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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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ISLAND IN THE SKY (William A. Wellman/USA 1953)


"I guess we're awful hard to see down here."

Island In The Sky (Das letzte Signal) ~ USA 1953
Directed By: William A. Wellman


Der Pilot Dooley (John Wayne) stürzt mit seiner kleinen Passagiermaschine samt vierköpfiger Besatzung über der unerforschten Eiswüste Ostkanadas ab. Hunderte von Kilometern von der Zivilisation entfernt und bei Temperaturen von siebzig Grad minus gilt es, solange auszuharren, bis Dooleys Fliegerkollegen ihn und seine Leute finden. Doch deren Suche gleicht jener nach einer Nadel im Heuhaufen...

Putzig-altmodisches Herrenabenteuer aus Waynes erster Produktionsschmiede "Wayne-Fellows" - wie stets ein Familienprojekt, an dem fast ausschließlich Dukes Privatfreunde mitarbeiteten. Entsprechend gutgelaunt geriert sich das Resultat; angesichts der Tatsache, dass hier eine Gruppe quasi-tiefgekühlter Männer im Mittelpunkt steht, die sich in jedem Film nach 1990 gegenseitig auffräßen, hält sich die Spannung jedenfalls in überschaubaren Grenzen, will sagen: So etwas wie emotionale Intensität, die das Thema "Unfreiwillige Zivilisationsabnabelung" üblicherweise bereithält, muss man hier wohl oder übel vermissen. Stattdessen bekommt man bravourös inszenierten Unterhaltungskitsch von anno dazumal, einen Konfektionsartikel, von professioneller Hand gefertigt und zu nichts anderem denn zum raschen Konsum gedacht. Ja, sowas gab's auch vor sechzig Jahren schon.

7/10

William A. Wellman Kanada Schnee Fliegerei


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THE INFORMERS (Gregor Jordan/USA, D 2008)


"I just need someone to tell me."

The Informers ~ USA/D 2008
Directed By: Gregor Jordan


Um das Jahr 1983 krachen in und um Hollywood einige parallele Existenzen rund um den jungen Dealer Graham (Jon Foster) mächtig zusammen: Grahams Freundin Christie (Amber Heard) pflegt ihre Promiskuität und hat sich mit irgendeiner bösartigen Sexkrankheit angesteckt, die seltsame Läsionen auf der Haut hinterlässt, derweil sein Kumpel Martin (Austin Nicols) die Oberflächlichkeiten des Lebens schätzt und Musikvideos für bekokste Popstars dreht. Grahams wohlsituierte Eltern (Kim Basinger, Billy Bob Thornton) können sich nicht entscheiden, ob sie wieder zusammenmziehen wollen oder sich doch weiter hassen. Für Grahams anderen Freund Tim (Lou Taylor Pucci) wird der Aufenthalt mit seinem schmierigen Vater (Chris Isaak) auf Hawaii zur bloßen Tortur und der heroinsüchtige Rocksänger Bryan Metro (Mel Raido) verliert den boden unter den Füßen. Für den nicht minder fertigen Ganoven Peter (Mickey Rourke) heißt es nurmehr: ab durch die Mitte...

"The Informers" ist der Nachfolgeroman zu "American Psycho" und wie stets bei Bret Easton Ellis gibt es auch hier Rückbezüge und Vorausdeutungen betreffs älterer und noch kommender Geschichten, die das Yuppie- und Reichen-Amerika zu einem Albtraum-Babylon des ausklingenden Centenniums deklariert. Wie Ellis selbst, der sich ja stets aufs Neue im weitesten Sinne als ebenjener Generation zugehörig outet, neigen insbesondere auch seine bislang vier Adapteure dazu, der Faszination der Oberflächenreize seiner Geschichten zu verfallen.
Mit "American Psycho" habe ich es bislang zweimal versucht und fand ihn zunehmend fürchterlich, werde ihn aber mittelfristig nochmal probieren. Die anderen drei Filme, ergo auch "The Informers", mag ich ganz gern. Warum? Nun, Gregor Jordan füllt sein Zeitporträt mit mehr oder weniger schillernden Kulturartefakten, die gegenwärtig an neuer Bedeutung gewinnen; alles scheint sich wieder zu nullen, genau wie in den Achtzigern schon, alles wird wieder hohl, falsch und phrasiert. Das Jammern auf Gipfelniveau erklingt da an sämtlichen Ecken und Enden und man muss diesbezüglich wohl recht aufgeschlossen sein. Dann aber wird der Gegenwartsbezug unzweideutig sichtbar und der Rezipient hinreichend belohnt, insbesondere von der ausgeklügekten Hochglanzästhetik des Films. Zudem bildet der von "New Gold Dream" von den Simple Minds unterlegte Anfang, dem im Laufe des weiteren Films noch mancher große Song nachfolgt, einer der besten Filmeinstiege der letzten Jahre.

