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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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CONAN THE BARBARIAN (Marcus Nispel/USA 2011)


"I want your head!"

Conan The Barbarian (Conan) ~ USA 2011
Directed By: Marcus Nispel

Das hyborianische Zeitalter: Der cimmerische Barbar Conan (Jason Momoa), der als Kind (Leo Howard) seinen Vater (Ron Perlman) durch den machtgierigen Khalar Zym (Stephen Lang) verloren hat, schwört Rache. Nach zahlreichen Abenteuern als Dieb und Pirat stößt Conan wieder auf Khalar Zym, der zur endgültigen Vervollständigung seiner Herschaftsstellung nurmehr eine reinblütige Priesterin benötigt. Diese hat er in der schönen Tamara (Racel Nichols) gefunden und plant sie zu entführen. Doch Conan kommt ihm zuvor und beschützt Tamara. Als es Khalar Zym schließlich doch gelingt, ihrer habhaft zu werden, wappnet sich Conan zum letzten Duell und dringt im Alleingang in seine Festung ein.

Nispels "Conan" verhält sich in Korrelation zu Milius' Erstverfilmung wie eine Fahrt in der Geisterbahn zum Besuch einer Wagner-Oper. Das kann man allerdings weder Nispel noch seinem Film zum Vorwurf machen, kehrt dieser doch bloß die Pulp-Wurzeln des Stoffs heraus und hält sich im Prinzip wesentlich enger sowohl an Howards Realitätsentwürfe als auch an die Marvel-Comics der Siebziger und Achtziger. Ferner wird der eine oder andere ja ohnedies die Geisterbahn vorziehen. Tatsächlich war es einst Milius, der die Saga unproportional überhöht und aufgeblasen hat. Allerdings lag genau darin das große Verdienst seines Films. Er hatte es nicht nötig, sich irgendwem anzubiedern und kochte sein eigenes, für viele Zuschauer sehr unbegreifliches Süppchen zwischen Pomp und Glorie, Nitzsche und Schlagetot auf das Vortrefflichste. Davon ist bei Nispel, der ja bereits Hoopers "Texas Chainsaw Massacre" und Cunninghams "Friday The 13th" "fit fürs neue Jahrtausend" machen musste, nicht mehr viel übrig. Bei seinem "Conan" wird die atavistisch-phantastische Welt zur Gestaltungsbasis für mediokre CGI, Sandzombies und ein Krakenmonster. Dass ein nordländischer Barbar wie ein Hawaiianer aussieht, ist ebenso quatschig, wie überhaupt Jason Momoa eher was von dem schnippischen Verführergestus eines Errol Flynn besitzt als vom Eisenkiefer einer steirischen Eiche. Das alles ist im Grunde probat, wenn es um die bloße Verfilmung einer "Conan"-Geschichte geht - zumal unter den Jahren zwei TV-Serien, eine davon mit Ralf Möller, die andere im Zeichentrickverfahren und für Kinder, den Topos sowieso um jede nur denkbare Unschuld (oder auch Schuld, je nach Perspektive) re-mastert haben.
Was Nispel uns hier anno 2011 kredenzt, ist indes reines, wenn auch solides Mittelmaß.

5/10

Marcus Nispel Conan Marvel Comic Robert E. Howard Splatter Barbaren Pulp


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THE HOLE (Joe Dante/USA 2009)


"I'm not afraid."

The Hole ~ USA 2009
Directed By: Joe Dante

Die beiden Jungs Dane (Chris Massoglia) und Lucas (Nathan Gamble) ziehen mit ihrer alleinerziehenden Mum in das Kleintädtchen Bensonville. Im Keller ihres neuen Hauses entdecken sie eine wohlfeil verschlossene Luke, unter der ein scheinbar bodenloses Loch schlummert. Zusamme mit dem Nachbarsmädchen Julie (Haley Bennett) kommen sie dem Abgrund auf die Spur: Darin wohnt nämlich eine dämonische Kraft, die ihren Herausforderern deren höchstpersönliche Urängste vor Augen führt.

