowie die nette Farmerstochter Keechie (Cathy O'Donnell) kennenlernt, brennt er, nachdem er bei einem erneuten Bruch schwer verwundet und von Keechie gesundgepflegt wird, mit ihr durch. Unterwegs heiraten die beiden und verstecken sich dann in einem Wochenendchalet in den Bergen. Doch Chickamaw macht sie ausfindig und nötigt Bowie zu einem weiteren "Ding", das für die beiden alternden Gangster den Tod bedeutet. Die mittlerweile schwangere Cathy versteckt Bowie im Motel einer alten Bekannten (Helen Craig), die das junge Paar an die Polizei verrät, um Straferlass für ihren eigenen Mann zu bekommen.

Poetisch-pessimistischer Film noir von Nicholas Ray und erste Adaption des eigentlich in der Depressionszeit angesiedelten Krimis "Thieves Like Us" von Edward Anderson. Gleich mit diesem Frühwerk gelang Ray eine meisterhafte Arbeit: Ray scheint jeglichen Naturalismus, jeglichen grellen Effekt und überhaupt jede Form der Vordergründigkeit ganz bewusst abzulehnen und konzentriert sich ganz auf die von vornherein zum Scheitern prädestinierte Liebesgeschichte seines Protahonistenpaars. Farley Granger besitzt dabei aber auch rein gar nichts von dem mysteriösen, aggressiven Zauber, der all die klassischen Gangster-Darsteller von Robinson bis Bogart einrahmte. Er ist eher - wie eigentlich stets in seinen damaligen Rollen - das verschüchterte, sich unterordnende Jüngelchen, ein Stücklein Holz in der Brandung, unfähig zur Gegenwehr und daher stets an der Schwelle zum Abgrund.
Ray scheint speziell mit diesem Werk die perfekte Vorlage für die Autoren-Theorie zu liefern; er gibt sich ganz als Metteuer en scène, hebt die Inszenierung deutlich von den Reizen seines Films ab und schafft damit eine höchst spezifische, so lyrische wie melancholische Stimmung, wie sie mir in sonst keinem anderen Noir-Stück begegnet ist.

10/10

Nicholas Ray amour fou Flucht film noir Couple on the Loose


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GILDA (Charles Vidor/USA 1946)


"Statistics show that there are more women in the world than anything else. Except insects."

Gilda ~ USA 1946
Directed By: Charles Vidor


Der abgehalfterte Zocker Johnny Farrell (Glenn Ford) kommt nach Buenos Aires, wo ihm der Casino-Besitzer Ballin Mundson (George Macready) prompt das Leben rettet. Johnny wird Macreadys rechte Hand und leitet für ihn seinen Club, bis Macready ihm seine neue Frau Gilda (Rita Hayworth) vorstellt. Gilda und Johnny kennen sich noch von früher und haben sich keinesfalls vergessen. Eine Affäre um deutsche Wolfram-Konzessionen wird Macready schließlich zum Verhängnis und er täuscht seinen Selbstmord vor. Johnny und Gilda treiben nach Macreadys vermeintlichem Tod ein obskures Katz-und-Maus-Spiel. Erst Macreadys unerwartetes Wiedererscheinen bringt sie endgültig zusammen.

Vidors eigenartiger, nicht minder bezaubernder Romantikkrimi trieb die filmische Erotik in den Vierzigern um ein gutes Pfund nach vorn. Wenngleich die Zuschauer nahezu eineinhalb Stunden warten mussten bis zu jener, umgehend zur Legende avancierten Szene, in der die Hayworth "Put The Blame on Mame, Boys" haucht, dabei ihre langen Samthandschuhe abstreift und sich danach, um Glenn Ford zu brüskieren, von der johlenden Menge komplett ausziehen lassen will: Das war und ist sogar noch heute brandheißer Stoff. Die Kriminalgeschichte von "Gilda" indes degradiert zur puren Nebensache; ein eigenartiges "Konsortium" fast hanebüchen scheinender Wirtschafts- und Agenten-Spekulativa. So, wie Macreadys Figur zur Gänze eigentlich bloß einen personifizierten MacGuffin darstellt, der Hayworth und Ford als unbequemer Felsbrocken im Wege liegt und den es fachgerecht zu entsorgen gilt, um zum gemeinsamen Glück zu gelangen. Wobei, ob selbst nach dem Finale tatsächlich von "Glück" im klassischen Wortsinne die Rede sein kann, muss offenbleiben. Diese seltsame, von wechselseitig sadomasochistischen Tendenzen gefütterte Hassliebe könnte ihre Teilhaber auch ebenso gut in den Wahnsinn treiben. Auf ihre ganz spezielle Weise werden sie im Hollywood-Orkus aber sicherlich Befriedigung erlangt haben.