7/10

Coming of Age Ensemblefilm Gregor Jordan Drogen Hawaii Bret Easton Ellis Hollywood


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IN A LONELY PLACE (Nicholas Ray/USA 1950)


"I was born when she kissed me. I died when she left me. I lived a few weeks while she loved me."

In A Lonely Place (Ein einsamer Ort) ~ USA 1950
Directed By: Nicholas Ray


Der wegen seiner Aggressivität gefürchtete Scriptautor Dix Steele (Humphrey Bogart) gerät unter Mordverdacht: Er soll eine Gastronomie-Angestellte (Martha Stewart) umgebracht haben. Dix' Nachbarin Laurel (Gloria Grahame) stützt seine Alibi-Aussage bei der Polizei. Die beiden verlieben sich heftig ineinander und verleben ein paar glückliche Tage. Als Laurel dann jedoch Zeugin von einem von Dix' unberechenbaren Wutausbrüchen wird, der auch noch fast mit einem Totschlag endet, ist sie nicht mehr so sicher, ob ihr Geliebter wirklich so unschuldig ist wie er zu sein vorgibt. Zudem bekommt sie mehr und mehr Angst vor ihm.

Liebe und Verlust: Dieses eindrucksvolle Portrait der Filmstadt Hollywood, ihrer hoffnungsvollen Beschäftigten und ihrer Gefräßigkeit ist zugleich das filigrane Psychogramm eines neurotischen Cholerikers, dessen Emotionen in Extremsituation außer Kontrolle geraten. Den Status von "Sunset Boulevard" und "All About Eve" hat Rays unspektakulär traurig endende Love Story leider nie erringen können, dabei ist er ebenso wertig wie die Gennanten. Rays Kritik an der zynischen und unbarmherzigen Raffgier des Studiosystems greift an allen Ecken und Enden seines meisterlichen Films; Bogarts mutige Interpretation eines gewalttätigen Mannes, der sich über seine Fäuste definiert und dabei in Bezug auf jedwede Form der Zwischenmenschlichkeit ein ganz armes Würstchen ist, zählt, ähnlich wie die des Captain Queeg in "The Caine Mutiny", als gnadenlose Helden-Demontage zu den mutigsten seiner Karriere.

9/10

Nicholas Ray Hollywood film noir


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NUTS (Martin Ritt/USA 1987)


"You had good. Now you got me."

Nuts ~ USA 1987
Directed By: Martin Ritt


In einer gerichtlichen Sonderanhörung soll festgestellt werden, ob die wegen Totschlags angeklagte Edelprostituierte Claudia Draper (Barbra Streisand) überhaupt prozessfähig ist. Claudias überaus renitentes Verhalten gegenüber jeder Form staatlicher Autorität sorgt dafür, dass sie schon seit längerem in der Gefängnispsychiatrie einsitzt. Ihr neuer Pflichtverteidiger Aaron Levinsky (Richard Dreyfuss) hat jedoch ein Herz für diese ungewöhnliche Frau.

