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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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TATORT - DER UNSICHTBARE GEGNER (Hajo Gies/BRD 1982)


"Wer ist Freddie?"

Tatort - Der unsichtbare Gegner ~ BRD 1982
Directed By: Hajo Gies

Als Schimanski (Götz George) und Thanner (Eberhard Feik) herausfinden, dass ihre zwei neuesten Mordfälle, einer davon der an dem Maler Krage (Peter Bongartz), etwas mit einem verjährt geglaubten Banküberfall in Lüdenscheid zu tun hat, an dem noch mindestens zwei weitere Personen beteiligt sind, glauben sie sich inmitten üblicher Routine. Dann muss Schimanski jedoch in Notwehr einen der verbliebenen Räuber (Jan Fantl) anschießen. Dieser fällt nach einem schweren Behandlungsfehler im Krankenhaus in ein endgültiges Koma. Das letzte noch übrig gebliebene Mitglied der Gang schwört Schimanski nicht nur blutige Rache, sondern greift auch diverse Menschen in seinem Umfeld an, darunter Hänschen (Chiem van Houweninge) und Thanners Frau Sylvia (Nate Seids).

This time it's getting personal. "Selbst ist der Mann." sagt Schimmi zu sich selbst, nachdem seine frühere Liebschaft Marion (Barbara M. Ahren) von seinem unsichtbaren Feind schwer misshandelt wurde, pfeift auf jedwede Überwachung durch seinen periodischen Chef, den Klops-Vertreter Kissling (Werner Schuchow) und müht sich, seinem Antagonisten höchstselbst auf die Schliche zu kommen. Da wir hier aber nicht in Hollywood, sondern in Duisburg sind, kann Schimanski froh sein, dass seine Kumpels am Ende doch noch rechtzeitig zur Stelle sind, um ihn vom todbringenden Strick loszuschneiden.
Der Plot um den Feind im Hintergrund, der seine mörderischen Ränke mit absoluter Konsequenz im Halbdunkel schmiedet, einmal zwischendurch sogar zu sehen ist und als unverdächtiger Patron zunächst unbehelligt weiter in der Geschichte verweilen kann, verweist jedoch sehr wohl auf internationale Genrevorbilder. Selbst einen für "Tatort"-Verhältnisse relativ spektakulären Twist enthält man den Zuschauern diesmal nicht vor und zwei, drei waschechte Thriller-Anleihen machen die Sache schließlich rund. Auch sonst gibt es noch ein paar bemerkenswerte Notizen für meinereiner: Unser Dinslakener Trabrennbahn, in Fach- und Zockerkreisen als "Die Trabe" bekannt, fungiert in einer Szene als set piece, zwei Synchronlegenden, nämlich Reinhard Glemnitz und Joachim Höppner, sind in kleinen, aber umso feineren Rollen zu sehen und schließlich spielt der legendäre Rudolf Schündler, als enervierter Lehrer aus der "Lümmel"-Serie sowie als enervierter Butler aus "The Exorcist" bekannt, einen markanten Nebenpart.

8/10

Tatort Hajo Gies Schimanski TV-Film Duisburg Ruhrpott Dinslaken


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DIE SÄGE DES TODES (Jess Franco/BRD 1981)


"Mord! Dufte!"

Die Säge des Todes ~ BRD 1981
Directed By: Jess Franco

In einer kleinen, von der eleganten Manuela (Nadja Gerganoff) bewirtschafteten Hotelanlage an der Costa Blanca findet ein Spanisch-Intensivkurs für deutsche Touristen statt. Dort geht jedoch auch ein wahnsinniger Mörder um, der sich für seine ausschließlich weiblichen Opfer besonders unangenehme Todesarten ersinnt. Die Studentin Angela (Olivia Pascal) lebt bald nurmehr in Todesangst, zumal sie keine Ahnung hat, wer denn nun der Schlitzer ist: Der junge Ladykiller Antonio (Peter Exacoustos), der verrückte Gärtner (Otto W. Retzer) mit der Heckenschere, oder vielleicht doch Manuelas geisteskranker, entstellter Bruder Miguel (Alexander Waechter)?