9/10

film noir femme fatale Buenos Aires Charles Vidor Casino amour fou


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HIGH SIERRA (Raoul Walsh/USA 1941)


"Sometimes I feel like I don't know what it's all about anymore."

High Sierra (Entscheidung in der Sierra) ~ USA 1941
Directed by: Raoul Walsh

Kaum dass der Gangster Roy Earle (Humphrey Bogart) amnestiert und aus dem Knast entlassen wird, plant er bereits sein nächstes großes Ding: Mit ein paar Kompagnons (Arthur Kennedy, Alan Curtis, Cornel Wilde) soll der Safe eines Luxushotels in der Sierra Nevada überfallen werden. Der Plan gelingt, aber bis auf Marie (Ida Lupino), die bei Roy im Wagen sitzt, kommen die anderen bei einem Unfall ums Leben. Von seinem Anteil finanziert Roy der unter einem Klumpfuß leidenden Velma (Joan Leslie) eine Operation, in der Hoffnung, sie möge seinen späteren Heiratsantrag annehmen. Doch Velma lehnt ab und Roy bleibt bei Marie, mit der er sich eine blühende Zukunft erhofft. Das Schicksal aber meint es anders mit ihm.

Bogart Hauptrolleneinstand, den er zwar immer noch nur unter Zweitnennung in der Besetzungsliste begehen durfte, der aber ganz klar bewies: Bogey ist der 'born leading man'. Seine Charakterisierung des traurigen, suchenden Gangsters Roy Earle zählt zu den wahrhaft unsterblichen Leistungen im Schaffen dieses kantigen Akteurs und "High Sierra" wiederum zu Walshs Meisterleistungen. Das unter anderem von John Huston fürs Script adaptierte Thema bewegte den Regisseur immerhin so sehr, dass er sechs Jahre später mit "Colorado Territory" ein eigenes Western-Remake schuf, diesmal mit Joel McCrea. Nachdem es zuvor bereits mehrfach an Cagney war, für seine Gangsterfiguren Zuschauersympathien zu evozieren, hatte nun Bogey die Aufgabe, den Verbrecher zum Menschen zu machen. Dass der sich zynisch gebende, beinharte Kriminelle, den die Presse "Mad Dog" tauft, tatsächlich auch ein einsamer, seines nervenaufreibenden "Berufs" müder Mildtäter ist, muss seinerzeit wie eine kline Film-Sensation angemutet haben; jedenfalls leidet man mit der Lupino und dem kleinen, unwissentlich verräterischem Hund Pard, als Roy Earle am Ende vom Berg heruntergeballert wird und tot unten ankommt. Verbrechen lohnte sich eben langfristig noch nie - wenigstens im Kino nicht.

9/10

Kalifornien Heist film noir John Huston Hund Raoul Walsh Motel car chase


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ANGELS WITH DIRTY FACES (Michael Curtiz/USA 1938)


"Whadda ya say - whadda ya hear?"

Angels With Dirty Faces (Chicago - Engel mit schmutzigen Gesichtern) ~ USA 1938
Directed By: Michael Curtiz


Nach einem seiner zahlreichen Gefängnisaufenthalte kehrt der berüchtigte Gangster Rocky Sullivan (James Cagney) in sein Chicagoer Kindheitsviertel zurück. Von dort aus plant er, eine offene Rechnung mit seinem windigen, ihn übervorteilenden Anwalt Frazier (Humphrey Bogart) zu begleichen. Dass die Kids der Gegend Rocky und seinen vagabundierenden Lebensstil hoffnungslos idealisieren, sieht Rockys Jugendfreund Jerry Connolly (Pat O'Brien), mittlerweile hiesiger Pfarrer, alles andere als gern.

