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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE MOLE PEOPLE (Virgil W. Vogel/USA 1956)


"In archaeology all things are possible."

The Mole People (In den Klauen der Tiefe) ~ USA 1956
Directed By: Virgil W. Vogel

Die drei Archäologen Bentley (John Agar), Bellamin (Hugh Beaumont) und Lafarge (Nestor Paiva) entdecken auf einem Bergplateau im südlichen Irak die Spur einer 5000 Jahre alten Sumerer-Dynastie. Tief im Inneren des Bergmassivs stoßen sie auf die Überbleibsel jener Kultur: Eine überschaubare Gruppe albinöser Anbeter der Kriegsgöttin Ishtar, deren Zivilisation sich seit damals nicht weiterentwickelt hat. Die Sumerer halten sich als Arbeitssklaven zudem eine Rasse monströser Maulwurfsmenschen mit Buckeln und Klauen, die verzweifelt unter der bösen Knute der Albinos zu leiden haben. Lafarge fällt ihnen durch einen Unfall zum Opfer. Als der durchtriebene Hohepriester Elinu (Alan Napier) auch Bentley und Bellamin aus dem Weg räumen will, befreien diese die Maulwurfsmenschen und zetteln mit ihnen eine Revolte an...

Liebenswerter kleiner Sci-Fi-Film mit den typischen production values, die dem Genrekino jener Tage durch die produzierende Universal zuteil wurden: Sicherlich als B-Picture für den schnellen Dollar im Autokino konzipiert, kann man "The Mole People" seine aufgenfälligen Qualitäten nicht absprechen; die an Wells angelehnte Story, in der erfreulicherweise einmal die - physiologisch als solche angelegten - Monster die heimlichen Helden sind, kommt recht witzig daher, es gibt nette matte paintings, Score und Photographie sowie die beiden Hauptdarsteller John Agar und Nestor Paiva kennt man bestens aus den phantastischen Filmen von Jack Arnold oder John Sherwood. Kurzum: Wer sich in diesen zu Hause fühlt, der wird auch ohne große Umwege mit "The Mole People" warm werden, wenngleich sich ein direkter Vergleich zu den großen Arnold-Klassikern sicherlich verbieten mag.

6/10

Virgil W. Vogel Archäologie Monster


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CLOUD ATLAS (Tom Tykwer, Andy Wachowski, Lana Wachowski/D, USA, HK, SG 2012)


"Don't leave me here!"

Cloud Atlas ~ D/USA/HK/SG 2012
Directed By: Andy Wachowski/Lana Wachowski/Tom Tykwer

Auf sechs Zeitebenen kämpfen unterschiedliche Inkarnationen ein und derselben Seele gegen die Repressionen, Zwänge und Freiheitsbeschneidungen ihrer jeweiligen Ära: 1849 kämpft der Anwalt Adam Ewing (Jim Sturgess) auf einem Schiff im Pazifik sowohl um sein eigenes Leben als auch um das des entflohenen neuseeländischen Sklaven (David Gyasi); 1936 wird der bisexuelle Nachwuchs-Komponist Robert Frobisher (Ben Whishaw) aufgrund seiner sexuellen Präferenzen von einem alternden Berufsgenossen (Jim Broadbent) übervorteilt und erpresst; 1973 gerät die Journalistin Luisa Rey (Halle Berry) in höchste Lebensgefahr, weil sie einem Atomkraft-Skandal auf die Spur kommt; 2012 wird der verschuldete Verleger Cavendish (Jim Broadbent) von seinem rachsüchtigen Bruder (Hugh Grant) in ein geschlossenes Senioenheim abgeschoben, aus dem es zu fliehen gilt; 2144 schließt sich die 'Duplikantin' Sonmi-451 (Doona Bae) einer revolutionären Bewegung an; 106 Jahre nach der Apokalypse bekommt der unbedarfte Insulaner Zachry (Tom Hanks) es mit der brutalen Unterdrückung durch einen feindlichen Stamm, der weiter fortschreitenden Verseuchung der Erde sowie seinem eigenen bösen Gewissen zu tun.