Zuallererst bin ich Joe Dante schonmal persönlich dankbar, dass er nunmehr die Finger von Bugs-Bunny-Filmen zu lassen scheint. Desweiteren ist "The Hole" aber trotzdem kein unkomplizierter Fall: Dante hat nämlich mit einem - man muss es schlichtweg so hart formulieren - unterdurchschnittlichen Script zu tun, das Genremotive aufbereitet, die schon vor zwanzig Jahren ein alter Hut waren. Das große, finstere Es, das sich von den Ängsten seiner Opfer nährt, kennen wir aus "A Nigfhtmare On Elm Street" und "It". Das tiefe Loch auf dem hauseigenen Grundstück als zusätzliche, paranormale Bedrohung der ohnehin angeknacksten Institution Familie gabe es bereits in "The Gate", das Motiv des ungreifbaren Bösen als letzten Endes kathartisch-therapeutische - und somit durchaus heilsame - Kraft gab es in analoger Form in Flynns "Brainscan". Wahrscheinlich hat Mark L. Smith (nicht zu verwechseln mit dem "Fall"-Vokalisten Mark E. Smith), von dem das Buch stammt, auch mal Liebermans "Satan's Little Helper" gesehen, denn die gesamte Szenerie von "The Hole" erinnerte doch sehr an selbigen. Bruce Dern wird übel verheizt, die Kinderdarsteller sind eher sorgfaltslos gewählt. Aber irgendwas hat der Film, das ihn dann doch noch sehenswert erscheinen lässt, zumindest, wenn man Dantes Motivation beim Filmemachen kennt. Seine Schöpfungen waren eigentlich fast immer subversive Komödien für Adoleszente, so ähnlich wie die monströsen Drive-In-Filme der Fünfziger und Sechziger, bloß mit einem stets verschmitzten Lächeln in den dunklen Gässchen der set pieces. Davon nimmt sich "The Hole" nicht aus; eine (unterforderte) kreative Kraft lässt sich tief in ihm wittern und dann wird die thematische Analogie zu Abrams viermal so teurem und von einer ungleich fetteren Promotion skandiertem "Super 8" offensichtlich, zu dem ich mir neulich noch dachte, dass er eigentlich auch einen guten Dante-Film abgegeben hätte (was mich erst auf die Idee brachte, mir "The Hole" zu besorgen und anzuschauen). Vielleicht ist das alles gar keine hölzerne Plagiatsmaschinerie und vielleicht sollte man dem visuell brillant gestalteten Showdown mehr Bedeutung beimessen, als ich es gegwärtig tue. Vielleicht entpuppt sich "The Hole" inmitten all seiner mäßig aufgeblasenen 3D-Effekte in ein paar Jahren sogar noch als richtig guter Film. Vielleicht...

5/10

Kinder Familie Coming of Age Kleinstadt Joe Dante Teenager 3-D


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DIP BIN (Tsui Hark/HK 1979)


Zitat entfällt.

Dip Bin (Die Todesgrotten der Shaolin) ~ HK 1979
Directed By: Tsui Hark

Das ehrwürdige Haus Chum ist in Aufruhr: Immer wieder werden die Familienmitglieder und Bediensteten von Schwärmen todbringender Schmetterlinge attackiert, die ihre Opfer mit tausenden kleiner Bisswunden und vergiftet zurücklassen. Dies führt dazu, dass sich sämtliche Bewohner des Palasts ind die weit verzweigten, unterirdischen Gänge zurückziehen mussten. Der Schriftsteller und Chronist Tian Feng (Shu-Tong Wong) und die beiden Krieger Fang (Siu-Ming Lau) und Grüner Schatten (Michelle Yim) machen sich auf, diesen schrecklichen Zuständen Abhilfe zu leisten. Später stoßen noch zwei weitere Kämpfer (Wong Cheung, Eddy Ko) hinzu. Doch wer trägt wirklich die Schuld an den - ganz offensichtlich von außerhalb gelenkten - Schmetterlingsmorden?

So weit ich Laie das übersehe, Tsui Harks Regiedebüt und sicherlich kein allzu übles Martial-Arts-/Fantasy-Vehikel aus der ehemaligen Kronkolonie. Dennoch ganz klar nicht meine Art Film. Mir ging das pausenlose Gequatsche um Ehre, Kampfeswille und Passivität ziemlich auf den Geist. Ferner nervte mich der schlecht ausgeleuchtete, unterirdische Schauplatz des Ganzen, der dafür sorgt, dass gut drei Viertel des Films kaum mehr zu erahnen sind (zugegeben - jetzt übertreibe ich vielleicht geflissentlich). Ob die in ihrer Quantität zudem recht rar gesäten Kämpfe gut choreographiert sind, vermag ich wiederum kaum zu beurteilen; wenn ich jedoch an andere Vertreter des körperbetonten Hong-Kong-Kinos denke, konnte ich hier nicht viel Besonderes vorfinden. Kann sein, dass andere in solchen Filmen ihr persönliches Taj Mahal finden - mich reißt sowas nicht vom Melkschemel.