Lustige und vor allem absolut einzigartige Mischung aus Discokomödie und Slasher, von der Münchner LISA unter Wolf C. Hartwig produziert und von Tausendsassa Jess Franco so lustlos wie nur eben möglich inszeniert. Das Script stammt von dem seinerzeit nicht minder vielbeschäftigten Erich Tomek, der hier unter dem flotten Pseudonym "Rayo Casablanca" tätig war, vermutlich, damit ihn niemand prompt mit dieser ziemlich schmuddeligen Episode in Verbindung bringen musste. Irgendwann kommt aber sowieso mal alles raus, Señor Casablanca, wenn auch manchmal mit einiger Verspätung. "Die Säge des Todes" ist natürlich beseelt von lupenreinem Schwachsinn, vollkommen dämlich und unübersichtlich erzählt. Ein paar der auf der Tonspur blubbernden Klänge stammen wohl vom damaligen Synthiegott Frank Duval, der Anfang der Achtziger sogar mit ein paar Singles die Charts anführte. Nicht, dass sie hier dazu taugten, besondere Spannung zu evozieren, aber der Atmosphäre abträglich sind sie ebensowenig. Leider gibt sich Olivia Pascal hier ausnahmsweise sehr zugeknöpft (was wohl überhaupt der Grund war, warum sie die Rolle annahm - einmal nicht blankziehen zu müssen). Das Beste am Film ist freilich LISA-Faktotum Otto W. Retzer, der am Ende nochmal richtig bekloppt kucken und mit der Gartenschere herumfuchteln darf. Ein treffender Kommentar zu der ganzen dullen Chose, die hier serviert wurde.

4/10

Jess Franco Spanien Slasher Splatter Europloitation Trash Lisa-Film


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MIRAGE (Edward Dmytryk/USA 1965)


"Now that all the Westerns have gone psycho, this is the only place where you can tell who the bad guys are."

Mirage (Die 27. Etage) ~ USA 1965
Directed By: Edward Dmytryk

Dem Angestellten David Stillwell (Gregory Peck) wird nur schleichend bewusst, dass er unter einer schweren Amnesie leidet - die letzten zwei Jahre sowie entscheidende Details seines Lebens sind wie aus seinem Gedächtnis ausradiert. Dummerweise kann er dem Grund und dem Geheimnis seines Erinnerungsverlusts nicht ungestört auf die Spur kommen - einige bewaffnete Finsterlinge (Jack Weston, George Kennedy) verfolgen ihn und verlangen Dinge von ihm, deren Sinn er selbst nicht versteht. Was hat der geheimnisvolle "Major" mit dem Ganzen zu tun? Und was der Selbstmord des berühmten Pazifisten Charles Calvin (Walter Abel)?

Recht hübscher, ein wenig an Stanley Donens elegante Filme "Charade" und "Arabesque" (in welchem Peck in direkter Folge von "Mirage" auftrat) erinnernder Krimi aus den paranoiden Mittsechzigern, dessen innovative Montagetechnik jedoch nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass die Story, wenn auch neu durchdekliniert, im Prinzip aus der Mottenkiste des Genrefilms stammt. Und nicht allein das: Gregory Peck spielt exakt dieselbe Rolle, die er genau zwanzig Jahre zuvor in Hitchcocks "Spellbound" zu geben hatte; die eines durch ein Schockerlebnis amnesisch gewordenen Unfallopfers, das ein kompliziertes Erinnerungspuzzle zusammenzusetzen hat, um dann einer bösen Verschwörung auf die Spur zu kommen. Während Hitch das Thema jedoch etwas radebrechend als Illustration der Psychoanalyse vorschob, geht es "Mirage" eher um die kriminalistischen Inhalte - wie die Ära es vorschreibt, kommen gewissenlose Militärs mitsamt ihren Gorillas und natürlich die Atombombe darin vor. Der Weltfrieden liegt unter steter Bedrohung, nach wie vor. Als Schmankerl präsentiert der bald darauf ins europäische Kino emigrierte Dmytryk einen gut aufgelegten Walter Matthau als Privatschnüffler, der seinen aus "Charade" resultierenden Misstrauens-"Bonus" wieder etwas wett machen kann. Ansonsten gibt es in dieser Filmgattung bessere Werke. Aber auch massig deutlich schlechtere.