Zu Lebzeiten wäre die Adaption eines Bestsellers wie Mitchells diesem Film zugrunde liegenden Romans ein unbedingter Fall für Bernd Eichinger gewesen; heute springt statt der Constantin dann eben X-Filme in die Bresche. Tom Tykwer, der ja mit "Das Parfüm" bereits hinreichende Erfolgsliteraturverfilmungserfahrung gesammelt hat, tat sich dafür mit den Wachowski-Geschwistern zusammen und teilte die Inszenierung wohlfeil zwischen ihnen und sich selbst auf. Dabei ist unschwer zu erkennen, wer für welche Segmente verantwortlich ist; die atmosphärisch wie kinetisch betrachtet sanfteren Episoden gehen selbstverfreilich auf Tykwers Konto, während die actionreiche(re)n (Zukunfts-)Parts, in denen es zu zum Teil spektakulären visuellen Aufwendungen und athletischen Shoot-Outs kommt, natürlich von den Wachowskis dirigiert wurden.
Ich kenne das Buch nicht und habe nach dem Film auch nicht das Gefühl, seine Lektüre unbedingt nachholen zu müssen, aber die metaphysischen Diskurse zumindest der Adaption gleiten bisweilen offenherzig ins Vulgärpsychologische ab; die Wanderungen edler, wankelmütiger und niederträchtiger Seelen in immer neuerlichen Reinkarnationen, wobei der Astralkörper des Helden respektive der Heldin immer wieder in die Haut eines anderen Körpers wandert, der zu anderen Zeiten und unter anderen Bedingungen freilich weniger heroisch auftritt, derweil "das ultimative Böse", der ewige Satan immer wieder und immer nur von Hugo Weaving verkörpert wird. Was hat der Mann bloß angestellt, dass er stets so gemein daherkommen muss...? Das alles gibt sich wesentlich wichtiger und bewegter als es letzten Endes ist. Was bleibt, ist ein trotz anderweitiger Behauptung nicht sonderlich ausgefuchtes Genrestück, das sich zumindest über seine beträchtliche Erzähldistanz senkrecht halten kann. "Cloud Atlas" unterhält auf hohem formalen Niveau und erweist sich als in audiovisueller Hinsicht so ziemlich makellos, dennoch: 'thinking man's cinema', also das, was man hier doch offenkundig so gern kredenzt hätte, stelle ich mir trotzdem anders vor, meine Damen und Herren T. und W..

7/10

Andy Wachowski Lana (Larry) Wachowski Tom Tykwer period piece Ensemblefilm Zukunft Apokalypse Reinkarnation Sklaverei Atomkraft David Mitchell London San Francisco Kolonialismus Dystopie


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THE BLOOD OF HEROES (David Webb Peoples/AU, USA 1989)


"This is stupid. We should be fucking and drinking by now."

The Blood Of Heroes (Die Jugger - Kampf der Besten) ~ AU/USA 1989
Directed By: David Webb Peoples

In einer postapokalyptischen Zukunft hat sich die Menschheit zivilisatorisch auf mediävistisches Niveau zurückgebildet: Kleine Ansiedlungen, in denen Handel und Schaukämpfe stattfinden, liegen wie Oasen in der Wüstenei; die größeren Städte werden feudalistisch regiert und liegen kilometerweit und strahlengeschützt unter der Erdoberfläche. Inmitten dieser regressiven Welt ziehen Sallow (Rutger Hauer) und seine fünfköpfige Truppe als 'Jugger' umher, die gegen Naturalia einen Gladiatorensport betreiben. Bei dem Spiel geht es darum, dass innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne ein Team einen Hundeschädel auf eine Lanze aufspießt, während das gegnerische versucht, es daran zu hindern. Mit Kidda (Joan Chen) bekommen die Jugger Zuwachs in Form einer ehrgeizigen, neuen Läuferin, die Sallow dazu überredet, in der 'Roten Stadt' seine frühere Mannschaft, die 'Liga', herauszufordern, aus der er einst unehrenhaft entlassen wurde.

