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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THREE THE HARD WAY (Gordon Parks Jr./USA 1974)


"Don't you ever mistake me."

Three The Hard Way (Drei eiskalte Profis) ~ USA 1974
Directed By: Gordon Parks Jr.


Als sein alter Freund House (Junero Jennings) eines Tages wieder bei ihm auftaucht, schwer verletzt und etwas von einer unheimlichen Verschwörung stammelnd, ahnt Plattenproduzent Jimmy Lait (Jim Brown) noch nicht, in welche Nesseln er bald geraten soll. Als House dann ermordet wird und man Jimmys Freundin (Sheila Frazier) entführt, mobilisiert dieser seine beiden alten Freunde Jagger (Fred Williamson) und Keyes (Jim Kelly). Zusammen findet man heraus, dass der verrückte Neonazi Monroe Feather (Jay Robinson) ein besonderes Toxin in die Wassernetze der großen Städte schleusen will, das ausschließlich Farbige tötet...

Parks Jr.s dritter von insgesamt nur vier Filmen, nach dem vor allem seines Mayfield-Soundtracks wegen legendären "Superfly" und dem leider nur selten anzutreffenden Western "Thomasine & Bushrod". In "Three The Hard Way" haut der Regisseur dann so richtig auf den Putz: Anstelle eines Blaxploitation-Superhelden serviert er uns gleich drei, darunter den durch "Enter The Dragon" zu heimlichem Ruhm gelangten Martial-Arts-Star Jim Kelly, der auch hier ganze Arbeit leisten darf. Angeführt wird das Trio jedoch von dem nach seiner gloriosen Football-Karriere immer etwas unbeweglich erscheinenden Jim Brown, der in einigen der ansonsten toll gemachten Stuntsequenzen sichtbar gedoubelt wurde. Fred Williamson indes darf sich als (natürlich) Zigarren qualmende love machine einführen. Später waren die drei dann nochmal zusammen in Margheritis "Take A Hard Ride" zu sehen.
"Three The Hard Way" macht seiner Gattung alle Ehre und trumpft mit diversen gloriosen Black-Consciousness-Einfällen. Dazu gehört bereits die Ausgangslage um das weiße Faschistengesocks mitsamt eines diabolischen Chemikers (Richard Angarola). Der Gipfel jedoch wird erreicht in jener Szene, in der Jagger einen gefangen genommenen Naziherold von drei barbusigen Schönheiten verhören lässt. Der Foltermethoden der drei Damen wird man leider nicht ansichtig, aber das Arrangement suggeriert Spektakuläres. Ansonsten gibt's naturgemäß geile Klamotten, geile Autos und einige starke Songs von den sogar persönlich auftretenden Impressions.
Righteous Soul Food for Funk Soul Brothers.

7/10

Blaxploitation Gordon Parks Jr. Freundschaft buddy movie


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HALLOWEEN II (Rob Zombie/USA 2009)


"Die!"

Halloween II~ USA 2009
Directed By: Rob Zombie


Zwei Jahre nachdem der Psychopath Michael Myers (Tyler Mane) auf der Suche nach seiner Schwester Angel bzw. Laurie Strode (Scout Taylor-Compton) in Haddonfield gewütet hat, gehen die meisten Dinge einen nach wie vor unruhigen Gang. Laurie lebt zwar bei Sheriff Brackett (Brad Dourif) und dessen Tochter Annie (Danielle Harris), die sich auch fürsorglich um sie kümmern, kommt aber über die schrecklichen Ereignisse nicht hinweg, befindet sich in psychiatrischer Betreuung (Margot Kidder) und nimmt starke Sedativa. Dr. Loomis (Malcolm McDowell) hat ein weiteres Buch über den Myers-Fall verfasst und sich noch mehr zum unangenehmen Sonderangebots-Therapeuten entwickelt. Das Schlimmste aber: Michaels Leiche hat damals nie ihren Bestimmungsort erreicht und ist verschwunden. Als der auf dem Land untergetauchte Mörder Visionen seiner toten Mutter (Sheri Moon Zombie) empfängt, die ihm einen neuerlichen Blutrausch befiehlt, bahnt sich Michael seinen leichenreichen Weg zurück nach Haddonfield.

