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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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SAVAGE STREETS (Danny Steinmann/USA 1984)


"Who the fuck are you - the principal?"

Savage Streets (Savage Street - Straße der Gewalt) ~ USA 1984
Directed By: Danny Steinmann

Ein Streit zwischen der toughen Mädchengang der renitenten High-School-Schülerin Brenda (Linda Blair) und den Jungs des fiesen Jake (Robert Dryer) eskaliert, als das Quartett Brendas taubstumme kleine Schwester (Linnea Quigley) vergewaltigt und krankenhausreif prügelt. Als ein weiteres Mädchen (Debra Blee) von Jake ermordet wird, kennt Brendas Rache kein Halten mehr.

Ein Exploiter wie man ihn sich wünscht: Schmierig, hart und hormongeschwängert, angereichert zudem mit übelster Achtziger-Synthie-Hardrockmucke aus einer der unteren Schubladen. Wenngleich es hier vordergründig um eine pausbackige Heldin geht, ist "Savage Streets" natürlich ausschließlich für Jungs gemacht, vornehmlich solche, die sich entwicklungsmäßig gerade irgendwo zwischen Prä- und Postpubertät befinden. In kognitiver genügt freilich auch das frühe Säuglingsalter. Die zahlreichen Dummheiten des Films, die ihn so herrlich komisch machen, erscheinen retrospektiv so dreist, dass sie einem fast wie beabsichtigt vorkommen. Dass Highschool-Kids aussehen wie 25 bis 30 ist im amerikanischen Film keine Seltenheit, aber Linda Blair schießt da wortwörtlich schon den Vogel ab. Natürlich per Armbrust, denn ein markentypisches Mordinstrument braucht jeder Vigilant, das wissen wir nicht erst seit dem "Exterminator". Danny Steinmanns Gespür für Geschmacklosigkeiten darf heute jedenfalls als semilegendär bezeichnet werden. Leider hat sich der Mann nach einem Porno in den frühen Siebzigern und drei waschechten Genrestücken in der Folgedekade nichts mehr von sich hören lassen. Verdammt schade!

6/10

Danny Steinmann Sleaze Exploitation Los Angeles Schule Rache Rape & Revenge Selbstjustiz


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THE BIG EASY (Jim McBride/USA 1986)


"This is the Big Easy. Folks have a certain way of doin' things down here."

The Big Easy (Der große Leichtsinn - The Big Easy) ~ USA 1986
Directed By: Jim McBride

Wenngleich Detective Remy McSwain (Dennis Quaid), Abkömmling einer langen Linie von Cajuns und Detective beim New Orleans Police Department, sich sogleich in die neue Staatsanwältin Anne Osborne (Ellen Barkin) verkuckt, so stehen ihm doch harte Zeiten bevor. Anne hat nämlich die hauseigene Korruption der Polizei von 'The Big Easy' im Visier und auch Remy drückt gegen entsprechendes Entgelt gern hier und da mal ein Auge zu. Das ist eben hier so, im Süden. Als jedoch eine Reihe brutaler Morde im Gangstermilieu die Stadt erschüttert und Zeugen immer öfter von verdeckt am Tatort aufgetretenen Polizisten sprechen, muss selbst Remy zugeben, dass sein Department noch sehr viel tiefer im Sumpf steckt als er es bislang wahrhaben wollte.