5/10

Tsui Hark China period piece Schmetterlinge Martial Arts


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MIDNIGHT IN PARIS (Woody Allen/USA, E 2011)


"You can fool me, but you cannot fool Ernest Hemingway!"

Midnight In Paris ~ USA/E 2011
Directed By: Woody Allen

Der amerikanische Drehbuchautor und versuchsweise Romancier Gil Pender (Owen Wilson) reist mit seiner Verlobten Inez (Rachel McAdams) nach Paris, wo seine Schwiegereltern (Kurt Fuller, Mimi Kennedy) in spe einige Geschäfte zu tätigen haben. Schnell bemerkt Gil zu seinem Leidwesen, dass Inez das künstlerische Flair der Seine-Metropole in keinster Weise wahrzunehmen imstand ist und sich stattdessen liebe von dem altklugen Geschwätz ihres Ex-Kommilitonen Paul (Michael Sheen) einlullen lässt. Ein mitternächtlicher Ausflug Gils sorgt dann für ein eruptives Erlebnis: Eine alte Limousine bringt ihn geradewegs in das Paris der zwanziger Jahre zurück, in dem sich alle von Gils künstlerischen Vorbildern, darunter das Ehepaar Fitzgerald, Hemingway, Faulkner, Picasso, Dalí, Buñuel, Gertrud Stein, Cole Porter und T.S. Eliot, praktisch gegenseitig auf die Füße treten. In dieser entrückten Zeit, die Gil fortan immer nur zu mitternächtlicher Stunde besuchen kann, lernt er zugleich die Künstlermuse Adriana (Marion Cotillard) kennen, die jedoch, ebenso wie Gil, ihrer Gegenwart am Liebsten in die Vergangenheit entfliehen würde...

Zeitreise au Woody Allen, natürlich nicht mit einem feurigen DeLorean, sondern mit einem Peugeot, Baujahr 1920-irgendwas und letzten Endes als faktisch unaufklärbarer Trip ins Innere eines unter dem "Golden-Age-Syndrome" leidenden Künstlers inmitten einer seiner Lebenskrisen. Ob Gil Pender tatsächlich in der Zeit zurückreist oder lediglich weingeschwängerten Phantasien, Träumerein, und/oder dem Flair seiner sommerlichen Lieblingsstadt aufsitzt, ist auch völlig nebensächlich - von Belang ist einzig der progressive Wert seiner regressiven Robinsonade, die ihn am Ende lehrt, dass alles, was vom aufrechten Arrangement mit der Gegenwart abweicht, nichts als bloße Selbsttäuschung wäre. Woody Allen mit 76 ist auch ein edukativer Filmemacher, der, anders als sein jüngeres alter ego, der tragikomischen Stagnation innerhalb der Neurose abgeschworen hat und seine Figuren stattdessen einen therapeutischen Reifeprozess zu durchleben zwingt, der sie am Ende gesicherten Fußes zurück in die Realität des Hier und Jetzt entlässt. Und glücklich dazu, wohlgemerkt. Dies ist ja selbst ein mittlerweile etabliertes, künstlerisches Syndrom, das des alternden Filmautoren, der mit seinem Spätwerk einen Funken Hoffnung sowohl für seine Anhänger als auch für seine Märchen-Ichs aufblitzen lassen will.

8/10

Woody Allen period piece Paris Literatur Autor Bohème Zeitreise


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CARODEJUV UCEN (Karel Zeman/ČSSR, BRD 1978)


Zitat entfällt.