Herzzereißendes Melodram um Freundschaft, divergierende Lebenswege und darum, dass banale Faktoren wie die Höhe eines Lattenzaunes zuweilen ganze Schicksale entscheiden können. Mit "Angels With Dirty Faces" - der Titel dürfte sich unzweifelhaft auf die nach "Dead End" zum zweiten Mal im Filmeinsatz befindliche, sechsköpfige Gruppe der "Dead End Kids" unter ihrem Kopf Billy Halop beziehen - verlässt Curtiz das althergebrachte Terrain des eindimensionalen Gangsterfilms und stellt mit Rocky Sullivan einen zwar intuitiv gewissenlos vorgehenden, im Herzen seines Wesens jedoch edlen Charakter vor, kurzum, eine Identifikationsperson, einen veritablen Antihelden gar. Die Fallhöhe ist am Ende zwar tief (auf seiner aussichtslosen Flucht nach vollendeter Rache erschießt der wild um sich ballernde Sullivan zwei Polizisten), wird durch eine beschämend gutherzige, moralisch einwandfreie Freundschaftstat im Angesichte seiner Hinrichtung durch Staat und Gesetz jedoch mehr als wett gemacht. Seinen besonderen Reiz bezieht "Angels" aus den mustergültigen, gesellschaftlich opponierenden Kindheitsfreunden 'Gangster' und 'Geistlicher', die pikanterweise von zwei auch im wirklichen Leben befreundeten, irischstämmigen Darstellern gemimt werden. Bogart als feiger, hinterfotziger Winkeladvokat macht indes zwar einen ordentlichen Job, dramaturgisch betrachtet jedoch keine sonderlich gute Figur. Von seiner Ikonographie rückt er nach seinem Baby Face Martin aus "Dead End" wieder ein ganzes Stück fort.

9/10

Freundschaft Chicago Michael Curtiz Biographie


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THE AMERICAN (Anton Corbijn/USA 2010)


"You cannot deny the existence of hell. You live in it. It is a place without love."

The American ~ USA 2010
Directed By: Anton Corbijn

Als der Profikiller Jack (George Clooney) in Schweden von einigen Berufsgenossen attackiert wird und hernach eine unbeteiligte Zeugin (Irina Björklund) zu beseitigen gezwungen ist, trifft er sich mit seinem Auftraggeber Pavel (Johan Leysen) in Rom, um das weitere Vorgehen zu besprechen. In einem kleinen Abruzzen-Dorf soll Jack möglichst unerkannt und getarnt als Photograph auf Urlaub das nächste Attentat vorbereiten. Seine Arbeit besteht darin, ein Präzisionsgewehr für seine Kollegin Mathilde (Thekla Reuten) zu konstruieren. Als Jack sich dann in die Prostituierte Clara (Violante Placido) verliebt, ist sein Schicksal endgültig besiegelt.

Dass es keine größere Einsamkeit gibt als die des Samurai, es sei denn, die des Tigers im Dschungel, wissen wir ja nicht erst seit gestern. Und so ist auch Anton Corbijns neuester Beitrag zum Subgenre des Auftrags-/Profikiller-Films weniger ein thematischer Zusatz denn eine, so darf man wohl gleich einräumen, selbstgefällige Variation desselben. Corbijns offenkundiges Selbstverständnis als vornehmlich auf visueller Ebene arbeitender Künstler macht Inhalte, Stoffe, Narration für ihn vermutlich sekundär und so dürfte der motivische Verlauf von "The American" selbst jedem Laien gleich von Anbeginn an bewusst sein. Die einsamen Mitglieder der exotischen Tätigkeitssparte 'Auftragskiller' kennt man selbst als Kinolaie jedenfalls zur Genüge und so sollte man den Film vielleicht als eine reine Form der Meditation begreifen, als eine in atmosphärischer Hinsicht durchaus entspannt gefertigte Gemengelage aus Bildern, Klängen und Assoziationen, unabhängig von ihrer allzu luziden Geschichte. Dann findet man nämlich, dass "The American" eine recht gute Arbeit darstellt, die - wie könnte es auch anders sein bei Corbijn - von der Kreierung von Ästhetik eine Menge versteht. So ist dies kaum ein Film zum Mitfiebern, sondern vielmehr einer zum sich darauf hintreiben lassen. Wohin auch immer.

7/10

Anton Corbijn Abruzzen Profikiller


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DEAD END (William Wyler/USA 1937)


"Nothing for nothing, kid."

Dead End (Sackgasse) ~ USA 1937
Directed By: William Wyler


Der landesweit berüchtigte Gangster Baby Face Martin (Humphrey Bogart) kommt nach einer aufwändigen Gesichtsoperation in sein altes Viertel im New Yorker Hafen, um seine Mutter (Marjorie Martin) und seine frühere Flamme Francey (Claire Trevor) wiederzusehen. Beide Begegnungen enden für Martin in Enttäuschung und Ernüchterung. Ansonsten hat sich wenig in der Sackgasse geändert: Die Kids spielen nach wie vor im Dreck und lassen erahnen, dass ihre kleinen Gaunereien einst zu großen werden dürften; der arbeitslose Architekt Dave (Joel McCrea) ist derweil die aufrechte Seele der Straße. Dann öffnet ein Luxushotel wegen Umbauarbeiten seine Hintertür zu der Hafenstraße öffnen, was zu einigen vorprogrammierten Konflikten und schließlich zu Martins Verhängnis führen wird.

