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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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AL TROPICO DEL CANCRO (Giampalo Lomi, Edoardo Mulargia/I 1972)


Zitat entfällt.

Al Tropico Del Cancro (Inferno unter heißer Sonne) ~ I 1972
Directed By: Giampalo Lomi/Edorado Mulargia

Vorgeblich um seine marode Ehe mit der schönen Grace (Anita Strindberg) zu retten, reist Fred Wright (Gabriele Tinti) nach Haiti. Tatsächlich hat Fred jedoch mitbekommen, dass sein alter Bekannter Williams (Anthony Steffen), ein brillanter Pharmakologe, rein zufällig ein mysteriöses Halluzinogen erfunden hat, dessen vermehrte Einnahme wie sich bald herausstellt jedoch zugleich die Neutralisation sämtlicher roter Blutkörperchen und damit den Tod des Konsumenten zur Folge hat. Urplötzlich sind neben dem zunehmend gieriger werdenden Fred noch diverse andere Parteien hinter der entsprechenden Formel her, darunter der feiste Peacock (Alfio Nicolosi) und ein unbekannter Mörder, der jeden, der mit der Formel in Berührung kommt, aus dem Weg schafft.

Ähnlich wie Argentos "Gatto A Nove Code" nutzt "Al Tropico Del Cancro" die Wirren der medizinischen Forschung lediglich als Aufhänger und wissenschaftlichen McGuffin, um einer halbwegs geschmackvoll dargebotenen Abfolge an Gattungsmerkmalen einen plotmäßigen Unterbau zu verschaffen. Ansonsten setzt der Film, der nach dessen eigenem Bekunden allein von Lomi inszeniert wurde, während sein nomineller Co-Regisseur Mulargia sich vor Ort einen faulen Lenz machte (andere Stimmen wie die des Italoploitation-Aficionados Antonio Bruschini behaupten lustigerweise das genaue Gegenteil), vor allem auf die permanent etwas anrüchig-denunzierend daherkommende Darstellung karibischen Lokalkolorits sowie die nackter Haut und ein wenig Gewalt. Dabei kommt es zu einigen aufsehenerregenden Szenen; unter anderem kredenzt Lomi seinem Lechzpublikum ein angeblich authentisch durchgeführtes Voodoo-Ritual, eine geschmackvolle Drogen-Halluzination Anita Strindbergs sowie eine fiese Mordszene für den Nebendarsteller Stelio Candelli, der's mit heißem Dampf verpasst bekommt. Ansonsten wäre noch der flotte Score von Piero Umiliani zu erwähnen.
Was mich anbelangt, so habe ich aus dieser Ecke bestimmt schon Besseres gesehen. Schlechteres aber auch.

5/10

Giampalo Lomi Edorado Mulargia Giallo Haiti Karibik Ehe Voodoo Europloitation


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SUSPECT (Peter Yates/USA 1987)


"I spend all of my day with murders and rapists and, what's really crazy, I like them."

Suspect ~ USA 1987
Directed By: Peter Yates

Die Pflichtverteidigung des wegen Mordes angeklagten, taubstummen Vietnamveteranen Carl Anderson (Liam Neeson) wird für Kathleen Riley (Cher) zu einem Spießrutenlauf. Der obdachlose Mann hat sich sämtliche Bindungen an soziale Normen völlig abgewohnt und reagiert, auch aufgrund seiner Behinderung, oftmals wie ein eingepferchtes Tier auf seine Umwelt. Dennoch glaubt Kathleen nicht an die Schuld des Angeklagten. Zusammen mit dem als Geschworenen eingesetzten Milch-Lobbyisten Eddie Sanger (Dennis Quaid) findet sie einige Hinweise auf einen möglichen Schuldigen in deutlich höherer Position...

Solides Courtroom-Drama, das die Problematik der Obdachlosen in der Landeshauptstadt recht geschickt in seine Geschichte einbindet, insgesamt betrachtet jedoch vielleicht etwas zu wenig Nutzen aus ihr zieht. Yates' Regie ist zurückhaltend und gewährt den Hauptraum seinen Akteuren, allen voran der um diese Zeit gefragten und auf ihrem darstellerischen Karrierehöhepunkt befindlichen Cher. Liam Neeson lässt durchblicken, dass Größeres auf ihn wartet und Quaid spielt jenen unangenehmen Achtziger-Windebeutel im Yuppie-Gewand, der im Zuge des Filmplots tatsächlich aus seinem schmierigen Naturell eine geschäftemacherische Ader herausdestilliert hat. Den mir heuer am positivsten im Gedächtnis verbliebenen Auftritt hat jedoch der in einer Nebenrolle als Richter besetzte John Mahoney, der mit Cher noch im selben Jahr in Jewisons Meisterwerk "Moonstruck" zu sehen war. "Suspect" ist wohlfeiles, weithin kantenloses Entertainment, das man sich alle Jahre wieder, wenn die ohnehin unwichtige Auflösung wieder im Grau der Langzeitgedächtnisdämmerung verschwunden ist, gern anschaut.

7/10

Peter Yates Courtroom Washington D.C. Obdachlosigkeit Veteran


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KALIFORNIA (Dominic Sena/USA 1993)


"Feeling remorse. Dealing with guilt. Confronting a conscience. Early never did."

Kalifornia ~ USA 1993
Directed By: Dominic Sena

Auf ihrer Autofahrt ins gelobte Land Kalifornien, mit diversen Zwischenstopps an Mordschauplätzen, zu denen später ein Buch veröffentlicht werden soll, nehmen die Bohémiens Brian (David Duchovny) und Carrie (Michelle Forbes) das White-Trash-Pärchen Early (Brad Pitt) und Adele (Juliette Lewis) mit. Während Carrie Early gegenüber sogleich ein ungutes Gefühl fernab ihrer "natürlichen" Arroganz gegenüber Unterschichtsmenschen hat, braucht Brian etwas länger, um die Wahrheit zu erkennen: Early ist ein geistesgestörter Serienkiller.

Long time no see, zählte "Kalifornia" in den mittleren Neunzigern noch zu allabendlich aufgetischtem Pflicht- und Dauerprogramm. Der Abstand der Zeit zur letzten Rezeption hat dem Film in keinster Weise geschadet. Seine transgressiven Elemente kamen mir diesmal sogar noch deutlich markiger und packender vor als noch zuletzt. Außerdem scheint mir die tief verwurzelte, charakterliche Konfrontationsebene des Films, die in geradezu brillanter Weise diese beiden völlig unterschiedlichen Paare gegenüberstellt und zugleich Möglich- und Unmöglichkeiten einer tiefergehenden Freundschaft eruiert, sehr gewachsen zu sein. Oder ich verstehe sie nunmehr schlicht besser. Da gibt es einen gleichermaßen wunderschönen und traurigen Moment, in dem die von Juliette Lewis gespielte, geistig etwas lädiert wirkende Adele Carrie ihre naiven, emotionalen Träume von einer gemeinsamen freundschaftlichen Zukunft in Kalifornien unterbreitet, was die stets eiskalt wirkende Fotokünstlerin mittels einer gleichermaßen verlegenen wie bemitleidenden und belustigenden Reaktion repliziert. Adele jedoch versteht, und zwar mehr als gut. In dieser Szene erreicht "Kalifornia" seine eigentliche empathische Klimax, die sehr viel intensiver und berührender daherkommt als die späteren Mordsequenzen.
Zudem, was auch mal gesagt werden muss, ein Vorzeige-Beispiel für deutsche Synchronisations-Kunst.

9/10

Freundschaft Dominic Sena Südstaaten Wüste Road Movie Serienmord Madness Couple on the Loose


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À L'INTÉRIEUR (Alexandre Bustillo, Julien Maury/F 2007)


Zitat entfällt.

À L'Intérieur (Inside) ~ F 2007
Directed By: Alexandre Bustillo/Julien Maury

Vier Monate nach einem schweren, von ihr selbst verursachtem Unfall, bei dem Mathieu (Jean-Baptiste Tabourin), ihr Freund und Vater ihres Kindes, stirbt, steht Sarah (Alysson Paradis) kurz vor der Niederkunft. Just in der Nacht, bevor sie zur Entbindung ins Krankenhaus soll, dringt jedoch eine fremde, schwarzgewandete Frau (Béatrice Dalle) in ihr Haus ein und beschert ihr eine von blutiger Grausamkeit geprägte Nacht.

Mit ihrer vereinnahmend-gewalttätigen Geschichte um das harte Duell zweier vom Leben schwer enttäuschter Mütter machten sich Bustillo und Maury nur wenige Freunde; den meisten, darunter selbst abgebrühten Zuschauern erschien die in ihrem Film dargestellte, wirklich nur schwer zu ertragende Gewalt jenseits akzeptabler Schwellen. Tatsächlich dürfte eine rein dramaturgische Rechtfertigung der in "À L'Intérieur" formulierten, buchstäblichen Blutschwälle ins Leere laufen. Der Film stellt primär eine affektive Belastungsprobe für sein Publikum dar, wobei das psychologische Moment der von auf wahnsinnige Frauenfiguren gewissermaßen abonnierten Béatrice Dalle dargestellten Mutter, der Rache und Genugtuung die finale Existenzgrundlage bescheren, ein durchaus poetisches ist, dass nicht partout Sujet eines Horrorfilms zu sein hat. Man mag "À L'Intérieur" selbstzweckhaft, eklig, vielleicht sogar abartig finden - ich halte ihn für einen der hervorhebenswertesten und herausforderndsten Genre-Beiträge der letzten zehn Jahre.

8/10

Alexandre Bustillo Julien Maury Schwangerschaft Unfall Splatter Slasher Transgression Nacht Home Invasion


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HAUTE TENSION (Alexandre Aja/F 2003)


Zitat entfällt.

Haute Tension (High Tension) ~ F 2003
Directed By: Alexandre Aja

Die beiden Studentinnen Marie (Cécile De France) und Alexia (Maïwenn) reisen zu Alexias Familie in die Provinz um dort zu büffeln. Gleich in der ersten Nacht dringt jedoch ein massiger Automechaniker in das Haus ein, und schlachtet alle Anwesenden bis auf Marie und Alexia grausig ab. Die beiden jungen Frauen im Fond seines Wagens bewegt sich der Mörder durch die Nacht.

Verdrängte Homosexualität als Trigger für Wahnsinn und Persönlichkeitsspaltung mag eine relativ reaktionäre Adresse sein, aber Ajas Kracher, der die von mir just so getaufte "Nouvelle Vague d'Horreur" lostrat, rechtfertigt sie durch sein spannendes und saftiges Auftreten weitestgehend. Zwar verliert der Film bei mehrfachem Sehen etwas an Zug, zumal die Auflösung bekannt ist und man sich des Öfteren fragt, wie die verschobene Wahrnehmung Maries sich mit der tatsächlichen Filmrealität überhaupt konsolidieren lässt, dass er einiges an frischem Wind in das damals ermüdete Genre blasen konnte, und zwar auf global anerkannter Ebene, spricht jedoch sehr für ihn. Außerdem gefällt er mir von Ajas bisherigen Filmen noch immer am Besten.

7/10

Alexandre Aja Madness Homosexualität Slasher Splatter


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DOUBLE EXPOSURE (William Byron Hillman/USA 1983)


"Tell me about your mother."

Double Exposure (Psycho-Killer) ~ USA 1983
Directed By: William Byron Hillman

Der Berufsphotograph und Frauenheld Adrian Wilde (Michael Callan) wird von seltsamen, gewalttätige Träumen verfolgt, in denen er auf grausame Weise Menschen ermordet. Da parallel dazu ein realer Serienkiller Los Angeles unsicher macht, beginnt Adrian an seinem Verstand zu zweifeln: Handelt es sich bei seinen Geisteserlebnissen wirklich nur um Ausgburten seines Unterbewusstseins oder ist er selbst gar der gesuchte Mörder? Sein Psychiater Dr. Curtis (Seymour Cassel) glaubt die Antwort zu kennen...

Ein eigenwilliger Beitrag zum Serienkiller-/Slasher-Genre, der wohl allein der Tatsache, dass er auf der Liste der nach §131 StGB beschlagnahmten Filme erscheint, verdankt, hierzulande überhaupt noch Menschen für sich zu interessieren und das gute Stück dann und wann aus der Versenkung emporhieven zu lassen. Im Prinzip ist das Faktum, dass ein solcher Film, und dies ist ausnahmsweise als durchweg objektive Einschätzung aus meinem Munde bzw. meiner Hand zu werten, heute problemlos unzensiert spätestens im 22-Uhr-Programm der Öffentlich-Rechtlichen ausgestrahlt werden würde, wesentlich diskussionswürdiger als der Film selbst, doch dies würde ja nun seiner ureigenen Position als B-Thriller nicht gerecht. "Double Exposure" lässt sich zunächst mit etwas Mühe als psychoanalytisch gefärbte Charakterstudie eines Serientäters lesen, wobei die Versuche, dessen Motivation auf eine gestörte Mutter-Sohn-Beziehung zurückzuführen, in dramaturgischer Hinsicht ziemlich hilflos daherkommen. Wesentlich interessanter gestaltet sich da die Darstellung der Geschwister-Beziehung: Adrian hat nämlich einen zweieiigen Zwillingsbruder, seines Zeichens Stuntman, der bei einem Unfall beide linksseitige Gliedmaßen einbüßen musste. Seltsamerweise gelingt es beiden, ganz unabhängig von irgendwelchen Handicaps, eher unattraktiven Brüdern permanent, schöne Frauen zu becircen, was manchen Rückschluss auf die nordamerikanische, männliche Selbstwahrnehmung sowie intergeschlechtliche Betrachtungsweisen in den frühen Achtzigern zulässt. Hier genügte nach maskuliner Auffassung in gewissen Kreisen offenbar ein hinreichend schmieriges Auftreten, um Erfolg bei den Damen zu haben - möglicherweise entsprach dies ja sogar der Realität.
Dann wirken die Kurzauftritte renommierter bzw. gesichsbekannter Darsteller in diesem kleinen Film fast schon befremdlich: Neben dem erwähnten Cassavetes-Spezi Seymour Cassel, der sich eigentlich nie für etwas zu schade war, was die Haushaltskasse auffüllte, kann man noch Pamela Hensley, Cleavon Little und Robert Tessier begutachten. Eben ein recht eigenartiges Werk, aber gerade deswegen (und weil es grundsätzlich ein schöner Sport ist, sich jedweden 131er-Film zu beschaffen und/oder anzuschauen) unter Vorbehalt empfehlenswert.

6/10

William Byron Hillman Los Angeles Serienmord Zwillinge Brüder Slasher Psychiatrie Independent


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THE DENTIST 2 (Brian Yuzna/USA 1998)


"Truth... or tooth!"

The Dentist 2 ~ USA 1998
Directed By: Brian Yuzna

Nachdem Dr. Feinstone (Corbin Bernsen) aus der Klappsmühle fliehen kann, sucht er zunächst innere Ruhe in einer bereits prophylaktisch sorgfältig arrangierten Zweitsexistenz in dem Kleinstadnest Paradise, Missouri. Hier nennt er sich Caine und es gelingt ihm zumindest anfänglich, sein infolge intensiver Psychotherapie separiertes, böses Ich ruhigzustellen. Als er jedoch seine neue Freundin Jamie (Jillian McWhirter) wiederum der Untreue verdächtigen muss und diverse Störenfriede in seiner Vergangenheit herumzuschnüffeln beginnen, bricht sich seine dunkle Seite den Weg frei...

Für das dem Original fast ebenbürtige Sequel orientiert sich Yuzna an der "Stepfather"-Reihe - neues Ich, neues Glück, neuerliche Suche nach Reinheit und Perfektion. Schon die Tatsache, dass der zuvor so versnobte Dr. Feinstone zu Beginn in Holzfällerhemd und Jeans aus dem Wagen steigt, verspricht allerdings einen zumindest mittelfristigen Therapie-Erfolg, doch er kann sein eigenes, kariöses Inneres nicht lange verleugnen. Der satirische Impact des Erstlings weicht hier einer deutlich ernsteren und professionelleren Inszenierung, die das Gros ihrer Geschmacksausreißer bis zum letzten Drittel zurückhält. Dann aber geht es richtig zur Sache. Die Spannungskurven der beiden Filme sind recht ähnlich gestaltet und spielen jeweils mit dem Wissen, dass die Lunte des Wahnsinnigen irgendwann zu Ende gebrannt sein und dieser endgültig explodieren wird. Allerdings geht "The Dentist 2" diesbezüglich um einiges perfider zu Werke und gemahnt in struktureller Hinsicht an Franklins "Psycho 2": Während Feinstone im Original gleich zu Beginn als hochgradig geistesgestörtes Individuum eingeführt wird, dessen Amoklauf nurmehr unmittelbar bevorsteht, fungiert er im Sequel anfänglich noch als sympathische Identifikationsfigur, der man paradoxerweise eine anhaltende Genesung wünscht, was ja andererseits bereits der Publikumsmotivation zu derlei Filmrezeption von grundauf diametral widerspricht. So erhält auch der durchweg erwachsenere, wenngleich - mit Ausnahme der grandiosen Finaleinstellung - leider kaum mehr anarchische "The Dentist 2" eine gewisse Doppelbödigkeit.

6/10

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THE DENTIST (Brian Yuzna/USA 1996)


"Open wide!"

The Dentist ~ USA 1996
Directed By: Brian Yuzna

Als der krankhaft penible Neurotiker und Zahnarzt Dr. Feinstone (Corbin Bernsen) eines Morgens seine Frau Brooke (Linda Hoffman) beim buchstäblichen Tête-à-Tête mit dem Poolreiniger (Michael Stedvec) beobachtet, reißt sein letzter Verbindungsfaden zur Beherrschung. Der so unflätig Gehörnte dreht durch und lässt sein gesamtes soziales Umfeld spüren, was passiert, wenn ein geachteter Dentist die Beherrschung verliert.

Abgesehen von ein paar auf der formalen Ebene unübersehbaren Schlenkern ist Yuzna und Gordon da eine herrlich bösartige Satire auf das kalifornische Vorstadt-Snobistentum geglückt, in dem gelangweilte Gattinnen hart arbeitender Großverdiener sich muskulöse Poolboys zur Privatbebürstung kommen lassen (müssen), korrupte Steuerfahnder (Earl Boen) ihren wehrlosen Opfern nachstellen und die geplagten Ehemänner irgendwann zwangsläufig Ratio und Geduld einbüßen. Damit einem solch subtil arrangierten Amoklauf auch der 08/15-Gorehound etwas abgewinnen kann, treibt der als Fachgenie bekannten Dr. Feinstone (wunderbarer Figurenname übrigens) allerlei geschmacklosen Schabernack mit seiner Patientenschaft, die denn auch durchweg aus verdorbenen Sozialsubjekten besteht und ihre schmerzhaften Aderlässe zumindest moralisch absolut verdient. Die (für mich persönlich nie ganz nachvollziehbare) zivilisatorische Urangst vor Zahnarztbesuchen tut dazu natürlich ihr Übriges. Und wie zur Bestätigung dieser These darf am Ende zumindest die "rein gebliebene" Sarah (Virginya Keehne) halbwegs 'unbehandelt' wieder aus dem Zahnarztstuhl aufstehen."The Dentist" braucht denn auch keinen ausufernd-explosiven Showdown mit dreimaligem Aufbäumen des Killers - Dr. Feinstone bricht angesichts der unschuldigen Zartheit einer von ihm auf seiner Flucht zufällig unterbrochenen Arienprobe zusammen und lässt sich widerstandslos verhaften. Not your usual gore flick.

7/10

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DIE HINRICHTUNG (Denis Héroux/BRD, I, F, CA 1976)


"Be quiet. Nothing's gonna happen to you. I promise."

Die Hinrichtung ~ BRD/I/F/CA 1976
Directed By: Denis Héroux

Auf dem Nachhauseweg landet der in Vietnam desertierte G.I. Cain (Mathieu Carrière) im ebenfalls von Unruhen durchgeschüttelten Belfast, wo er ein paar Nächte in einem Obdachlosenheim verbringt. Als er auf ein Schwesternwohnheim aufmerksam wird, bricht Cains Psychose vollends durch. Er bringt die acht jungen Frauen in seine Gewalt und tötet sie eine nach der anderen.

Der Beweis dafür, dass Terrorfilme rein sujetbedingt noch lange keinen exploitativen Charakter aufzuweisen haben. Laut Héroux' in "Die Hinrichtung" gezeichnetem Weltbild ist der gesamte Planet (neben Vietnam und Nordirland wird gegen Ende auch der Nahe Osten kurz ins Spiel gebracht) einem global um sich greifenden Irrsinn erlegen, der die Menschen sogartig assimiliert und schlimmstenfalls zu tickenden soziopathischen Zeitbomben macht. Nicht umsonst basieren die dargestellten Ereignisse auf realen Begebenheiten (die sich allerdings wiederum kommentarisch in den Film einbezogen finden). "Die Hinrichtung" wirkt gerade dadurch verstörend, dass er sich so prononciert nüchtern und unbeteiligt gibt. Mit fast dokumentarischer Genauigkeit verfolgt Héroux den Weg des psychisch vollkommen zertrümmerten Vietnam-Veteranen, der, anders als etwa ein Krug Stillo und seine Gang, niemals zu einem vollwertigen Hassobjekt des Publikums verkommt. Weder ist Cain Adamson besonders unsympathisch noch je übermäßig aufbrausend. In stoischer Gleichmut verrichtet er sein Wahnsinnswerk, das, wäre es nicht von derart unmenschlicher Barbarei, auch als nachdrückliche Protestaktion gegen den gegenwärtigen Zustand der Welt verstanden werden könnte - immerhin wählt der Täter für seinen Anschlag auf die Conditio humana ausgerechnet eine Gruppe von Menschen, für die Barmherzigkeit nicht nur ein Tagesgeschäft darstellt, sondern die sogar ihm selbst zuvor noch mit offenen Armen begegnet ist.
Ein paar - vor allem im Hinblick auf eine Massenrezeption - grenzwertiger Einstellungen zum Trotz hält sich Héroux daher auch ganz bewusst vom Sleaze fern und wirkt dadurch nur umso abgründiger. Und was war Carrière doch einst für ein phantastischer Schauspieler...

8/10

Denis Héroux Nordirland Belfast Vietnamkrieg Terrorfilm Madness Nacht Massenmord Veteran


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SPASMO (Umberto Lenzi/I 1974)


Zitat entfällt.

Spasmo ~ I 1974
Directed By: Umberto Lenzi

Am Strand lernt der Millionenerbe Christian Baumann (Robert Hoffmann) scheinbar zufällig die schöne Barbara (Suzy Kendall) kennen, die sich zunächst geheimnisvoll gibt. Dieser schicksalsschweren Begegnung folgt jedoch noch eine ganze Reihe seltsamer Ereignisse nach, die Christian mehr und mehr seinen Verstand hinterfragen lässt. Als er schließlich die Wahrheit über jene Vorkommnisse und auch sich selbst erfahren muss, ist es, als sause geradwegs das Damoklesschwert auf ihn hernieder...

Lenzis Film entfaltet sich über seine nicht immer inspiriert genutzte Distanz leider nur allzu träge, um als wirklich bedeutsamer Beitrag zum italienischen Thrillerkino der Siebziger mit der bewussten Konkurrenz mithalten zu können. Wenngleich Signore Lenzi als Regisseur einen recht akkuraten Job hinlegt: Die anfängliche Richtungslosigkeit des Films wird durch die mauen Darsteller und den ominösen Dialog nurmehr gestützt. Zudem hätte hier etwas mehr Mut zur audiovisuellen Verzerrung Not getan - immerhin ist die Reflektorperson und damit auch die Identifikationsfigur des Publikums ein wahnsinniger Serienmörder mit amnesischen Bewusstseinszuständen. Als sich im letzten Drittel herauskristallisiert, in welche Richtung der Hase läuft, ist es, als werde man durch einen kurzen Seitenknuff aus der Lethargie gerissen, nur um dann wieder selig in derselben zu versinken. Schade, Potenzial ist hier hinreichend vorhanden, so dass "Spasmo" ein durchaus großartiger Film hätte werden können. So aber verbleibt er lediglich im gut gemeinten Mittelmaß.

5/10

Umberto Lenzi Serienmord Madness Brüder Toskana Giallo





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Funxton

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