Čarodějův Učeň (Krabat) ~ ČSSR/BRD 1978
Directed By: Karel Zeman

Die Lausitz zu Beginn des 18. Jahrhunderts: Der lebenslustige Betteljunge Krabat wird durch einen magischen Ruf zur Mühle am schwarzen Wasser gerufen, wo er künftig als einer von zwölf Lehrlingen in die Schule des Meisters geht. Diese besteht allerdings nicht nur darin, sich im Müllerhandwerk ausbilden zu lassen, sondern vor allem im Erlernen der schwarzen Künste. Jedes Jahr muss sich einer der Lehrlinge mit dem Meister im Zauberkampf messen - und unterliegt, so dass immer wieder ein Nachfolger gesucht werden muss. Als Krabat sich in eine schöne Kantorka aus einem benachbarten Dorf verliebt, ist die Reihe an ihm, gegen seine Meister zu bestehen.

Spätes Meisterwerk des großen Animationskünstlers Karel Zeman, der verschiedene Stile von Trickkunst auf eine beinahe schmerzlich schöne Weise miteinander kombiniert: "Herkömmliche", zweidimensionale Zeichenkunst, Scherenschnitt, Rotoskopie und die Kombination mit real abfotografierten Naturelementen komponiert Zeman zu einem prachtvollen, höchst atmosphärischen Kaleidoskop von (und für) höchste(n) ästhetische(n) Ansprüche(n). Dass Preußlers große Vorlage um ein paar schauerliche Elemente und Details (darunter die allquartärliche Ankunft des mysteriösen Höllenkutschers, für den der Müller Säcke von Leichen zermahlen muss) erleichtert bzw. um einige Phantasmagorien (etwa die Magieduelle des Meisters mit seinen Schülern) angereichert wurde, ist der kreativen Freiheit des Adapteurs geschuldet und gliedert sich derart harmonisch in Zemans Variation ein, dass dessen Homogenität und Integrität niemals angetastet werden. Tadellos, als Literaturadaption wie als eigenständiges Kunstwerk.

10/10

Märchen Lausitz Großer Nordischer Krieg Coming of Age Ottfried Preußler Zeichentrick Sage period piece Karel Zeman Magie


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DRIVE ANGRY (Patrick Lussier/USA 2011)


"Even in hell there is compassion."

Drive Angry ~ USA 2011
Directed By: Patrick Lussier

Die Hölle ist ein Riesenknast und Luzifer sein Manager. Als der darin Einsitzende John Milton (Nicolas Cage) erfährt, dass seine Tochter das Opfer einer Satanistensekte wurde und seine Enkeltochter von den Unholden entführt und bald geopfert werden soll, flieht er zurück auf die Erde, den 'Buchhalter' (William Fichtner), einen teuflischen Bluthund, auf den Fersen. Zusammen mit der White-Trash-Biene Piper (Amber Heard) jagt Milton den Sektenchef Jonah King (Billy Burke) und muss sich nebenbei noch mit der idiotischen State Police herumschlagen.

Erwartungsgemäß total doof (wenn auch weitaus erträglicher als sein Kollege Clive Owen im unsäglichen "Shoot 'Em Up") ballert sich ein untoter Nicolas Cage durch dieses Feuchter-Traum-Szenario eines jeden weißen Südstaatenproleten und hinterlässt dabei allenthalben seine Duftmarke in Form von Exploitation, Explosionen und extrem übel zugerichteten Leichen. Dass Cage immer dann am Besten ist, wenn er sich das Grinsen über seine Rolle(n) und deren unweigerliche Dialogzeilen mal wieder nicht verkneifen kann, versteht sich dabei auch im Falle "Drive Angry" von selbst. Ansonsten bietet Lussiers neuestes Werk eben typisches, stromlinienförmig-postmodernistisches "Exploitation"-Gehampel anno 11: Ausgefüttert mit viel Geld und großer Klappe empfiehlt es seine Derivate sozusagen bereits "pränatal" als total geile Kultfilme, zu deren Wesenszügen es eben grundsätzlich zählt, dass es besonders cool und witzig ist, wenn die Weiber sich möglichst vollbusig, blond und nymphoman gebärden, bzw. wenn irgendwelche bedauernswerte Zeitgenossen aus Oberflächengründen denunziert werden, mental unterbelichtet sind und/oder ihnen die halben Gesichter weggeschossen werden. Da hilftet ooch weenich (bis garnix), dass als kleines Zugeständnis an den bildungsbürgerlichen Rezipientenzirkel die Hauptfigur genannt wurde wie jener große englische Dichter, der einst über die Unterwelt sinnierte.
Ich muss ja zugeben, dass ich mich von dergleichen in unregelmäßigen Abständen selbst gern bespaßen lasse. Nun, am Ende ist wohl doch alles bloß eine Geschmacksfrage.

