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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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WOLF (Mike Nichols/USA 1994)


"What are you, the last civilized man?"

Wolf ~ USA 1994
Directed By: Mike Nichols

Während einer Firmenreise durch das verschneite, nächtliche Vermont wird der New Yorker Verlagsdirektor Will Randall (Jack Nicholson) von einem Wolf gebissen. Schon bald verbessert sich sein körperliches Befinden, verstärken sich seine Sinne, mobilisiert sich sein kompletter Charakter. Und Will steigt hinter die Kompromisslosigkeit seiner Mitmenschen. Einzig Laura Alden (Michelle Pfeiffer), die Tochter seines Chefs (Christopher Plummer), erweckt noch Gefühle in ihm. Als im Central Park jeweils am Morgen die ersten Leichen gefunden werden, beginnt Will sich aber doch Sorgen zu machen.

In seinem, von ein paar unpassenden Zeitlupeneffekten abgesehen, schönsten und intelligentesten Film seit "Carnal Knowledge" treibt Mike Nichols den in "Regarding Henry" eingeschlagen Weg der Mannsbild-Vivisektion zur Blüte. Es bedarf nämlich, so die These von "Wolf", einer Rückkehr zu den animalischen Urinstinkten, um als Vertreter jenes Geschlechts in den Neunzigern zu elementarer Authentizität zurückkehren zu können. Will Randall ist ein alter, müder und verweichlichter Typ Ende 50, den es kaum tangiert, dass sein schmieriger Arbeitskollege und selbsternannter Freund Stewart Swinton (brillant: James Spader) ihm nicht nur den Job wegnimmt, sondern ihn auch noch mit seiner Frau betrügt. Oder zumindest will er davon nichts wissen. Oder er ist schlicht zu phlegmatisch zur Bewältigung solcherlei Existenzkrisen. Will Randall hat aufgehört zu leben ohne tot zu sein. Erst jener mehr oder minder verhängnisvolle Wolfsbiss auf der nächtlichen Landstraße in New England bringt seine Lebensgeister zurück - um den Preis inflationär gesteigerter Haardichte zwar, aber deshalb keinesfalls unerfreulich. Mit dem verbesserten Ich-Gefühl einhergehend kommt auch seine berufliche Motivation zurück und seine sexuelle Virilität. Motivationstraining per Wolfsbiss; Raubtiereiweiss anstelle von Speed. Am Ende bleibt zwar nurmehr die Entscheidung zwischen einer vollkommenen Existenz als Mann oder Tier; diese beantwortet sich durch eine moralische Einladung jedoch von selbst. Außerdem wird Will sein künftiges, wölfisches Leben nicht allein führen müssen.

8/10

Mike Nichols New York Werwolf Duell Parabel


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LORD OF ILLUSIONS (Clive Barker/USA 1995)


"What about death?" - "It's an illusion."

Lord Of Illusions ~ USA 1995
Directed By: Clive Barker

Der New Yorker Privatdetektiv Harry D'Amour (Scott Bakula), der in seiner Praxis bereits eingehende Erfahrungen mit dem Übernatürlichen fesammelt hat, kommt nach L.A., um einen Fall von Veruntreuung aufzuklären. Bald schon gerät er jedoch an Dorothea (Famke Janssen), die Ehegattin des berühmten Illusionisten Philip Swann (Kevin J. O'Connor), die um Personenschutz für ihren Mann ersucht. Bei seiner abendlichen Vorstellung kommt Swann schließlich wegen einer Fehlplanung ums Leben. D'Amour untersucht die Umstände seines Todes und taucht ein in die seltsame Welt der Illusionisten und Magier, die oft selbst kaum gewahr ist, was Schein ist und was Sein. Zudem reformiert sich im Hintergrund eine radikale Sekte, die die Wiederankunft des "Puritaners" Nix (Daniel von Bargen), mit dessen gewaltsamem Tod vor dreizehn Jahren auch Swann und Dorothea in Zusammenhang stehen.

