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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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COBRA WOMAN (Robert Siodmak/USA 1944)


"I have spoken!"

Cobra Woman (Die Schlangenpriesterin) ~ USA 1944
Directed By: Robert Siodmak

Weil ihm kurz vor der Hochzeit seine Braut Tollea (Maria Montez) entführt wird, brechen der Abenteurer Ramu (Jon Hall), sein Schützling Kado (Sabu) und Schimpanse Coco zur "Insel der Kobras" auf - dort soll Tollea die Regentschaft ihrer bösen Zwillingsschwester Naja (Maria Montez) brechen und übernehmen. Ramu und Kado jedoch hauen Tollea heraus, sorgen dafür, dass Naja und ihr schurkischer Kumpan Martok (Edgar Barrier) von ihrer schurkischen Schreckensherrschaft 'entbunden' werden und der drohende, 'feuerspuckende Berg' sich wieder beruhigt.

Na, holladihiti. Das ist mal Camp in Reinkultur, was das Triumvirat Siodmak/Wagner/Brooks hier im Auftrage der damals vor nix fiesen Universal auf die Beine gestellt hat. Ich gebrauche dieses Attribu ja sonst eher verhalten, aber wenn etwas komplett Banane ist, dann "Cobra Woman". Orts- und zeitentrückt, mit jedem Pfiff auf irgendeine Glaubwürdigkeit, muss man sich stets vor Augen halten, dass man hier einem naiven Abenteuerfilm für Kinder aufsitzt, um nicht feist kreischend vom Sofa zu fallen. Jedes noch so abgegriffene Genreklischee wird hier bedient, jedes noch so tumbe dramaturgische Konstrukt aufgetischt. Das bereits aus dem erfolgreichen "Arabian Nights" bekannte Trio Jon Hall, Maria Montez und Sabu fand sich hier neuerlich als winning team im Einsatz, diesmal vor noch exotischerer (nämlich irrealer) Kulisse. Ein braver, weiser Kolonial-Schotte (Moroni Olsen) und ein für lustige Späße verantwortlicher Schimpanse, der sich im Einfädeln von Nähgarn hervortut, fehlen ebensowenig wie eine animatronische Kobra, ein Vulkan und für diese Art von B-Film durchaus schick geratene action settings. Außerdem hat "Cobra Woman" ganz unzweifelhaft Pate gestanden für "Indiana Jones And The Temple Of Doom", der fast schon als inoffizielles Remake angesehen werden muss. Schlager.

7/10

Robert Siodmak George Waggner Richard Brooks Schlangen Camp Trash


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NIGHT OF THE BLOOD BEAST (Bernard L. Kowalski/USA 1958)


"How could I be that naive?"

Night Of The Blood Beast (Das Grauen kam um Mitternacht) ~ USA 1958
Directed By: Bernard L. Kowalski

Der Astronaut Steve Dunlap (John Baer) überlebt den Raketenabsturz nach seinem Heimflug scheinbar nicht, doch seine von seiner Erdmannschaft geborgene Leiche ist bald wieder von neuem Leben erfüllt. Damit nicht genug war Steve nicht allein an Bord des Raumschiffs, auch ein mannsgroßes Alien (Ross Sturlin), das nunmehr geflüchtet ist und sich versteckt, befand sich mit ihm in der Kapsel. Als der Astronom Dr. Wyman (Tyler McVey) auf grauenhafte Weise ermordet wird, ist klar, dass nur der Außerirdische dafür verantwortlich sein kann. Doch Steve will die Kreatur vor seinen Kollegen beschützen, zumal er mit ihr in mentaler Verbindung steht...

(Buchstäblicher) C-Heuler aus der Corman-Factory, das unter allergünstigen, um nicht zu sagen: amateurhaften Bedingungen entstanden ist, um dessen notwendige Effektarbeit man sich kaum geschert hat und dessen Monster, ein papageiengesichtiges Lumpen-Gummi-Tier mit Typ drunter der helle Wahnsinn ist. Dennoch ist es immer wieder erstaunlich, dass selbst solchem Billigschmalz aus Tante Hedwigs Quetschkommode immer noch deutlich spürbar mehr Leib und Seele innewohnen, als vielem von dem großbudgetierten Formelkram, der heute so durch die Imaxe flimmert. Bei aller periodesken Albernheit haben die Leute ihren Film ehedem immerhin ernst genommen und, so schlecht er auch sein mag, an ihn geglaubt. Und das ist wohl fraglos unbedingt mehr wert als 250 nutzlos verpulverte Milliönchen.