Sympathischer und zugleich typischer Polizeifilm der späteren Achtziger: Geschult an den Filmen Lumets und den Geschichten James Ellroys lag Jim McBride, der seinen Werken zugleich häufig gern eine kleine Dreingabe feminin orientierter Erotik beifügt, gleichfalls daran, der Südstaaten-Metropole New Orleans ein Denkmal zu setzen - spielen doch die großen zeitgenössischen Polizeifilme prinzipiell in L.A., New York, San Francisco oder bestenfalls mal in Chicago. Dass jedoch auch New Orleans, in Fachkreisen als 'The Big Easy' tituliert, eine kapitale organisierte Kriminellenkaste sowie eine erzkorrupte Bullerei vorweisen kann, das wird angesichts von Jazz, Blues, Sumpf und Bourbon nur allzu gern übersehen. So treten einige Stadtgrößen und -afficionados in charmanten Cameos auf, die die Thesen des Scriptautors Daniel Petrie Jr. zu stützen gedenken: Marc Lawrence etwa, archetypischer Darsteller italienischer Mafiosi, der massige Bluesman Solomon Burke oder der betreffs seiner präsidentenpostumen, verschwörungswitternden Kennedy-Bohrungen populär gewordene Richter Jim Garrison (letzterer witzigerweise als er selbst). Da verkommen die spielfreudigen Quaid und Barkin, sowie ihr Support, darunter Ned Beatty und John Goodman, fast zur illustren Staffage. McBrides routinierter Formalismus erweist sich indes als bequem und professionell, ebenso jedoch als konventinell und überraschungsarm. Insgesamt ein - wenngleich ansehnliches - Musterbeispiel für formelhafte Krimi-Unterhaltung seines Jahrzehnts.

7/10

Jim McBride Heroin Drogen Mafia New Orleans Korruption Amour fou Südstaaten


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CASSANDRA (Colin Eggleston/AU 1986)


"Warren... it's you!"

Cassandra ~ AU 1986
Directed By: Colin Eggleston

Die junge Cassandra (Tessa Humphries) hat merkwürdige Kindheitsvisionen und Albträume, in denen eine Frau in einem Provinzhaus vorkommt, die sich erschießt sowie ein kleiner Junge, der die Frau zum Selbstmord anstachelt. Nicht genug damit, dass Cassandsra erfahren muss, dass ihr Vater Stephen (Shane Briant) und ihre vermeintliche Mutter Helen (Briony Behets) ihr nicht nur jahrelang eine verlogene Charade vorgespielt haben, sondern dass ihr Stephen zudem gerade im Begriff ist, erneut Vater zu werden, schlägt urplötzlich auch noch ein mysteriöser Killer zu, der jeden in der Familie und deren Bekannte attackiert...

Horrorfilme, die heißen wie ihre kindlichen oder jugendlichen ProtagonistInnen bilden schon so etwas wie eine genreinterne, spezifische Traditionsgemeinde. Nach dem auf wohlige Weise beunruhigenden Ökothriller "Long Weekend" und zwei weiteren, mir bislang leider unbekannten Suspense-Beiträgen versuchte sich Colin Eggleston also an diesem leider nur mäßig geglückten Serienkiller-Drama. Als sich endlich herausstellt, wer sich hinter der Identität des aus dem Verborgenen agierenden Mörders versteckt, hat der Zuschauer längst jegliches Interesse am Film verloren, denn Eggleston bewerkstelligt es kaum, Empathie für seine Figuren zu evozieren; alles bleibt merkwürdig gedämpft, marginal und farblos, eine sich bei landläufig arrivierten US-Vorbildern wie "Halloween" bedienende Plagiatsschwalbe macht eben noch keinen Originalitätssommer und so fand ich bis auf ein paar überraschend gewalttätige Schrecksekunden wenig bis nichts an "Cassandra", das eine besonders wohlwollende Qualitätseinordnung meinerseits rechtfertigte.

4/10

Colin Eggleston Australien Serienmord Madness Familie Geschwister


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THE CHAIN REACTION (Ian Barry/AU 1980)


"Hans wants to save - but there ain't enough fingers in the world..."

The Chain Reaction (Die Kettenreaktion) ~ AU 1980
Directed By: Ian Barry

Nach einem Unfall in einem australischen Atomkraftwerk, bei dem der Kernphysiker Heinrich Schmidt (Ross Thompson) im Zuge eines Interventionsversuchs stark verseucht wird, gelangt ferner eine große Menge der ausgetretenen Radioaktivität ins Grundwasser. Die Atomlobby versucht mithilfe zweier Finsterlinge (Ralph Cotterill, Patrick Ward), alle Mitwisser, notfalls unter Anwendung von tödlicher Gewalt, zum Schweigen zu bringen. Schmidt, dem die Informierung der Öffentlichkeit am Herzen liegt, gelingt jedoch die Flucht aus dem Krankenhaus. Nach einem Unfall, der eine zwischenzeitliche Amnesie zur Folge hat, gelangt Schmidt auf dem Lande an das Ehepaar Larry (Steve Bisley) und Carmel Stillson (Arna-Maria Winchester), die bald darauf selbst unangenehme Bekanntschaft mit Schmidts Verfolgern schließen.

