Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


Foto

NUMBER ONE WITH A BULLET (Jack Smight/USA 1987)


"Hi, Speed. How they hangin'?"

Number One With A Bullet ~ USA 1987
Directed By: Jack Smight

Die beiden L.A.-Detectives Barzak (Robert Carradine) und Hazeltine (Billy Dee Williams), Partner und beste Kumpel, versuchen mit allen Mitteln,dem nach außen hin ehrbaren Geschäftsmann DeCosta (Barry Sattels) dessen miese Drogengeschäfte nachzuweisen. Erst ihre harten, teils unkonventionellen Ermittlungsmethoden locken nicht nur DeCosta ins Freie, sondern legen zudem noch eine unerwartete Verbindung von ihm zur obersten Polizeietage offen.

Launiges Buddy Movie, mit dem die Cannon seinerzeit einmal mehr versuchte, sich gemächlich auch ins familientauglichere Genre-Segment vorzuwagen und eines der damals äußerst beliebten, schwarzweißen Buddy Movies unter kompetenter Regie abzuliefern. Der Film ist denn auch absolut ordentlich geraten, trotz vier Schreiberlingen (was normalerweise auf ein sehr inhomogenes Script schließen lässt; darunter war wohl auch James Belushi) mit Herz und lockerer Hand gefertigt und hier und da sehr komisch. Dies gilt auch für die hervorragende deutsche Synchronarbeit. Leider wurden die Bemühungen von Golan und Globus jedoch lediglich aufs Erbärmlichste vom Publikum honoriert, so dass man sich in der Folge flugs wieder aufs politisch unkorrekte Actionsegment verlagerte und noch einige harte Bronson- und Dudikoff-Filme nachlegte, bevor dann ein paar Jahre später endgültig Schluss war mit dem Studio. Heute kennt diesen Film mit seinem etwas sperrigen Titel leider kaum mehr jemand; eine DVD-Veröffentlichung wäre dennoch - oder vielleicht gerade deshalb - nachhaltig begrüßenswert.

7/10

Jack Smight Cannon Buddy Movie Los Angeles


Foto

RETURN FIRE (Neil Callaghan/USA 1988)


"Wrong answer."

Return Fire (Return Fire - Dschungelwolf II) ~ USA 1988
Directed By: Neil Callaghan

Nachdem Steve Parrish (Ron Marchini) mit Mühe und Not aus Mittelamerika nach San Francisco zurückkehren kann, findet er sich daheim sogleich unter Dauerbeschuss. Dahinter steckt sein früherer Chef Carruthers (Adam West), der krumme Geschäfte mit dem Kokainboss Petroli (D.W. Landingham) macht. Carruthers entführt Parrishs Sohn Zak (Dax Nicholas), woraufhin der erprobte Einzelkämpfer zu rotieren beginnt.

Der deutsche Titel ist hier einmal mehr etwas irreführend, den "Return Fire" ist bereits das zweite Sequel zu "Forgotten Warrior", wenngleich es zeitlich und inhaltlich eine wesentlich kleinere Lücke zum direkten Vorgänger zu schließen hat. Nichtsdestotrotz demonstriert der Film, dass selbst Ron Marchini mit einem halbwegs fähigen Regisseur an seiner Seite durchaus Solides abzuliefern im Stande war: Die gelangweilte Willkür aus "Jungle Wolf" weicht im (sub-)urbanen Setting immerhin einer halbwegs patenten Folge ordentlich inszenierter Actionszenen, in denen Marchini sich einstweilen sogar als recht wagemutiger Stuntman profilieren kann. Natürlich darf man nichts wahrhaft Großartiges erwarten, aber innerhalb der gigantischen B-Action-Schwemme der Achtziger steht "Return Fire" durchaus seinen Mann und hält einen über die volle Distanz mehr als halbherzig bei der Stange. Mit Abstand bester Film der kleinen Trilogie.

6/10

Neil Callaghan Ron Marchini Sequel Trash Independent


Foto

SUPER (James Gunn/USA 2010)


"Maybe you have to be bored sometimes."