Für ein Werk der Gattung 'slasher movie' fällt "Halloween II" nahezu experimentell aus. Nachdem Zombie sich bereits in seinem ersten Relaunch der Serie darum bemüht hat, dem einstigen übernatürlichen Superkiller Myers ein menschliches Antlitz zu geben und seine Motive halbwegs fachgerecht zu analysieren, haben sich seine freudianischen Ambitionen für das Sequel nochmals potenziert. Doch, um es gleich etwas abzukürzen: Zombie wird vermutlich niemals auch nur in den Verdacht geraten, einen akademischen Abschluss in forensischer Psycholgie zu erhalten (falls doch, entschuldige ich mich schonmal gleich vorab für meine naseweise Unkerei). Die tragende Bildsymbolik für Michaels Seelenzustand beinhaltet nunmehr ein weißes Pferd, das, so versichert uns ein pseudoauthentischer Schriftzug zu Beginn des Films, in der Psychoanalyse für unterdrückte Gewaltimpulse stünde. Soso. Abgesehen von diesen etwas käsigen Exkursen überzeugt "Halloween II" jedoch als das, was er eigentlich ist: Als knochenhartes, saubrutales Horrorflick aus dem Halbdunkel. Titelgemäß ein Herbstfilm, zeigt Zombie ausgewaschene, verblasste Einstellungen in unterschiedlichen Grautönen. Die Ausleuchtung ist - mutmaßlich beabsichtigt - karg und eine regelrechte visuelle Tristesse bemächtigt sich nahezu jeder Szene, die keine Mordinhalte aufweist.
Anders als im Verlauf der alten Reihe bewegen sich die Figuren nun in vollständig anderen, wahrscheinlicheren Bahnen. Dass Laurie ihre Erlebnisse nicht nur nicht verkraften kann, sondern darüberhinaus näher bei ihrem Bruder ist als es zunächst den Anschein macht, erweist sich als schlüssig; dass Loomis nicht etwa zu einem so braven Kreuzritter gegen das Böse wird wie ehedem sein Urahn Donald Pleasance, sondern zu einem schmierigen Bestsellerlisten-Geier, weiß ebenfalls zu gefallen.
Und dann war da noch der Mike-Myers-Gag, auf den wir ja nun spätestens seit "Wayne's World" warten. Vorgetragen wird dieser von 'Weird Al' Yankovic, in der einzigen Sequenz des Films, die sich erdreistet, mit Humor zu arbeiten.

7/10

Rob Zombie Splatter Sequel Director's Cut Slasher


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LAND OF THE PHARAOHS (Howard Hawks/USA 1955)


"You prepare the fastest camels. I ride for Luxor tonight."

Land Of The Pharaohs (Land der Pharaonen) ~ USA 1955
Directed By: Howard Hawks


Ägypten, vor etwa viereinhalbtausend Jahren: Pharao Khufu (Jack Hawkins), beeindruckt von der Konstruktion der Verteidigungsbarrieren auf seinem letzten Feldzug, wünscht, dass der nunmehr von ihm versklavte Architekt Vashtar (James Robertson Justice) ein repräsentatives Pharaonengrabmal konstruiere, das vor Grabräubern absolut sicher ist. Im Gegenzug ließe Khufu Vashtars Volk heimkehren. Einige Jahre später, die gigantische Pyramide befindet sich bereits seit langem im Bau, bietet sich dem Pharao die junge Prinzessin Nellifer von Zypern (Joan Collins) selbst im Austausch für einen nicht zu entrichtenden Naturalienbtribut an. Khufu lässt sich von der Wildheit und Unbeugsamkeit der Schönen blenden und übersieht neben ihrer charakterlichen Falschheit, dass sie ebenso gierig nach Gold und Reichtümern ist wie er selbst. Schließlich findet er sein Verderben durch ihren Verrat.