Zu einer Art "Cannery Row" an der Ostseite und im Gangstermilieu ist Wylers meisterliche Bühnenverfilmung geraten. Bogey präsentiert sich in seiner bis dato famosesten Darbietung als knallharter Ganove, dessen letzter Rest Herz ihm ausgerechnet in seiner früheren Heimat aus der Brust gerissen wird und der hernach praktisch den Tod sucht und findet. Dass Bogart hier noch an dritter Stelle der Besetzungsliste genannt wird, dürfte auch einzig und allein der Tatsache geschuldet sein, dass McCrea als Held auftritt und ihm somit das Einsertreppchen gebührt - eine blanke Ungerechtigkeit, die im Direktvergleich der beiden Auftritte auch ganz rasch transparent wird. Ferner ist "Dead End" ein frühes Ensemble-Stück; neben der Geschichte um Baby Face Martin wird uns die ebenbürtige Story der sogenannten 'Dead End Kids' präsentiert, sechs Jungen im frühen Teenageralter, die das Bandenwesen sozusagen mikrosoziologisch widerspiegeln und die Anfänge krimineller Karrieren beleuchten. Überhaupt ist der schneidende sozialpolitische Kommentar des Films, der ausgezeichnet mittels des rahmengleichen Ab- und Wiederauftauchen der Kamera in das (und aus dem) handlungstragende(n) Viertel visualisiert wird, als eine Art Pionierleistung. Erstmals werden die Kriminellen und ihre Ursprünge als Produkte sozialer Unebenheiten personifiziert und nicht als erbgeschädigte Psychopathen.
Die 'Dead End Kids' erwiesen sich im Übrigen als derart beliebt beim Publikum, dass sie in wechselnder Konstellation noch in mehreren Filmen auftraten; in "They Made Me A Criminal", einem Quasi-Sequel zu "Dead End", sogar nochmal in denselben Rollen.

10/10

William Wyler New York Hafen based on play


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KID GALAHAD (Michael Curtiz/USA 1937)


"Looks like we're going to get along fine."

Kid Galahad ~ USA 1937
Directed By: Michael Curtiz


Als der etwas krumme, aber herzliche Boxpromoter Nicky Donati (Edward G. Robinson) auf den so hünenhaften wie naiven Hotelpagen Ward Guisenberry (Wayne Morris) ist für ihn klar: Dies wird der neue Star im Ring. Zudem sieht Donati eine lang herbeigesehnte Chance, seinem Erzrivalen Turkey Morgan (Humphrey Bogart) und dessen Champ McGraw (William Haade) endlich eins auswischen zu können. Diverse Liebesgeplänkel um Ward, mit denen Donati gar nicht einverstanden ist, weil sie auch seine eigene Freundin Fluff (Bette Davis) und, noch schlimmer, seine kleine Schwester Marie (Jane Bryan) involvieren, stellen Donatis Gutmütigkeit gegenüber seinem Schützling auf eine harte Probe.

Das Faszinierendste an Curtiz' Boxerdrama ist wohl, dass es drei rangmäßig völlig gleichberechtigte Protagonisten gibt - eine für die damalige Zeit recht ungewöhnliche Verfahrensweise für ein Filmscript. Da ist zum einen Nicky Donati, ein durchaus im Halbweltmilieu beheimateter, schlitzohriger Ganove, der auch vor Schiebungen und Bestechungen nicht zurückschreckt und zur Untermauerung seiner Argumente gern einen Revolver zückt; dann seine kluge Freundin Fluff, die als Herz, Seele und als "emotionale Ratio" für den aufbrausenden Donati und sein kleines Unternehmen fungiert; schließlich der titelgebende Boxer, dessen Ringnamen "Kid Galahad" die sich in Ward verliebende Fluff ihm nach dem galanten Tafelrunden-Ritter verpasst.
Seinen dramaturgischen Motor und Reiz bezieht Curtiz' Film primär aus der Triangel dieser drei eigentlich völlig gegensätzlichen, auf ganz unterschiedlicher Augenhöhe agierenden Figuren. Insbesondere Robinson und Davis sind wunderbar als Liebespaar in den letzten Zügen und geben ganz vortreffliche Zurschaustellungen ihres Könnens ab.