SUPER ~ USA 2010
Directed By: James Gunn

Der gottesfürchtige Hamburgerbrater Frank D'Arbo (Rainn Wilson) entschließt sich eines Tages, als Superheld 'Crimson Bolt' auf Verbrecherjagd zu gehen, primär, um seine von dem Drogengangster Jacques (Kevin Bacon) abgeschleppte und abhängig gemachte Frau Sarah (Liv Tyler) zurückzuerobern. Die durchgeknallte Comicverkäuferin Libby (Ellen Page) hilft Frank als sein Sidekick 'Bolty'.

Nu is' aber bitte mal gut. "SUPER" wäre dann jetzt binnen kürzerer Zeit nach "Defendor" und "Kick-Ass" die dritte (und die zweite vorlagenlose) Filmstory, in der irgendein Simplicissimus und/oder Verlierertyp seinen Brass auf die Welt mit dem Tragen eines Kostüms kompensiert und schließlich auf einen veritablen Gangsterclan losgeht, um wahlweise seine Geliebte herauszuboxen und/oder der Gerechtigkeit (bzw. den Zehn Geboten) genüge zu tun. James Gunn neigt dabei allerdings zur sanften Denunziation seines Helden, dessen eher eingegrenzter Intellekt und lebenslange Erfahrungen mit Bullys jeder Art ihn schwer gottesfürchtig und darüber hinaus auch ein bisschen schizo haben werden lassen. Unter anderem haut Frank D'Arbo einem frechen Kinokassenvordrängler (und seiner Freundin) was mit der Rohrzange auf die Nuss. Vigilantismus ist also mit Vorsicht zu genießen, wie wir lernen. Und überhaupt geht "SUPER", und da hätten wir dann auch seine Qualität und Existenzberechtigung, deutlich schärfer mit dem Thema um als seine beiden "Vorgänger". "Defendor" war im Grunde nichts anderes als die rührselige Geschichte eines sich kostümierenden Forrest Gump, "Kick-Ass" fütterte daraufhin genau jene Publikumsschichten mit Zuckerlis, die Millars Comic noch verächtlich machte. Davon nimmt "SUPER" Abstand: Der erweist sich dann auch eher als kleine, ins Absurde überführte Hommage an ältere Themenbeiträge wie "Death Wish", "Taxi Driver" oder "Exterminator": Wir sind zwar irre, haben aber eine blutige Mission zu erfüllen. Also bitte.

7/10

James Gunn Superhelden Splatter Schwarze Komödie Drogen Satire Comic Groteske


Foto

TATORT - SCHWARZES WOCHENENDE (Dominik Graf/BRD 1986)


"Ich hab' Zeit."

Tatort - Schwarzes Wochenende ~ BRD 1986
Directed By: Dominik Graf

Ein schwarzes Wochende für Schimanski (Götz George): Nachdem er Zeuge wurde, wie ein amoklaufender Geiselnehmer (Martin May) sich selbst mit einer Handgranate in die Luft gejagt hat, gerät er in die blutige Fehde der Möbelfabrikanten-Familien Möhlmann und Hencken, die mehrere Todesopfer fordert. Dabei ist der Auslöser des jüngsten, harschen Familienstreits eigentlich ein denkbar banaler...