5/10

Rache Exploitation Hölle Louisiana car chase 3-D Satanismus Patrick Lussier Oklahoma


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CAPTAIN AMERICA: THE FIRST AVENGER (Joe Johnston/USA 2011)


"This isn't a back alley, Steve, this is war!"

Captain America: The First Avenger ~ USA 2011
Directed By: Joe Johnston

Die Allieerten sägen bereits beträchtlich an Hitlers Thron, als der schmächtige Gefreite Steve Rogers (Chris Evans) sich bereit erklärt, am Supersoldaten-Experiment des Wissenschaftlers Dr. Erskine (Stanley Tucci) teilzunehmen: Dieses soll dazu dienen, die Physis des Probanden mittels eines speziellen Serums und Bestrahlungen zu perfektionieren. Tatsächlich wird Steve zum Muskelprotz - seine "Mission" besteht vorläufig aber darin, an der "Heimatfront" für Kriegsanleihen zu werben. Erst ein Abstecher nach Europa macht ihm bewusst, dass seine Fähigkeiten in ganz anderer Form genutzt werden müssen. Auch der Nazi Johann Schmidt (Hugo Weaving) hat nämlich mit dem Supersoldaten-Serum herumexperimentiert und ist zum bösen, nunmehr der Organisation 'Hydra' vorstehenden Red Skull geworden. Und dessen Entschlossenheit stellt selbst Hitlers Machtstreben in den Schatten.

Marvels letzter Wegbereiter bevor es im nächsten Frühling endlich heißen soll: "Avengers assemble!" Nach Hulk, Iron Man und Thor nun also der finale elementare Baustein der Ur-Besetzung des Teams, der bereits 1942 in Print-Aktion getretene Captain America. Der einstmals patriotischste aller Comichelden trägt, nach all den Jahren und seinem mittlerweile handelsüblichen Tod mitsamt Auferstehung, zwar immer noch seine ikonischen Sterne und Streifen in rotweißblau, ist aber längst nicht mehr der systemtreue Naivling, als den ihn ungebildetere Zeitgenossen so gern hinzustellen trachten. Außerdem ist er die erste Figur, die durch einen inhaltlichen Kunstgriff vom Golden- ins Silver Age überführt wurde. Wie man zu Beginn der Sechziger erfährt, war Steve Rogers nämlich rund zwanzig Jahre lang in einem Eisblock eingeschlossen, konnte durch seine gesteigerten körperlichen Fähigkeiten jedoch überleben. Für die aktuelle Adaption, der vierten nach einem alten Serial aus den Vierzigern, zwei TV-Produktionen mit Reb Brown von 79 und einem rund zwanzig Jahre alten, keinesfalls so mies wie behauptetem B-Schinken von Albert Pyun, mussten daraus fette sieben Dekaden werden, wodurch der "Zeitsprung" des Helden natürlich noch deutlich an Brisanz gewinnt. Da "Captain America: The First Avenger", wie jeder Superheldenfilm ohne Ordnungszahl hinterm Titel, primär dazu dient, die origin der Titelfigur auszuwalzen, bleibt man von großen Charakterwandlungen und -wendungen verschont. Als Regisseur empfahl sich der ansonsten völlig medioker zu Erke gehende Auftragsfilmer Joe Johnston dennoch; immerhin hat er vor zwanzig Jahren das schöne vintage superhero movie "The Rocketeer" inszeniert, in dem es ebenfalls um einen wissenschaftlich bzw. technisch "verbesserten" Helden und gegen die Nazis geht. Heute dürfte es Johnston um einiges leichter gehabt haben, seinen Stoff zu illustrieren; immerhin sind Superhelden im Kino anno 11 (noch) der letzte Schrei. "Captain America" bleibt auch qualitativ vollends im Rahmen seiner Mitstreiter. Zu ambitioniert, um kläglich abzustinken, zu gedrungen, um wirklich toll zu sein, bietet Johnstons Film exakt das, was man von ihm erwarten kann.

7/10

WWII Marvel Monster Joe Johnston Comic Captain America Superhelden


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GUNAN Il GUERRIERO (Francesco Prosperi/I 1982)


Zitat entfällt.

Gunan Il Guerriero (Gunan - König der Barbaren) ~ I 1982
Directed By: Francesco Prosperi

Bevor auch sie von dem grausamen Barbaren Nuriak (Emilio Messina) und seiner Horde niedergemetzelt werden, kann ihre Amme zwei neugeborene Königszwillinge in Sicherheit bringen. Beim Amazonenvolk der Kuniat aufgewachsen, müssen die beiden als erwachsene Kraftprotze (Pietro Torrisi, Giovanni Cianfriglia) ihrer Bestimmung folgen: Nur wer siegreich aus dem bevorstehenden Duell hervorgeht, darf den glorreichen Namen 'Gunan' tragen, der andere soll auf ewig namenlos bleiben. Nachdem der eine (Torrisi) den Kampf für sich entschieden hat, geht der andere (Cianfriglia) allein auf Nuriak los - und bezahlt diese Kurzäugigkeit mit dem Leben. Nun kann endgültig nichts mehr den Rachedurst Gunans bremsen...

"Gunan Il Guerriero" dürfte nicht nur im Rahmen des innerfilmischen Geschehens der große Sieger sein; auch das Rennen um den miesesten aller Italo-Barbaren-Klopper entscheidet er souverän für sich. Nach etwas Unispirierterem muss man selbst im italienischen Plagiatskino lange suchen; offenbar ging es den Produzenten hier einzig und allein darum, dem großen amerikanischen Vorbild eilends eine gehörige Dosis Alka Seltzer nachzusetzen. Das beginnt schon mit der herrlich unverschämt-blödoiden Benennung des Protagonisten, der in der deutschen Synchronfassung - natürlich - den zu dieser Zeit höchstbeschäftigten Thomas Danneberg verpasst bekommen hat. Pietro Torrisi, der, das haben geheime Ermittlungen meiner undercover tätigen Mitarbeiter ergeben, neben seiner spärlichen Filmkarriere höchstwahrscheinlich auch das physiognomische Lebendmodell für Mattels He-Man-Figur stellte, hat das große Glück, zwei drei Liebeszenen mit der damals nur halb so alten Sabrina Siani spielen zu dürfen und gebiert sich dabei so ungelenk, dass einem schon vom Zuschauen schwindlig schwird. Außerdem ist "Gunan" auch der (ungekrönte) König der SloMos. Jedesmal, wenn Gunan durch Wald und Flur rennt, was, nebenbei bemerkt, etwa die Hälfte aller Sequenzen des Films ausmacht, spielt jemand am Bildgeschwindigkeitsregler. Würden sämtliche Zeitlupeneinstellungen in Realgeschwindigkeit ablaufen, beschränkte sich "Gunan" jedoch vermutlich nur noch auf eine halbe Stunde Erzählzeit - somit erklärt sich auch jenes clevere Procedere. Schließlich bleibt die unfassbare Topographie des Films hängen - die gesamte Geschichte spielt sich - ganz unverhohlen übrigens - in einem Radius von etwa zweieinhalb Kilometern ab. Kein Wunder, dass es dem bösen Nuriak ein paar Jahrzehnte lang versagt bleibt, seinen Erzfeind Gunan ausfindig machen zu können...
Der Schwachsinn, er lebt, und er trägt einen Namen: "Gunan"!

3/10

Francesco Prosperi Barbaren Rache Europloitation Trash


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SANGRAAL, LA SPADA DI FUOCO (Michele Massimo Tarantini/I 1982)


Zitat entfällt.

Sangraal, La Spada Di Fuoco (Das Schwert des Barbaren) ~ I 1982
Directed By: Michele Massimo Tarantini

In grauer Vorzeit wird das Dorf des Königssohns Sangraal von Anhängern der Feuergöttin Rani (Margareta Rance) dem Erdboden gleich gemacht und seine Eltern ermordet. Jahre später, Sangraal ist zu einem muskelbepackten Recken (Pietro Torrisi) herangewachsen, gerät der Zwangsenterbte erneut an Ranis Gefolgsleute, allen voran den bösen Nantuk (Mario Novelli), der seine Opfer stets vorher noch zu "quälen und foltern" pflegt. Mithilfe der wackeren Königstochter Aki (Yvonne Fraschetti), des fernöstlichen Kämpfers Twan (Hal Yamanouchi) und des guten Magiers Rudak (Massimo Pittarello) kann Sangraal Nantuk und Rani endlich den Garaus machen.

Eines jener wunderbaren, in Windeseile runtergekurbelten Barbaren-Plagiate, die mir meine Kindheit so versüßt haben und an denen sich mancher Regisseur, der im italienischen B-Film Rang und Namen bekleidete, einmal versuchen durfte. Jeder einzelne dieser Filme ist ein leuchtendes Beispiel für die wahrhaft unglaubliche Tolldreistigkeit, mit der die Italiener erfolgreiche Vorbilder abzukupfern und mit Wald- und Wiesen-Mitteln nachzustellen versuchten; sich auszeichnend durch billigste Produktionsmittel, miesesten Stil und haarsträubende Scripts, jene teilweise unter fast schon vorsätzlich scheinender Entbehrung jedweder Räson erstellt. Die ersten mediterranen Nachzügler von "Conan The Barbarian" wurden teils so schnell aus den Rockfalten geklopft, dass sie noch vor dem eigentlichen "Original" in den Kinos liefen, um so zumindest ein paar Flöhe abstauben zu können. Für den Nebendarsteller Pietro Torrisi, ein darstellerisches Nulltalent, das zumindest mit einem beeindruckenden Körperbau gesegnet ist, läutete sich durch diese kurze Welle immerhin ein kleiner, zweiter Frühling ein: Nach diversen Statistenrollen u.a. bei Bud Spencer bekam er hier unter dem wohlklingenden Pseudonym 'Peter McCoy' gleich drei Hauptrollen in "Sword-&-Sorcery"-Stoffen (übrigens samt und sonders im Gespann mit dem wohlbeleibten, wenn auch nicht sonderlich üppigen Sternchen Sabrina Siani), bevor er wieder in die Niederungen der bit parts zurückkehrte.
Mit "Sangraal, La Spada Di Fuoco" jedenfalls bekam sogleich der läufige Wahnsinn Stelzen verpasst. Ein absolut beängstigend konsequentes Nichts von Geschichte, deren dramaturgische Wendigkeit offenbar die Wetterlage der zwei bis drei Außendrehtage vorgab, führt Pietro Torrisi durch die schöne Naturwelt der sommerlichen Abruzzen (so vermute ich mal), im Kampf gegen Fischzombies (deren Verkleidung aus Handschuhen und Putzlappen auf dem Kopf besteht), gegen Affenmenschen (deren Verkleidung aus Dreck besteht), gegen ein Spinnenmonster, das dann doch nicht auftaucht und gegen die Siani als böse Unterweltszauberin mit unerklärlicher inhaltlicher Funktion. Dazwischen immer wieder brillante Dialoge: "Wir haben ein altes Sprichwort: Dreh' dich lieber fünfmal um, bevor du einmal ein Messer im Rücken hast." Mario Novellis Zeilen enden derweil stets mit 'Quälen' und 'Foltern': "Sangraal, ich werde dich zu Tode foltern."/"Sie sollen ihn töten, aber vorher noch quälen!"/"Bindet sie an den Pfahl und foltert sie!"/"Bevor ich dich verbrenne, wirst du alle Qualen der Hölle erleiden!" Na, wenn das mal nichts ist. Mit einem Wort: Ansehen!

5/10

Rache Michele Massimo Tarantini Europloitation Trash Barbaren


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GREEN LANTERN (Martin Campbell/USA 2011)


"I go looking for trouble."

Green Lantern ~ USA 2011
Directed By: Martin Campbell

Der risikofreudige Testpilot Hal Jordan (Ryan Reynolds) erhält von dem sterbenden Alien Abin Sur (Temuera Morrison) einen grünen Ring mitsamt einer Energiebatterie. Diese machen Jordan zu einem Mitglied des "Green Lantern Corps", einer Art intergalaktischer Polizeigarde, passenderweise in leuchtendem Grün gekleidet. Das Corps wird geleitet von der uralten Rasse der 'Wächter', wobei deren größter Feind, das gigantische Angstwesen Parallax, ihrer eigenen Unvorsichtigkeit zuzuschreiben ist. Während Jordan noch mit seiner neuen Stellung hadert und Parallax geradewegs auf die Erde zusteuert, gehen in einem von Jordans alten Bekannten, dem Wissenschaftler Hector Hammond (Peter Sarsgaard), seltsame Veränderungen vor sich...