David Webb Peoples, Scriptautor von "Blade Runner" und "Ladyhawke", inszenierte in Personalunion diese kleine Independent-Produktion als seinen einzigen eigenen Spielfilm. Rutger Hauer, mit dem Peoples ergo bereits gut bekannt war, übernahm die ihm praktisch auf den Leib geschriebene Rolle des Sallow, eines opportunistischen Lebemannes, der aus seiner kärglichen Situation das Beste zu machen versucht und für Alkohol und Sex seine Knochen riskiert. Mit der hübschen jungen Kidda kommt endlich wieder ein Mensch in sein Leben, der sich Wünsche und Träume bewahrt hat. Sallows sportliches Engagement in der Roten Stadt findet daher auch vornehmlich statt, um Kidda, die von Seide und schöner Kleidung träumt, einen 'Aufstieg' in die bessere Gesellschaft zu ermöglichen; hier nämlich werden die Gladiatoren bewundert und von der degenerierten Adelskaste hofiert. Dass die Restbevölkerung der subterranen Stadt mit den zerlumpten Außenseitern, die ihre Herausforderung gegen die Liga meistern, ein neues Heldenbild kredenzt bekommen, ist da nurmehr positiver Nebeneffekt für Sallow, der nach vollendetem Sieg wieder sein Heil in der Freiheit und am Tageslicht sucht.
David Webb Peoples scheut sich nicht vor der Dunkelheit. Nach den ersten, sonnenlichtdurchfluteten, fast grellen Bildern von der Wüstenoberfläche, spielt sich das zweite Drittel vornehmlich abends und nahts ab, während den dritten Handlungsort dann die kaum beleuchtete unterirdische Stadt markiert. Das mag auf unbedarfte Zuschauer etwas befremdlich wirken, verleiht dem Film aber ganz bewusst seine notwendige Atmosphäre des permanenten Zweifelns.

7/10

David Webb Peoples Zukunft Apokalypse Dystopie


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DREDD (Pete Travis/UK, USA, IN, SA 2012)


"Judgement time."

Dredd ~ UK/USA/IN/SA 2012
Directed By: Pete Travis

Dredd (Karl Urban), der härteste und gefürchteste 'Judge' in Mega-City One, muss eine Eintages-Bewertung über die Rekrutin Anderson (Olivia Thirlby) vornehmen. Anderson ist eine hellseherisch begabte Mutantin und daher trotz ihrer schlechten Abschlussnoten eine wichtige Einsatzkraft für das Zukunftsgesetz. Zusammen gehen die beiden einem Dreifachmord im Slum 'Peach Trees' nach. Dort haust im obersten Level eines gigantischen Wohnkomplexes die Gangchefin 'Ma-Ma' (Lena Headey), die von hier aus ein verbrecherisches Matriarchat betreibt, das unter anderem die Verbreitung der Droge 'Slo-Mo' beinhaltet. Nachdem Dredd und Anderson das Gebäude betreten haben, lässt Ma-Ma den gesamten Wolkenkratzer hermetisch abriegeln und stiftet die Einwohner an, Jagd auf die beiden Judges zu machen. Doch niemand rechnet mit der Zähigkeit der zwei Supercops.

Nach Danny Cannons Erstadaption von vor 18 Jahren, die viel Schelte einzustecken hatte, erneuern Pete Travis und Danny Boyles Hausautor Alex Garland die sarkastische Dystopie mit Unterstützung der jüngeren Errungenschaften des Genres, die vor allem einen wesentlich höheren Gewaltpegel beinhalten. Die Stimmen, die noch anno 95 über die angeblich faschistoiden Tendenzen von Cannons Verfilmung ereiferten, dürften angesichts der radikalen Methoden des 12er-"Dredd" vor Erbleichung verstummen. Ganz wie in John Wagners herrlich apokalyptischen Comicvisionen kann Judge Dredd seine multipel einsetzbare Kanone nun zur Geltung kommen lassen und seine Gegner nicht nur reihenweise, sondern auch noch in schönster Varianz hinrichten. Das macht gigantisch Laune, weil es sich bei aller Extremität seine notwendige, jedoch nie aufdringliche Ironie bewahrt (ein comic relief wie Rob Schneider schenkt man sich heuer unter allgemeinem Aufatmen) und die Intelligenz des Zuschauers nicht beleidigt. Die Erfindung der Designerdroge 'Slo-Mo', die "der Wahrnehmung eine Verlangsamung der Realzeit auf ein Prozent vorgaukelt", gibt derweil Anlass zu allerlei hübschen visuellen Spielereien, die mitunter sogar unappetitlichstes Sterben zu einem ästhetischen Genuss verklären.
Cooler Film jedenfalls.

8/10

Judge Dredd Pete Travis Alex Garland Dystopie Comic Zukunft Reboot 3-D


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BRAINSTORM (Douglas Trumbull/USA 1983)


"I'm more than I was."

Brainstorm (Projekt Brainstorm) ~ USA 1983
Directed By: Douglas Trumbull

Ein emsig arbeitendes Team von Wissenschaftlern, allen voran die kettenrauchende Lillian Reynolds (Louise Fletcher) und der exzentrische Michael Brace (Christopher Walken), arbeiten an der Vollendung einer Maschine, die sämtliche sinnlichen Erfahrungen, also nicht nur audiovisuelle, sondern auch olfaktorische, haptische, emotionale und sogar gedankliche, eines Menschen aufzeichnen und von einem anderen wiedererleben lassen kann. Als sie bemerken, dass ihr Chef (Cliff Robertson) sie ohne ihr Wissen an das Militär verkauft hat, reagieren Lillian und Michael höchsst ungehalten. Als Lillian infolge eines Herzinfarktes stirbt und ihren Todeskampf mit der Maschine aufzeichnet, hängt die Verantwortung komplett an Michael. Nachdem er sich mit seiner von ihm getrennten Frau Karen (Natalie Wood) wieder zusammengerauft hat, beginnt er unter Zuhilfenahme von Lillians Aufzeichnung einen höchst riskanten, mentalen Fernangriff auf das Projekt 'Brainstorm'.

Ganz ähnlich arrangiert wie Russells "Altered States" beinhaltet auch "Brainstorm" die Warnung vor einem allzu rigorosen Eindringen in heimliche Sphären der menschlichen Existenz: Habt Respekt, sonst mag es euch schlecht ergehen, ihr, die ihr hier eintretet! Im Gegensatz zum experimentierfreudigen Russell hält sich Trumbull in seinem zweiten Langfilm nach "Silent Running" jedoch vergleichsweise "solide"; seine große inszenatorische Finte besteht im Wechsel zwischen 35mm- und 70mm-Film; wobei die von der Hirnmaschine widergespiegelten, also die subjektiven Bilder in konvexem Super Panavision gezeigt werden. Das ist, vor allem im Hinblick auf die Entstehungszeit, ungewöhnlich, aber nicht revolutionär - ebensowenig wie die philosophische Diskurslage des Films, die niemals die ihr angemessene Tiefe erreicht. Und just wie am Ende von "Altered States", der ein brüchiges Beziehungsband wieder kittet, ist auch in "Brainstorm" die Himmelsmacht der Liebe der Allzweckkleber für amoralische Penetrationen des Jenseitigen. Hier wie dort gilt ferner: Der Hauptdarsteller reißt einiges raus, wenn auch Chris Walken anders als William Hurt nicht durch bloße Präsenz 'seinen' Film vor der ausgeprägten Selbstverliebtheit des Regisseurs retten kann.

6/10

Douglas Trumbull North Carolina Mad Scientist Ehe Familie Jenseits Militär


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ALTERED STATES (Ken Russell/USA 1980)


"I'm on fucking fire."

