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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE NIGHT OF THE HUNTER (Charles Laughton/USA 1955)


"It's a hard world for little things."

The Night Of The Hunter (Die Nacht des Jägers) ~ USA 1955
Directed By: Charles Laughton


Zur Zeit der Großen Depression begegnet der irrsinnige Wanderprediger und Frauenmörder Harry Powell (Robert Mitchum), als er wegen einer Lappalie ins Gefängnis muss, dem Räuber Ben Harper (Peter Graves). Dieser hat seine letzte Geldbeute bei seiner Frau Frau Willa (Shelley Winters) und den zwei Kindern John (Billy Chapin) und Pearl (Sally Jane Bruce) zurücklassen müssen. Powell erfährt davon und ermordet Ben im Schlaf. Nach seiner Entlassung bricht Powell über die verwitweten Harpers herein wie ein böser Sturm: Zunächst macht er sich Willa gefügig, um dann auch sie zu töten und quält und erpresst hernach die beiden Kinder, um von ihnen das Versteck des Geldes zu erfahren. Doch den beiden gelingt die Flucht und nach einer Zeit des Darbens gelangen sie in die Obhut der warmherzigen Rachel Cooper (Lilian Gish).

Nach dem Genuss von "The Night Of The Hunter", Charles Laughtons einziger Regiearbeit, bedaure ich jedesmal aufs Neue, dass der wohlbeleibte Brite nicht mehr Filme inszeniert hat. Doch sein Film dürfte insbesondere in Anbetracht des zeitgenösischen Kontextes, schlicht zu sperrig, zu gewagt und zu kunstambitioniert, - kurzum: zu anspruchsvoll für das damalige Publikum gewesen sein. Wie ein böser, schwarzromantischer Traum umfängt einen die finstere Atmosphäre dieser zutiefst säkularen Fabel, die Bigotterie und religiöse Naivität als uramerikanische Gesellschaftsprinzipien denunziert und einen gewissen arroganten, altweltlichen Blick auf die provinzielle Einfalt der US-Bürger wirft. Auch dies mit Sicherheit ein Grund für die damalige mangelnde Wertschätzung des Films. Doch schätzt und bewundert Laughton zugleich die geheimnisumwobene Naturwelt der Appalachen und des Ohio und lässt die Kamera symbolträchtige, nächtliche Bilder von exotischer Flaura und Fauna einfangen, die keinesfalls unbeabsichtigt auch die Seiten eines Märchenbuchs illustrieren könnten. Überhaupt wandelt sich die zunächst noch konventionell gehaltene Erzählung mehr und mehr zu einer sich bewusst selbst infantilisierenden, freudianischen Mär, die tief verwurzelte Kindheittraumata beschwört und Harry Powell mehr und mehr zu einem fast überirdischen Racheengel stilisiert. Da steckt trotz Mitchum mehr von einem "Wizard Of Oz" drin als etwa von einem "Cape Fear".
Ein Film wie kein zweiter.

10/10

Charles Laughton Fanatismus Erwachsenenmaerchen Great Depression Parabel


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DIE KATZE (Dominik Graf/BRD 1987)


"Das Leben ist 'ne Sau - gut, wenn sie manchmal geschlachtet wird."

Die Katze ~ BRD 1988
Directed By: Dominik Graf


Von einem Düsseldorfer Luxushotel aus steuert der Profiverbrecher Probek (Götz George) eine Geiselnahme in der gegenüberliegenden Bank. Diese führen sein Partner Junghein (Heinz Hoenig) und dessen Adlatus Britz (Ralf Richter) durch. Probek hat die Aktion schon im Vorhinein minutiös geplant und unter anderem die Frau (Gudrun Landgrebe) des Bankdirektors Ehser (Ulrich Gebauer) für seine Zwecke eingespannt. Außerdem verfügt er über modernste Abhörtechnik und weiß so über jeden geplanten Schritt des zuständigen Beamten Voss (Joachim Kemmer) Bescheid. Das Geiseldrama entwickelt sich zu einem technisierten Tauziehen zwischen Polizei und Gangstern.

1988 war der deutsche Genrefilm so gut wie tot, während die übrigen Kinobeiträge von hierzuland irgendwo im Sumpf des Gelangweilt-prätentiösen dahindümpelten. Da kam der seinerzeit noch recht frische Regisseur Dominik Graf daher und spendierte dem Kino einen lupenreinen Thriller aus nationaler Produktion. Ein beinahe revolutionäres Geschenk. Götz George, der schon in den Jahren zuvor einen neuerlichen Popularitätsschub durch seine "Tatort"-Engagements als Kommissar Schimanski hatte verbuchen können, wurde nach "Abwärts" bereits zum zweiten Mal innerhalb dieser Karriereperiode abseits seines ewigen Klischeeparts besetzt. Als Probek ist er ein eiskalter und zäher Profi, dem kaum etwas eine mimische Regung abringt, der sein Metier als eine Art Sport begreift und der so gar nichts mehr hat von jenem etwas prolligen Parka-Ermittler aus dem Pott. Die Figur Probek darf vielmehr als Eherbietung an große französischen Vorbilder aus der Ecke Melville betrachtet werden. Und auch Grafs kernige Inszenierung bewegt sich weit abseits vom TV-Einerlei dieser Tage. Sie liefert exakt die pointierte Kühle und Berechnung, die ein Film dieser Kuleur benötigt, den schmissigen "Titel"-Song "Good Times" von Eric Burdon nicht zu vergessen.
Die aktuell unter dem Schirm einer FAZ-Reihe erschiene DVD bietet im Gegensatz zu der letztjährig veröffentlichten Fassung endlich eine Abtastung im Originalformat (wenn auch nur von einer etwas angegriffenen Kinokopie, was aber nicht wesentlich stört) und ist erstmals ungekürzt. Ein heißer Tipp für die gegenwärtig kühlen Tage.

8/10

Dominik Graf Heist Kidnapping


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RISE AND FALL OF IDI AMIN (Sharad Patel/UK, KE 1981)


"I'm the sex champion!"

Rise And Fall Of Idi Amin (Idi Amin - Der Schlächter) ~ UK/KE 1981
Directed By: Sharad Patel


1971 putscht sich der selbstherrliche Militarist Idi Amin (Joseph Olita) zum Diktator Ugandas. Sein folgendes Terrorregime, dass Hunderttausende Tote fordert, währt acht Jahre. Idi Amin macht sich nach und nach diverse abendländische Staaten der Welt zu Feinden, stilisiert sich, nach einer Absage der Israelis bezüglich militärischer Unterstützung Ugandas, zum von Allah berufenen Antisemiten und Hitlerverehrer und lässt jeden, ob national oder international, der seine Person auch nur andeutungsweise anzweifelt und dessen er habhaft werden kann, verschwinden. Mit dem Versuch, Tansania zu erobern, endet schließlich Idi Amins Gewaltherrschaft.

Diktatoren eignen sich ja schon aufgrund ihres häufig expliziten Irrsinns hervorragend als Karikaturgegenstand. Der verrückte Egozentriker Idi Amin wurde bereits während seiner aktiven Zeit zum Inhalt und Namensgeber eines Films, den Barbet Schroeder mit ihm persönlich 1974 als die Dokumentation "Général Idi Amin Dada: Autoportrait" in die Welt entließ. Jene begnügte sich auf kluge Art und Weise damit, Amin sich durch seine maßlose Selbstdarstellung entlarven zu lassen. "The Rise And Fall Of Idi Amin" hingegen ist lupenreine Exploitation. In einer rasanten Abfolge von Szenen wird jede Kleinstanekdote hervorgekramt, die der Despot während seiner Herrenjahre hinterlassen hat; von seiner Vergrätzung und Vertreibung jeder bei ihm ansässigen Gastnationalität über seine diversen, teils auf bizarre Weise gefeierten Hochzeiten, den Usus, seine Opfer den Nilkrokodilen zum Fraß vorzuwerfen, die Legende, dass er das Fleisch seiner Feinde zu verspeisen pflegte, seinen unersättlichen Sexhunger, seine bequem ausgelegte muslimische Lebensart, die öffentlich abgehaltene Auszeichnung seines sechsjährigen Sohnes mit der Tapferkeitsmedaille, die Anweisung, mangelnde Devisen kurzerhand durch das fixe Nachdrucken von Dollars auszugleichen und schließlich faktischere Episoden wie die Geiselnahme von Entebbe. Hechel. Wenn auch nur die Hälfte davon wahr ist, lässt sich doch feststellen: Das ist de facto reinster Exploitationstoff. Insofern ist Patels Film gar nicht so plump effektheischerisch, wie man zunächst annehmen muss. Und dass die Darstellung wahnhafter Diktatoren zuweilen in die Satire abrutschen darf, liegt in der Natur der Sache. Den Monstern der Weltgeschichte nimmt man am ehesten ihren Schrecken, indem man sie der Lächerlichkeit preisgibt. Das hat zumindest zu gewissen Teilen auch Patel erkannt.

6/10

Realsatire Pseudo-Dokumentation Historie Exploitation Diktatur Biopic Afrika


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THE BIG SLEEP (Howard Hawks/USA 1946)


"You don't look like a man who'd be interested in first editions." - "I collect blondes in bottles, too."

The Big Sleep (Tote schlafen fest) ~ USA 1946
Directed By: Howard Hawks


Der Privatdetektiv Philip Marlowe (Humphrey Bogart) erhält von seinem Klienten General Sternwood (Charles Waldron) den Auftrag, sich um eine Erpressungsepisode seine jüngere Tochter Carmen (Martha Vickers) betreffend zu kümmern und wenn möglich den Aufenthaltsort von Sternwoods verschwundenem Freund Sean Regan ausfindig zu machen. Marlowe stößt schnell auf die einfältige Erpresserbande, muss dann jedoch feststellen, dass auch Sternwoods andere Tochter Vivian (Lauren Bacall) in die Klauen eines Erpressers gefallen ist.

Einer von Hawks' schönsten Filmen und eines der großen Meisterwerke des klassischen film noir, das zudem die filmische Inkarnation des hardboiled p.i. ausdefiniert. Für Bogart bedeutete der Part des Philip Marlowe, nachdem er ja für Huston bereits Hammetts Sam Spade gespielt hatte, die coolste Rolle seiner Leinwandkarriere. Marlowe ist ein Typ, den absolut nichts anficht und der selbst bei höchster Gefahr für Leib und Leben noch Herr der Lage bleibt. Auf schnippische Kommentare zu seiner Person, besonders solche, die auf seine Körpergröße abzielen oder ihn anderweitig aus der Reserve locken sollen, hat er stets die passende Antwort parat. Wie "To Have And Have Not" ist auch "The Big Sleep" vorneweg ein Vehikel für die Paarung Bogart/Bacall. Ansonsten erweist er sich als großer Triumph singulärer Bestandteile über die Gesamtkohärenz. Trotz des brillanten Dialogscripts, das vor wundervollen, zitierfähigen Zeilen nur so wimmelt, ist die Story in ihrer Gesamtheit nicht vollends nachvollziehbar. Selbst wenn man sich mit einem Notizblock danebensetzte und bunte mind maps anfertigte, würde man vermutlich nicht restlos jede Plotwendung erfassen können, so dermaßen verworren und konfus läuft das Ganze ab. Der eigentliche Kniff liegt aber eben darin, diese vermeintliche Schwäche durch die vielen übrigen Stärken zu egalisieren. Sogar die erst relativ spät entstandene Synchronisation macht dem Film trotz mancher Soundtrackpfuschereien keine Schande. Arnold Marquis, der auf Bogart besetzt war, lieferte eine seiner allerbesten Vorstellungen.
Ich persönlich finde es nur jedesmal, da ich mir die knappen zwei Stunden mit diesem prachtvollen Film schenke, schade, dass meiner Lieblingsfigur, nämlich dem alten General Sternwood, nicht etwas mehr screentime eingeräumt wurde.

10/10

hardboiled Howard Hawks Raymond Chandler film noir Philip Marlowe William Faulkner Los Angeles


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THIS GUN FOR HIRE (Frank Tuttle/USA 1942)


"Who trusts anybody?"

This Gun For Hire (Die Narbenhand) ~ USA 1942
Directed By: Frank Tuttle


Weil der Profikiller Philip Raven (Alan Ladd) für seinen jüngsten Job mit Blüten bezahlt wird, will er sich an seinem Auftraggeber, dem feisten Nachtlubbesitzer Gates (Laird Cregar), rächen. Jener gerät zur selben Zeit ins Visier des Geheimdiensts, denn er arbeitet für einen Industriellen, der Waffen und Kampfstoffformeln an Kriegsgegner verhökert. Die schöne Ellen Graham (Veronica Lake), Verlobte des Polizisten Crane (Robert Preston), soll Gates aushorchen und kommt Raven in die Quere.

"This Gun For Hire" etablierte den vielbeschworenen Typus des Auftragsmörders im Trenchcoat als einsamer Wolf des Großstadtdschungels. Ausgerechnet der häufig wegen seines Untalents verspottete, nur knapp über einssechzig messende Alan Ladd verkörperte diese später als ikonische Abbildung in die Kinoannalen eingegangene Figur mit stoischer Mine und schmerzlicher Gleichmut. Obgleich erst an vierter Besetzungsstelle gelistet - Ladd war bis dato nur in Nebenrollen aufgetreten - ist "This Gun For Hire" ganz sein Film, respektive der des neu erfundenen Paars Ladd/Lake, das noch drei weitere Male zusammen auftreten und vielerorts als "Bogart/Bacall des kleinen Mannes" bezeichnet werden sollte. Die Lake, von Raymond Chandler abschätzig 'Moronica Lake' genannt, war noch um einige Zentimeter kleiner als Ladd und für ihn somit in gewisser Beziehung relativ unproblematisch als Partnerin zu handhaben.
Und trotz alledem gilt: als film noir mit einer ausnahmsweise sehr hellsichtigen Story und relativ kinetischen Spannungsszenen muss "This Gun For Hire" den ohnehin haltlosen Unkenrufen zum Trotze als nachhaltiger Glücksfall bezeichnet werden.

8/10

film noir Profikiller Frank Tuttle WWII


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COVER UP (Manny Coto/UK, IL 1991)


"What station is this?"

Cover Up ~ UK/IL 1991
Directed By: Manny Coto


Der Pressejournalist Mike Anderson (Dolph Lundgren) kommt nach Tel Aviv, um über einen Anschlag auf eine US-Militärbasis berichten. Rasch findet Anderson heraus, dass es sich bei dem Urheber um die arabische Terrororganisation "Black October" handeln muss. Kurz nach dieser Feststellung wird Andersons Freund, der Militärattaché Cooper (John Finn) ermordet und auch er selbst sieht sich diversen Anschlägen gegenüber. Schließlich muss Anderson erkennen, dass er die ganze Zeit einer großen Narretei aufgesessen ist und der eigentliche Coup erst bevorsteht.

In "Cover Up" machte Lundgren den Versuch, sein soeben erst mühsam manifestiertes Image des ballernden Muskelhelden aus der Abteilung B wieder etwas zu relativieren. Der Reportertypus in Krisengebieten, wie ihn besonders Filme wie Spottiswoodes "Under Fire" und Stones "Salvador" in den achtziger Jahren popularisiert haben, implizierte neben einem außergewöhnlichen beruflichen Ehrgeiz sowie einer schon ehrenhalber linksliberalen Grundeinstellung auch stets eine latente äußere Schludrigkeit nebst ungesundem Lebenswandel. Soviel Unpässlichkeit mochte der schwedische Kleiderschrank sich dann aber doch nicht auferlegen lassen; er sieht in "Cover Up" ständig aus wie aus dem Ei gepellt und wenn er in einer Riesenportion Schokoladeneis herumlöffelt, sich mit Vodkapinneken zulaufen lässt und ständig dicke Zigarren qualmt, dann wirkt das bestenfalls als putziges Traditions-Zugeständnis.
Cotos Film rettet sich derweil nie über ein gepflegtes Mittelmaß, die Inszenierung reicht von betulich bis schlampig, der Plot dümpelt stets in der Vorhersehbarkeit. Richtig spannend wird's erst zum Ende hin, als Lundgren zum Messias samt Spieß in der Seite stilisiert wird, der parallel zu einem nachgestellten Passionsspiel höchstpersönlich den halben symbolischen Weg nach Golgatha zurücklegt, um die Menschen in der Stadt im Zuge eines schamlos an "Vertigo" angelehnten Showdown vor einer biblischen Katastrophe zu bewahren - das so größenwahnsinnige wie entlarvendes Finale eines ansonsten bedeutungslosen Films.

4/10

Journalismus Independent Manny Coto Dolph Lundgren Nahost-Konflikt Terrorismus


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EDMOND (Stuart Gordon/USA 2005)


"Behind every fear is a wish."

Edmond ~ USA 2005
Directed By: Stuart Gordon


Edmond Burke (William H. Macy) dreht durch. Er verlässt kurzerhand seine Ehefrau (Rebecca Pidgeon) und begibt sich auf eine nächtliche Odyssee durch den urbanen Rotlichtbezirk Hollywoods. Die Weissagungen einer Tarotfrau (Frances Bay) bewahrheiten sich nach und nach; schließlich kollabiert Edmonds losgelöste Psyche in einer Explosion der Gewalt - er tötet im Wahn eine zuvor verführte Kellnerin (Julia Stiles). Die Tat bleibt nicht lange unentdeckt und es wartet das Gefängnis als Endstation seiner "Suche".

Gordons grenzmeisterliche Fallstudie ist besonders dank des ausgeklügelten Scripts von David Mamet vielleicht sein bislang bester Film. In einer für ihn typischen Rolle als langsam über die seelische Klinge gleitender Biedermann gibt Macy inmitten einer Art "Best Of" der bisherigen Gordon-Casts den verzweifelnden Titelcharakter, vor einer illustren Darstellung eines sich als überhöhter Sündenpfuhl gerierenden Sunset Strip, auf dem Edmond die Kreditkarte, sein letztes Statussymbol der aufgegebenen bourgeoisen Existenz, entwendet wird. Am vorläufigen Ende läuft er dort dann mit einem Nahkampfmesser aus dem Ersten Weltkrieg Amok, einer von mehreren zeitweiligen Rückfällen in einen maskulinen Atavismus.
"Edmond", den Mamet nach seinem eigenen Bühnenstück geschrieben hat, subsummiert sich so zu einer zutiefst fatalistischen, am Ende jedoch auch humanistischen Großstadtgeschichte; kammerspielartig, da reduziert auf ihren kleinstmöglichen Bestandteil - das, oder besser noch, ein Individuum.

9/10

Madness Los Angeles Independent Stuart Gordon Homosexualitaet based on play David Mamet


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WHEN A STRANGER CALLS (Fred Walton/USA 1979)


"Have you checked the children?"

When A Stranger Calls (Das Grauen kommt um 10) ~ USA 1979
Directed By: Fred Walton


Die junge Babysitterin Jill (Carol Kane) wird bei der abendlichen Arbeit telefonisch von einem Unbekannten (Tony Beckley) belästigt, der ihr sukzessiv zunehmend Angst macht. Als Jill klar wird, dass der Unhold sich im gleichen Haus aufhält wie sie, ist es bereits zu spät: Die von ihr betreuten, zwei kleinen Kinder wurden grausam abgeschlachtet. Sieben Jahre später flieht der sich als englischer Einwanderer namens Curt Duncan entpuppte Mörder aus der forensischen Klinik und nähert sich nach unerbittlicher, aber zunächst erfolgloser Verfolgung durch den Privatdetektiv Clifford (Charles Durning) erneut der mittlerweile selbst zur Familienmutter herangereiften Jill.

"When A Stranger Calls" reiht sich ein in die Welle der durch inflationär heruntergekurbelte und häufig nutzlose Remakes "honorierten" Klassiker des Horrorfilms bzw. Psychothrillers. Derzeit aktuellster Verteter dürfte wohl "The Stepfather" ein. Wenn diese Neuverfilmungen ein Gutes haben, dann, dass sie an die Existenz der u.U. zu lange vernachlässigten Originale erinnern. So geschehen in diesem Fall, bei dem ich zunächst einmal recht erstaunt feststellen musste, dass es noch überhaupt keine deutschsprachige DVD davon gibt. Sollte mal flugs geändert werden, Waltons Film kann sich nämlich nach wie vor durchaus sehen lassen. Teilweise wirkt es, als habe er geradezu beispielhaft Suspense erzeugen wollen, und stellt etwa auf der Musikspur (Dana Kaproff) Unglaubliches an, um mit Erfolg eine wirklich nervenzerrende Spannung zu erzeugen. Leider macht die Geschichte in ihrer Gesamtheit einen recht unbeholfenen Eindruck und kann sich des Verdachts nicht erwehren, einzig als gut neunzigminütiges Alibi für die immehin formidabel inszenierte Eingangssequenz zu fungieren. Der Killer bekommt ein - für diese Filmära recht ungewöhnliches - heterogenes Wesen verpasst, so dass er trotz seiner Greueltat zu Anfang des Films zu einem fast Mitleid evozierenden psychisch Kranken wird. Das Finale, das wiederum eine großartige Einstellung beinhaltet, schlägt dann einen radikalen Haken zurück zum Slasherfilm und lässt "When A Stranger Calls" auf koventionelle Weise enden. Alles andere wäre vermutlich auch als allzu eigensinnig durchgegangen.

7/10

Fred Walton Madness Suspense


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DETOUR (Edgar G. Ulmer/USA 1945)


"That's life. Whichever way you turn, Fate sticks out a foot to trip you."

Detour (Umleitung) ~ USA 1945
Directed By: Edgar G. Ulmer


Der New Yorker Barpianist Al Roberts (Tom Neal) reist seiner Freundin Sue (Claudia Drake) per Anhalter an die Westküste nach. Als ihn in der Wüste von Arizona ein offensichtlich betuchter Fremder namens Charles Haskell Jr. (Edmund MacDonald) aufliest und später mit Al das Lenkrad tauscht, muss dieser die schreckliche Entdeckung machen, dass Haskell auf dem Beifahrersitz unbemerkt einem Herzanfall oder ähnlichem erlegen ist. In seiner Panik versteckt Al die Leiche und nimmt die Identität des Toten an, was immerhin ein paar Kröten und vor allem ein ordentliches Auto mit sich bringt. Einige Meilen weiter Richtung Westen nimmt Al seinerseits die Anhalterin Vera (Ann Savage) mit, die Haskell kannte und Al nun für seinen Mörder hält. Sie erpresst den Verzweifelten und will ihn nötigen, sich weiter als Haskell Jr. auszugeben, um eine stattliche Erbschaft einstreichen zu können. Ihr Verhängnis...

Ein ultrafinsterer film noir des großen Schwarzweiß-Stilisten Ulmer, der seinen zwischen Schicksal und existenzbedrohender Naivität umhertaumelnden Protagonisten als einen der prototypischen Antihelden des Kriminalfilms dieser Jahre einführt und veräußert. Tom Neal sei Dank, denn er hat ihn hervorragend drauf, den kleinen Klaviervirtuosen mit der ewigen Kippe im Mundwinkel, das schlechte Gewissen als permanenten Schweißfilm auf der Stirn, den Hut wahlweise im Nacken oder viel zu tief ins Gesicht gezogen, dazu ein Dreitagebart und das Augenpaar eines verschreckten Köters. Eine Figur, wie geschaffen um einer garstigen femme fatale wie Ann Savage auf den Leim zu gehen und später dann seine ganz persönliche Höllenfahrt anzutreten.
Edgar Georg Ulmer, gebürtiger Österreicher, war und ist bekannt für seine Fähigkeit, große Kunst aus kleinsten Möglichkeiten zu schöpfen und so quetschte er in diesen als kleinen B-Film konzipierten Miniklassiker ein gewaltiges Bollwerk des Existenzialismus. Schuld, Sühne, Realitätserwägungen und der ewige Konjunktiv: "If I only hadn't..." Alles drin, alles dran. Film in nachtschwarz.

8/10

Madness Edgar G. Ulmer film noir Expressionismus Independent Los Angeles


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THE BIG COMBO (Joseph H. Lewis/USA 1955)


"I think Mr. Diamond needs a drink."

The Big Combo (Geheimring 99) ~ USA 1955
Directed By: Joseph H. Lewis


Mit verbissener Härte versucht Lieutenant Diamond (Cornel Wilde), den skrupellosen Gangsterboss Mr. Brown (Richard Conte) festzunageln. Dieser jedoch windet sich aus jeder noch so ausweglos scheinenden Sackgasse und wird dabei immer dreister in seinen Methoden. Diamonds große Chance ergibt sich, als er mithilfe von Browns Freundin Susan (Jean Wallace) die unter neuer Identität lebende Noch-Ehefrau (Helen Walker) des Verbrecherkönigs ausfindig macht.

Joseph H. Lewis' "The Big Combo" markiert den neben Langs "The Big Heat" zweiten harten Polizeifilm der frühen Post-Noir-Jahre. Die Grundfesten der Story gerieren sich wie bei Lang: Ein unbestechlicher Polizist macht den Kampf gegen das organisierte Verbrechen, respektive gegen eine dieses symbolisierende Schlüsselfigur zu seinem Privatkrieg, der selbst unter größten persönlichen Einbußen geführt wird. Wie in "The Big Heat", in dem Lee Marvin seiner Freundin das Gesicht mit kochendem Kaffee verbrüht, gibt es auch in "The Big Combo" eine denkwürdige Gewalt- bzw. Foltersequenz, in der Diamond von Mr. Brown und seinen Vasallen mittels eines Hörgeräts und Hochprozentigem traktiert wird. Den Part des furchteinflößenden Asphaltsatans übernimmt hier Richard Conte, des öfteren in films noirs zu sehen und in seinen späten Tagen häufiger Gast als altehrwürdiger Mafiaboss. Seinerzeit unerhörte Themen wie Homosexualität (das von Lee van Cleef und Earl Holliman gespielte Killerpärchen ist offensichtlich schwul) und sexuelle Hörigkeit (der Grund, warum Susan nicht von Mr. Brown loskommt) werden in Lewis' Film angeschnitten, ohne sie ausbeuterisch zu gestalten.
All das sind Gründe dafür, dass "The Big Combo" trotz seines Status als kleine B-Produktion mittlerweile auch großflächig als veritabler Klassiker gilt.

8/10

hardboiled film noir Independent Joseph H. Lewis





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Funxton

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