Der erste von bislang zwei "Tatort"-Filmen, die Dominik Graf inszeniert hat. Sowohl in inhaltlicher als auch in inszenatorischer Hinsicht übersteigt "Schwarzes Wochenende" deutlich die bisherigen zwölf Duisburg-Beiträge der Reihe. Graf meistert die Gratwanderung zwischen einer Spiegelung des Innenlebens Schimanskis, der sich hier im Gegensatz zu seinem eher diametral charakterisierten Kollegen und Freund Thanner (Energhard Feik) als sehr angreifbar und verletzlich zeigt, wenn es um die Gewalt-Ausübung bei der Feld-Arbeit geht. Aus genau diesem Umstand bezieht "Schwarzes Wochenende" ja überhaupt erst Idee und Titel. Ingesamt gibt es nicht weniger als vier Mordopfer zu beklagen - deutlich mehr als gewohnt - und jedes einzelne davon nimmt Schimanski als weitere, persönlich eingeschätzte Fehlleistung nur noch umso mehr mit. "Das nächste Mal bin ich rechtzeitig zur Stelle," flüstert er nach der Entdeckung des gewaltsamen Todes von Vera Karpinski (Mariele Millowitsch) - und behält - Graf gesteht im zumindest das zu, vor dem endgültigen moralischen Rückgratbruch - Recht. Danach konnte dann alles wieder eine Spur entspannter und komplexitätsreduzierter angegangen werden. Zumindest bis zu Grafs erschütterndem 95er-Meisterwerk "Frau Bu lacht".

9/10

Dominik Graf Schimanski Tatort TV-Film Duisburg Ruhrpott Familie Fehde


Foto

TATORT - DAS HAUS IM WALD (Peter Adam/BRD 1985)


"Du hast jetzt Funkstille, Kaffer."

Tatort - Das Haus im Wald ~ BRD 1985
Directed By: Peter Adam

Schimanski (Götz George) wird just in der Nacht vor einem Gerichtstermin, bei dem er als Hauptzeuge gegen einen Unterweltboss aussagen soll, von der mysteriösen Ulla Mangold (Christiane Lemm) in eine Stadtkneipe bestellt. Ulla bittet Schimmi um Hilfe bezüglich ihres Ehemannes, des Entrhüllungsjournalisten Michael "Mungo" Mangold (Nicholas Brieger): Dieser hat offenbar wichtige Beweise gegen die Machemschaften eines Kaffefahrten-Unternehmers gesammelt. Schimanski soll Ulla nach Hause zu begleiten, wo er die entsprechenden Unterlagen sichten könne. Im abgelegenen Haus der Mangolds angekommen, ist der Ermittler zum Dortbleiben und Übernachten gezwungen, denn Ullas Wagen springt nicht mehr an. Am nächsten Morgen fallen plötzlich Schüsse aus dem angrenzenden Wald. Zusammen mit dem Milchlieferanten Franz (Dominic Raacke) finden sich Ulla und Schimanski im Haus eingeschlossen und belagert, ohne die Möglichkeit der Kontaktaufnahme nach draußen. Glücklicherweise wird Thanner (Eberhard Feik) schon bald stutzig...

Ein recht ungewöhnlicher Beitrag zur Reihe, der hermetischen, kammerspielartigen Handlungsprämisse, des, mit Ausnahme der Parallel-Ermittlungen von Thanner, strikt eingegrenzten Schauplatzes sowie der überschaubaren Personalsituation wegen. "Das Haus im Wald" begreift sich als Hommage an all die großen Belagerungs-Filme des Kinos, von "Escape From Fort Bravo" über "Rio Bravo" und "Night Of The Living Dead" bis hin zu "Assault On Precinct 13": Eine unüberblickbare Anzahl fast durchweg anonymer Gegner wartet im Verborgenen, um die kleine "Heldenschar" der Eingeschlossenen wahlweise zu erpressen, zu dezimieren, oder gleich komplett auszuradieren - im Zweifelsfall alles drei. Hauptbösewicht in "Das Haus im Wald" ist ein gelackter, psychotischer Drogendealer namens Sonny (Andras Friskay), dessen überborderndes, größenteils improvisiert wirkendes Overacting genau den beabsichtigten Effekt erzielt: Man hat schlichtweg Angst vor seiner potenziell irrationalen Handlungsweise, seiner Unberechenbarkeit. Adams Film geriert sich deutlich spannender als das Gros der übrigen Schimanski-Tatort-Filme, was auch von immenser Bedeutung ist, da der sonst übliche, charakteristische Milieu-Effekt der Sub-Serie hier fast völlig außen vor gelassen wird. Da bedarf es anderer Reizauslöser, um den Zuschauer bei der Stange zu halten. In einer schönen Nebenrolle als Drogenfahnder dabei: Rolf Zacher.