Altered States (Der Höllentrip) ~ USA 1980
Directed By: Ken Russell

Ende der sechziger Jahre experimentiert der Wissenschaftler Eddie Jessup (William Hurt) mit den Halluzinationen, die sich nach längerem Aufenthalt in einem Isolationstank einstellen: Jessup ist der festen Ansicht, dass die auf den evolutionären Ausgangspunkt reduzierte Persönlichkeit des Menschen physikalisch messbar ist. Als er seine zukünftige Frau Emily (Blair Brown) kennenlernt und eine Familie mit ihr gründet, stellt er seine Forschungen für etwa zehn Jahre hintenan. Dann hört Jessup von einer psychoaktiven Droge, die mexikanische Indianer auf Pilzbasis herstellen. Vor Ort probiert er das Gebräu. Mit erstaunlichen Auswirkungen - Jessup hat extreme Halluzinationen und erlegt im Vollrausch eine Ziege. Begeistert nimmt er eine Probe von dem Rauschmittel mit. In Kombination mit weiteren Isolationstank-Aufenthalten beginnt Jessup dann, eine kkatastrophale Veränderung durchzumachen. Zeitweilig verwandelt er sich in ein behaartes Urzeitwesen und ist nicht mehr Herr seiner Sinne.

Weniger interessant aufgrund der recht abgestandenen Motivlage - "Altered States" intellektualisiert den klassischen 'Jekyll/Hyde'-Plot, indem er ihn im Milieu der drogenaffinen, mit Hofmann und Leary vertrauten 68er verankert, von dort aus theologisiert und im Grunde den alten moralinsauren Zeigefinger von der bitteschön stets zu wahrenden Ethikgrenze und der wahren Liebe, die alles besiegt, permanent erhoben lässt - denn seiner formalen Komposition wegen. Auch vor leichten B-Film-Avancen scheut Russell nicht zurück, wenn er William Hurt als keifenden Primaten durch den Universitätskeller und danach durch den Bostoner Zoo hampeln lässt. Mehr als alles andere prägt jedoch die Erfahrung mit Halluzinogenen die Grundierung des Werks; "Altered States" ist ein klassisches trip movie, das Hurts Erfahrungen mittels ausgedehnter Bildcollagen visualisiert, die häufig mit satanischen Motiven herumspielen. Auf der irdenen Seite überzeugt vor allem Hurt, der hier unglaublicherweise sein Filmdebüt gibt, als ebenso besessener wie verschrobener Versuchsanordner.

8/10

Ken Russell Paddy Chayefsky Monster Mad Scientist Ehe Drogen Boston Jekyll und Hyde


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VISIT TO A SMALL PLANET (Norman Taurog/USA 1960)


"A sandwich anybody?"

Visit To A Small Planet (Besuch auf einem kleinen Planeten) ~ USA 1960
Directed By: Norman Taurog

Das Alien Kreton (Jerry Lewis) interessiert sich brennend für den etliche Lichtjahre entfernten Planeten und seine Bewohner, obgleich sein Lehrer Delton (John Williams) ständig versucht, Kreton diese Faszination auszutreiben. Als der junge Mann mal wieder unerlaubt ausbüchst, lässt Denton ihn fürs Erste ziehen, um vor Ort eigene Erfahrungen zu machen. Kreton möchte den Blauen Planeten zwar eigentlich pünktlich zum Sezessionskrieg besuchen, landet jedoch rund hundert Jahre später bei der Familie Spelding. Diese nimmt ihn freundlich auf, doch es gibt bald Eifersüchteleien zwischen Kreton und Conrad (Earl Holliman), dem Verlobten Ellens, der Tochter (Joan Blackman) des Hauses, gegen desse handfeste Argumentation Kreton besonders aufgrund Dentons permanentes didaktisches Eingreifen bald keine Schnitte mehr hat.

Einige gelungene Lacher und mancher Flachpfiff machen Taurogs nach den schönen VistaVision-Arbeiten von Frank Tashlin wieder in reduziertem Schwarzweiß entstandene Lewis-Komödie zu einer eher unauffälligen Zwischenstation in des Entertainers Schaffen. Klassisch nimmt sich "Visit To A Small Planet" dennoch wegen seiner grandiosen Beatnik-Persiflierung aus; die ansonsten spießbürgerlich erzogene Ellen verkehrt nämlich mit Vorliebe in einer so genannten "Existenzialisten-Kneipe", in der die zumeist bärtigen Typen vornehmlich mit gelangweiltem bis verklärtem Schlafzimmerblick in den verqualmten Saal blicken und sich in faulem Nichtstun und großspurigem Parlieren üben. Auch Cormans "A Bucket Of Blood" lugt da nochmals hervor. Gott bewahre uns vor der Gammlerkultur! Später werden dann einmal mehr die Beschirmten durch den Kakao gezogen - wie man vielleicht weiß, eine gern benutzte Spottzielscheibe Lewis' - die sich wie üblich vollkommen doof anstellen. Am Ende kann das extraterrestrische Fazit nur lauten: Die irdische Existenz ist das Grauen und nicht zur Nachahmung empfohlen! Und ab nach Haus.

7/10

Norman Taurog Jerry Lewis Familie Beatniks Aliens


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TWILIGHT'S LAST GLEAMING (Robert Aldrich/USA, BRD 1977)


"You try one more goddamn stunt and I'll light up the fucking sky!"

Twilight's Last Gleaming (Das Ultimatum) ~ USA/BRD 1977
Directed By: Robert Aldrich

Der einst geschasste, weil als Querulant berüchtigte Air-Force-General Dell (Burt Lancaster) bricht aus dem Gefängnis aus und bemächtigt sich zusammen mit drei kriminellen Mitstreitern (Paul Winfield, Burt Young, William Smith) eines Atomraketensilos in Montana. Von hier aus droht er, die neun auf die Sowjetunion gerichteten Titan-Flugkörper zu starten, wenn der amtierende US-Präsident (Charles Durning) nicht die wahren Gründe für das US-Engagement in Vietnam bekannt gibt.

Ein exzellenter Thriller von Robert Aldrich, der einmal mehr unter Beweis stellt, welchen Biss insbesondere seine in den Siebzigern gefertigten, etwas handzahm als 'Alterswerk' firmierenden Filme besitzen. Ebenso wütend und zielstrebig wie sein Protagonist walzt sich Aldrich durch die Story um Terror und Geheimnis und lässt nach anfänglicher Unsicherheit die vermeintlich Bösen rasch zu Sympathisanten werden. Der wahre Feind ist nicht der raketenkapernde Veteran, sondern er befindet sich im Inneren, im sogenannten 'Beratungsstab' des Weißen Hauses, wo alte Männer die Geschicke der westlichen Welt lenken und der Präsident selbst sich als entbehrliche Marionette einer heimlichen politischen Machtkaste entpuppt. General Dell traut man anfangs noch zu, dass er seinen Plan, den Dritten Weltkrieg vom Stapel zu lassen, in die Tat umsetzt; irgendwann jedoch schaltet sich, die anderen beiden sind bereits tot, sein Partner Powell (Winfield) als Quasi-Volksstimme dazwischen und vergegenwärtigt ihm seine eigene und die äußeren Realität: Kein politisches Geheimnis der Welt sei es wert, dass man selbige ins Grab schickt, und das wisse Dell insgeheim auch. Angesichts dieser Erdung droht Dell zu verzweifeln; für Lancaster eine Gelegenheit, seine große Schauspielkunst zu demonstrieren. Nach zwei Stunden sich auftürmender Spannung, nach deren Ablauf mit allem zu rechnen ist, kommt dann das einzig denkbare Ende: Endlich hatte Aldrich selbst sein Publikum so weit, dass es den gesamten Erdball mit all seinem intriganten, verlogenen Politgesocks ins postnukleare Nirwana wünscht, da machen - so einfach ist das - ein paar Scharfschützen dem apokalyptischen Traum ein Ende. Der status quo bleibt erhalten, der Globus weiterhin brav am Abgrund und General Dell, potenzieller neuer Messias und Märtyrer des liberalen Menschheitsfügels, nurmehr eine unbequeme Behauptung erfolgreicher Rebellion.

10/10

Robert Aldrich Atombombe Zukunft Vietnamkrieg Terrorismus


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INVADERS FROM MARS (William Cameron Menzies/USA 1953)


"That's the coldest couple I ever saw..."

Invaders From Mars (Invasion vom Mars) ~ USA 1953
Directed By: William Cameron Menzies

Der kleine, an Astronomie interessierte David MacLean (Jimmy Hunt) beobachtet von seinem Fenster aus, wie nächtens ein Ufo auf einem benachbarten Sandhügel landet und sich in die Erde eingräbt. Als sein Vater (Leif Erickson) am nächsten Morgen dort nachschauen geht, kehrt er völlig verändert zurück und hat eine kleine Wunde im Nacken. Bald verändern sich in derselben Weise noch andere Personen in Davids direktem Umfeld, auch seine Mutter (Hillary Brooke) und sogar der Polizeichef (Bert Freed). Erst die Ärztin Dr. Blake (Helena Carter) und der Astrophysiker Kelston (Arthur Franz) schenken David Glauben und entdecken Ungeheuerliches: Offenbar ist ein Marsbewohner mit seiner Untertasse hier gelandet, um zu verhindern, dass ein Raketenprojekt durchgeführt werden kann. Die Marsianer haben Angst um ihre Vorherrschaft im Sonnensystem. Ein wackerer Colonel (Morris Ankrum) sorgt schließlich dafür, dass das Raumschiff gesprengt werden kann, bevor von ihm weiteres Unheil ausgeht.

Ein großartiges und immens lehrreiches Beispiel darüber, wie sich die durch den Kalten Krieg hervorgerufene Paranoia im Science-Fiction-Film niederschlug. Die Angst vor der Unterlegenheit im atomaren Wettrüsten tritt hier ebenso zutage wie ein selten in dieser Deutlichkeit formulierter Militarismus. In jauchzenden, beinahe orgiastisch gezeichneten Bildern wird als Reaktion auf die interstellare Gefahr ein Panzeraufmarsch gezeigt. Als die Tanks dann schwerbewaffnet und in Kolonne in der Nähe des Ufo-Landeplatzes anrollen, kommentiert der altehrwürdige, sympathische Colonel Fielding, ein echter Haudegen alter Schule, wie zu sich selbst: "Ah, Panzer! Immer wieder ein imponierender Anblick!" Nicht minder interessant ist jedoch der Beginn des Films. Der kleine David, ein richtiger All American Kleinstadt-Boy, ein Lauser, intelligent, frech, aber angemessen subordinant, wird zum ersten Opfer des extraterrestrischen Angriffs, indem er das zu verlieren droht, was ihm am Liebsten ist auf der Welt: Mom und Dad! Diese kommen aus dem Sandloch heraus wie nach einer kommunistischen Gehirnwäsche; als richtige 'manchurian candidates', seelenlos, böse, gedankeninfiltriert: tickende menschliche Zeitbomben ohne Gewissen. Schließlich der Marsianer selbst: Ein widerlicher, kleiner Polyp unter Glas, bewährt mit Tentakeln und audruckslosem Wasserkopf, der als Leibwächter riesige, grüne, tumbe Synthesewesen besitzt, die mit ihren Glubschaugen besonders hässlich und böse wirken - von dem halbgaren Geschwafel über Astrowissenschaft und Nuklearwaffen, das der Held in einem mehrminütigen Vortrag absondert, einmal gar nicht zu reden. Wo "The Thing From Another World" oder "Invasion Of The Body Snatchers" ihr Thema zugunsten einigermaßen plausibel formulierter Spannungsskunst noch halbwegs subtil verpackten, ist "Invaders From Mars" geradezu unverhohlen propagandistisch. Man darf von Glück reden, dass Menzies' Film heute als ein kleines Stück Realsatire gelten darf, das zudem noch ausgezeichnet unterhält.