8/10

Michael Curtiz New York Boxen Familie


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THE PETRIFIED FOREST (Archie Mayo/USA 1936)


"Let there be killing."

The Petrified Forest (Der versteinerte Wald) ~ USA 1936
Directed by: Archie Mayo


Der gefürchtete Raubgangster Duke Mantee (Humphrey Bogart) und seine Gang verschanzen sich kurzzeitig in einem Tankstellen-Diner mitten in der Wüste von Arizona. Während dieser Tortur findet der als Geisel genommene Wanderautor Alan Squier (Leslie Howard) sein verloren geglaubtes Herz wieder und entschließt sich zu einer Wanhnsinnstat.

Theaterverfilmung in artifizieller Kulisse und dabei einer der schönsten Hollywood-Filme des gesamten Jahrzehnts. Basierend auf dem Stück von Robert E. Sherwood übertragen Delmer Daves und Charles Kenyon eine ganze Kohorte wunderbarer, kluger Dialoge in Bette Davis' kleines Atelier-Café vor sichtlich gemalter Wüstenleinwand und lassen Leslie Howard in einer Rolle, die nebenbei jeder Schauspieler als Geschenk von höchsten Gnaden bezeichnen muss, als eine Art desillusionierten Prä-Kerouac genau hier stranden. Squier ist ebenso wie der Zuschauer bewegt und entzückt, als er die unbehauene Wüstenrose Bette Davis entdeckt, die Villon-Gedichte liebt (wobei sie den Namen des Poeten freilich ganz naiv-amerikanisch ausspricht) und Ölbilder malt. In diese ohnehin surreale Szenerie knallt ein bis dato fast unbekannter Bogie mit ungewohnt wildem Haupthaar und brutaler Killervisage, der an Absichten und Gewissenlosigkeit keine Fragen offen lässt. Dennoch entwickelt sich sein gewalttätiges eingreifen zu einer wichtigen Zäsur im Leben der Beteiligten. Das alles ist so wunderbar sensibel und mit ehrlicher Kitschpatina inszenert, dass man alle fünf Minuten während des Genusses von "The Petrified Forest" förmlich dahinschmelzen möchte.

9/10

based on play Delmer Daves Kidnapping Restaurant Arizona Archie Mayo


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THE PUBLIC ENEMY (William A. Wellman/USA 1931)


"You murderers! There's not only beer in that jug. There's beer and blood - blood of men!"

The Public Enemy (Der öffentliche Feind) ~ USA 1931
Directed By: William A. Wellman


Der kleine Straßenganove Tom Powers (James Cagney) steigt unter seinem "Mentor" Paddy Ryan (Robert O'Connor) während der Prohibitionszeit zu einem der gefürchtetsten Bandenchefs der Chicagoer Unterwelt auf. Während sein älterer Bruder Mike (Donald Cook), ein braver und rechtschaffener Arbeiter, mit Toms Methoden überhaupt nicht einverstanden ist, wünscht sich ihre Mutter (Beryl Mercer) bloß familiäre Harmonie. Die Rivalität mit einem rivalisierenden Gangster kostet Tom schließlich das Leben.

Beer'n'guts: nachdem für "Little Caesar" die italienischen Immigranten als Wurzel des Gangsterübels herzuhalten hatten, ging es in "Public Enemy" nunmehr um die Iren. Wellmans Film zeichnet den delinquenten Lebensweg des rücksichtslosen Tom Powers noch etwas differenzierter und umfassender nach als LeRoys "Vorgänger" und gestattet sich auch Einblicke in Powers' von Lausbubenstreichen und einer autoritären, nichtsdestotrotz versagenden Erziehung durch einen verbitterten Polizistenvater (Purnell Pratt) geprägten Jugend. Besonders gewinnend ist der Film in seiner ja sehr zeitnahen Darstellung der Auswüchse der Prohibition, bekanntermaßen einer der unsinnigsten gesetzlichen Erlässe des zwanzigsten Jahrhunderts, besonders auffällig in seiner von Texteinblendungen zu Beginn und zum Ende gestützten Betonung als moralisches Lehrstück. Warner war nach dem Erfolg von "Little Caesar" sehr daran interessiert, sich keinen Namen als Unterhaltungsplattform für Gangsterheroisierungen zu machen und versuchte ergo, allen etwaigen Unkenrufen Vorschub zu leisten. So ist denn auch Powers' erschreckendes Ende noch immer für einen kleinen, aber wirksamen Schock gut.

9/10

Chicago Biographie William A. Wellman Prohibition





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Funxton

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