Nach seiner Kurzgeschichte "The Last Illusion", die zugleich so etwas wie den Abschluss seiner sechs "Books Of Blood" markiert, schrieb und inszenierte Clive Barker Mitte der Neunziger diesen Film um echte und vorgetäuschte Magie. Für die weit weniger schlüssig als die Originalstory arrangierte Adaption übernahm Barker lediglich die Namen und Charaktere von fünf Hauptfiguren (D'Amour, die Swanns, der undurchsichtige Valentin und der noch undurchsichtigere Butterfield sind bereits aus der Vorlage bekannt) und nutzte sie für ein wesentlich komplexeres Handlungsgeflecht: Die Figur Philip Swanns splittet sich im Film auf in den gleichnamigen Protagonisten und den unsterblichen Nix, der eine lose, aber umso treuere Glaubensgemeinschaft von Fanatikern um sich scharen kann. Dorothea Swanns Biographie und auch ihr Verhältnis zu ihrem Mann fällt nun deutlich konturiger aus, dazu kommt die Liebesgeschichte zwischen ihr und D'Amour und der veränderte Handlungsschauplatz Kalifornien. Leider entfällt dafür der "infernalische" Aspekt von "The Last Illusion", in dem sich zahlreiche, Cenobiten-ähnliche Dämonen tummeln, die Swann und dem Schnüffler ans Leder wollen. Andererseits stützt sich Barker in der Filmfassung auf überdeutliche, gewinnende Noir-Elemente, die "Lord Of Illusions" eine besondere stilistische Vielfalt angedeihen lassen. Ferner hatte Barker hier - anders als noch bei "Nightbreed" - nicht mit störenden Repressalien seitens der Produktion zu kämpfen, was man dem nicht sonderlich eingängigen, aber dennoch homogenen Resultat anmerkt.

8/10

Clive Barker Los Angeles neo noir Magie Hölle Sekte


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THE AVENGERS (Joss Whedon/USA 2012)


"Gentlemen, you're up!"

The Avengers ~ USA 2012
Directed By: Joss Whedon

Der abtrünnige Ase Loki (Tom Hiddleston) schließt eine Alllianz mit dem außerirdischen Volk der Chitauri um die Erde zu unterjochen. S.H.I.E.L.D.-Kopf Nick Fury (Samuel L. Jackson) ruft daraufhin seine bereits beigelegte "Avengers-Initiative" zurück ins Leben: Die größten Superhelden der Welt sollen sich zusammenschließen, um der interstellaren Gefahr zu begegnen. Nachdem die Grundkonstellation bestehend aus Tony Stark/Iron-Man (Robert Downey Jr.), Steve Rogers/Captain America (Chris Evans), Natasha Romanov/Black Widow (Scarlett Johansson) und Bruce Banner/Hulk (Mark Ruffalo) beieinander ist, stoßen später auch noch Lokis Stiefbruder und Donnergott Thor (Chris Hemsworth) sowie der zwischenzeitlich unter Lokis Einfluss stehende Clint Barton/Hawkeye (Jeremy Renner) hinzu. Nach einigen, den individuellen Dickköpfen geschuldeten Zwistigkeiten rafft man sich dann auch zusammen. Zwar kann der Gott der Lügen zunächst festgesetzt werden, später gelingt ihm jedoch der Ausbruch. Mithilfe des Tesserakts, den Loki von S.H.I.E.L.D. stiehlt, startet er inmitten von Manhattan die Invasion der Chitauri. Nun heißt es endlich: "Avengers assemble!"