8/10

Tatort Peter Adam Schimanski Duisburg Wald Belagerung TV-Film Drogen Heroin


Foto

TATORT - DOPPELSPIEL (Hajo Gies/BRD 1985)


"Jetzt ma' langsam hier, Bruder..."

Tatort - Doppelspiel ~ BRD 1985
Directed By: Hajo Gies

Über den anscheinenden Selbstmord einer depressiven, jungen Frau stoßen Schimanski (Götz George) und Thanner (Eberhard Feik) auf die global existente Sekte "Kirche der Gemeinschaft", deren Stifter, ein Südkoreaner, in den Staaten lebt. Verteter der Gruppe im Duisburger Raum ist der gelackte Gassmann (Franz Buchrieser), der jede Beteiligung der Sekte am Tod der Frau leugnet und auch ihren gestörten Ehemann, den Makler Stark (Wolf-Dietrich Sprenger) in Schutz nimmt. Doch sind die Methoden der Sekte Schimanski nicht geheuer. Und siehe da: Bald stößt er hinter den Kulissen auf Drogen- und Waffengeschäfte. Zusammen mit der Aussteigerin Ann Silenski (Angelika Bartsch) kommt Schimmi Gassmann auf die Schliche.

Wenngleich das Mitte der Achtziger nochmal boomende Sektenwesen als periodisches Sujet eines Schimmi-Klassikers durchaus seinen Reiz besitzt, muss der Film zu den unausgereiftesten der Serie gezählt werden. Die Handlung wurde mühselig um das Sektenthema herumgestrickt und mit dem banalen TV-Krimi-Rahmen und illegale Deals kontextualisiert. Dabei konnte man es sich nicht verkneifen, der (akzentuiert) antikommunistischen Gruppierung ein intensives Martial-Arts-Training zu verordnen, wobei die entsprechenden Sequenzen wirken, wie aus dem Christian-Anders-Heuler "Brut des Bösen" abgeschaut. Da speziell Gies - man merkt es der oftmals desinteressierten Inszenierung deutlich an - "Doppelspiel" merklich wenig ernst nimmt und ihn scheinbar als Schnellschuss und/oder Abschreibungsproduktion begreift, bleibt sein Film bis auf ein paar mittelmäßige bis gute Gags, die sich vor allem aus dem respektlosen bis beleidigenden Umgang Schimanskis mit den Religionsheinis ergeben, eher farblos.

5/10

Tatort Schimanski TV-Film Hajo Gies Duisburg Ruhrpott Sekte


Foto

TATORT - KIELWASSER (Hajo Gies/BRD 1984)


"Man tut, was man kann."

Tatort - Kielwasser ~ BRD 1984
Directed By: Hajo Gies

Der Internist Dr. Waldorf (Felix von Manteufel) platzt mit einer Mordanklage in Schimanskis (Götz George) und Thanners (Eberhard Feik) Büro. Der Industrielle Baumgarten (Hermann Treusch) habe den alternden Schiffer Kaiser so lange ungeschützt mit chemischem Giftmüll hantieren lassen, bis dieser irgendwann an Krebs gestorben sei. Zudem müsse Waldorf nun selbst um sein Leben fürchten - just dieser Anschuldigung wegen. Schimanski und Thanner wimmeln den hysterischen Mann ab. In der folgenden Nacht wird Waldorf ermordet aufgefunden. Der Hauptverdächtige Baumgarten gibt sich den Anschein des respektablen Großbürgers, was Schimanski alles andere als behagt.