Barrys in Ansätzen durchaus brauchbarer Atom-Paranoia-Thriller, der sich auf die Spur von Bridges' "The China Syndrome" setzt und dessen Thema mit einer Prise "Mad Max"-Beweglichkeit versetzt (viele Beteiligte dieses Films geben sich auch in "The Chain Reaction" die Klinke in die Hand, darunter Mel Gibson in einem unkreditierten Mini-Cameo), kommt leider erst gegen Ende, im Zuge eines krachenden Showdowns, vollends aus der trägen Hüfte und entwickelt sein eigentliches Potenzial. Zuvor kommt die Story um böse Kernkraft-Kapitalisten (kurz als 'W.A.L.D.O.' eingeführt) und deren Gegner von der Anti-Nuklear-Liga leider nur recht umständlich und schleppend in Gang. Barry lässt zwar durchblicken, dass ihm an seinem ökologisch hehren Ansinnen durchaus gelegen ist und vermeidet auch eine allzu grobe Trivialisierung des Stoffes; das Hin und Her zwischen den im Laufe der Geschichte tangierten Personen bleibt aber zu unbeteiligt, um permanentes Interesse wecken und vor allem aufrecht erhalten zu können.

5/10

Australien Kernkraft Verschwörung Familie Ian Barry George Miller


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TWISTED NERVE (Roy Boulting/UK 1968)


"Martin bad. Martin dead."

Twisted Nerve (Teufelskreis Y) ~ UK 1968
Directed By: Roy Boulting

Martin (Hywel Bennett), ein von seiner Mutter (Phyllis Calvert) verhätschelter Twen, Rumtreiber und jüngerer Bruder eines mit dem Down-Syndrom geborenen Behinderten, pflegt nicht nur einen überaus bizarren Humor. Eines Tages wird der Hass auf seinen reichen Stiefvater (Frank Finlay) so übermächtig, dass Martin durchdreht und ihn umzubringen plant. Zu diesem Zweck gibt er vor, nach Frankreich zu reisen, versteckt sich jedoch in einem Vorort Londons im Motel der Witwe Mrs. Harper (Billie Whitelaw). Zudem hat er ein Auge auf deren knackige Tochter Susan (Hayley Mills) geworfen...

Grandiose Fallstudie eines psychischen Zerfalls, motivisch sicherlich stark beeinflusst von Hitchcock und der legendären Killer-Trilogie der Anglo-Amalgamated, dabei aber doch eigenständig und stilsicher genug, um unter Garantie niemals in den Verdacht der Ideenlosigkeit zu geraten. Boulting erweist sich in seinem vielleicht nachhaltigsten Film als versierter Regisseur, der mit der richtigen Unterstützung kleine Film-Pralinés hatte schaffen können: Ein bravourös verfasstes, humorvolles und dennoch nie seine Bosheit aus den Augen verlierendes Script, eine durch die Bank phantastisch aufspielende Besetzung, Bernhard Hermanns buchstäbliche Wahnsinnsmusik mit jenem erst in diesem Jahrtausend zu verspätetem Ruhm gekommenen Pfeifthema - all das sind Ingredienzien für einen der schönsten so genannten "Psychothriller" seines gesamten Jahrzehnts; nicht nur aus dem Königreich, sondern weltweit.
Von historischer Besonderheit zugleich eine (schriftlich und mündlich) prologisch vorgestellte Apologie, welche den Film des Verdachts reaktionärer Genetik-Paraphrasen, die einen Zusammenhang zwischen behinderten und psychotischen Geschwistern suggerieren könnten, zu entheben versucht.

8/10

Roy Boulting Madness London Medizin


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LE FOTO DI GIOIA (Lamberto Bava/I 1987)


Zitat entfällt.

Le Foto Di Gioia (Das unheimliche Auge) ~ I 1987
Directed By: Lamberto Bava

Gioia (Serena Grandi), Ex-Erotik-Starlet und heuer Publizistin eines renommierten Nacktmagazins, sieht sich plötzlich von einem wahnsinnigen Killer verfolgt. Nachdem dieser zunächst zwei ihrer Models mittels "kreativer" Wege beiseite geschafft hat, stellt er auch ihrem persönlichen Freundeskreis nach.

Durchschnitts-Giallo, der von einigen netten visuellen Ideen lebt wie der, die subjektive Perspektive des in den Klimax-Momenten seines Zuschlagens delirierenden Killers jeweils als surreale Realitätsverzerrungen darzustellen. So verwandeln sich unter Rot- und Blaufiltern die Häupter seiner Opfer etwa in riesige Augäpfel oder Insektenköpfe. Ein sich als starke Bremsvorrichtung erweisendes Problem des Films ist derweil seine lustlos bis dilettantisch agierende Besetzung. Ein Fan von Milchkuh und Brass-Muse Serena Grandi war ich zugegebenermaßen sowieso noch nie, doch auch die ohnehin nie ganz unproblematische Daria Nicolodi und der hier mal wirklich extrem redundante George Eastman versagen gänzlich, von dem den behinderten und gleichsam perversen Nachbarn spielenden Karl Zinny gar nicht zu reden. So kann sich "Le Foto Di Giuia" nicht immer sicher davor schützen, ins gepflegt Nervige abzudriften, trotz Bava Jrs. intensiver Bemühungen, genau dem präventiv zu begegnen.

4/10

Lamberto Bava Giallo Serienmord Slasher Rom


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UNA SULL'ALTRA (Lucio Fulci/I, F, E 1969)


Zitat entfällt.

Una Sull'Altra (Nackt über Leichen) ~ I/F/E 1969
Directed By: Lucio Fulci

Nachdem seine asthmakranke Frau Susan (Marisa Mell) wegen einer falsch dosierten Beruhigungsmittelgabe gestorben ist, widmet sich der etwas naive Arzt George Dumurrier (Jean Sorel), der zusammen mit seinem Bruder Henry (Alberto De Mendoza) eine mittelmäßig gehende Klinik bei San Francisco bewirtschaftet, ganz seiner Freundin Jane (Elsa Martinelli). Als George überraschend erfährt, dass seine Frau eine stattliche Lebensversicherung abgeschlossen hat, deren Begünstigter er ist, gerät er zugleich in das Visier der Ermittler. Zudem taucht eine Striptänzerin namens Monica Weston (Marisa Mell) auf, die große Ähnlichkeit mit Susan aufweist. Als deren Leiche exhumiert wird und man feststellt, dass sie vorsätzlich vergiftet wurde, wird George wegen Mordes verurteilt und wandert in den Todestrakt von San Quentin. Kann Jane noch rechtzeitig seine Unschuld beweisen?

Stilvoll gemachter Erotikkrimi, der noch die frühe, andere Seite von Fulci zeigt, die mit seinen späteren harten Horror-Eskapaden bis auf eine markant-eigenwillige Federführung kaum etwas gemein hat. Noch einige Jahre vor De Palma zollt der Italiener der Wiedergänger- und Nekrophilie-Thematik, die Hitchcock mit "Vertigo" etabliert hatte, seinen persönlichen Respekt und schnürt ein schickes Sleaze-Päckchen mit einem starken Score von Riz Ortolani sowie einem ausgeprägten Geschmack für schöne Frauen, nominell Elsa Martinelli und Marisa Mell. Seine etwas eklektizistische, nicht immer entschlossen wirkende Bearbeitung, die mal mit split screens wie denen in "The Thomas Crown Affair" hantiert, sowie jene schätzenswerte, hier besonders stark ausgeprägte, dezidiert europäische Perspektive auf die nordamerikanische Urbanität aufweist, sieht man dem Film nur allzu gern nach, bleibt er doch jederzeit spannend und versteht es, den Zuschauer durch seine undurchsichtige Geschichte durchweg zu affizieren. Nett.

7/10

Lucio Fulci San Francisco Todesstrafe femme fatale neo noir Verschwörung Sleaze


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MACABRE (William Castle/USA 1958)


"Aaaaaahhhhhh!"

Macabre ~ USA 1958
Directed By: William Castle

Der Kleinstadtarzt Rodney Barrett (William Prince) ist unter seinen Mitmenschen wenig wohlgelitten: Er soll nicht nur die Schuld am Kindbetttod seiner Ehefrau (Dorothy Morris) tragen, sondern aktuell auch noch mitverantwortlich für das Dahinscheiden seiner blinden Schwägerin (Christine White) sein. Daran hat Barrett schwer zu knacken. Als dann noch seine kleine Tochter Marge (Linda Guderman) von einem unbekannten Wahnsinnigen entführt und lebendig begraben wird, ist Barrett dem endgültigen Zusammenbruch nahe, ebenso wie sein herzkranker, steinreicher Schwiegervater Wetherby (Philip Tonge). Barrett und seine Sekretärin Polly (Jacqueline Scott) haben nur noch wenig Zeit, das verschwundene Mädchen zu finden, denn die Luft wird knapp...

Noch 'n lustiger Gimmick-Film von William Castle. Diesmal versichert uns ein Einsprecher zu Beginn, dass eine 1000-Dollar-Lebensversicherung für jeden geltend gemacht werden kann, der während der Vorstellung des Films von einer Herzattacke dahingerafft wird - zumindest, sofern er nicht schon vorher unter kardialer Insuffizienz zu leiden hatte. Ein wunderbar campiger Film entrollt sich dann in den folgenden siebzig Minuten, dessen sich abwechselnde Stammschauplätze Friedhof und Beerdigungsinstitut sind und der vor keinem noch so abgeschmackten Geisterbahn-Mummenschanz zurückschreckt. Cine-Pulp für knutschende Autokino-Paare, wie er so nur in den späten Fünfzigern zu finden ist. Jacqueline Scott kreischt jedesmal die ganze Leinwand zusammen, wenn eine weitere Leiche auftaucht und die meisten Figuren sind, ganz, wie es sich für einen unbarmherzigen Schocker wie diesen geziemt, keinesfalls das, was sie zu sein vorgeben. Wie ernst das alles tatsächlich zu nehmen ist, führt den Zuschauern dann nochmal der witzige Zeichentrick-Abspann vor Augen, in dem die Darsteller getrennt nach tot und (über-)lebend aufgeführt werden.
Großer Spaß für kleines Geld!

7/10

William Castle Camp Nacht Friedhof


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BREAKHEART PASS (Tom Gries/USA 1975)


"There's more ways to pacify Indians than shootin' holes in them."

Breakheart Pass ~ USA 1975
Directed By: Tom Gries

Ein Militärzug ist auf dem Weg nach Fort Humboldt, um die dort durch eine grassierende Diphterie dezimierte Besatzung wieder aufzufüllen und Hilfsgüter mitzubringen. Im Zug befindet sich außerdem der Gouverneur Fairchild (Richard Crenna). An einem unterwegs liegenden Bahnhof steigen noch Marshal Nathan Pearce (Ben Johnson) und der soeben von ihm verhaftete Falschsspieler John Deakins (Charles Bronson) zu. Zwei Offiziere verschwinden indes spurlos. Bei der Weiterfahrt ereignet sich noch eine ganze Kette von vorgeblichen Unglücksfällen, die sich bald darauf als gezielte Anschläge herausstellen. Fürderhin ist Deakins mitnichten der Gauner, der er zu sein vorgibt, sondern ein verdeckt ermittelnder Secret-Service-Agent auf der Spur eines verschwundenen Waffenarsenals. Und in Fort Humboldt wartet keinesfalls die Diphterie, sondern der berüchtigte Killer Levi Calhoun (Robert Tessier) mitsamt seinen indianischen Verbündeten.