Bühne frei für die Streisand, deren höchstpersönliche Vorstellung "Nuts" natürlich ist, auch wenn das Thema "Staatliches Gericht gegen soziale Minderheit" Ritt aus naheliegenden sicherlich stark tangiert haben wird. Gegen seine Inszenierung ist auch überhaupt nichts Negatives hervorzubringen. Tatsächlich schreit jedoch förmlich alles an Streisands zugegebenermaßen eindrucksvollen Darbietung nach "Oscar"-Bettelei und es kam dann auch die zu erwartende Nominierung - tatsächlich aber "bloß" für einen Golden Globe, so als wollten die Juroren der Academy ihre Unberechenbarkeit unter Beweis stellen. Müßig, weiter darüber nachzudenken. Ihrem etwas zweifelhaften Ruf als jiddische Hausfrauen-Diva macht die Actrice hier jedenfalls alle provokante Ehre; sie flucht in höchsten Tönen und schmeißt mit bösen Vier-Buchstaben-Wörtern um sich, dass jede weiße, gutbürgerliche US-Familienmama um die vierzig ihre Portion stummen, inneren Stolzes suggeriert bekommt ob jener dargestellten Form abseitiger feministischer Emanzipation. Das höchst sensible Thema "Kindesmissbrauch" wird derweil eher stiefmütterlich abgehandelt und nach einer wie pflichtbewusst vorgetragenen, immerhin aber sehr intensiven Sequenz im Film wieder rotwangig ad acta gelegt. Abseits von all diesem geflissentlich unangenehmen Kalkül bietet "Nuts" natürlich grandioses Schauspielkino mit einer durchweg bravourös agierenden Star-Grandezza. Zumindest in diesem Punkt ist dann auch alles absolut im Reinen und der Film wirklich hochklassiger Mainstream.

6/10

Prostitution Courtroom Martin Ritt Sexueller Missbrauch based on play


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THE SAVAGE SEVEN (Richard Rush/USA 1968)


"Today's Christmas Day!"

The Savage Seven (Die grausamen Sieben) ~ USA 1968
Directed By: Richard Rush


Kisum (Adam Roarke) und seine Rockerkumpels kommen auf ihren Maschinen in ein Indianerreservat. Zunächst gibt es ein wildes Angekläffe, dann bemerken beide Gruppen, dass sie als jeweilige gesellschaftliche Außenseiter im Grunde derselben Fraktion angehören und feiern, nachdem Kisum für den örtlichen Kaufladen des fetten weißen Ausbeuters Fillmore (Mel Berger) kurzerhand einen "Geschenketag" erklärt hat, ein rauschendes Freundschaftsfest. Doch die Idylle währt nicht lang: Fillmore sind die Insmen schon lange ein Dorn im Auge und auch die frechen Rocker sollen ihre Strafe erhalten - also hetzt er sie gegeneinander auf. Als man endlich merkt, dass man nur einer gemeinen Verschwörung aufgesessen ist, ist es bereits zu spät - das Reservat liegt in Schutt und Asche.

Inmitten all der Rockerfilme, die die AIP während dieser Jahre produziert haben, nimmt "The Savage Seven" eine gewisse Sonderstellung ein. Hier durften die längst als "social disease" geouteten Lederfreaks nämlich endlich auch mal außerhalb ihrer eigenen Subkultur koalieren - mit den unter einer noch wesentlich längeren Tradition der gesellschaftlichen Ungerechtigkeit leidenden Indianern nämlich. Das große, immerwährende Unglück dieser wie jener ist bloß ihre Impulsivität - ein kleines Streichholz genügt und die aufgestauten Aggressionen explodieren abermals. Eine Gegebenheit, die der bürgerliche (oder wahlweise weiße) Mann stets zu seinem Vorteil zu nutzen wusste, s. die diversen "Winnetou"-Filme. Am Ende ist es die Dummheit, die Rocker und Rothäute betreten vor den Ruinen ihrer Unbesonnenheit stehen lässt.

7/10

Richard Rush Indianer Rocker Subkultur


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THE SAVAGE INNOCENTS (Nicholas Ray/UK, I, F 1960)


"This man is hungry."