Schimmi als Öko-Cop. Dass der Pott stinkt, rußig ist und grau, versucht "Kielwasser" gar nicht zu verheimlichen - im Gegenteil macht er ganz klar, dass dies einer typische Prä-Strukturwandels-Charaktereigenschaft der Region ist. Dennoch: als irgendwann blutrote Toxine in den Rhein sprudeln, wird es selbst dem unverwüstlichen Kommissar zu viel. Schließlich will man hier auch in dreißig Jahren noch ungestört seine Currywurst mit Pommes essen. Dass ausgerechnet ein Lackaffe wie der arrogante Baumgarten - ein gespuckter Antagonist für Schimanski (den man bald darauf in der Figur des von Charles Brauer gespielten Grassmann in "Zahn um Zahn" nochmal reanimierte) - verantwortlich ist für all dieses üble Gestinke, kommt dem Mann mit der Rotzbremse nur gelegen. Trotzdem, Selbstjustiz lässt Schimmi - hier(!) - noch nicht durchgehen. Dafür trinkt er mit der würdevollen Vigilantin (Elizabeth Kasa) noch einen letzten Kaffee, bevor er sie schweren Herzens einbuchten muss.

8/10

Tatort Schimanski Hajo Gies TV-Film Hafen Duisburg Ruhrpott Umweltverschmutzung Rhein


Foto

SHATTERED (Wolfgang Petersen/USA 1991)


"That could keep a guy on his toes, huh?"

Shattered (Tod im Spiegel) ~ USA 1991
Directed By: Wolfgang Petersen

Nach einem schweren Autounfall in den Bergen leidet der Industrielle Dan Marrick (Tom Berenger) nicht nur an einem völlig entstellten Gesicht, sondern zudem an Gedächtnisverlust. Er kann sich nicht mehr an seine eigene Identität erinnern und muss erst nach und nach wieder lernen, im Leben zurecht zu kommen. Dabei unterstützt ihn seine liebevolle Frau Judith (Greta Scacchi). Nachdem Dans Gesicht von der plastischen Chirurgie komplett wiederhergestellt werden konnte und er gerade dabei ist, sich wieder in seinen früheren Alltag einzugliedern, stößt er auf den Detektiv Gus Klein (Bob Hoskins), den Dan offenbar vor dem Unfall mit dem Auftrag betraut hatte, Judith eine Affäre mit einem gewissen Jack Stanton (Scott Getlin) nachzuweisen. Es ist also doch nicht alles so eitel Sonnenschein wie es scheint, zumal Stanton mitnichten verschwunden ist, sondern sich bald wieder in das Leben der Merricks einmischt...

Eher trivialer Kriminalfilm, der sich wohl primär als Hommage an Hitchcock und die schwarze Serie versteht, insgesamt jedoch allzu oberflächlich und nachlässig bleibt, als dass er wirklich begeistern könnte. Am besten funktioniert "Shattered" immer noch als bares Erzählkino, denn die mit einem schönen twist versehene Story, der man beim ersten Mal noch mit einiger Atemlosigkeit folgt, ist recht spannend konstruiert und wird auch entsprechend wiedergegeben. Ist die Auflösung jedoch einmal bekannt, bleibt nicht allzu viel übrig, was das wiederholte Ansehen des Films reizvoll macht. Da wären immerhin ein paar gekonnte Einstellungen von dem wortwörtlich nebulösen Schiffswrack oder vom nächtlichen San Francisco nebst seiner Brücke. Petersens zweite reine Hollywood-Produktion nach "Enemy Mine" demonstriert jedoch vor allem eines: die überdeutlichen Bemühungen des Regisseurs, sich von seiner deutschen (Film-)Vergangenheit zu emanzipieren. Dabei soll ergo alles möglichst amerikanisch wirken und aussehen; der interkontinental-distanzierte Blick bleibt jedoch stets allgegenwärtig - ein Umstand, den erst Petersens nächster Film, "In The Line Of Fire", endgültig ausräumen konnte. Manches läuft auch über die unsympathische Darstellerriege quer. Mit Ausnahme von Bob Hoskins, der nach "Who Framed Roger Rabbit" gleich nochmal den bewährten, im Trüben fischenden Schnüffler mit Herz zu geben hatte, und dies erwartungsgemäß erfolgreich, hat man es durch die Bank mit Akteuren und Aktricen zu tun, die sich ihre Meriten nicht umsonst allesamt in Bösewichtsrollen verdient haben. Ich habe Tom Berenger im Grunde nie etwas anderes abgenommen als den ewigen Sergeant Barnes.