5/10

Bernard L. Kowalski Roger Corman Monster Aliens Invasion Raumfahrt Trash


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PUMPKINHEAD (Stan Winston/USA 1988)


"You're a fool, Ed Harley."

Pumpkinhead (Das Halloween Monster) ~ USA 1988
Directed By: Stan Winston

Nachdem eine Gruppe sorgloser Großstadtkids fahrlässig den kleinen Sohn (Matthew Hurley) des verwitweten Gemischtwarenhändlers Ed Harley (Lance Henriksen) überfahren hat, greift dieser in blinder Trauer zu einem unheiligen Weg der Rache: Er lässt eine alte indianische Hexe (Florence Schauffler) einen Dämon beschwören, der sich unverzagt auf den Weg macht, sämtliche Mitglieder der Clique zu töten. Es dauert nicht lange, bis Ed seinen fatalen Irrtum einsieht, doch da ist es schon zu spät: Der mit Ed in körperlicher Verbindung stehende 'Kürbiskopf' kennt keine Gnade.

Eine von Stan Winstons raren Regiearbeiten, ein mit Atmosphäre randvoll gefüllter, kleiner Zaubertopf in blau und beige. Winston legt keinen Wert auf große Gewaltexzesse, sondern lässt sich seine Geschichte mit gemächlichem, gänsehäutigem Grauen entfalten. Die versteckte Welt der Hillbillys abseits der Hauptstraßen und hinein ins Gebirge ist ja stets eine dankbare Steilvorlage für filmisch Absonderliches, so auch hier: In den Bergen gibt es verrlassene Hütten und geheime Friedhöfe, denen man sich besser nicht nähern sollte, insbesondere, wenn Geist und Seele unrein sind. So wird der heimliche Star des Films, ein 2-Meter-80-Monster mit Schwanz und Wasserkopf und, ja, den blutsverwandten Gesichtszügen Henriksens, zum Leben erweckt und auf seine fast durch die Bank unschuldigen Opfer losgelassen. Bemerkenswert humorlos ist das Ganze dann auch geraten, in Zeiten von Killer Klowns und geschwätzigen Slasher-Serials beileibe keine Selbstverständlichkeit.

8/10

Stan Winston Monster Fluch Rache Slasher Südstaaten Dämon


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AMITYVILLE II: THE POSSESSION (Damiano Damiani/USA, I, MEX 1982)


"I do what I want!"

Amityville II: The Possession (Amityville 2 - Der Besessene) ~ USA/I/MEX 1982
Directed By: Damiano Damiani

Die sechsköpfige Familie Montelli zieht in das berüchtigte 'Haus am See' von Amityville ein. Die dort hausenden, bösen Kräfte bemächtigen sich des ältesten Sohnes Sonny (Jack Magner), dessen Verhalten sich in höchst ominösen Bahnen entwickelt. Sonny wird verschwiegen und zieht sich zurück, grinst diabolisch und wehrt sich gegen die Besuche von Vater Adamsky (James Olson). Bald darauf verführt Sonny seine eigene Schwester Patricia (Diane Franklin) und ermordet im Zuge eines nächtlichen Amoklaufs seine ganze Familie. Vater Adamsky, der starke Schuldgefühle wegen dieser Tragödie entwickelt, weiß, dass nicht Sonny, sondern ein ihm inne wohnender, höllischer Dämon für dieses Taten verantwortlich ist und schreitet zur Gegenwehr.