7/10

Edward Dmytryk Kalter Krieg Atomkraft Amnesie


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FATAL BEAUTY (Tom Holland/USA 1987)


"Don't call me bitch."

Fatal Beauty ~ USA 1987
Directed By: Tom Holland

Detective Rita Rizzoli (Whoopi Goldberg) vom LAPD hat eine ganz persönliche Motivation, mit den Drogengangstern der Stadt aufzuräumen. Dabei sind ihr sowohl ihre locker sitzende Knarre als auch ihr freches Mundwerk jeweils große Hilfen. Als sie den schwerreichen Unternehmer Kroll (Harris Yulin) als einen der Hauptvertreiber des neuen, höchst gefährlichen Rauschgifts 'Fatal Beauty' ausmacht, stehen die Karten für diesen schlecht, besonders, da sich einer seiner Leibwächter (Sam Elliott) mit Rita zusammentut.

Urtypischer L.A.-Actionthriller aus den späteren Achtzigern, mittels dessen nach "Jumpin' Jack Flash" nochmal offensiv-forciert probiert wurde, die damals aufstrebende Whoopi Goldberg als weibliches Eddie-Murphy-Pendant zu hypen. In diesem Falle geht die Tendenz stark in Richtung "Beverly Hills Cop" - wie Axel Foley ist auch Rita Rizzoli als selbstbewusste dunkelhäutige Polizistin der Albtraum aller weißen Mittelstandsamerikaner, sie pflegt zudem ethnische Vorbilder und kombiniert sie mit ihrem eigenen Stil, fährt ein verbeultes altes Cabrio, reißt die Klappe auf bis dorthinaus und ist kaum durch etwas zu stoppen. Dazu gibt es sogar noch Musik von Harold Faltermeyer. Dennoch blieb Hollands auch formal durchaus professionell weithin erfolglos. Zum Einen war der Polizeifilm als Männerdomäne noch nicht reif, von Flippi-Whoopi geknackt zu werden, zum anderen passt das im Grunde harmlose Gusto der Story, das den tausend anderen Buddy Movies dieser und der Folgedekade, von "48 Hrs." bis "Turner & Hooch" entlehnt ist, nicht ganz zu den durchaus nicht jugendfreien, blutigen Shoot-Outs, derer es einige im Film zu bewundern gibt. Zudem gehen einmal kurz alle Lichter aus, als Whoopi ihrem Filmpartner Sam Elliott (das Beste an "Fatal Beauty") ihre schmutzige Vergangenheit beichtet - eine "Color-Purple"-Reminiszenz, die voll daneben liegt. Ansonsten ein guter, gewalttätiger Spaß für alle Freunde polierter, bleigeschwängerter cop movies.

5/10

Tom Holland Los Angeles Drogen Buddy Movie


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THE WOMAN (Lucky McKee/USA 2011)


"So what are you gonna do?"

The Woman ~ USA 2011
Directed By: Lucky McKee

Der erfolgreiche Anwalt und Familienvater Chris Cleek (Sean Bridgers) entdeckt beim Jagen im Wald eine verwahrlost lebende Frau (Polyanna McIntosh). Wie ein Tier fängt er sie ein und kettet sie in seinem Kellerverschlag an. Seiner Familie, Gattin Belle (Angela Bettis), der ältesten Tochter Peggy (Lauren Ashley Carter), Sohn Brian (Zach Rand) und der jüngsten, Darlin (Shyla Molhusen) erklärt Chris feierlich und wie selbstverständlich, er habe sich vorgenommen, die Frau zu domestizieren, sie also im Zuge eines Pseudoexperiments nach und nach der Zivilisation anzupassen, als sei er praktizierender Behaviorist. Tatsächlich wird immer mehr offensichtlich, dass Cleek die Frau nur festhält, um seine sexuellen Gelüste an ihr abarbeiten zu können und dass sich hinter der Fassade der braven Spießerfamilie schon seit Langem ein perverser Albtraum etabliert hat.

Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich bis zur Postlektüre nach dem mich unvorbereiteterweise komplett plattwalzenden "The Woman" noch nie etwas bewusst von Jack Ketchum gehört habe, offenbar jawohl eine unerlässliche Hausnummer innerhalb der modernen Horrorliteratur. Auch wusste ich demzufolge natürlich nicht, dass die Romanvorlage bereits der dritte Teil einer Trilogie ist und der zweite (den ich mir schleunigst nachbestellt habe) bereits verfilmt wurde.
McKees gewaltiger Film, ganz ohne Frage ein Meilenstein des augenzwinkernden transgressiven Kinos, erklärt jedenfalls der postmodernen Misogynie den rücksichtslosen, offenen Krieg und sollte eigentlich zum therapeutischen Pflichtprogramm für jeden (potenziellen) Frauenfeind und Kinderschänder ernannt werden. Chris Cleek, Zerrspiegelbild des gelackten Bourgeois und Familienvaters, hinter dessen glattgebügelter, wohlfrisierter Stirn sich die schlimmsten Testosteronphantasien breitmachen, ist das zugleich bedauerns- und hassenswerteste Individuum, das ich seit langem im Film ausmachen konnte. "The Woman" schürt die sich gegen ihn richtende Verachtung auf eine so effektive Weise, dass sein lyrischer Tod am Ende noch viel zu gut erscheint: Diesem "Menschen" wünscht man Höllenqualen bis in alle Ewigkeit. Nach einem solchen Pygmalion der Paraphilie, dieser bitterbösen Diametralkarikatur des vom Regisseur selbst gespielten Mediziners Itard aus Truffauts "L'Enfant Sauvage", hat man das Gefühl, den Akteur Sean Bridgers aber auch wirklich nie mehr in irgendeinem Film, geschweige denn im realen Leben sehen zu wollen. Auch eine Leistung.
Angesichts der Erfahrungen innerhalb meines Berufsstandes bin ich als Laienfuturologe ja schon seit längerem der latenten Erwartung, dass uns mittelfristig eine Amazonengesellschaft bevorstünde. Im Hinblick auf die von "The Woman" beschworene, katalytische Kraft urtümlicher Weiblichkeit fühle ich mich darin nurmehr bestätigt.
Wollte nach "The Woman" ursprünglich noch einen weiteren Film schauen. Ging nicht. War zu kaputt.

9/10

Satire Lucky McKee torture porn Hommage Kannibalismus Jack Ketchum Terrorfilm Feminismus Splatter Parabel Transgression Sexueller Missbrauch


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HANNA (Joe Wright/USA, UK, D 2011)


"Kids grow up."

Hanna (Wer ist Hanna?) ~ USA/UK/D 2011
Directed By: Joe Wright

Hanna (Saoirse Ronan) ist die vierzehnjährige Tochter des Ex-CIA-Mitarbeiters Erik Heller (Eric Bana), der das Mädchen zeitlebens vor dem Zugriff seiner früheren "Firma" in der Wildnis Finnlands versteckt und dort zur ultimativen Killerin ausgebildet hat. Jetzt verspürt Hanna Sehnsucht nach der Zivilisation und nimmt dafür sogar in Kauf, dass ihre höchstpersönliche Nemesis, die eiskalte Agentin Marissa (Cate Blanchett), ihre Fährte aufnimmt. Für Hanna geht die Reise von Marokko bis nach Berlin, wo sie ihrem Schicksal endlich ins Auge sehen kann.