6/10

William Cameron Menzies Aliens Mars Kind Familie Militär Atombombe Invasion


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MOONRAKER (Lewis Gilbert/UK, F 1979)


"Why did you break up the encounter with my pet python?" - "I discovered it had a crush on me."

Moonraker ~ UK/F 1979
Directed By: Lewis Gilbert

Nachdem ein Raumpendler der von dem Großindustriellen Hugo Drax (Michael Lonsdale) gefertigten 'Moonraker'-Serie entführt wird, kommt James Bond (Roger Moore) ins Spiel. Um den Verbleib des Space Shuttle zu klären, lernt er zunächst dessen Erbauer kennen. Drax macht keinen Hehl daraus, dass er Bond am Liebsten gleich wieder loswerden will und alsbald stellt sich dem Superagenten eine Todesfalle nach der anderen in den Weg. Zusammen mit der CIA-Kollegin Holly Goodhead (Lois Chiles) kommt Bond schließlich Drax' wahren Plänen auf die Schliche: Der Wahnsinnige will die gesamte Menschheit mit Nervengift auslöschen und eine neue Superrasse auf der Erde aussetzen und züchten. Um dieses Vorhaben zu vereiteln, müssen Bond und seine Gespielin ins Weltall aufbrechen...

Im Grunde nur eine Variation des Vorgängerfilms "The Spy Who Loved Me", thematisch mit diesem unzweideutig identisch und sogar mit der Lieblingsfan-Ingredienz 'Jaws' (Richard Kiel) re-garniert, ist selbst der Storyaufzug vollkommen halbherziger Natur. Warum und wie Bond Drax auf die Schliche kommt - der eigentliche Grund ist sein von ihm selbst gekapertes Raumschiff - wird irgendwann gegen Ende in einem Nebensatz abgehandelt wie ein notwendiges Übel. In jedem Fall ist Drax ein ganz hübsch dämlicher Superverbrecher, wenn er die Weltöffentlichkeit für sich zu interessieren beginnt und das Gelingen seiner Pläne für eine solche Lappalie aufs Spiel setzt - ein ganzer Plot als einziger MacGuffin. Der Produktion ging es offenkundig einzig und allein darum, die gerade aufziehende SciFi-Mania nicht ungenutzt vorüberziehen und den bereits faltiger werden Heroen auch in extraterrestrischen Sphären reüssieren zu lassen. Aus Kiels Beißer wird - das Script lässt ihn diesmal ganz gezielt niemanden töten und stellt ihm zur zusätzlichen Vermenschlichung ein blondes Quietscheentchen zur Seite - ein lustiger Sidekick, der jede zuvor so nett geschürte und geschätzte Bedrohlichkeit einbüßt. "Moonraker" macht aus seiner Anbiederung an Kinder und Jugendliche als nachwachsende Zuschauergeneration keinen Hehl und lässt Bond im Schoße der Familienunterhaltung ankommen. Zugegeben - als Kind fand ich ihn auch sehr toll.
Das product placement kommt so unverhohlen penetrant wie selten daher und avanciert von un an zu einem zusätzlichen Franchise-Trademark: Ein getarnter Krankenwagen der Bösewichte rast am Zuckerhut an gut vier verschiedenen Werbeplakaten vorbei, die die Panavision-Linse selbstverständlich passgenau einfängt. Besonders 7 Up hat offenbar ordentlich reingebuttert.
Der wiederum großartig komponierende John Barry hat sich derweil bei seinem Vorgänger Marvin Hamlisch die Unart abgeschaut, altbekannte Partituren zu Zwecken vordergründigen Humors zu adaptieren (hier sind es derer gleich fünf: Chopin, Leoncavallo, Tschaikovsky, Strauß und Elmer Bernstein - puh!). Angedenk all dessen fast schon ein kleines Wunder, dass dieser wiederum über Gebühr alberne Bond-Film fürs Erste den kommerziellen Höhepunkt der Reihe markierte. Aber der Pöbel wollte und bekam sie eben, seine Laserstrahlen.

6/10

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Funxton

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