Das "Amityville"-Franchise, wenn man überhaupt von einem solchen sprechen kann, ist das wohl obskurste Horror-Serial der Filmgeschichte. Ebenso langwierig wie ausgefranst dümpelt es seit nunmehr 35 Jahren vor sich her und hat bis dato, das Original inbegriffen, noch keinen wirklich ausgezeichneten Beitrag hervorbringen können. Dennoch entbehren die mir bekannten Filme allesamt nicht eines merkwürdigen Reizes. So auch dieses Erstsequel von Damiani, von dem ich nicht weiß, wie er überhaupt zum Dreh gekommen ist. Vielleicht ist der Zusammenhang bei dem produzierenden Dino De Laurentiis zu suchen, wie Damiani bekanntlich Italiener.
Tommy Lee Wallaces Script gefällt sich in der Darstellung seiner Fiesheiten, Unaussprechlichkeiten und Todsünden. Ein inzestuöses Geschwister-Verhältnis, der tolle, aber verschenkte Burt Young als prügelndes Italo-Malocher-Patriarchen-Arschloch, das allenthalben die Hand gegen Frau und Kinder erhebt, wenn diese nicht parieren. Alles ein bisschen dümmlich und vorgetragen für eherne, nicht allzu intellektuell beflissene Christen, denen "The Exorcist" zu subtil war. Jack Magners Masken sind das Schönste am Film, und wenn sich der Dämon am Ende buchstäblich aus dessen Körper herausschält, dann erhält man eine traurige Ahnung davon, welch hübsche Ideen bezüglich "Amityville II" womögich unrealisiert ins filmische Nirwana abgewandert sein dürften.

6/10

Damiano Damiani Sequel Haus Dämon Tommy Lee Wallace Inzest Exorzismus


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THE ENTITY (Sidney J. Furie/USA 1982)


"Welcome home, cunt."

The Entity ~ USA 1982
Directed By: Sidney J. Furie

Eines Abends wird Carla Moran (Barbara Hershey), junge, alleinerziehende Mutter von drei Kindern, in ihrem Vororthaus vergewaltigt - von einem unsichtbaren Wesen, vermutlich einem Geist oder Dämon. Ihr kurz darauf konsultierter Psychiater Dr. Sneiderman (Ron Silver), der sich zunehmend stark in den ungewöhnlichen Fall einbindet, führt dieses "Erlebnis" auf schwere sexuelle Schuldkomplexe Carlas zurück und diagnostiziert bei ihr Angstzustände und Wahnvorstellungen. Doch das übernatürliche Wesen stellt Carla bald auch außer Haus nach und das furchtbare Vergewaltigungserlebnis wiederholt sich immer und immer wieder, schließlich sogar unter Zeugen, welche das Ungetüm sogar davon abhält, Carla zur Hilfe zu kommen. Schließlich befasst sich, ganz zu Sneidermans Unwillen, der die folgenden Aktionen für bloße Scharlatenerie hält, eine parapsychologische Wissenschaftlergruppe mit dem Phänomen und versucht, den Geist im Zuge eines Feldexperiments zu fangen.

Beeindruckender, kleiner Genreklassiker, der sich auf einen angeblich authentischen Fall beruft und der ganz besonders von seiner minutiösen wissenschaftsaffinen Aufbereitung der ihm zugrunde liegenden Geschichte lebt. Tatsächlich ist man angesichts der persönlichen Schilderungen von Carlas Vergangenheit und Sexualentwicklung geneigt, dem bodenständigen Dr. Sneiderman beizupflichten, der offensichtlich selbst mehr als ein rein professionelles Interesse an seiner Patientin an den Tag legt und sie nicht nur vor sich selbst, sondern auch vor einer von ihm fehlinterpretierten Sensationsgier seiner akademischen Genossen zu retten versucht. Script und Film jedoch stellen sich da ganz eindeutig auf Carlas Seite: Es blitzt, es zischt - zu sehen ist nischt. Abgesehen von fotografisch und filmisch dokumentierten Entladungen aus dem Nichts, mutmaßlichen Geistersilhouetten und unsichtbaren Händen, die in gemeinster Weise Carlas Köper (respektive einen speziell angefertigten Nackt-Dummy) begrapschen.
"The Entity" hätte ein kleines Meisterwerk werden können, hätte man auf jene visualisierten Eindeutigkeiten verzichtet und dem Zuschauer die Entscheidung überlassen, zwischen paranormalen und psychischen Ereignissen wählen zu dürfen. So bleibt bei aller übrigen Sorgfalt der Erzählung stets ein latenter Beigeschmack geflissentlich fehlgeleiteter exploitation. Denn in seiner psychologisch durchaus tragfähigen Schilderung verbauter weiblicher Sexualität und entsprechender Bedürfnisse, gekoppelt mit einer hier und da zum Bizarren tendierenden, heimlichen Erfüllung derselben (als die Entität Carla einmal im Schlaf vergewaltigt, bekommt sie, wie sie später schuldbewusst zugibt, einen Orgasmus) erweist sich "The Entity" als überaus stark. Erschütternd offen zudem das Ende, das eine von den Ereignissen gestärkte Carla Moran zeigt, die sich nach Verzweifung und Depression bis hin zur Todesakzeptanz mit ihrem Los arrangiert, sich selbigem gewissermaßen sogar mit offenen Armen fügt.