Auf inhaltlicher Ebene bietet "Hanna" rein gar nichts Besonderes und selbst die Formalia riechen stark nach einer Mixtur aus frühem Tom Tykwer und Luc Besson: Fachkundig ausgeführte Todeskämpfe, spektakulär ausgewählte Sets, diverse Lauf- und Jagdsequqenzen, untermalt mit schmissigen Elektrosounds (hier: von den Chemical Brothers). "Hanna Killertochter", "Hanna rennt!", "Hanna, der Profi", "Die eiskalte Hanna", "Hanna und Gretel"... - die Liste ist praktisch endlos fortführbar. Ein nur scheinbar bizarres, eklektizistisches Konglomerat also aus einer Vielzahl popkultureller Zitate, die immerhin bis zu den im Film häufig zitierten Gebrüdern Grimm zurückreichen. So ist "Hanna" auch als Variante des uralten "Böse Stiefmutter Vs. Unschuldige Königstochter"-Motivs lesbar. Was Wrights Film jedoch trotzdem noch knapp zu etwas Besonderem macht, ist seine ausgewogene Komposition, die bei allem klischierten Verbrauchsmaterial hinreichend zu fesseln versteht, die beeindruckende, teils bewusst wahrnehmungsverzerrende Photographie [eine eigentlich unkomplizierte Schuss-Gegenschussszene, in der Hanna sich mit ihrer Freundin Sophie (Jessica Barden) unterhält, wird beispielsweise spiegelverkehrt wiedergegeben; der Film ist angefüllt mit solchen Finten] und natürlich Saoirse Ronan, ohne deren zarte, ätherische Mördermädchen-Performance das Ganze im Nachhinein undenkbar scheint.

7/10

Finnland Profikiller Berlin Coming of Age Spanien CIA Joe Wright Marokko Road Movie


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GAMES (Curtis Harrington/USA 1967)


"For you the game is over."

Games (Satanische Spiele) ~ USA 1967
Directed By: Curtis Harrington

Jennifer (Katharine Ross) und Paul Montgomery (James Caan) sind ein typisches, wohlhabendes New Yorker Greenwich-Village-Hipster-Ehepaar: Kinderlos, Kunst sammelnd, Kicks suchend. Ihre wie performancegleich inszenierten Partys sind mittlerweile legendär in der Szene. Als die alternde Kosmetikvertreterin Lisa (Simone Signoret) für ein paar Tage bei ihnen einzieht, beginnen die Montgomerys, merkwürdige Spielchen zu spielen, die dazu dienen, sich gegenseitig zu erschrecken. Als dabei eines Tages versehentlich der Lebensmittelbote Norman (Don Stroud) erschossen wird, bekommt insbesondere Jennifer es mit der Angst. Paul entsorgt die Leiche zwar auf geschicktem Wege, doch Normans rachsüchtiger Geist scheint das Haus nicht verlassen zu wollen...

Wer ein wenig in der Horrorthriller-Geschichte der Sechziger beflissen ist, der hat es nicht schwer, vorauszusehen, worauf "Games" inhaltlich hinausläuft: Aldrichs "Hush... Hush, Sweet Charlotte" und vor allem mehrere Filme der britischen Hammer ("Paranoiac", "Nightmare", "Scream Of Fear") bedienten sich allesamt jenes beliebten Verunsicherungsmoments, in dem eine mehr oder weniger vorbelastete Dame von einigen böswilligen bis sadistisch veranlagten Komplottanten aus zumeist rein monetär motivierten Gründen und mittels inszenierten Spuks in die Klappsmühle gebracht werden soll. Hier ist die schöne Katharine Ross das Opfer und ihr Mann, der am Ende jedoch auch nicht viel zu lachen hat, der fiese Drahtzieher des Ganzen. Für den später leider dem - wahrscheinlich infolge seiner bequemen Unkompliziertheiten - lockenden Fernsehen verfallenen Curtis Harrington, dessen Kinoarbeiten Schifferle noch Mitte der Neunziger so treffend als "terra incognita" bezeichnete, war "Games" der vierte von insgesamt leider nur neun Leinwandlangfilmen. Immerhin konnte er dazu auf die Produktionsmittel eines großen Studios (Universal) und eine überaus ansehnliche Besetzung, darunter die Signoret während ihrer kurzen Hollywood-Gastspielreise, zurückgreifen. Dass diese im Film eine Deutsche mit ominöser Vergangenheit spielt, in der deutschen Fassung jedoch als Ungarin veräußert wird, ist für diese Zeit nichts sonderlich Seltsames. Für Harrington jedoch gilt: Die Raumkonstruktion ist sein Star, die Innenausstattung des architektonisch wundervollen New Yorker Hauses ein Traum. Auf dieser inszenatorischen Spielwiese, die Harrington allerhöchstens für minimale Gegenschnittsequenzen (etwa wenn Jennifer telefoniert) verlässt, vollbringt der Regisseur geradezu Meisterliches. Dass seine Geschichte sich eben nicht gerade als die innovativste hervortut, damit muss (und kann) man leben.

8/10

Curtis Harrington New York Ehe


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THE TOOLBOX MURDERS (Dennis Donnelly/USA 1978)


"Burn, Joey. Burn."

The Toolbox Murders (Der Bohrmaschinenkiller) ~ USA 1978
Directed By: Dennis Donnelly

Nach dem Unfalltod seiner Tochter Cathy ist der Hausbesitzer Vance Kingsley (Cameron Mitchell) dem Wahn erlegen, er müsse die Welt von allem (weiblichen) Schmutz und Übel befreien. Hinreichend "Missionierungsobjekte" findet er in seinem eigenen Appartment-Komplex, in dem Kingsley mehrere junge Frauen mit dem Inhalt seines Werkzeugkoffers hinmordet, ehe er die junge Laurie (Pamelyn Ferdin) kidnappt und sie fortan als Reinkarnation seiner toten Tochter gefangenhält. Lauries Bruder Joey (Nicholas Beauvy) riecht zwar den Braten, übersieht in seinem Eifer jedoch, dass Vance nicht das einzige irrsinnige Mitglied der Kingsley-Familie ist...

Fieser kleiner Schlitzer aus dem Grindhouse-Milieu, der erneut einen in diesen Jahren auf Psychos abonnierten Cameron Mitchell vorschiebt, um sein anrüchiges Geschäft zu absolvieren. Interessant ist vor allem die ungewöhnliche dramaturgische Konstruktion des Films: Nachdem Mitchell im ersten Viertel der Spielzeit eine rauschhafte (und fantasievoll umgesetzte) Mordtour hinlegt, kümmert er sich danach nurmehr um sein Kidnapping-Opfer und darf in diesem Zuge ein paar seinen Wahnsinn untermalende Monologe hinlegen, derweil sich der Bruder der Bedauernswerten detektivisch betätigt und es noch einen komplett im Dunkeln tappenden Polizisten (Tim Donnelly) bei seinen "Ermittlungen" zu sehen gibt. So hat Donnelly sichtlich Mühe, seinen Film auf eine handelsübliche Länge zu bringen, da er sein gar nicht mal übles Exploitation-Pulver gleich zu Beginn verschießt und hernach bis zum Finale nurmehr laue Lüftlein wehen lässt. Aber dieses Problem ist ja wohl eines von diversen immanenten Gattungsinterna. Und vermutlich wollte "The Toolbox Murders" sowieso keinen Kritikerpreis gewinnen.

6/10

Dennis Donnelly Serienmord Slasher Exploitation Kidnapping Terrorfilm Independent


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NIGHTMARE IN WAX (Bud Townsend/USA 1969)


"Cry! Cry! Cry!"

Nightmare In Wax (Das Wachsfigurenkabinett des Grauens) ~ USA 1969
Directed By: Bud Townsend

Nachdem der eifersüchtige Hollywood-Produzent Max Black (Barry Kroeger) dem renommierten Maskenbildner Vincent Renard (Cameron Mitchell) eine Gesichtshälfte verbrannt hat, zieht dieser sich in die vier Wände eines Wachsfigurenkabinetts zurück und verfällt dem Wahnsinn. Renard erfindet ein Mittelchen, mit dem er unliebsame Zeitgenossen in willenlose Zombies verwandeln kann und stellt sie dann in seiner Menagerie zwischen Clark Gable, Gary Cooper und Gloria Swanson aus. Bald kommt ihm die Polizei jedoch auf die Schliche.

"Einer der geschmacklosen Killerfilme Cameron Mitchells", konstatierten Hahn und Jansen ihrerzeit knapp angesichts Bavas "Sei Donne Per L'Assassino", dabei passt diese wie immer bei den beiden legendär fehlbeschäftigten Herren völlig unzureichende Kategorisierung viel besser zu dem kleinen Schundstreifen "Nightmare In Wax". Das Ding glänzt förmlich vor unzureichender Laienschaft in allen Belangen und macht gerade daher viel Freude beim Anschauen. Weit entfernt von der Zeigefreudigkeit eines Herschell Gordon Lewis merkt man Townsends kleinem Grindhäusler an, dass er gern in eine ganz andere Kerbe schlagen würde, angesichts der besorgten Produzenten aber wohl mit einem R-Rating versehen und damit einer potenziell größeren Zuschauerschaft zugänglich gemacht werden sollte. So verbleiben viele Stellen des miesen Filmchens noch in den Vorhöfen schmutziger Altherrenphantasien und es passiert eigentlich nichts Aufregendes, mit Ausnahme von ein paar Ausrastern Mitchells hier und da, die intern wahrscheinlich auf seine total beschissene Maske zurückzuführen waren. Lustig und amüsant ist "Nightmare In Wax" aber durch die Bank, da gibt's nichts.

4/10

Bud Townsend Trash Independent Zombies Wachs Hollywood


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LA MORTE NEGLI OCCHI DEL GATTO (Antonio Margheriti/I, F, BRD 1973)


"Too many books never did a woman any good."

La Morte Negli Occhi Del Gatto (7 Tote in den Augen der Katze) ~ I/F/BRD 1973
Directed By: Antonio Margheriti

Die Internatsschülerin Corringa (Jane Birkin) kommt auf das schottische Schloss ihrer Tante Mary (Françoise Christophe), wo zugleich ihre Mutter (Dana Ghia) zu Besuch ist. Mary ist nicht nur hoch verschuldet und sucht nach allen möglichen Wegen, das Geld für den Erhalt des Familienbesitzes aufzutreiben; ihr Sohn James (Hiram Keller) ist außerdem noch ein vorgeblich Wahnsinniger, der sich aus Spaß einen riesigen Menschenaffen im Käfig hält. Als es mit ihrer Mutter die erste Tote gibt, ist sich die arme Corringa zunächst überhaupt nicht sicher, wer hier nun eigentlich wirklich sein mörderisches Unwesen treibt: Ist es James, seine Mutter, der unurchsichtige Butler (Konrad Georg), oder vielleicht doch der zwielichtige Psychiater Dr. Franz (Anton Diffring) oder dessen undurchsichtige, bisexuelle Gespielin Suzanne (Doris Kunstmann)...?

Mit "La Morte Negli Occhi Del Gatto" verfolgt Margheriti mit ein wenig Verspätung die Linie der zunehmend zeigefreudigeren (und um diese Zeit bereits wieder zunehmend verschwindenden) Wallace-Verfilmungen: Ein modriges, altes Schloss in mooriger Landschaft mitsamt adligem Innenleben; ein komplett bizarr wirkendes Personeninventar, eine junge Unschuldige als Identifikationsfigur. Auf dieser Basis arbeitet sich "La Morte" denn auch recht annehmbar voran - eine durchweg ominöse und hirnverbrannte Dialogregie gehört allerdings ebenso dazu, wie das ebenso putzige wie zwecklose Unterfangen, das Ganze zu einem leidlich spannenden Whodunit aufzublasen. Erstens ist die am Ende aus dem Hut gezauberte Auflösung für den Rezipienten selbst mit kompetenster detektivischer Vorarbeit nicht zu entschlüsseln (wobei ich Fuchs dennoch ein paarmal über ebendiese Variante nachgedacht habe), zweitens verspielt der Film spätestens mit dem völlig redundanten Auftritt des schlecht kostümierten Darstellers im Affengewand (der Affe soll übrigens ständig als Orang Utan verkauft werden, sieht aber - wenn überhaupt - verdächtig nach einem Gorilla aus) jedwede Ernsthaftigkeit. Es bleibt eine naive, immerhin stimmungsvolle, kleine Trashgranate, die ihren letztlich einzigen Gewinn aus ihrem immerhin ansehnlichen Ensemble (Anton Diffring ist immer eine Bank, egal wo sie steht) bezieht.

5/10

Katzen Antonio Margheriti Schottland Schloss Giallo Europloitation Serienmord Affen





Filmtagebuch von...

Funxton

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