Hätte man mir als Sechsjährigem gesagt, dass meine heißgeliebten "Rächer" irgendwann in Form eines solchen Spektakels im Kino zu sehen sein würden und mir vielleicht mittels einer magischen Kristallkugel noch einen Trailer des entsprechenden Films vorgeführt, ich hätte mein ganzes Leben auf diesen einen Tag hingefiebert. Damit nicht genug hatte ich gestern meine persönliche 3D-Premiere. Zu meinem höchsten Glück fehlte mir nurmehr ein permanenter Biernachschub, den ich mir verkniff, um die rechts von mir sitzenden Menschen nicht mit andauernden Gängen zu Verkaufstheke und Pissoir zu nerven. Man ist Mensch. Aber gut - so habe ich bei all der Aufregung wenigstens keine Sekunde dieses für mich ergo bereits biographisch betrachtet kostbaren Ereignisses versäumt. Um die 3D-Geschichte kurz zu halten und schnell zum Wesentlichen zu kommen: Ich hätte und werde auch in Zukunft sehr gut auf dieses Event-Gimmick verzichten können. Zwar bringt diese Brille-über-Brille-Geschichte ein paar nette affektive Begleiterscheinungen mit sich, die gewohnte, kernorientierte Perspektive jedoch wurde mir dadurch allzu sehr verwässert, so dass ich mich schon jetzt die Hände bezüglich des zweidimensionalen Wiedersehens in den heimischen vier Wänden reibe.
Was Joss Whedon nun in knapp zweieinhalb großzügig gefassten Stunden auf der Leinwand abfackelt, ist tatsächlich die Erfüllung generationsgeballter feuchter Jungs-Träume. Nach den diversen Solo-Abenteuern der bewussten Marvel-Helden, die ihre Sache allesamt in Ordnung bis gut machten, die jedoch zumindest sekundär in gewisser Weise und mit einer marketingtechnisch bis dato nie dagewesenen Cleverness zugleich zielgenau auf dieses Großereignis hinsteuerten, können die stolzesten, "ruhmreichsten" und vor allem mächtigsten Helden des Marvel-Universums nun endlich ihre Fusion feiern. Dabei werden lose Handlungsfäden und bisherige MacGuffins zu einem erstaunlich homogenen Ganzen verschmolzen und man zollt darüberhinaus jedem einzelnen Charakter, jeder singulären Figur sich hinreichend entfaltenden Tribut: Der bisher praktisch ausschließlich in Cameos zu begutachtende Nick Fury etwa kann nun endlich selbst in Aktion treten, die interessante Figur der Black Widow, neben Elektra Marvels größte Profikillerin, bekommt nach ihrem eher falben, ihr überhaupt nicht gerecht werdenden Auftritt in "Iron-Man 2" endlich Farbe und selbst Clint Barton, der bereits in "Thor" in starker Abweichung von der Vorlage als S.H.I.E.L.D.-Agent präsentiert wurde, darf nun Pfeile verschießen, dass es eine wahre Lust ist. Das Dialogscript gänzt mit einer geschliffenen Sprache, die in ihrer Mischung aus Verve und Fanboy-Orientierung pointiert ist wie kein anderes Blockbuster-Buch, dessen ich in den letzten Jahren gewahr wurde (wobei ich davon zugegebenermaßen auch immer weniger begutachte). Herrliche, veredelnde Cameos gibt es zu bewundern (von Jerzy Skolimowski beispielsweise; Harry Dean Stanton hat ein besonders witziges und der obligatorische Stan Lee konstatiert: "Superhelden in New York? Nun hören sie aber auf!"). Schließlich sind die bombastischen Effekte durchweg prachtvoll anzuschauen, und von wahrhaft atemberaubender Reife und Perfektion, ohne sich jemals der Filmseele überzuordnen. Mit Alan Silvestri hat man einen langedienten Komponisten bemüht, der für diese Art Kinoabenteuer wohl noch immer einen der Besten seiner Zunft abgeben dürfte.
In Zusammenfassung: Es gibt nichts, was an diesem durch die Bank stimmigem, sich selbst und seinen mannigfaltigen Wurzeln durchweg höchste Ehre machendem Super-Film nicht ineinander greift. Dass sich ganz am Ende, während des von einem neuen Soundgarden-Stücks flankierten Abspanns, noch der auf meinem Benutzerbild oben rechts zu bewundernde Herr Thanos die Ehre gibt und auf kommende Attraktionen hinweist, war da nurmehr ein postfinaler, letzter petite mort neben all den vorhergehenden.