8/10

Sidney J. Furie Kalifornien Dämon Spuk Familie Vergewaltigung Psychiatrie Parapsychologie


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DOMINION: PREQUEL TO THE EXORCIST (Paul Schrader/USA 2005)


"I chose good. Evil happened."

Dominion: Prequel To The Exorcist (Dominion: Exorzist - Der Anfang des Bösen) ~ USA 2005
Directed By: Paul Schrader

Nach furchtbaren Kriegserlebnissen arbeitet der vormalige Priestzer Lankester Merrin (Stellan Skarsgård) als Kirchenarchäologe in Afrika. Dort ist er mit der Ausgrabung einer byzantinischen Gotteshauses befasst, um dessen Existenz sich diverse Ungereimtheiten und Geheimnisse scharen. Mit der Ankunft des jungen Missionars Vater Francis (Gabriel Mann) in dem naheliegenden kenianischen Dorf beginnt sich die allgemeine Lage zwischen Eingeborenen und weißen Immigranten zu verschärfen. Die Dörfler glauben, dass Cheche (Billy Crawford), einem ausgestoßenen, verkrüppelten Jungen, das Böse innewohnt. Um die Stabilität vor Ort zu wahren, ruft Vater Francis eine britische Armeeabteilung herbei. Als zwei von deren Männern ermordet in der Kirche aufgefunden werden, macht Major Granville (Julian Wadham) die Eingeborenen für ihren Tod verantwortlich. Die Lage droht zu eskalieren, als Merrin sich zum Kampf gegen den Ursprung der übernatürlichen Ereignisse aufmacht.

Nachdem Renny Harlins überarbeitete Fassung mit harscher Ablehnung und/oder Ignoranz gestraft wurde, durfte Schrader seiner Ursprungsversion doch noch das letzte Finish verabreichen und sie, zumindest in zunächst ausgesuchten Kreisen, der Kinoöffentlichkeit zugänglich machen - ein wohl tatsächlich unikales Vorgehen seitens einer Produktionsgesellschaft. Schraders Film erweist sich denn auch sogleich als in seiner Herangehensweise wesentlich klassizistischer, gesetzter und diskursiver als Harlins Haudrauf-Ummodelung. Im Mittelpunkt steht hier noch ganz klar die Figur des Pater Merrin und ihr Hader mit der Spiritualität. Im Grunde verdankt Merrin es einzig dem dämonischen Verführer, dass er schlussendlich von allem agnostischen Gedankengut und jedweder Glaubensfrustration geheilt ist und vollends zu seinem Glauben zurückfindet: Der "große Verführer" hat allein mit seiner irdischen Manifestation bewiesen, dass es auch ein Yin zu seinem Yang geben muss. Was ist sonst noch anders? Bei Schrader zerfleischen die computergenerierten Hyänen keinen kleinen Jungen, es gibt keinen neuerlichen "himmlischen" Krieg, an dessen Ende ein wildes Gemetzel steht, hierin ist die Ärztin (noch von Clara Bello interpretiert) nur ein kleines bisschen und ganz kurz besessen, die Figur des Cheche soll später bei Harlin komplett wegfallen.
Welcher Film sich beim konfrontativen "Vs." als der bessere, gewichtigere erweist, lässt sich meinerseits kaum beurteilen. Beide besitzen sie ihre Vorzüge, beim einen scheint das Bier süffiger zu schmecken, der andere regt stattdessen zu höherer mentaler Aktivität an - was sich bezüglich der jeweiligen Genussqualität im Grunde gegenseitig nichts nimmt. Bewerten wir also salomonisch:

7/10

Paul Schrader Afrika Kenia Dämon Satan Kirche Prequel Exorzismus


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EXORCIST: THE BEGINNING (Renny Harlin/USA 2004)


"God is not here today, priest!"

Exorcist: The Beginning (Exorzist: Der Anfang) ~ USA 2004
Directed By: Renny Harlin

Nachdem er während des Krieges Schreckliches mit der SS durchmachen musste, hat sich Pater Lankester Merrin (Stellan Skarsgård) von Gott und Kirche abgewendet. In Nordafrika lässt er sich von einem merkwürdigen Auftraggeber (Ben Cross) anwerben, zur Ausgrabungsstätte einer byzantinischen Kirche in Kenia zu reisen. Das uralte Gemäuer umgeben diverse Seltsamkeiten, da es unter anderem deutlich älter ist, als es eigentlich sein dürfte. Im Lager der Ausgrabungsarbeiten und im angrenzenden Dorf geschehen parallel zu Merrins Ankunft vor Ort seltsame Dinge: Ein Junge (James Bellamy) wird von Hyänen zerfleischt, sein Bruder (Remy Sweeney) fällt in Stasis, ein verwestes, von Würmen zerfressenes Baby wird geboren, in der mittlerweile freigelegten Kirche werden zwei Soldaten einer unterdessen herbeigerufenen britischen Militäreinheit abgeschlachtet und zu einem makabren Standbild hergerichtet entdeckt. Zwischen den Soldaten und den Eingeborenen entsteht blinde Aggression, die sich in grausamen Kämpfen entlädt, derweil Merrin zusammen mit der Ärztin Sarah (Izabella Scorupco) den Ursachen für die Ereignisse auf den Grund geht.

Um "Exorcist: The Beginning" ranken sich mancherlei Anekdötchen, die in einer meines Wissens einzigartigen Verleihgeschichte kulminierten: Ursprünglich fungierte John Frankenheimer als Regisseur, verstarb dann jedoch und wurde von der Produktionsfirma Morgan Creek durch Paul Schrader ersetzt. Dieser lieferte einen bis auf postproduktionistische Marginalitäten kompletten Film ab, der jedoch den Erwartungen der Financiers, die einen handfesten, blutigen Schocker wünschten, alles andere als entsprach. Schraders Fassung verschwand vorübergehend im Giftschränkchen und Renny Harlin wurde engagiert, um das von Alexi Hawley überarbeitete Script zu gut neun Zehnteln umzuarbeiten. Vormalige Protagonisten entfielen beziehungsweise wurden ersetzt, die Story fand sich um an "Prophecy" angelehnte Noten aufgebläht, die Grundierung des Films wurde wesentlich schauriger, effekthaltiger und zeigefreudiger und sein Showdown deutlich spektakulärer. Als groß budgetierter Genrefilm mit manch hübschen Ekelsequenzen kann sich "The Beginning" sehen lassen, wenngleich er durch eine gewisse Schlichtheit, die ihn von allen bisherigen "Exorcist"-Filmen einschließlich "The Heretic" abgrenzt, auffällt. Gewissermaßen liebäugelte das vielleicht gescheiteste Franchise der Genrehistorie nun urplötzlich mit der exploitation, was manch ehernem Anhänger speziell des Originals vielleicht nicht sonderlich geschmeckt haben mag. Ich für meinen Teil komme gut klar damit.

7/10

Renny Harlin Prequel Afrika Kenia period piece Satan Engel Kirche Exorzismus


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THE EXORCIST III (William Peter Blatty/USA 1990)


"I think the dead should shut up, unless there's something to say."

The Exorcist III ~ USA 1990
Directed By: William Peter Blatty

Fünfzehn Jahre nach dem seltsamen Fall um das anscheinend besessene Mädchen Regan MacNeil und den anschließenden Tod des Paters Damien Karras (Jason Miller) verbindet den damals ermittelnden Lt. Kinderman (George C. Scott) und den ebenfalls mit der Sache verbundenen Pater Dyer (Ed Flanders) eine tiefe Freundschaft. Da geschieht Seltsames: Obschon ein von den Medien "Gemini-Killer" getaufter Serienkiller (Brad Dourif) bereits vor Jahren hingerichtet wurde, werden neuerlich in und um Georgetown Morde nach genau seinem Tatschema verübt. Auch Dyer wird während eines Krankenhausaufenthalts eines seiner Opfer. Kinderman untersucht das Verbrechen tief getroffen vor Ort und stößt im geschlossenen psychiatrischen Trakt auf einen Patienten, der Pater Karras sehr ähnlich sieht, zugleich jedoch von sich selbst behauptet, der Gemini-Killer zu sein. Als Kinderman herausfindet, zu was der eingesperrte Mann fähig ist, ist es fast schon zu spät.

Erstaunlich geschlossenes Zweitsequel, das von den wirren Anti-Konzeptionen Boormans sehr weit entfernt ist und an dessen Statt einen sauberen Bodyswitch-Horror-Plot vorlegt, nur, dass darin eben die Charaktere aus dem thematisch nur marginal anverwandten Original-"Exorcist" bemüht werden und dessen Romanautor Blatty es sich nicht nehmen ließ, seinen Folgeroman "Legion" zu einem ordentlichen Script aufzubereiten und selbst zu verfilmen. Wenngleich auch Blatty niemals die naturalistische Intensität erreicht, welcher Friedkin dereinst so erfolgreich schwarze Schwingen verlieh, so ist sein Film doch zumindest von einer zwingenden Eindeutigkeit beseelt und, anders als Boormans Erst-Sequel, an sich selbst als taugliches Genre- und Erzählkino interessiert. War bei Boorman noch vordringlich von Pater Merrin die Rede, derweil Pater Karras komplett ausgespart wurde, verhält es sich in "The Exorcist III" genau umgekehrt: So bedingt auch die offensichtlich von einiger Sympathie geprägte Beziehung zwischen Kinderman, Karras und im weiteren Sinne auch Vater Dyer förmlich das Wiederaufgreifen dieser interessanten Figuren. George C. Scott beerbt Lee J. Cobb in vollem Umfang, Ed Flanders ist kein großartiger Ersatz für William O'Malley - aber er scheidet ja auch recht früh wieder aus. Ansonsten gibt es einige wenige unheimliche Momente und den üblichen spiritistischen Mummenschanz mitsamt höllischem Tangens, der mir persönlich ja immer wieder massiv Laune macht.

8/10

William Peter Blatty Dämon Serienmord Sequel Freundschaft Kirche Washington D.C. Exorzismus


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EXORCIST II: THE HERETIC (John Boorman/USA 1977)


"If Pazuzu comes for you I will spit a leopard."

Exorcist II: The Heretic (Exorzist 2 - Der Ketzer) ~ USA 1977
Directed By: John Boorman

Der in Besessenheitsdingen erfahrene Pater Philip Lamont (Richard Burton) erhält von seinem Kardinal (Paul Henreid) den Auftrag, die Umstände um den Tod des vier Jahre zuvor während eines Exorzismus verblichenen Vater Merrin (Max von Sydow) zu beleuchten. Das damalige Besessenheitsopfer Regan MacNeil lebt mittlerweile in New York und ist Dauergast in einer Klinik für gestörte und behinderte Kinder und Jugendliche, die von Dr. Tuskin (Louise Fletcher) geleitet wird. Tuskin hat ein Gerät entwickelt, mittels dessen ein hypnotisierter Proband einem Gegenüber Bilder aus dem eigenen Geist sichtbar machen kann. Als Lamont und Regan an einem Übertragungsexperiment teilnehmen, erkennt der Pater, dass der Dämon, von dem Regan dereinst besessen war, es immer noch auf sie abgesehen hat und in Kürze eine neue Attacke starten wird. Bei dem Unhold handelt es sich um den Heuschreckendämon Pazuzu, mit dem dereinst schon Pater Merrin mehrere Konfrontationen durchzustehen hatte...

Bei "Exorcist II: The Heretic" handelt es sich um einen allgemein mies beleumundeten, belächelten Film, der es nie einfach hatte. Und tatsächlich macht er es seinem Publikum alles andere als leicht, zumal jenes ja nicht ganz zu Unrecht ein Sequel erwartet, das zumindest ansatzweise Gemeinsamkeiten mit dem großen Vorbild aufweist. Ebensolche entbehrt Boormans Film jedoch. Streng genommen wäre er wohl auch kaum dem Horrorgenre zuzuordnen, Mystery- und Fantasyelemente finden sich darin, sublime Schreckensbilder wie in Friedkins Original jedoch sucht man vergeblich. Der merkwürdige Titel - auf wen er genau anspielt, auf Lamont, der mit Pazuzus mystischem Antagonisten liebäugelt, auf Regans Kindermädchen Sharon, dass sich als Agnostikerin outet, auf Regan oder gar den Dämon, bleibt bis zum Schluss ungeklärt. Tatsächlich scheinen Boorman vielmehr implizite Metaebenen zu interessieren: Der Stellenwert von Übersinnlichem inmitten einer zunehmend säkularisierten Ära, die schwindende Bedeutung der Institution Kirche, Regans erotisches Erwachen, Richard Burtons Augenränder. Ganz fabelhaft die Bilder der afrikanischen Felder und Lehmhüttendörfer, des eigenartigen Klosters, das nur auf ganz speziellem Wege über eine schmale Felsenkluft zu erreichen ist und der auf einem Penthouse-Dach mit weißen Tauben spielenden Linda Blair. Visuell hat "Exorcist II" tatsächliches einiges in petto, leider werden viele Zuschauer sich allerdings, und natürlich nicht zu Unrecht, an der vollkommen abstrusen Geschichte gestoßen haben, die denn auch teilweise so sinnfrei und kausalitätsentleert wiedergegeben wird, dass es eben einfach ist, das Gesehene schlichtweg unter 'lächerlich' zu verbuchen. Selbst erklärte Boorman-Fans werden hiermit an ihre Grenzen geführt.

5/10

John Boorman Sequel New York Washington D.C. Hypnose Kirche Dämon Afrika Exorzismus


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TEXAS KILLING FIELDS (Ami Canaan Mann/USA 2011)


"You don't know what you're dealing with here."

Texas Killing Fields ~ USA 2011
Directed By: Ami Canaan Mann

Die beiden in Texas City tätigen Cops Mike Souder (Sam Worthington) und Brian Heigh (Jeffrey Dean Morgan) werden mit mehreren, fast parallel stattfindenden Morden an Mädchen und jungen Frauen konfrontiert. Diese stehen in einer langen Tradition von ähnlichen Gewalttatewn und Vermisstmeldungen, die mitunter bereits Jahrzehnte zurückreichen und deren lokales Zentrum das Marschland des Mississippi Delta zu sein scheint. Dort ist Mikes Ex-Frau Pam (Jessica Chastain), ebenfalls Detective, tätig. Zusammen mit ihr finden die zwei Polizisten die Urheber zumindest der aktuellen Verbrechen.

Gibt es so etwas wie 'abwesende' Filme, cineastische Pendants vielleicht zum Phänomen des Asperger Syndroms? Sollte dem so sein, dann wäre "Texas Killing Fields" ein Kandidat dafür. Ohne Exposition landet man mitten in der Welt der Detectives Souder und Heigh, ist von nun an auf deren point of view angewiesen und muss einfach der stoischen Marschroute des Films, im Übrigen das Kino-Regiedebüt von Michael Manns Tochter, folgen. Darin steht man nicht immer ganz auf sicherem Boden und wird durch die einerseits konzentrierte, andererseits jedoch immens eigenbrötlerische Erzählweise häufig allein gelassen. So gibt es denn am Ende auch keine sonderlich aufregende conclusio, die Aufklärung der nur teilweise zusammenhängenden, von unterschiedlichen Tätern begangenen Ausgangsverbrechen überrascht nicht, zumal mit dem sich für fiese Typen stets empfehlenden Stephen Graham einer davon ohnehin von vornherein feststeht.
Doch da ist noch etwas Ungreifbares, Böses, das mit dem kargen Landstrich jener im Titel vorkommenden 'killing fields' zusammzuhängen scheint: Offenbar ist es dieses gottverlassene Areal, das potenziell böse Leute anstiftet, Böses zu tun. Vieles liegt hier im Argen, dysfunktionale Familien, Elend, Ausreißertum und Prostitution bestimmen das alltägliche Lokalkolorit. Natürlich darf da der Hoffnungsschimmer am Ende - der gute, gottesfürchtige Familienvater-Bulle adoptiert das liebe Waisenkind - nicht fehlen.
Ich konnte die Richtung, die der Film verfolgt, so er denn überhaupt eine verfolgt, nicht ganz ausmachen, oder, etwas profaner formuliert, weiß ich nicht recht, was der Film eigentlich von mir wollte. Nun, wenngleich wir wohl keine dicken Freunde geworden sind, kann ich ihn als ungewöhnliches Werk akzeptieren und wertschätzen.

7/10

Ami Canaan Mann Michael Mann Texas Sumpf Serienmord Südstaaten





Filmtagebuch von...

Funxton

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