The Savage Innocents (Im Land der langen Schatten) ~ UK/I/F 1960
Directed By: Nicholas Ray


Der erste Kontakt mit der sogenannten Zivilisation endet für den Eskimo Inuk (Anthony Quinn) in einer Katastrophe: Er erschlägt im Affekt einen Geistlichen (Marco Guglielmi), der die in den Augen der Inuit unverzeihliche Unverschämtheit besitzt, Inuks Angebot, mit seiner Frau (Yoko Tani) zu schlafen, abzulehnen. Was für das an das raue Naturleben gewöhnte Paar einen unglücklichen Zwischenfall darstellt, ist im Auge des weißen Gesetzes ein Kapitalverbrechen. Zwei Polizisten (Peter O'Toole, Carlo Giustini) jagen Inuk durch die Wildnis und verhaften ihn schließlich. Erst ein zäher Begreifensprozess führt dazu, dass Inuk nicht der Gerichtsbarkeit übergeben wird.

"Nicholas Ray ist das Kino" verkündete Godard einst und angesichts so herzzereißender Filme wie "Johnny Guitar" und auch "The Savage Innocents" ist man sehr geneigt, ihm dieses hochtrabende Postulat abzunehmen. Der culture clash zwischen der untechnisierten Welt der Inuit, die ein Kleinkalibergewehr für ein geradezu göttliches Wunder halten und dem okzidentalen Lebensstil, in der es nebenbei noch Flugzeuge, Bücher, Häuser, Musikboxen, Alkohol und, am schlimmsten, Gesetzbücher und Bibeln gibt, endet für die einfach, aber umso lebensbejahender gestrickten Menschen des Nordens in einem Meer des Zweifelns und der Verständnislosigkeit. Schnell wird Inuk und ganz besonders Asiak klar, dass die vermeintlichen Bequemlichkeiten und Verlockungen der Parallelwelt nichts anderes sind als Schwachmacher und korrumpierende Luxusartikel. Ray erzählt dieses berührende, zutiefst humanistische Märchen im Stile eines Bilderbuches für Kinder, lässt einen Off-Erzähler Wissenswertes über die arktische Hemisphäre verkünden und wirft zivilisationskritische Fragen auf, deren Immanenz sich wohl niemand entziehen kann, der diesen wunderbaren Film genossen hat.

9/10


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SHOCK CORRIDOR (Samuel Fuller/USA 1963)


"I am impotent... and I like it!"

Shock Corridor ~ USA 1963
Directed By: Samuel Fuller


Um vor Ort den Mord an einem Psychiatrie-Patienten aufzuklären und für die entsprechende Story den Pulitzer-Preis einzuheimsen, inszeniert der Investigationsjournalist Johnny Barrett (Peter Breck) seinen eigenen psychischen Verfall: er hege sexuelle Gedanken gekoppelt mit unkontrollierbarer Aggression gegenüber seiner "Schwester" Cathy (Constance Towers), die in Wahrheit seine Lebensgefährtin ist. Als Johnny dann in die Nervenheilanstalt eingewiesen wird, schafft er es schließlich, den Mörder mitsamt Motiv ausfindig zu machen, wird jedoch parallel dazu zu einem tatsächlichen psychischen Wrack.

Karriegeilheit um den Preis des Wahnsinns: Wer mit der Psychotherapie spielt, so "Shock Corridor", kann leicht zu ihrem Opfer werden. Was Fuller hierin präsentiert, der Abstieg in die Welt der schweren, unheilbaren Psychosen und seelischen Leiden, mitsamt einer mörderisch-suggestiven Visualisierung derselben, das ist nichts weniger als meisterlich. "Shock Corridor" beinhaltet zahlreiche unvergesslich-beunruhigende Einstellungen; einen - sich freilich nur in Barretts Kopf ereignende - Platzregen auf dem Gang der Psychiatrie, eine furchtbare Elektroschock-Therapie, Barretts Befragungen der drei Zeugen, jene allesamt Opfer der Gesellschaft und ihrer Barbareien. Stuart (James Best) ist ein schwer traumatisierter Kriegsveteran und zwischenzeitlicher Überläufer, Trent (Hari Rhodes) war einst der erste farbige Schüler an einer gemischtrassigen Schule im Süden und hat über die permanenten Anfeindungen hinaus den Verstand verloren, Boden (Gene Evans) hat bei der Entwicklung von Atom- und Wasserstoffbomben mitgeholfen und seine universelle Schuld nicht verkraftet. Und dann sind da noch die übrigen Patienten; der übergewichtige, sich selbst für einen Opernsänger haltende Pagliacci (Larry Tucker) etwa. Dieses Panoptikum schwer gestörter Individuen, dem sich Barrett am Ende, als er angesichts seiner Erlebnisse zunächst in eine schwere Zwangsneurose und dann in die Katatonie verfällt, chancenlos integriert, lässt sich in umschreibender Weise kaum umreißen. Man sollte selbst einen Blick darauf werfen und danach schweigend in sich gehen. Aber bitte ohne katatonisch zu werden, wobei diese Gefahr wohl nicht von der Hand zu weisen ist...