Schnörkellos guter Western-Krimi nach einem Roman und Script des ehedem beliebten Herrenromanautoren Alistair MacLean. Für Jill Ireland ergab sich mit der Rolle einer unschuldigen Offizierstochter eine weitere Gelegenheit zum Spiel an der Seite ihres Göttergatten, und auch sonst beherbergt "Breakheart Pass" eine bemerkenswerte Phalanx an Charakterköpfen, die noch heute als vorrangige Leinwandrepräsentanten jener Tage in den Köpfen präsent sind: Ed Lauter, Charles Durning, David Huddleston, Bill McKinney. Lauter spielt hier allerdings ausnahmsweise mal keinen Unsympathen, sondern den Sidekick des Helden. Was "Breakheart Pass" sonst noch von seinen Artgenosdsen abhebt, ist der konzentrierte, gleichfalls ungewöhnliche Handlungsschauplatz: Ein Zug auf dem Weg durch die gebirgige, verschneite Ödenei der Rockies, nur selten durchbrochen von inhaltlichen Schwenks zum von Unholden (Tessier mit dickem Rauschebart ist eine echte Schau!) besetzten Fort Humboldt. Ähnlich wie in Lumets meisterhafter Star-Menagerie "Murder On The Orient Express" gilt es hier, mittels detektivischen Geschicks auf jenem räumlich stark beschränkten Terrain einen oder mehrere Mörder dingfest zu machen. Be- und untermalt wird das Ganze durch die pointierte Fotografie Lucien Ballards sowie von einem herorragenden Goldsmith-Score und ist handwerklich durchweg unprätentiös gearbeitet, wie ein stabiler Eichentisch vom Schreiner nebenan. Ich bin mir übrigens zu neunundneunzig Prozent sicher, dass der ziemlich zu Beginn von Tessier per Kopfschuss erledigte Soldat am Telegraphen der junge Sam Elliott ist. Leider ließ sich dies nicht eindeutig verifizieren.

8/10

Tom Gries Nevada Idaho Gebirge Zug Indianer Verschwörung Alistair MacLean undercover


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THE LODGER (John Brahm/USA 1944)


"Haven't you enough men at your feet already?"

The Lodger (Scotland Yard greift ein) ~ USA 1944
Directed By: John Brahm

1888 wird das Londoner Rotlicht-Viertel Whitechapel von einer Serie von Frauenmorden heimgesucht, deren Urheber sich als ein "Jack The Ripper" zu erkennen gibt. Zeitgleich zieht der mysteriöse Mr. Slade (Laird Cregar) bei dem Ehepaar Bonting (Cedric Hardwicke, Sara Allgood) zur Untermiete ein, das zeitgleich seine Nichte Kitty Langley (Merle Oberon), einen aufstrebenden Revue-Star, bei sich beherbergt. Dass Mr. Slade, der als Pathologe in der Universitätsklinik arbeitet, zu den seltsamsten Zeiten kommt und geht und regelmäßig außer Haus ist, wenn der Ripper zuschlägt, erregt bald den Verdacht der Familie. Man kommt darin überein, Kitty nicht mit Slade allein zu lassen - dennoch ist die junge Frau von der geheimnisvollen Art des Untermieters fasziniert und lädt ihn zu ihrer nächsten Vorstellung ein - in Whitechapel...

Mit dieser Adaption des Schauerromans von Marie Belloc Lowndes, bereits der dritten nach einer Variation von Hitchcock und einer von Maurice Elvey, schuf John Brahm einen ganz vorzüglichen Horrorfilm der Vierziger, der nicht nur die Fox als führendes Genrefilm-Studio neben der Universal und Warner etablieren konnte, sondern bis heute von mancherlei Kino-Historikern als bester Ripper-Film überhaupt erachtet wird - und das weder unter motivischer Anbindung an die Vorlage, noch im Zeichen historischer Fakten. Brahms visuelle Ausflüge in den Expressionismus indes sind in der Tat von meisterhafter Kunstfertigkeit; niemand wird etwa vergessen können, wie Laird Cregar im Finale über eine hängende Leiter huscht und sich dabei deren Sprossen als eine Abfolge von Schatten in seinem vom Wahnsinn gezeichneten Gesicht reflektiert werden. Doch Cregar ist auch sonst von furchteinflößender Präsenz. Mit Ausnahme von Peter Lorre gabe es zu dieser Zeit wohl keinen, dem man den distinguierten madman so gern abzunehmen bereit war wie ihm.
Ein kostbares Kleinod des gotischen Gruselkinos, das weitflächiger Wiederentdeckung bedarf!

9/10

John Brahm London Jack The Ripper period piece Serienmord





Filmtagebuch von...

Funxton

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