10/10

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UNDERWORLD (George Pavlou/UK 1985)


"Here's to your new friends."

Underworld ~ UK 1985
Directed By: George Pavlou

Unterweltboss Motherskille (Steven Berkoff) heuert den harten Schnüffler Roy Bain (Larry Lamb) an, um die unter höchst merkwürdigen Umständen entführte Edelhure Nicole (Nicola Cowper) wiederzufinden, mit der Bain einst selbst ein Verhältnis hatte. Über den geheimnisvollen Dr. Savary (Denholm Elliott) macht Bain schließlich eine Gruppe im Untergrund lebender Mutanten ausfindig, die, ebenso wie Nicole, allesamt nach einer von Savary kreierten Droge namens "White Man" süchtig sind. White Man verschafft seinen Opfern wundervolle Visionen, ruft jedoch körperliche Missbildungen und kompromisslose Abhängigkeit hervor. Bei Nicole jedoch scheint White Man anders zu wirken, konserviert es doch ihre äußere Jugend. Damit wird sie zu einem besonders begehrten Objekt für alle Beteiligten.

Ganz nette Vorstudie zu Barkers später von ihm selbst inszenierten "Nightbreed", die auf einer reinen Scriptidee des Meisterautors basiert. Der typisch barkersche Figurenkosmos, bevölkert von Nachtkreaturen, Schattenwesen und geheimnisvoll-introvertierten Individuen, findet sich hier bereits in vollster Ausprägung. Zusätzliche Einflüsse gehen ganz offensichtlich zurück auf Walter Hills "Streets Of Fire", der ja eine ganz ähnliche, hyperreale Storyprämisse verfolgt. Dass die Geschichte von "Underworld", der in den Staaten unter dem deutlich unpassenderen Titel "Transmutations" lief, zudem eine lokale und zeitliche Entrückung geradezu forciert, passt wiederum zu Barker, der sich für seine Berichte ja gern in zwischenweltlichen Sphären und Spiegelwelten niederlässt. Auch hier haben es ihm die Ausgestoßenen angetan, die, von der Gesellschaft aufgrund deren Perfektionsstreben geächtet, eine subterrane Parakultur gegründet haben. Wobei in "Underworld" anders als in "Nightbreed" zudem Drogen eine elementare Rolle spielen: Die Freaks sind hier keine genotypisch determinierten Monster, sondern Opfer von bizarren pharmakologischen Experimenten.
Etwas ausgewogener als kurz darauf in "Rawhead Rex" wirkt auf mich zudem die Regie George Pavlous, der zudem auf einen ganz vorzüglich arbeitenden Beleuchter zurückgreifen konnte.

6/10

George Pavlou Clive Barker Mutanten Drogen Independent neo noir Empire


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RAWHEAD REX (George Pavlou/UK, IE 1986)


"He was here before Christ, before civilisation. He was king here!"

Rawhead Rex ~ UK/IE 1986
Directed By: George Pavlou

Just während der US-Alterumsforscher Hallenbeck (David Dukes) mit seiner Familie im Schlepptau in einem irischen Provinznest nach religiösen Kultstätten aus grauer Vorzeit ausschaut und den Ahnenwurzeln seiner Frau (Kelly Piper) nachspürt, befreit ein ahnungsloser Farmer den einst auf seinem Feld bestatteten, archaischen Dämonen Rawhead (Heinrich von Schellendorf). Das Monster geht umgehend zu Werke und tötet nahezu jeden Menschen, dessen er habhaft werden kann. Als die verschlafenen Polizisten auf Rawheads Auftauchen reagieren, ist es längst zu spät, zumal sich der Koloss nicht mit herkömmlichen Waffen aufhalten lässt. In einem Kirchenaltar verborgen findet Hallenbeck jedoch eine frühmenschliche Fruchtbarkeitsskulptur...

Immerhin unter selbstverfasstem Script von Clive Barker entstandene Mär von dessen eigener, imposanter Kurzgeschichte, deren extrem blutig-groteske Effektivität der Film jedoch durch seine recht billige Erscheinung kaum beibehalten kann. An der Maske des Monsters, die auf Standbildern und Film-Caps eigentlich recht wirkungsvoll erscheint, ist vieles okay; ein noch beweglicheres Äußeres, speziell, was das Gesicht der Kreatur anbelangt, hätte jedoch manches für die von Rawhead verbreitete Schrecken tun mögen. Ansonsten modifizierte der mit dem fertigen Film wohl alles andere als zufriedene Barker ein paar Details für die Kinofassung seiner Story. Aus dem Dörfchen Zeal in Kent wurde nun eine Ortschaft in Ost-Irland und aus der Londoner Familie Milton, die sich auf den Lande häuslich niederzulassen plant, die amerikanische Touristenfamilie Hallenbeck auf Reisen. Rawhead macht sich bei
Pavlou deutlich zahmer an sein blutiges Werk als in der Vorlage, in der seine Lieblingsspeise aus möglichst kleinen Kindern besteht und er seine Opfer übelst massakriert, bevor er sie teilverspeist. Andererseits wundert es mich immer wieder aufs Neue, dass die legendäre Szene, in der Rawhead dem bigotten Küster (Ronan Wilmot) eine Urindusche verpasst, den Film schmücken darf.

6/10

George Pavlou Clive Barker Independent Irland Trash Monster Splatter Empire


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SWORD OF THE VALIANT: THE LEGEND OF SIR GAWAIN AND THE GREEN KNIGHT (Stephen Weeks/UK 1984)


"Does your mother know you do this?"

Sword Of The Valiant: The Legend Of Sir Gawain And The Green Knight (Camelot - Der Fluch des Goldenen Schwertes) ~ UK 1984
Directed By: Stephen Weeks

Als ein geheimnisvoller Grüner Ritter (Sean Connery) am Hofe des Königs (Trevor Howard) erscheint und ein tapferen Ritter auffordert, ein eigenartiges Spiel mit ihm zu spielen, meldet sich als einziger der Knappe Gawain (Miles O'Keeffe). Für seine Tapferkeit prompt zum Ritter geschlagen, enthauptet Gawain den Fremden mit dessen eigener Streitaxt und auf dessen ausdrücklichen Wunsch hin. Dieser setzt sich unvermittels seinen Kopf wieder auf und hinterlässt Gawain ein Rätsel, für dessen Lösung der frischgebackene Edelmann ein Jahr Zeit erhält. Nach dessen Verstreichen träfe man sich wieder und es obliege dem Grünen Ritter, Gawains Kopf zu nehmen. Zusammen mit seinem Knappen Humphrey (Leigh Lawson) macht sich Gawain auf, eine Reise in die Magie zu unternehmen, an dessen Ende sein Schicksal wartet.

"Sword Of The Valiant" ist bereits die zweite Adaption des originär mediävistischen Poems um die seltsame Reise des Ritters Gawain durch den englischen Regisseur Stephen Weeks. Während die Vorlage einen engen inhaltlichen Bezug zur Artussage aufweist - Gawain war einer der Ritter der Tafelrunde - verzichten die Verfilmungen auf solche Parallelen, möglicherweise, weil der nicht weiter nominell ausformulierte König jeweils nur eine höchst untergeordnete Rolle spielt und auch sein übriger Hofstaat von keinerlei narrativer Bedeutung ist. Produziert von der Cannon als Versuch, vom Erfolg der damals populären Fantasywelle zu partizipieren sowie als eine weitere Anstrengung, die Karriere des ewigen B- und C-Akteurs Miles O'Keeffe zu pushen, ist "Sword Of The Valiant" jedoch viel zu verschroben und unspektakulär, um mit der zum Teil deutlich spektakuläreren Konkurrenz Schritt halten zu können. Dennoch mochte ich persönlich den Film immer ganz gern, wenngleich diese Sympathie dem Zahn der Zeit nur mit Mühe trotzen kann. Eine erlesene Nebendarstellerriege sowie schöne set pieces und Kostüme fährt die Produktion auf und täuscht über manche inszenatorische Schlamperei hinweg. O'Keeffe hat zwischendurch offenbar nochmal Schauspielunterricht genommen, seine Darstellung als Sir Gawain wirkt jedenfalls deutlich versierter als frühere mimische Holzschnitte. Dafür muss er eine unmögliche blonde Perücke tragen, die eigentlich nur als dummer Scherz oder verlorene Wette durchgeht. Jedenfalls erklärt sich so die spätere Affinität für Gawains Mündel Eisenherz. Der hat nämlich eine ähnlich bescheuerte Frisur.

5/10

Stephen Weeks Mittelalter Magie Artussage Ritter Mission Sword & Sorcery Cannon


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THE LAST DRAGON (MIchael Schultz/USA 1985)


"Kiss my Converse!"

The Last Dragon (Der Tanz des Drachen) ~ USA 1985
Directed By: Michael Schultz

Der in seinen eigenen Sphären schwebende, jugendliche Kung-Fu-Kämpfer Leroy Green (Taimak) gerät an den verrückten Manager-Gangster Eddie Arkadian (Christopher Murney) und an Sho'nuff (Julius Carry) den selbsternannten "Shogun von Harlem". Während Arkadian der berühmten Videoclip-Präsentöse Laura Charles (Vanity) nachstellt, um seine eigenen Clips bei ihr promoten zu können, will Sho'nuff Leroy permanent zum Duell herausfordern, um ihm zu seigen, wer denn hier der größte Mack vor Ort ist. Am Ende schlägt der wackere Junge alle(s) mit einer Klappe.

Eines dieser prachtvollen Achtziger-Traumlogik-Relikte der Kategorie "Muss man erstmal gesehen haben, um es glauben zu können". Oszillierend zwischen Martial Arts, Tanz- und Popfilm, Kinder- und Märchenfantasy, black zeitgeist und MTV, ist "The Last Dragon" eine unwirkliche Verquirlung populärer Vorbilder, von "Saturday Night Fever" über "Streets Of Fire" und "Purple Rain" bis hin zu "Karate Kid". Dass diese eigenwillige Mixtur ihren eigenen Spaßcharakter entwickelt und zur naiven Hochkunst gerät, verwundert angesichts solcher Vergleiche kaum mehr. Alles ist hier bonbonfarbener Pop, und zugleich less than keimfreier halbgarer Achtiger R'n'B, wie ihn die mittlerweile völlig korrumpierte Motown nach den großen Sechzigern und Siebzigern, den Zeiten von Genies wie Marvin Gaye und Stevie Wonder, auszukotzen pflegte. Abgesehen von Rap wurde die schwarze Musik orientierungslos, Gaye war erschossen worden, Wonder brachte beliebigen Synthiezucker, Michael Jackson war schon damals weißer als gekochte Abtrocknentücher und Prince blieb wohlweislich für sich. Angesichts solcher ethnischer Orientierungslosigkeiten brauchte es neue Sphären, die man im schon zehn Jahre zuvor bemühten Eastern-Sektor suchte und fand und für die man frische Gesichter wie das des später kaum mehr bemühten Strahlemanns Taimak benutzte. Michael Schultz, der schon immer Pfade zwischen weißer Massen- und schwarzer Nischenkultur zu beschreiten suchte, war der richtige Mann dafür. Und Bruce Lee der richtige Mentor - wenn er mal nicht, wie vermutlich bald darauf auch angesichts des unweit gelagerten "No Retreat, No Surrender", in seinem Seattler Grabe rotiert ist. Knallah, anyway.

8/10

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HOW TO GET AHEAD IN ADVERTISING (Bruce Robinson/UK 1989)


"The world is one magnificent fucking shop."

How To Get Ahead In Advertising (Kopf an Kopf) ~ UK 1989
Directed By: Bruce Robinson

Der in einem genialischen Ruf stehende Londoner Werbe-Crack Denis Bagley (Richard E. Grant), bestückt mit einem großzügigen Gehalt und einer schönen Frau (Rachel Ward), ist mit sich und seinem zynischen Leben zufrieden. Bis ihn eine geplante Kampagne bezüglich einer neuen Anti-Pickel-Creme in eine tiefe Schaffens- und Lebenskrise stürzt. Nach einigen absonderlichen Verhaltensausbrüchen wächst Denis, der sich vornimmt, die egomanische Werbebranche hinter sich zu lassen und stattdessen etwas für die globale Entspannung zu tun, auf der rechten Schulter ein Pickel. Nach einigen Tagen fängt dieser an zu sprechen, entwickelt ein Gesicht nebst Schnurrbart, wird immer größer und dabei Denis' Antlitz immer ähnlicher. Schließlich entwickelt sich die Wucherung zu einem zweiten, von intriganten Gedanken beseelten Kopf, der die Rolle mit Denis' ursprünglichem Haupt tauscht und selbiges an seiner Statt entfernen lässt, um dann den Part des früheren Denis zu übernehmen.

Robinsons zweite bizarre Komödie unterstreicht den bereits mit "Withnail & I" von ihm geprägten Eindruck des grenzverrückten Filmkünstlers mit Botschaft. "How To Get Ahead In Advertising" zu kategorisieren erweist sich als praktisch unmöglich; er karikiert gleichermaßen das sich bereits der Dämmerung hingebende Yuppie-Zeitalter der Achtziger, liefert eine kluge Analyse des eine immer unerlässlichere ökonomische Rolle einnehmenden Werbewesens und ist eine freche Horrorkomödie und Jekyll/Hyde-Variation, deren eigenartige Ästhetik vielleicht ein wenig beeinflusst ist von Henenlotters "Basket Case", in dem es im Prinzip ja auch um ein böses Eigenleben entwickelnde Geschwüre geht. "How To Get Ahead" mit seinem wunderbar zweideutigen Titel erklärt uns den Großverdiener seiner Ära als zwangsläufig korruptes Monster, macht mit seiner irrwitzigen Symbolik deutlich, dass jedes Gewissen und jeder Rest Menschlichkeit gnadenlos ausgelöscht werden müssen, wenn man in der Hochfinanz überleben will und kann sich dabei auf einen förmlich berserkernden Richard E. Grant verlassen, der es bewundernswerterweise - wenngleich man darüber wenig verwundert ist - bis heute geschafft hat, ausschließlich in Rollen aufzutreten, denen er selbst etwas abgewinnen kann. Wahnsinnstyp. Der Schlussmonolog gehört mit zum Großartigsten, was gesellschaftskritische Drehbuchkultur in den achtziger Jahren aufzubieten wusste.

8/10

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THE LAND UNKNOWN (Virgil W. Vogel/USA 1957)


"Hold onto your parkas!"

The Land Unknown (Der Flug zur Hölle) ~ USA 1957
Directed By: Virgil W. Vogel

Eine Südpol-Expedition endet für den Militärwissenschaftler Hal Roberts (Jock Mahoney), die beiden Piloten Carmen William Reynolds) und Miller (Phil Harvey) sowie die Reporterin Maggie (Shirley Patterson) tief unter der Erde: Hier haben sich Flora und Fauna seit Jahrmillionen nicht verändert und es existieren in tropischer Schwüle noch urzeitliche Pflanzen und Saurier. Ferner stoßen sie auf den unfreiwillig eremitierten Dr. Hunter (Henry Brandon), den die lange Zeit der Abgeschiedenheit sehr absonderlich hat werden lassen.

Immerhin von der Universal produziert, dürfte "The Land Unknown" dennoch eher als Abschreibungsobjekt gegolten haben: Als SciFi-Film wirkt Vogels dritte und letzte Arbeit fürs Kino jedenfalls sehr possierlich und ohne den genreimmanenten Schrecken, den etwa Jack Arnolds unter ähnlichen Produktionsbedingungen entstandene Werke evozieren konnten. Von einigen netten Miniaturtricks abgesehen, sind die F/X eher einfallslos; besonders der Tyrannosaurier sieht mit seiner eher als debiles Grinsen denn als Zähnefletschen identifizierbarer Miene selten dämlich aus. So ist der ganze Spuk auch schon nach kurzen eineinviertel Stunden wieder vorbei und dürfte sich mutmaßlich auch nicht allzu tief ins Gedächtnis des Zuschauers eingraben.

5/10

Virgil W. Vogel Antarktis Expedition Dinosaurier Monster Trash


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SUPER (James Gunn/USA 2010)


"Maybe you have to be bored sometimes."

SUPER ~ USA 2010
Directed By: James Gunn

Der gottesfürchtige Hamburgerbrater Frank D'Arbo (Rainn Wilson) entschließt sich eines Tages, als Superheld 'Crimson Bolt' auf Verbrecherjagd zu gehen, primär, um seine von dem Drogengangster Jacques (Kevin Bacon) abgeschleppte und abhängig gemachte Frau Sarah (Liv Tyler) zurückzuerobern. Die durchgeknallte Comicverkäuferin Libby (Ellen Page) hilft Frank als sein Sidekick 'Bolty'.

Nu is' aber bitte mal gut. "SUPER" wäre dann jetzt binnen kürzerer Zeit nach "Defendor" und "Kick-Ass" die dritte (und die zweite vorlagenlose) Filmstory, in der irgendein Simplicissimus und/oder Verlierertyp seinen Brass auf die Welt mit dem Tragen eines Kostüms kompensiert und schließlich auf einen veritablen Gangsterclan losgeht, um wahlweise seine Geliebte herauszuboxen und/oder der Gerechtigkeit (bzw. den Zehn Geboten) genüge zu tun. James Gunn neigt dabei allerdings zur sanften Denunziation seines Helden, dessen eher eingegrenzter Intellekt und lebenslange Erfahrungen mit Bullys jeder Art ihn schwer gottesfürchtig und darüber hinaus auch ein bisschen schizo haben werden lassen. Unter anderem haut Frank D'Arbo einem frechen Kinokassenvordrängler (und seiner Freundin) was mit der Rohrzange auf die Nuss. Vigilantismus ist also mit Vorsicht zu genießen, wie wir lernen. Und überhaupt geht "SUPER", und da hätten wir dann auch seine Qualität und Existenzberechtigung, deutlich schärfer mit dem Thema um als seine beiden "Vorgänger". "Defendor" war im Grunde nichts anderes als die rührselige Geschichte eines sich kostümierenden Forrest Gump, "Kick-Ass" fütterte daraufhin genau jene Publikumsschichten mit Zuckerlis, die Millars Comic noch verächtlich machte. Davon nimmt "SUPER" Abstand: Der erweist sich dann auch eher als kleine, ins Absurde überführte Hommage an ältere Themenbeiträge wie "Death Wish", "Taxi Driver" oder "Exterminator": Wir sind zwar irre, haben aber eine blutige Mission zu erfüllen. Also bitte.

7/10

James Gunn Superhelden Splatter Schwarze Komödie Drogen Satire Comic Groteske





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Funxton

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