In Anbetracht der dünnen Ausgangslage verkörpert Campbells "Green Lantern" vermutlich noch das bestmögliche Ergebnis: Die aus dem Silver Age stammende Comicvorlage von John Broome und Gil Kane ist noch eine typisch juvenile Heldengeschichte, deren Protagonist ein wahrer Unsympath ist und damit sozusagen offen für eine charakterliche Entwicklung, die bislang 52 Jahre andauert und noch längst nicht abgeschlossen ist. Der Hal Jordan der frühen Geschichten war ein ebenso mutiger wie kurzsichtiger, zudem recht arroganter und nicht sonderlich intelligenter Arsch, dem es ums Verrecken nicht gelingen mochte, seine große Liebe Carol Ferris zu becircen, dessen blinde Systemtreue sich später durch Einsätze für die Regierung im Vietnamkrieg zeigte, etc., eben ein veritabler Bulle. Erst seine Freundschaft mit dem Anarcho-Helden Oliver "Green Arrow" Queen sorgte für eine nachhaltige Wende, der später noch eine zwischenzeitliche Besessenheit (durch das im Film recht kurzbündig abgekanzelte Monster Parallax), nicht weniger als drei irdische Nachfolger, sowie Tod und Wiedergeburt als Halbgott (The Spectre) nachfolgten, bis Jordan erst seit Kurzem (2005), gereift und weise durch seine umfassenden Erfahrungen, wieder in altem Rang und Namen steht. Die Comic-Inkarnation zählt mittlerweile zu den vielschichtigsten und interessantesten im DC-Universum. Der Film hat nun die undankbare Aufgabe, alles wieder auf Null zu drehen, ein halbes Centennium Kerbholz zu ignorieren und jenen postpubertären "Grünling" zu präsentieren, den man eigentlich froh war, ad acta gelegt haben zu können. Nun versuchte man, möglichst viel an Stoff in diese knapp zwei Stunden Film zu verfrachten, verbrät "mal eben so" epochale Charaktere wie die fanatische Regierungsagentin Amanda Waller (Angela Bassett) oder eben den durchgedrehten Wasserkopf Hector Hammond. Davon, dass Jordan seine große Nemesis Parallax praktisch mit links besiegt, und das erst nach ein paar Tagen in seiner Uniform, gar nicht zu reden. Im Prinzip tritt "Green Lantern" die Bemühungen der Konkurrenz von Marvel, die Komplexität ihres Print-Universums kleinschrittig auf die Leinwand zu übertragen, mit breiten Kilowog-Füßen. Das ist gut für den unbedarften Zuschauer, als Comicleser in Erwartung eines adäquat umgesetzten Leinwandabenteuers wähnt man sich um zwanzig Jahre zurückkatapultiert - das ewige Problem aller DC-Adaptionen (die große Ausnahme "Watchmen" natürlich stets außen vor)
Die Stärken des Films, denn auch solche gibt es, liegen, man mag es sich bereits denken, in seiner visuellen Breite, der Gestaltung des Wächter-Planeten Oa, der kunterbunten, vornehmlich lila-grünen (Maestro Bava lässt grüßen) All-Nebel und -Dämpfe, dem Monster Parallax. Peter Sarsgaard als Hector Hammond bietet trotz etwas lächerlicher Maske im letzten Drittel die mit weitem Abstand größte darstellerische Profilleistung des Films, (speziell) die (physische) Konturierung von Jordans späterem Intimfeind Sinestro (Mark Strong) darf als echtes Geschenk an die Fans gewertet werden. Bezüglich Ryan Reynolds, der besser Unterwäsche-Model als Schauspieler geworden wäre und der seinen unwillkürlich tumben Gesichtsausdruck nie ganz verbergen kann, mag man einerseits geneigt sein, den Mantel des Schweigens zu breiten - darf aber andererseits nicht vergessen, dass er als Inkarnation des (jungen) Hal Jordan praktisch wie gespuckt ist.
Und weil ich mich sowieso stets freue, meine Kindheitshelden in teurer live action zu sehen, muss ich wohl auch diesem Werk eine - wenn auch nur leicht - überdurchschnittliche Qualität attestieren. Auf diesbezügliche Streitigkeiten jedweder Art lasse ich mich aber lieber nicht ein...

6/10

Superhelden Aliens Comic Martin Campbell DC Comics Stuart Baird





Filmtagebuch von...

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