10/10

Samuel Fuller Psychiatrie Independent Journalismus Madness


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THE WORLD IN HIS ARMS (Raoul Walsh/USA 1952)


"We go!"

The World In His Arms (Sturmfahrt nach Alaska) ~ USA 1952
Directed By: Raoul Walsh


San Francisco, 1850: Der erfolgreiche Robbenjäger Jonathan Clark (Gregory Peck) plant, Alaska für zehn Millionen Dollar von den Russen zu kaufen, vornehmlich, um das von Westen her inflationär betriebene Geschäft des Pelzhandels in moderate Bahnen zu lenken. Da verliebt er sich in eine russische Gräfin (Ann Blyth), die jedoch kurz vor der Hochzeit nach Sitka entführt wird, wo sie eine vorab arrangierte Heirat mit einem adligen Landsmann (Carl Esmond) begehen soll. Schließlich gelingt es Clark, sie mithilfe seines Lieblingsrivalen, des schurkischen Portugiesen Manuel (Anthony Quinn), zu befreien.

Ein großes Versäumnis meinerseits, diesen wahrhaft prachtvollen Film bislang nicht gekannt zu haben. "The World In His Arms" ist ein, wenn nicht das Musterbeispiel für flamboyantes Abenteuerkino, wie es Hollywood vor einem guten halben Jahrhundert noch zu fertigen verstand: Formidabel aufgelegte Stars, herrliche Farben, eine wunderbare, mit immenser Sorgfalt arrangierte Ausstattung, eine wildromantische Geschichte, dazu knackiger Humor und ein paar geheuchelte Versprechen von echtem Mannestum, die der Regisseur mit der Augenklappe vermutlich selbst geglaubt haben wird, so selbstsicher, wie er dieses Werk in Szene gesetzt hat. "The World In His Arms" ist genau von der Werkssorte, die mein Herz im Sturm zu erobern vermag, so wie es denn dann heuer auch geschehen musste.
Nimm mich mit, Käpt'n Clark, auf die Reise...

10/10

Raoul Walsh Alaska San Francisco Historie period piece


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THE ROAD (John Hillcoat/USA 2009)


"Are you carrying the fire?"

The Road ~ USA 2009
Directed By: John Hillcoat


Trümmer und Ödnis, soweit das Auge reicht. Nach einem - offenbar nuklearen - Armageddon ist die Welt zu einer gewaltigen Aschehalde geworden. Marodierende Banden, die größenteils dem Kannibalismus verfallen sind, ziehen ziellos überland oder verschanzen sich in freistehenden Häusern. Ein Vater (Viggo Mortensen) und sein kleiner Junge (Kodi Smit-McPhee) wandern nach dem Freitod der Mutter (Charlize Theron) gen Süden, der Küste entgegen. Der Mann versucht, seinen Sohn das Letzte zu lehren, was dem Erhalt seiner Art noch zur Hoffnung gereicht: Die Humanität an sich. In einer Welt, in der der Mensch endgültig des Menschen Wolf geworden ist, erweist sich diese private Mission jedoch als nahezu unmöglich.