Auch wenn sich Henri Langlois von Hawks' einzigem Monumentalfilm sehr angetan zeigte - der Regisseur konnte und mochte auch im Nachhinein nicht verhehlen, dass dies schlichterdings nicht sein Metier war. "Land Of The Pharaohs", ein fast schon obszön pompöses Werk, für das Hawks in einer Szene 12.000 Statisten aufmarschieren ließ (engagierte muss man dazu sagen, für russische Produktionen drapierte man teilweise sogar doppelt so viele Komparsen im Bild, die sich dann allerdings auch aus der staatlichen Armee rekrutierten), sieht zwar blendend aus, lässt es aber an der kindlichen Überzeugungskraft fehlen, die die großen Konkurrenzwerke mit oftmals biblischem Unterbau (auch dieser fehlt ja hier) ausstrahlten. Nicht umsonst bezeichnet man das Sandalenepos heute gern als 'campy', eine Kategorisierung, der sich ein Hawks-Film normalerweise bereits prinzipiell entzieht, die zu "Land Of The Pharaohs" jedoch passt wie gespuckt. Der Dialog gibt sich ganz unverhohlen ominös und lässt die Schauspieler durch ihre Szenerien stapfen wie Schmierenakteure; das geschichtsmoralische Fundament vom Hochmut der antiken Weltreiche, die später allesamt umso tiefer fallen sollten, ist regulärer Bestandteil des Monumentalepos, wurde im Film ansonsten jedoch höchstens noch in italienischen Billigproduktionen auf so dummdreiste Weise veräußert.
"Land Of The Pharaohs" ist somit dann doch wieder etwas Besonderes, ein Trashepos in feinster Hollywood-Studio-Gewandung nämlich, saumäßig unterhaltsam und zugleich pappendämlich. Ein lohnenswerter Spaß!

7/10

Howard Hawks Historie Aegypten period piece


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AIR FORCE (Howard Hawks/USA 1943)


"Tell the crew they can sleep in the next world."

Air Force ~ USA 1943
Directed By: Howard Hawks


Eine B-17-Staffel wird ausgerechnet am 6.12.1941 - dem Vortag des Pearl-Harbor-Überfalls - von San Francisco nach Honolulu beordert. Die tapfer zusammenhaltende Besatzung eines der Bomber, von seiner Mannschaft gern als "Mary Ann" und "flying fortress" bezeichnet, bekommt den Befehl, im Angesicht des Eintritts in den Pazifikkrieg von Hawaii aus weiterzufliegen bis nach Manila. Dort kommt es wiederum zu schweren Zusammenstößen mit der japanischen Armee, die u.a. das Leben von Captain Quincannon (John Ridgely) fordern, dem Piloten der Mary Ann. Schließlich wartet die größte Bewährungsprobe auf die Besatzung, als sie vor den Philippinen eine feindliche Seeflotte ausfindig macht.

Zwei Jahre nach "Sergeant York", dessen Propagandismus noch vergleichsweise verhaltener ausfiel, führte Hawks auf das Drängen eines befreundeten, hochrangigen Offiziers Regie bei diesem von den Warners produzierten Reklame-Spielfilm für die amerikanische Luftwaffe. Technisch und formal betrachtet bewegt sich "Air Force" auf höchstem Niveau, zeigt rasante, beachtliche Actionszenen und bedient sich einmal mehr des hawks'schen Leitmotivs einer verschworenen Gruppe von Profis, die jeder äußeren Bedrohung standhalten und ihre Mission bzw. Bestimmung leidenschaftlich verfolgen. Sich im Jetzt noch über die undifferenzierte bis rassistische Darstellung der Japaner zu ereifern, die aufgrund ihrer Attacke auf Pearl Harbor als größte und feigste Kriegsverbrecher der Geschichte bezeichnet werden sowie als brutale, gesichtslose Mörder und einfach tot umfallen, wo die Amerikaner einen pathetisch aufgeladenen Heldentod sterben, lohnt nicht. "Air Force" ist, wie etliche der während dieser Zeit entstandene Filme, unverhohlene Kriegspropaganda mit tendenziösem Heldenbild, punktum. Sehr viel interessanter sind da schon die Mechanismen, mittels derer Hawks besagtes Bild ausfüllt und zugleich seine eigene Idee heroischer Tugendhaftigkeit transportiert. Der Bomber ist im Grunde bloß ein austauschbares Vehikel, das fraglos als heimlicher Hauptdarsteller fungieren sollte, für Hawks, dessen Hauptaugenmerk auf der geballten Menschlichkeit innerhalb der Metallhülle liegt, jedoch zum Mittel zum Zwecke wird. Eine eindeutige Regieleistung und ein klares Indiz dafür, wie sehr, und das ist hier durchaus positiv konnotiert, Inszenierung über bloße Inhalte triumphieren kann.