6/10

Wolfgang Petersen Amnesie San Francisco film noir neo noir


Foto

RED (Trygve Allister Diesen, Lucky McKee/USA 2008)


"You don't always need to see the truth to know it."

Red ~ USA 2008
Directed By: Trygve Allister Diesen/Lucky McKee

Red, der vierzehnjährige Mischlingshund des alternden Ladenbesitzers Avery "Ave" Ludlow (Brian Cox) wird aus rein sadistischem Vergnügen während eines von Aves Angelausflügen von drei Jugendlichen erschossen. Zwei von ihnen (Noel Fisher, Kyle Gallner) sind die Söhne des arroganten Neureichen McCormack (Tom Sizemore), der unbeirrt zu seinen Sprösslingen steht. McCormack hat zudem auch die Eltern (Robert Englund, Amanda Plummer) des dritten Beteiligten (Shiloh Fernandez) in der Tasche. Mit seinem Wunsch nach einer bloßen Entschuldigung und Rechtfertigung für die sinnlose Tat steht Ave ergo allein da. Selbst sein alter Anwaltskumpel Sam (Richard Riehle) und die von diesem eilends herbeigerufene Boulevardjournalistin Carrie (Kim Dickens) können ihm nicht helfen, im Gegenteil: Je mehr Ave bei McCormack insistiert, desto schärfer werden dessen Attacken gegen Aves Hab und Gut. Als Ave schließlich mit dem Körper des toten Red bei den McCormacks auftaucht, eskaliert die Situation.

Da glaubt man blauäugig, "Gran Torino" und "Harry Browwn" hätten den Rentnerthriller spektakulär revitalisiert und erfährt dann mit zwei Jahren Verspätung, dass diese Ketchum-Verfilmung namens "Red" längst denselben Weg eingeschlagen hatte, und das schon ein gutes Jahr zuvor und in nicht minder hervorragender Weise. Leider ist der Film von Diesen und McKee im Vergleich zu seinen beiden Nachzüglern - auch von mir - sträflich missachtet und vernachlässigt worden. Man kann sich bereits im Vorhinein ausmalen, dass der kantige, bärbeißige Brian Cox Eastwood und Caine in Nichts nachsteht und wird darin auch vorbehaltlos bestätigt. Allerdings geht es bei ihm, Vietnam-Veteran und in der provinziellen Gegend beliebter Kauz, nicht so sehr um den offensiven Widerstreit gegen das Altenteil. Jedoch verlegt er, eine Art alternder Michael Kohlhaas der US-Provinz, sich, genau wie Walt Kowalski und Harry Brown, irgendwann auf die Selbstjustiz, als er resignierend zu registrieren hat, dass Law and Order viel leisten, aber nichts für einen allein lebenden Hundebesitzer, der seinen besten Freund vom Baby- bis ins Seniorenalter stets an seiner Seite hatte und dessen Gegenwart zudem das letzte lebendige Relikt einer einstmals glücklichen Familie symbolisiert.
Wie "The Girl Next Door" verkneift sich auch "Red" jedwedes Exploitation-Element, bleibt stets gediegen und moderat gegenüber seinem Personal und zirkuliert mehr im dramatischen Fach denn im Thrillergenre. So oder so ein höchst sehenswerter Film, der, da hatte Freund Pasheko absolut Recht, mir als Hundefreund besonders das Herz hatte berühren können. Und nicht nur dieses: Das wunderschöne, hoffnungsvolle Ende öffnete mir sämtliche Schleusen und ließ mich hemmungslos Rotz und Wasser heulen.

8/10

Tryve Allister Diesen Lucky McKee Hund Familie Rache Jack Ketchum


Foto

THE GIRL NEXT DOOR (Gregory Wilson/USA 2007)


"They've got cures these days."