Ganz ohne die martialischen Action-Avancen, die den Endzeitfilm üblicherweise begleiten und die zuletzt noch in "The Book Of Eli" zu erleben waren, kommt Hillcoats "The Road" aus. Eine in ihren letzten Zügen liegende Welt wird hier hier vorgeführt, in der die Sonne nicht scheint, weil die Erdatmosphäre sich verdunkelt hat, in der leuchtende Farben keinen Platz mehr finden, nahezu sämtliche Tiere ausgestorben und in der der bloße evolutionär bedingte Lebenswille oder auch die Angst vor dem Tode die letzten, kärglichen Rettungsdomänen des Menschengeschlechts sind. Keine Straßenduelle mit verrückten Vehikeln gibt es hier oder ausgefallene Kurzfeuerwaffen, nurmehr fressen oder gefressen werden.
Seit dem Ende des Kalten Krieges genießen sich vornehmlich abseits von Genre-Traditionen bewegen und das menschliche Drama hinter der Apokalypse ins Zentrum stellende Filme wie "The Road" Seltenheitswert. Umso nachhaltiger in ihrer Wirkung die alle paar Jahre auftauchenden Ausnahmeerscheinungen; immer auch unmissverständliche Warnungen an ihr Publikum, besser kein Streichholz an den großen blauen Methanballon zu halten. Nicht besonders erbaulich, aber in jedem Fall sehenswert.

8/10

John Hillcoat Zukunft Apokalypse Kannibalismus Road Movie


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SIGN OF THE PAGAN (Douglas Sirk/USA 1954)


"I'm Attila."

Sign Of The Pagan (Attila, der Hunnenkönig) ~ USA 1954
Directed By: Douglas Sirk


Um das Jahr 450 begegnet der hunnische Eroberer Attila (Jack Palance) auf seinen Feldzügen dem römischen Zenturio Marcian (Jeff Chandler). Tief beeindruckt von Marcians Tapferkeit und Mut will Attila von ihm das römische Kriegshandwerk erlernen. Doch der Zenturio flieht nach Konstantinopel, von wo aus Kaiser Theodosius (George Dolenz) das östliche Reich beherrscht. Attila folgt ihm und schließt mit Theodosius einen Nichtangriffspakt. Stattdessen plant der Feldherr, Rom selbst zu erobern und zieht über Umwege nach der Ewigen Stadt. Einige göttliche Warnsignale flößen Attila zwar Respekt ein, können ihn aber nicht aufhalten. Erst die warnenden Worte von Papst Leo (Moroni Olsen) lassen Attila seine Angriffstaktik überdenken. Marcian ersetzt derweil die scheidenenden Ost- und Westkaiser Theodosius und Valentinian (Walter Coy).

Wenn Sirk mal einen richtigen Genrefilm gemacht hat, dann blieb dies zumeist eine singuläre Erscheinung: "Taza, Son Of Cochise" war sein einziger Western, "Captain Lightfoot" sein einziger Swashbuckler und "Sign Of The Pagan" eben sein einziger Monumentalfilm. Wie in Hollywood-Verfilmungen üblich, wurden die historischen Fakten dabei fast völlig ignoriert und zugunsten einer flüssigen und in kurzem Erzählrahmen präsentierten Geschichte jedweder Komplexität beraubt. Davon abgesehen ist "Sign Of The Pagan" natürlich erstklassiger Kintopp und wunderbares Sandalenkino: In Scope gefilmt präsentiert der Film mit Jack Palance vermutlich den einen Darsteller, dessen Physiognomie zumindest ich schon wie automatisiert mit der Attilas in Übereinstimmung bringen kann. Anthony Quinns aus dem gleichen Jahr stammende Interpretation ist mir noch unbekannt, aber ich kann mir bei aller Sympathie für Quinn nicht vorstellen, dass er dem auch sonst außerordentlich fabelhaft spielenden Palance das Wasser reichen könnte. Da bleibt selbst für den grauen Wuschelkopf eines Jeff Chandler wenig Raum.

7/10

Historie Duell Roemisches Reich Attila Douglas Sirk period piece





Filmtagebuch von...

Funxton

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