8/10

WWII Howard Hawks Pearl Harbor Propaganda Pazifikkrieg


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MÄN SOM HATAR KVINNOR (Niels Arden Oplev/SE, DK, NO, D 2009)


Zitat entfällt.

Män Som Hatar Kvinnor (Verblendung) ~ SE/DK/NO/D 2009
Directed By: Niels Arden Oplev


Mikael Blomkvist (Michael Nyqvist), investigativer Journalist und Chefredakteur des sozialkritischen Stockholmer Blattes "Millenium", muss wegen einer erfolgreich gegen ihn erhobenen Verleumdungsklage für drei Monate ins Gefängnis. Um dem Renommee seiner Zeitschrift nicht zu schaden, legt er seinen Beruf dort nieder. Da engagiert ihn der Altindustrille Henrik Vanger (Sven-Bertil Taube). Jenem macht der bereits vierzig Jahre zurückliegende Mord an seiner Lieblingsnichte Harriet zu schaffen, der nie aufgeklärt wurde, zumal von einer Leiche jede Spur fehlte. Allerdings erhält Vanger weiterhin jedes Jahr zu seinem Geburtstag eine Trockenblume, Harriets traditionelles Geschenk an ihn. Vanger möchte diese höhnischen Aktionen endlich eingestellt wissen. Den Hauptverdächtigen wähnt er unter seinen nächsten Verwandten, allesamt ziemlich gierige Patrone. Unerwartete Hilfe bei seinen Recherchen erhält Blomkvist von der jungen Hackerin Lisbeth (Noomi Rapace), die selbst ein dunkles Geheimnis umgibt.

Die immens erfolgreiche "Millenium"-Trilogie des Romanciers Stieg Larsson ist einer der jüngeren Auswüchse der florierenden schwedischen Kriminalliteratur, deren Trilogie-Status sich allerdings unvorhersehbar und recht ad hoc einstellte. Als Larsson nämlich 2004 überraschend an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben war, hatte er erst drei Bücher eines geplanten zehnbändigen Zyklus fertiggestellt. Die Verfilmung derselben, die in Deutschland unter streng genommen inadäquat übersetzten Titeln veröffentlicht wurden (aus "Männer, die Frauen hassen" wurde eben "Verblendung"), war aufgrund ihres internationalen Bestseller-Status eine Frage der Zeit. In "Män Som Hatar Kvinnor" werden die Hauptfiguren Mikael Blomkvist und Lisbeth Salander etabliert, einander vorgestellt und in einen höchst prekären Fall verwickelt, in dem es neben Mord noch um Rassismus und Altnazismus, Vergewaltigung, Misshandlung und die sich ja im Titel findende Misogynie geht. Dass all das Teil der dunklen Vergangenheit einer gesellschaftlich hochgestellten Industriellenfamilie ist, verleiht auch dieser Geschichte jenen leicht kritischen Blick, der zum schwedischen Krimi gehört wie seine hohe Leichenquote.
Der Film "Män Som Hatar Kvinnor" komprimiert das umfangreiche, besonders auf die Auslage der vanger'schen Familienverästelungen bedachte Vorbild in halbwegs probater Weise, ist ergo überlang und spannend erzählt, bewegt sich dabei jedoch unzweifelhaft in den Konventionen jener ähnlich gelagerter Hollywood-Produktionen, die ihre ästhetischen Ursprünge bei den zahlreichen Serienkillerflmen der neunziger Jahre haben. Und nicht von ungefähr erscheint wohl in den Anfangscredits das ZDF als Mitproduzent - "Män Som Hatar Kvinnor" ist trotz Scope und mancher Empörungseinstellung am Ende halt doch mehr Fernsehen als Kino.