The Girl Next Door (Jack Ketchum's Evil) ~ USA 2007
Directed By: Gregory Wilson

Der wohlsituierte Manager David Moran (William Atherton) denkt immer wieder an eine furchtbare Begebenheit in seiner Kindheit zurück, die er nie überwinden konnte. Als David mit zwölf Jahren (Daniel Manche) ein, wie sich herausstellen soll, nur augenscheinlich beschauliches Vorstadtleben führt, zieht eines Tages das Schwesternpaar Meg (Blythe Auffarth) und Susan (Maddie Taylor) bei seinen Nachbarn, den Chandlers, ein. Nachdem die Eltern der beiden Schwestern einen tödlichen Autounfall hatten, müssen sie zu ihren nächsten Verwandten ziehen. Die alleinerziehende Ruth Chandler (Blanche Baker) ist bei den Kindern der Straße sehr beliebt. Die Jungs dürfen bei ihr rauchen und Bier trinken und sie macht gern derbe Scherze. Meg und Susan erleben die Realität im Hause Chandler jedoch anders und David bekommt das immer öfter mit. Angefangen mit kleinen Demütigungen und Übergriffen sehen sich die Mädchen bald offenem, immer schlimmer werdendem, physischem und psychischem Missbrauch gegenüber. Besonders Meg hat unter den Quälereien unter Ruths Ägide schwer zu leiden. David nimmt sich vor, die beiden zu befreien, macht damit jedoch alles nur noch schlimmer.

Nachdem ich erst kürzlich via "The Woman" auf Jack Ketchum gestoßen bin und meinen ersten Roman von ihm gelesen habe, steht nun eine kleine Reihe mit den vorherigen Filmadaptionen seiner Werke an. "The Lost" befindet sich noch in der postalischen Pipeline, daher habe ich mir erlaubt, mit "The Girl Next Door" zu beginnen. Zunächst mal muss gesagt werden, dass Wilsons Film eine fast durchweg hervorragende Buchadaption ist, in der von einer Ausnahme abgesehen lediglich Kleinigkeiten modifiziert wurden, die ansonsten jedoch stets überdicht, praktisch dialoggetreu, an der Vorlage bleibt. Dabei pflegt Wilson bei aller Härte, die der Stoff bereits thematisch impliziert, eine relative visuelle Dezenz; er entgeht der verlockenden Falle, die unter den Argusaugen der Matriarchin immer wieder nackt im Keller angebundene, befummelte und schließlich vergewaltigte Meg zum voyeuristischen Objekt des Zuschauers verkommen zu lassen. Von Exploitation keine Spur. Auch darin begegnen Film und Buch sich auf Augenhöhe, denn wenngleich Ketchums verbale Schilderungen einen deutlich intensiveren Effekt hinterlassen, so geht es ihm nie darum, Leser-Obsessionen zu bedienen. Der Topos behält stets genau jene unangenehme Konnotation, die ihm gebührt. Dennoch konnte ein gewisses Gefühl der filmischen Blässe, dem ich allerdings nicht zur Gänze Ausdruck verleihen kann, nie ganz von meiner Seite weichen. Möglicherweise hätte ich mir noch etwas eingehender aufspielende Akteure gewünscht. Vor allem Daniel Manche, der den jungen Daniel Moran spielt, scheint mir keine besonders glückliche Wahl für diese Rolle gewesen zu sein. Im Roman kann selbst er sich anfänglich jener diabolischen Faszination angesichts der erniedrigten Meg nicht entziehen und ist durch ihre erzwungene Blöße latent erregt. Dies ist der Punkt, den der Film nicht (mehr) mitspielen mag. Bei Wilson wird aus dem nicht ganz rechtzeitig erstickten Keim der Perversion mitsamt dem dräuenden, schlechten Gewissen der Folge eine unterlassene Hilfeleistung aus purer Angst vor Repressalien. Keine mutige Entscheidung.

7/10

Gregory Wilson Jack Ketchum Kleinstadt Freundschaft Independent Sexueller Missbrauch Folter





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare