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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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EXPERIMENT IN TERROR (Blake Edwards/USA 1962)


"So you're in danger."

Experiment In Terror (Der letzte Zug) ~ USA 1962
Directed By: Blake Edwards


Ein Unbekannter bedroht die Bankangestellte Kelly Sherwood (Lee Remick) - sie solle 100.000 Dollar mitgehen lassen und ihm übergeben. Andernfalls ginge es Kelly oder ihrer jüngeren Schwester Toby (Stefanie Powers) schlecht. Kelly wendet sich vertrauensvoll ans FBI und findet in John Ripley (Glenn Ford) einen versierten Ermittler.

Dieses Experiment fällt mir deutlich zu schleppend und vor allem zu lang aus. Anstatt die Story mit ihrer cleveren Prämisse auch in ein formal strenges Korsett zu bringen und zügig abzuwickeln, ergeht sich das Script in diversen unwesentlichen Nebensträngen, die für manchen dramaturgischen Durchhänger sorgen und "Experiment In Terror" so zeitweilig das mitunter Schlimmste angedeihen lassen, was man einem Film nachsagen kann: Er langweilt. Ein wenig heraus reißen das Ganze dann wieder die prächtige Schwarzweißkamera, Henry Mancinis wie immer brillanter Score und Edwards' zuweilen konzentrierte Mise-en-scène, die etwa das Finale in einer zum Rest des Films unverhältnismäßigen technischen Brillanz erstrahlen lässt.
Dennoch: Der Mann ist und bleibt ein Komödienregisseur. Punktum.

5/10

Kidnapping Erpressung FBI Blake Edwards Heist


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RESURRECTION (Russell Mulcahy/USA 1999)


"There are fifty ways to fuck up a crime and if you can think of twenty of them, you're a genius."

Resurrection ~ USA 1999
Directed By: Russell Mulcahy


Polizei-Detective Prudhomme (Christopher Lambert) wird mit einem sich als religiöser Fanatiker entpuppenden Serienmörder konfrontiert. Offenbar plant der Täter, pünktlich zu Ostern eine Christus-Gestalt aus verschiedenen Körperteilen zusammenzusetzen, die jeweils von modernen Pendants der Apostel entnommen wurden. Als der Killer gewahr wird, wer ihm auf den Fersen ist, beginnt er, Prudhomme privat zu attackieren.

Ein aus zahlreichen, wohlbekannten Versatzsstücken bestehendes Serienkiller-Derivat mit überdeutlichen "Seven"-Anleihen, das eher durch Mulcahys Ästhetik an Interesse gewinnt denn durch seine x-mal durchgekaute Story. Der Held ist ein so intelligenter wie bereits durch biographische Facetten (er gibt sich die Schuld für den Unfalltod seines kleinen Sohnes) angreifbarer Polizist, der die Welt nunmehr als einen einzigen Sündenfall begreift, sein Partner wird von Leland Orser gespielt, nebenbei ein weiteres Verbindungsglied zu "Seven" (Orser spielte seinerzeit den Freier mit dem Dolchdildo), der in vielen Filmen der Neunziger - und so auch hier - als jammervolle Opferfigur auffindbar war. Mulcahys d.p. spielt gerne am Sucher und am Zoomdreher herum, was manchmal ziemlich manieristisch wirkt; der fortwährende Chicagoer Regen kam dem Team ganz bestimmt wie gerufen. Abseits des Gemeckeres bleibt ein wegen seiner ansprechend inszenierten Formalia dennoch überdurchschnittlicher Thriller, der mir schon aufgrund seines Hanges zum derben Naturalismus schon immer deutlich besser gefallen hat als der übliche zeitgenössische Krempel wie "Copycat", "The Bone Collector" oder die beiden Cross-Filme mit Morgan Freeman. Außerdem gibt David Cronenberg sich die Ehre in einer Nebenrolle als katholischer Priester.

6/10

Russell Mulcahy Fanatismus Serienmord Madness Chicago Profiling


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SHALLOW GRAVE (Danny Boyle/UK 1994)


"Victory is the same as defeat. It's giving in to destructive competitive urges."

Shallow Grave (Kleine Morde unter Freunden) ~ UK 1994
Directed By: Danny Boyle

Auf der Suche nach einem vierten WG-Mitglied stoßen die Edinburgher Freunde Alex (Ewan McGregor), Juliet (Kerry Miller) und David (Christopher Eccleston) auf den integer scheinenden Hugo (Keith Allen). Dieser jedoch stirbt gleich in der ersten Nacht nach seinem Einzug, anscheinend an einer Überdosis illegaler Betäubungsmittel. Der Koffer voll Banknoten, den er bei sich hat, wollen die drei Untervermieter allerdings nur ungern der Polizei übergeben und entscheiden sich daher, Hugos Leiche unkenntlich zu machen und verschwinden zu lassen. Trotzdem haben sie bald die Polizei und zwei brutale Gauner (Peter Mullan, Leonard O'Malley) auf dem Hals. Zudem fängt David an, durchzudrehen und Juliet hegt geheime Ausstiegspläne. Alles läuft aus dem Ruder.

Danny Boyles erste Kinoregie steht ganz in der Tradition diverser schwarzer Komödien, die um die Mitte der neunziger Jahre entstanden und sich mit der fachgerechten Entsorgung von Unfalleichen sowie den Folgen für deren pietätlose Urheber befassten. Trotz ihrer regelmäßig geschmacksentgleisten Erscheinung erwiesen sich jene Filme nur allzu häufig als in guter alter Noir-Tradition stehende Moralreflexionen, da es den als unbedarft in die Narration eingestiegenen Protagonisten gegen Ende in der Regel schlecht erging - göttliche, psychologisch-ethische oder höchst irdische gesetzliche Instanzen machten ihnen einen Strich durch die Rechnung. Hier hat zumindest ein Teil des Trios gut lachen, selbstverständlich derjenige, der die wenigsten Übervorteilungsgedanken gegen seine Freunde hegt und erst ganz am Ende mit kühler Cleverness auf deren Meutereien reagiert. Boyles unkonventioneller Stil, der im "Shallow Grave" - Nachfolger "Trainspotting" in voller Blüte erstrahlen wird, beginnt sich bereits hier zu entfalten: Eine zu beatlastiger, elektronischer Musik synchrone Montage, Zeitraffer und eine insgesamt rotzfrech wirkende dramaturgische Basis, die sich selbst in der Inszenierung niederschlägt. Nichtsdestotrotz sollen seine nachfolgenden Arbeiten mitunter noch wesentlich besser werden.
All in all reicht "Shallow Grave" immer noch zu einem sehr pflegeleichten Minikrimi, dessen tragende Figuren nach fünfzehnjähriger Pause aber doch stark zeitverwurzelt und im Nachhinein bisweilen unsympathisch auf mich gewirkt haben. Aus deren bornierter Mitbewohner-Selektierungs-Maschinerie würde ich mich glaube ich schon freiwillig extrahieren...

7/10

Schottland Danny Boyle neo noir Schwarze Komödie Madness WG


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THE FUNHOUSE (Tobe Hooper/USA 1981)


"Oh, my, my! That is a gruesome sight!"

The Funhouse (Das Kabinett des Schreckens) ~ USA 1981
Directed By: Tobe Hooper


Hätte sie nur lieber auf ihren wohlmeinenden Dad (Jack McDermott) gehört - doch stattdessen tut teenage girl Amy (Elizabeth Berridge) genau das Gegenteil und besucht mit ihrem neuesten Date Buzz (Cooper Huckabee), ihrer besten Freundin Liz (Largo Woodruff) und deren Grabscher Richie (Miles Chapin) den momentan gastierenden Rummelplatz. Ein paar der Schausteller sollen nicht ganz astrein sein, dennoch hat Richie die gloriose Idee, sich in der Geisterbahn zu verstecken und dort die Nacht zu verbringen. Als sich herausstellt, dass der Angestellte (D. Lee Carson) mit der Frankensteinmaske unter selbiger noch viel fürchterlicher aussieht und dass sein Verlangen nach femininer Zuwendung sich flugs zu tödlicher Gewalt entwickeln kann, ist es um die vier jungen Leute bös bestellt.

Ein kleines Terror-Meisterwerk von Tobe Hooper, das die bei genauerer Betrachtung ohnehin etwas zwielichtige Kirmesatmosphäre blendend nutzt, um die im Allgemeinen stets so lichterfüllt und fröhlich wirkende Familieninstitution zu einem wahren Hort des Schreckens umzumodeln. Zwar wurde Hooper schon damals vorgeworfen, nach "TCM" und "Eaten Alive" erneut ein Horrorszenario auf Kosten gesellschaftlicher Randgruppen zu entwerfen; diese Kritik erweist sich bei genauerem Hinschauen jedoch als haltloser Humbug ersten Grades. Allzu irreal wirkt das ganze Geschehen und ganz bewusst jeder Ratio enthoben die Ereignisse um das mutierte Monster im Schreckenskabinett, anscheinend ein Mensch-Kuh-Hybrid. Hooper konnte sich allerdings auch auf einen brillanten support stützen; die Scope-Photographie von Andrew Laszlo mit geradezu epischen crane shots sowie Jack Hofstras Montage liefern den Löwenanteil der zwischen schwarzhumorig und bösartig tänzelnden Atmosphäre.
Jetzt, da "The Funhouse" bei uns vom Index genommen wurde und problemlos in wirklich adäquater Edierung erhältlich ist, dem Wieder- oder Neuentdecken unbedingt zugeraten!

8/10

Rummelplatz Slasher Tobe Hooper Splatter


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POPEYE (Robert Altman/USA 1980)


"Eat that spinach!"

Popeye ~ USA 1980
Directed By: Robert Altman


Der schlagkräftige Matrose Popeye (Robin Williams) kommt in das kleine Städtchen Sweethaven, wo er die staksige Olive Oyl (Shelley Duvall) und den üblen Gauner Bluto (Paul L. Smith) kennenlernt, überraschend zum Papa eines Findelkinds wird un endlich seinen lang gesuchten Vater Poopdeck Pappy (Ray Walston) wiederfindet.

Starke Nerven sind gefragt für jene wagemutigen Zuschauer, die sich unerschocken an diesen gewagten Hybrid aus Mainstream- und Experimantalkino zu wagen trachten. Sind schon die alten King Features-Cartoons um den naserümpfenden Spinatgenießer Popeye und seine bescheuerte Bagage kein ausgesprochenes Hirnfutter, so hält Altmans Film noch einige zusätzliche Absonderlichkeiten bereit, die sich in einigen bizarren Musicalnummern und den gleichfalls ungewöhnlichen und malerisch schönen maltesischen set pieces ausdrücken. Manchmal ist der ganze Blödsinn sogar richtig lustig. Und trotz des für ihn halsbrecherisch scheinenden Sujets verzichtet Altman nie auf seine üblichen Erkenneungsmerkmale wie lange Weitwinkelschwenks und garantiert so, dass dieses ansonsten jeder rationalen Einordnung a priori spottende Stück Kino stets gut als das seine erkennbar bleibt.

6/10

Comic Groteske Farce Robert Altman Megaflop


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NO WAY OUT (Roger Donaldson/USA 1987)


"You have no idea what men of power can do."

No Way Out ~ USA 1987
Directed By: Roger Donaldson


Für den Navy-Offizier Tom Farrell (Kevin Costner) brechen scheinbar sonnige Zeiten an - er verliebt sich Hals über Kopf in die schöne Susan (Sean Young) und wird in den Washingtoner Privatstab des Verteidigungsministers Brice (Gene Hackman) beordert. Was Tom zunächst nicht ahnt: Auch der verheiratete Brice pflegt eine geheime Beziehung mit Susan und reagiert ziemlich eifersüchtig, als er von seinem Nebenbuhler (jedoch nicht von dessen Identität) erfährt. Im Streit stürzt Susan zu Tode. Die Intervention seines machtgierigem Sekretär Pritchard (Will Patton) hält Brice davon ab, sich den Behörden zu stellen. Stattdessen soll der Vorfall vertuscht werden und ein angeblich im Pentagon ansässiger sowjetischer Maulwurf als Sündenbock herhalten. Ausgerechnet Tom wird den Ermittlungen betraut...

Ein Mann jagt sich selbst - und muss verhindern, aufzufliegen: Dieses Motiv ist klassischer Suspensestoff und wirkt nicht von ungefähr nicht mehr ganz taufrisch. Kenneth Fearings zugrunde liegender Krimi "The Big Clock" wurde von John Farrow bereits 1948 verfilmt, damals mit den Atagonisten Ray Milland und Charles Laughton, wobei Milland einen Reporter gab, der in derselben Klemme steckt wie später dann Kevin Costner in "No Way Out". Für Costner bedeutete dieser seinerzeit einen wichtigen Popularitätspflasterstein; für einen Genrefilm bietet Donaldson gehobenen Dekadenstandard, formal untadelig, schlüssig, spannend und nicht unclever erzählt. Da um diese Zeit viele recht hochklassige Thriller entstanden, darf diese Einschätzung durchaus als vorderklassig betrachtet werden. Eine gewisse, wenn auch schwammige Systemkritik ist hier immanent, was ja besonders in US-Filmen (und nicht nur dort) grundsätzlich begrüßenswert ist. Die Paarung Costner-Young sorgt für eines der innerhalb solcher Filme raren, echten Knistergefühle, Gene Hackman ist sowieso immer gut und antizipiert die genau zehn Jahre später bei Eastwood wiederholte Rolle des gewissenlosen, brutalen und feigen Regierungsschergen.
Bestes, wenn auch absolut oberflächliches Abendentertainment mit erstaunlichem final twist.

7/10

Militaer Roger Donaldson neo noir Remake


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IL CONTO È CHIUSO (Stelvio Massi/I 1976)


Zitat entfällt.

Il Conto È Chiuso (In den Klauen der Mafia) ~ I 1976
Directed By: Stelvio Massi


Der vagabundiere Ex-Söldner Marco (Carlos Monzón) kommt in eine norditalienische Stadt (mutmaßlich Mailand), die von den zwei konkurrierenden Gangstern Manzetti (Luc Merenda) und Belmondo (Mario Brega) beherrscht wird. Sein resolutes Auftreten verschafft Marco umgehend eine Anstellung bei Manzetti, doch Marco spielt nicht ganz fair. Er informiert Belmondo über Manzettis geplante Aktionen und sorgt so dafür, dass beide Bosse übervorteilt sind. Manzetti ahnt nicht, dass Marco noch eine alte Rechnung mit ihm offen hat.

Auch im eigenen Lager wussten die Italiener mitunter erfolgreich zu wildern: "Il Conto È Chiuso" ist im Grunde nichts anderes als ein inoffizielles, in die Moderne transferiertes "Django"-Remake, wobei Corbuccis Film (wie "Per Un Pugno Di Dollari") ja wiederum lose auf "Yojimbo" basiert. Auch in diesem besonders gegen Ende recht derben Gangsterdrama geht es um einen schweigsamen Fremden mit zunächst undurchsichtigen Motiven, der nur den Niedrigsten vertraut und sich die bösen Reichen zunächst zu Freunden und dann zu Todfeinden macht. Ansonsten unterscheidet sich Massis Film wenig von den ähnlich geratenen Produktionen jener Tage. Es geht hart zu und auch der gewisse Funke Sozialkritik bleibt stets gewahrt (hier etwa in der Form, dass staatliche Instanzen wie die Polizei nie auftauchen, fast so, als seien sie gar nicht existent).
Luc Merenda beeindruckt als charismatischer Sadist, Monzóns Charakterbirne ist ganz eindeutig eine lateinamerikanische. Macht aber nix, als zielsicherer Messerwerfer ist der Typ anyway große Klasse.

6/10

Stelvio Massi Europloitation


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BLUEBEARD (Edward Dmytryk, Luciano Sacripanti/I, BRD, F 1972)


"Talk -- I'm gonna kill you anyway."

Bluebeard (Blaubart) ~ F/I/BRD 1972
Directed By: Edward Dmytryk/Luciano Sacripanti


Österreich, nach dem Ersten Weltkrieg: Baron Joschi von Sepper (Richard Burton), aristokratisches Fliegeras, überzeugter Faschist, Antisemit, Feudalherr und Frauenbecircer kehrt nach erfolgreichem Kampfeseinsatz heim. Unergründliche Ereignisse färbten seinen Bart blau. Nach und nach faszinieren und ehelichen ihn diverse exaltierte Schönheiten, die allesamt bizarrer Unfalltode sterben. Seine achte Frau Anne (Joey Heatherton) entdeckt schließlich in einem verbotenen Schlossteil des Barons seltsame Menagerie tiefgekühlter Exfrauen und soll daraufhin selbst das Zeitliche segnen.

Eine seltsame, gleichsam faszinierende Märchenadaption ist das, die Edward Dmytryk mit "Bluebeard" seinem europäischen Spätwerk zugesetzt hat. Die in knallrot, dunkelgelb, grün und violett gehaltenen Designsettings dürften selbst Maestro Bavra vor Neid erblassen lassen haben; das Innenleben des von Sepper'schen Schlosses strotzt vor gruselig angeleuchteten Jagdtrophäen und überkandideltem Zwanziger-Jahre-Tand, derweil von Sepper selbst (von Burton mit erwartungsgemäßer Nonchalance interpretiert) mit seiner merkwürdigen Totenkunst und seinem blauen Punkbart daherkommt wie ein überkandieltes Factory-Mitglied. Burton als böser, impotenter Nazi-Blaubart wird umringt von zeitgenössischen beauties wie Raquel Welch, Nathalie Delon, Karin Schubert und Sybil Danning und entledigt sich ihrer in jeweils schönster Grand-Guignol-Manier: hier eine guillotinöse Enthauptung, da ein Elefantenstoßzahn durchs lesbelnde Herz, dort eine tödliche Attacke durch des Barons Hausfalken. Sein gerechtes Ende findet der Blaublütige (und -bärtige) im Finale durch die Hand eines sich rächenden Jünglings (Mathieu Carrière), dessen Eltern einst Brandopfer eines von von Seppers Pogromen geworden waren - tutti completti untermalt von einem traumhaft schönen Morricone-Score mit vermehrtem Harfeneinsatz.
Viel schlimmer als alles, was in diesem ehemaligen Skandalfilm passiert, war freilich der Schock, als ich Carrière, der einst noch für Regisseure wie Schlöndorff, Delvaux und Kümel gearbeitet hatte, vor einiger Zeit zufällig in einer dieser deutschen Daily Soaps erblickte. Man kann schon tief sinken, Monsieur Carrière...

6/10

period piece Erwachsenenmaerchen Edward Dmytryk Serienmord Parabel Skandalfilm Historie Groteske


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FREUDE AM FLIEGEN (Franz Josef Gottlieb/BRD 1977)


"Geh' ohne Angst in den Fick!"

Freude am Fliegen ~ BRD 1977
Directed By: Franz Josef Gottlieb


Die ihre sexuelle Mündigkeit ziemlich prüde betrachtende Silvia Bergmann (Corinne Cartier) leidet unter ihrem langweiligen Freund Kurt (Michel Jacot) und hält alles, was mit wahrer Befriedigung oder Promiskuität zu tun hat, für Teufelswerk. Erst die Lektüre des Behelfsbuchs "Freude am Fliegen" und ihre Liebe zu dem ausgesprochenen Filou Jörg (Gianni Garko) bringen Silvia schließlich von ihrer strengen Linie ab.

Sumsen ist buper! Die später unter dem wesentlich unpassenderen Titel "Sylvia - Im Reich der Wollust" LISA-Produktion indes kann heute nurmehr wenig begeistern. Eigentlich liegt der einzige Grund, den sich im Gegensatz zu späteren Nachtzüglern noch viel zu wichtig nehmenden Schmarren anzusehen, in der wohlgestalteten Figur, pardon, Person Olivia Pascals, die darüberhinaus leider nur wenige Auftritte spendiert bekommt. Der geneigte Europloitation-Fan freut sich derweil noch mehr über Auftritte von "Sartana" Gianni Garko in einer seiner vier appearances unter Spezi Gottlieb in deutschen Tittenlustspielen sowie Supertranse und Franco-Muse Ajita Wilson, mit der Garko später ein fachgerechtes Poppfestival zünden darf. Die zwei wichtigsten Ingredienzien für diese Art Film fehlen jedoch: unausgegorener Schwachsinn und fetziger Discosound. Damit ist "Freude am Fliegen" summa summarum leider eine Nullnummer.
Immerhin konnte ich feststellen, dass mir jetzt nur noch "Griechische Feigen" und "Heiße Kartoffeln" fehlen, dann habe ich den Kanon der deutschen Disco-Komödie beisammen. Juch-he.

3/10

Franz Josef Gottlieb Disco-Komödie Lisa-Film


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TORA! TORA! TORA! (Richard Fleischer, Kinji Fukasaku, Toshido Masuda/USA, J 1970)


"Take a look. There is your confirmation."

Tora! Tora! Tora! ~ USA/J 1970
Directed By: Richard Fleischer/Kinji Fukasaku/Toshiso Masuda

So konzentrierte wie minutiöse Rekonstruktion der Ereignisse, die zu einem der entscheidenden Ereignisse des Zweiten Weltkriegs führten: Des japanischen Angriffs auf den US-Marine-Stützpunkt von Pearl Harbor, Hawaii am 7. Dezember 1941. Die von der kauserlichen Armee diplomationstaktisch höchst unklug arrangierte Attacke musste im Nachhinein als Überfall gedeutet werden, weil die offizielle Kriegserklärung erst eine Stunde nach dem Angriff bei den Amerikanern einging. Die besonders für das japanische Volk langfristig verheerenden Folgeereignisse sind bekannt.

"Tora! Tora! Tora!" - der stolze Schlachtruf der Japaner nach erfolgreich vorbereitetem Angriff auf die Heimat des Hawaii-Toasts. Außerdem ein Prestigeobjekt für das Kino, ein hervorragender Kriegsfilm und ganz besonders der Versuch einer massenkulturellen Annäherung zwischen zwei einstmaligen Erzfeinden durch gemeinsame Aufarbeitung. Der Film wurde konzipiert als gleichberechtigte Kooperation zwischen Amerikanern und Japanern (wobei der ursprünglich vorgesehene Akira Kurosawa ganz schnell wieder den Hut nehmen musste), räumt beiden historischen Perspektiven jeweils gleich viel Raum ein und vermeidet es somit, der stets lauernden Gefahr unsensibler Geschichtsklitterung stattzugeben. Das Stichwort lautet "Authentizität", entsprechend unemotional und nüchtern gehen die Regisseure zu Werke. Dass der Angriff der japanischen Bomberstaffel den dramaturgischen und effektiven Höhepunkt von "Tora! Tora! Tora!" bildet, liegt nahe und die immens aufwändig nachgestellten, verheerenden Auswirkungen desselben, ganz ohne Miniaturtricks und CGI-Schnickschnack freilich, zeigen eine bis heute vorhaltende, atemberaubende Wirkung.
Für jede seriöse Spielfilmretrospektive rund um den Pazifikkrieg sowieso unerlässlich.

8/10

Richard Fleischer Historie WWII Pazifikkrieg Pearl Harbor period piece Kinji Fukasaku Toshiso Masuda





Filmtagebuch von...

Funxton

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