7/10

Millenium-Trilogie Familie Journalismus Niels Arden Oplev Stieg Larsson Schweden


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BAD BIOLOGY (Frank Henenlotter/USA 2008)


"We two belong together."

Bad Biology ~ USA 2008
Directed By: Frank Henenlotter


Der New Yorker Kunstphotographin Jennifer (Charlee Danielson) macht ihre anatomische Besonderheit, eine siebenfache Klitoris zu besitzen, nicht eben wenig zu schaffen. Ihr Bedarf nach koitalen Kontakten ist nämlich dementsprechend hoch und die dazu auserkorenen Partner überleben den Beischlaf zumeist nicht, weil Jennifers ekstatische Orgasmen sich bisweilen sehr ausufernd gestalten. Zudem gebiert sie stets rund zwanzig Minuten später ein unfertig augebildetes Freakbaby, das jeweils zurückgelassen oder in der nächsten Mülltonne entsorgt wird. Doch es gibt Hoffnung für Jennifer in Form eines potenziell perfekten Gegenparts: Batz' (Anthony Sneed) primäres Geschlechtsmerkmal als 'Penis' zu bezeichnen, käme einer Beleidung für alle Penisse dieser Welt gleich. Das etwa einen halben Meter des Raumes beanspruchende, ungeschlachte und vor allem widerlich hässliche Riesenteil führt nicht nur ein trotziges Eigenleben, sondern ist zudem unersättlich, was seine Befriedigung angeht. Eines Tages macht Batz' Pimmel sich dann selbstständig und geht auf Weiberjagd in Manhattans Upper-Class-Apartments, derweil Jennifer Batz ausfindig gemacht hat und ihm ihre Zuneigung gesteht - leider mit etwas Verspätung...

Siebzehn Jahre nach seiner letzten Regiearbeit "Basket Case 3" kommt der New Yorker Undergroundfilmer Frank Henenlotter also doch nochmal mit einer lang erwarteten, weiteren Geschmacklosigkeit um die Ecke. Das Erfreulichste gleich vorweg: Henenlotter hat nichts verlernt, sein bizarrer Humor lässt noch immer den instinktiv arbeitenden Körperregionen den Vortritt. Seine eigenartige Vorliebe für phallische Extremitäten spiegelt sich nach wie vor in obskuren, per stop-motion animierten Knetkreaturen wider - Batzens Schwanz beispielsweise könnte auch ein Cousin zweiten Grades von des fiesen kleinen Pusherwurms Elmer aus "Brain Damage" sein. Doch auch sonst bleibt das Meiste beim Alten, sieht man vielleicht von Henenlotters bisher unentdecktem Interesse für Hip-Hop ab: "Bad Biology" bietet, wie das komplette bisherige Oeuvre des Regisseurs, kompromissloses, abseitiges Independent-Kino, das jedoch stets einen gewissen Sinn für Anstand und Ästhetik wahrt und nie vollends in die gefährlich lockende Selbstzweckhaftigkeit ausufert. Trotz aller seiner streitbaren formalen Merkmale erzählt "Bad Biology" primär noch immer eine tragische Romanze und die Geschichte zweier unglücklicher Großstadt-Individuen, denen ihre jeweilige, brisante Physis einen Strich durch alle auch nur annähernd konventionellen Lebensentwürfe macht. Als Film ist das, Henenlotters Signatur eben, natürlich nicht für jeden gemacht, aber doch ein mutiges Stück Kino und für grundsätzlich Genreinteressierte zumindest einen Blick wert.

8/10

Monster Independent Underground Bohème New York Frank Henenlotter


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SLEEPAWAY CAMP III: TEENAGE WASTELAND (Michael A. Simpson/USA 1989)


"I like movies with really good acting. Like "Gone With The Wind" or "Care Bears"."

Sleepaway Camp III: Teenage Wasteland (Camp des Grauens 3) ~ USA 1989
Directed By: Michael A. Simpson


Angelas (Pamela Springsteen) unstillbare Sehnsucht nach idyllischen Campinglager-Szenerien soll auch in diesem Sommer gestillt werden: Heuer geht es, nachdem eine andere Teilnehmerin (Kashina Kessler) einen bösen Unfall hatte, unter deren Namen ins Camp "New Horizons", das im Vorjahr noch "Rolling Hills" hieß und aus naheliegenden Gründen umgetauft wurde. Aus allen Teilen des Landes und aus unterschiedlichsten Milieus kommen die diesjährigen Camper und werden in drei Gruppen aufgeteilt, die es sich jeweils mitten im Wald gemütlich machen sollen. Einer der Leiter ist der Polizist Barney (Cliff Brand), dessen Sohn Sean Angela seit "Rolling Hills" auf dem Gewissen hat. Natürlich lässt diese sich erneut weder dumme Scherze gefallen, noch toleriert sie ein in irgendeiner Weise abweichendes Verhalten.

Keine Ahnung, ob der diesmalige Untertitel dem Who-Evergreen "Baba O'Riley" entlehnt ist, eine nette Hommage wäre es ja. Anyway: obschon back-to-back mit dem Vorgänger gedreht, kann "Sleepaway Camp III" qualitativ nicht mit diesem mithalten. Das zweite Sequel wirkt deutlich weniger ambitioniert, verschenkt leichtfertig das satirische Potenzial von "Unhappy Campers" und kann auch sonst nicht verhehlen, stellenweise wie eine lästige Pflichtübung daherzukommen. Immerhin sind noch ein paar gute Gags vorhanden und Angelas Mord-Exerzizien wie üblich origineller als in anderen Gattungsvertretern. Leider musste Simpson für ein R-Rating seinerzeit einige Sekunden entwerfen, was für nachhaltigen Wirbel sorgte. Jener Schnittabfall ist als Bonus auf der DVD von Anchor Bay zu begutachten und demonstriert, dass die ganze Fan-Empörung einmal mehr bloß vielem Rauch um Nichts entspricht. Von der Besetzungsfront gibt es diesmal einen erzkomischen Michael J. Pollard als schmierigen (und sogar erfolgreichen) Teenagerinnen-Verführer und Melanie Griffiths physiognomisch nicht zu verleugnende Schwester Tracy in einer der Opferrollen zu vermelden. Wie erwähnt nichts Dolles mehr, als unvermeidlichen Trilogie-Abschluss und der Vollständigeit halber sieht man sich "Sleepaway Camp III" aber wohl doch immer wieder mal an.

4/10

Michael A. Simpson Sequel Slasher Splatter Feriencamp Independent


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THE NIGHT OF THE HUNTER (Charles Laughton/USA 1955)


"It's a hard world for little things."

The Night Of The Hunter (Die Nacht des Jägers) ~ USA 1955
Directed By: Charles Laughton


Zur Zeit der Großen Depression begegnet der irrsinnige Wanderprediger und Frauenmörder Harry Powell (Robert Mitchum), als er wegen einer Lappalie ins Gefängnis muss, dem Räuber Ben Harper (Peter Graves). Dieser hat seine letzte Geldbeute bei seiner Frau Frau Willa (Shelley Winters) und den zwei Kindern John (Billy Chapin) und Pearl (Sally Jane Bruce) zurücklassen müssen. Powell erfährt davon und ermordet Ben im Schlaf. Nach seiner Entlassung bricht Powell über die verwitweten Harpers herein wie ein böser Sturm: Zunächst macht er sich Willa gefügig, um dann auch sie zu töten und quält und erpresst hernach die beiden Kinder, um von ihnen das Versteck des Geldes zu erfahren. Doch den beiden gelingt die Flucht und nach einer Zeit des Darbens gelangen sie in die Obhut der warmherzigen Rachel Cooper (Lilian Gish).

Nach dem Genuss von "The Night Of The Hunter", Charles Laughtons einziger Regiearbeit, bedaure ich jedesmal aufs Neue, dass der wohlbeleibte Brite nicht mehr Filme inszeniert hat. Doch sein Film dürfte insbesondere in Anbetracht des zeitgenösischen Kontextes, schlicht zu sperrig, zu gewagt und zu kunstambitioniert, - kurzum: zu anspruchsvoll für das damalige Publikum gewesen sein. Wie ein böser, schwarzromantischer Traum umfängt einen die finstere Atmosphäre dieser zutiefst säkularen Fabel, die Bigotterie und religiöse Naivität als uramerikanische Gesellschaftsprinzipien denunziert und einen gewissen arroganten, altweltlichen Blick auf die provinzielle Einfalt der US-Bürger wirft. Auch dies mit Sicherheit ein Grund für die damalige mangelnde Wertschätzung des Films. Doch schätzt und bewundert Laughton zugleich die geheimnisumwobene Naturwelt der Appalachen und des Ohio und lässt die Kamera symbolträchtige, nächtliche Bilder von exotischer Flaura und Fauna einfangen, die keinesfalls unbeabsichtigt auch die Seiten eines Märchenbuchs illustrieren könnten. Überhaupt wandelt sich die zunächst noch konventionell gehaltene Erzählung mehr und mehr zu einer sich bewusst selbst infantilisierenden, freudianischen Mär, die tief verwurzelte Kindheittraumata beschwört und Harry Powell mehr und mehr zu einem fast überirdischen Racheengel stilisiert. Da steckt trotz Mitchum mehr von einem "Wizard Of Oz" drin als etwa von einem "Cape Fear".
Ein Film wie kein zweiter.

10/10

Charles Laughton Fanatismus Erwachsenenmaerchen Great Depression Parabel


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BRAZIL (Terry Gilliam/UK 1985)


"An empty desk is an efficient desk."

Brazil ~ UK 1985
Directed By: Terry Gilliam


In einem nicht näher bezeichneten totalitären Staat des vergangenen Jahrhunderts, der allerdings frappierend einem dystopischen England gleicht, entdeckt der unbedeutende Büroangestellte Sam Lowry (Jonathan Pryce) die Fehleranfälligkeit des Systems, für das er buckelt. Statt eines freischärlenden, des Terrorismus verdächtigten Heizungsingenieurs (Robert De Niro) wird ein braver Familienvater in die grausamen Verhörmühlen des Großen Bruders Mr. Helpmann (Peter Vaughan) gezwängt. Zusammen mit der sich rebellisch gebenden Jill (Kim Greist) begehrt Sam zugleich gegen die ihn umfangenden systemischen und matriarchalischen Diktaturen auf - und scheitert jeweils kläglich.

Gilliams Meisterwerk, ein ungeheuer vielschichtiges, monströses, zugleich enthusiastisches und grausiges Horrorszenario über die Macht der Träume und das, was einem letztlich niemand stehlen kann: Das tief verborgene, innere Selbst. "Brazil", entstanden im Orwell-Jahr 1984, führt in zugleich satirischer und höchst glaubwürdiger Weise die Schrecken eines absoluten Überwachungsstaats vor Augen, in dem die menschliche Population nicht mehr zu leben, sondern nur noch zu funktionieren hat. Die emotionale Wahrheit hat hier längst jeglichen Wert verwirkt, alles verkommt zu verlogener Hörigkeit einer grotesken Obrigkeitsidee. Gut hat es hier nur, wer "jemanden kennt", so wie Sams fürchterliche Mutter (Katherine Helmond), ein Vorzeigeprodukt der unter überreifen Damen hochaktuellen Verjüngungschirurgie. Allein durch ihren Einfluss, respektive den von Sams bereits verstorbenem Vater, fällt der kleine kafkaeske Held die Treppe des innersystemischen "Erfolges" herauf bis ins "Ministerium für Informationenwieder-beschaffung". Ein paar Etagen höher findet sich hier auch Sams alter Freund Jack Lint (Michael Palin), oberster Verhörspezialist und Folterknecht von Mr. Helpmann, der, innerlich und äußerlich blutbesudelt und -berauscht, seine eigene Familie nicht mehr identifizieren kann. Dem armen Sam ist schlussendlich immerhin eine romantische Liebesnacht mit seiner Jill vergönnt, bevor er selbst auf Lints Stuhl sitzt und ihm nur noch die Flucht in die (Un-)Tiefen seiner eigenen Traumwelt bleibt, so tief hinab freilich, dass ein Wiederhervorkommen unmöglich ist. "He's got away from us", bleibt es Mr. Helpmann, dem heimlichen (und unheimlichen) obersten Kopf des vielgliederigen Bürokratiestaats, da nur noch mit höhnischem Bedauern zu konstatieren. Der bittere Sieg des kleinen Mannes.

10*/10

Zukunft Parabel Farce Traum Dystopie Terry Gilliam Satire Terrorismus


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SLEEPAWAY CAMP II: UNHAPPY CAMPERS (Michael A. Simpson/USA 1988)


"I'll camp until I die!"

Sleepaway Camp II: Unhappy Campers (Camp des Grauens 2) ~ USA 1988
Directed By: Michael A. Simpson


Nach einigen Jahren kehrt die zuletzt nicht eben bodenständige Angela (Pamela Springsteen), damals Baker, jetzt Johnson, generalüberholt und guten Mutes ins Camping-Milieu zurück. Die alten Geschichten um Camp Arawak haben sich mittlerweile selbst zur campfire tale entwickelt. Da verschwinden urplötzlich auch in Camp Rolling Hills die ersten Feriengäste spurlos. Eigentlich hätten sie von Angela heimgeschickt werden sollen, doch keiner ist zu Hause angekommen. Und was verbirgt die wiederum etwas frigide erscheinende Angela in ihrer so heißgeliebten, verlassenen Waldhütte?

Das Gesetz der Serie ist eines der obersten im Horrorgenre. Also erfuhr auch "Sleepaway Camp" irgendwann die unvermeidliche Ehre seines ersten Sequels. In Simpsons Fortsetzung, die dann auch aus ihrem bloßen numerischen Reihenstatus überhaupt keinen Hehl mehr macht und sich überhaupt eher parodistisch gibt, hat es lustige intertextuelle Verweise mit Reminiszenzen an andere Slasher-Serials und einen schier unglaublichen bodycount samt wiederum höchst origineller Mordideen. Auch das in den Achtzigern noch aktive brat pack hat es den Ersinnern des Films angetan: Fast sämtliche der Campbewohner tragen Vornamen der entsprechenden Protagonisten, von Rob über Mare und Demi bis hin zu Molly.
Das Schönste an Angela: Im Gegensatz zum Rest ihrer Zunft benötigt sie, schon aufgrund der ihr eigenen, felsenfesten Überzeugung von der moralischen Richtigkeit ihrer Aktionen, keine Maske; das scheinbar ewig lächelnde Engelsgesicht ist ihr Verschleierung genug. Die Gute wird in diesem Film übrigens von keiner Geringeren gespielt als von der Schwester des Boss' persönlich! Und auch aus der Abteilung "Whatever became to..." gibt's noch Erstaunliches: Walter Gotell, der in sechs Bond-Filmen den KGB-Chef General Gogol spielte, ist hier als Campleiter Onkel John (eine offensichtliche Analogie zu John Hughes) im Geschäft. Sehr witzige Kiste.

5/10

Feriencamp Slasher Independent Michael A. Simpson Sequel Splatter





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Funxton

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