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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE LADY FROM SHANGHAI (Orson Welles/USA 1947)


"It's a bright, guilty world."

The Lady From Shanghai (Die Lady von Shanghai) ~ USA 1947
Directed By: Orson Welles


Der arbeitslose Seemann Michael O'Hara (Orson Welles) lässt sich von dem verkrüppelten Staranwalt Bannister (Everett Sloane) anheuern, um dessen Yacht als Skipper auf einen Törn durch den Golf von Mexiko zu lenken. Michael hat gleich ein ungutes Gefühl bei der Sache, da Bannisters Frau Elsa (Rita Hayworth) ihm schon zuvor schöne Augen gemacht hat. Als der verdrehte Mitreisende Grisby (Glenn Anders) Michael bittet, ihn gegen stattliches Entgelt zum Schein zu ermorden, fängt für den unbedarften Iren der Schlamassel erst richtig an.

Wie die meisten von Welles' Filmen wurde auch dieser von den studio executives stark gekürzt und verändert, so dass von der urprünglichen Vision des Regisseurs kaum mehr etwas erkennbar blieb. Immerhin: die höchst poetisch eingesprochenen Off-Texte, die exaltierten Kameraperspektiven (man beachte speziell die berühmte Aquariumssequenz) und die noch betrachtbaren Fragmente des sorgfältig arrangierten Finales im Vergnügungspark, dem Herzstück des Films, das die emotionale Irrfahrt des Protagonisten verdeutlichen sollte, heben "The Lady From Shanghai" letzten Endes deutlich ab von anderen film noirs dieser Tage. Rita Hayworth als femme fatale zu besetzen war indes schon damals nichts bahnbrechend Neues mehr und es scheint im Nachhinein mehr als offenkundig, dass Welles hier nichts weniger abzubilden gedachte als die komplizierte Beziehung zu seiner nicht zu bändigenden Ehefrau. Obschon er zuweilen recht sperrig und zugangsverweigernd erscheint, darf und muss "The Lady From Shanghai" dem zentralen Werk Welles' zugeordnet werden. Meisterlich geraten ist er ja doch, so oder so.

9/10

San Francisco Mexiko New York film noir femme fatale Orson Welles


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SHAFT (John Singleton/USA 2000)


"It's my duty to please that booty."

Shaft ~ USA 2000
Directed By: John Singleton


Der stets streitbare Police Detective John Shaft (Samuel L. Jackson) legt endgültig die Marke nieder, als der süffisante, rassistisch motivierte Totschläger Walter Wade Jr. (Christian Bale) schon zum zweiten Mal gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt wird. Shaft beschützt eine unter Druck gesetzte Tatzeugin (Toni Collette) und knöpft sich Wade auf bodenständige Weise als Privatermitller vor, ganz in der Tradition seines legendären Onkels (Richard Roundtree).

Gelungener Relaunch der berühmten Blaxploitation-Reihe aus den Siebzigern, die sich ganz klar nicht als Remake, sondern als Fortführung der Ur-Trilogie versteht. Der "Original-Shaft" tritt, schon das eine Ehrerbietung nach Maß, noch immer auf und keinen Deut leiser; Jackson legt seine Figur erst gar nicht als simple Neuauflage nach 25-jährigem Dornröschenschlaf an, sondern charakterisiert den Titelhelden als knallharten Gerechtigkeitsfanatiker an der Schwelle zum Selbstjustizler, der sich das schwarze Selbstbewusstsein nicht wie sein berühmter Onkel über die Jahre antrainieren musste, sondern dem es gleich in die Wiege gelegt wurde. Singleton erweist sich als hervorragender Actionregisseur mit perfektem Gespür für Timing und äußere Kurzweil, der fulminante Score von David Arnold ist deutlich mehr als eine bloße Reminszenz an Isaac Hayes' klassisches Original.
Hübscher, kleiner Machoscheißdreck.

7/10

Selbstjustiz John Singleton New York Remake


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DARK CITY (Alex Proyas/USA, AU 1998)


"Do you know the way to Shell Beach?"

Dark City ~ USA 1998
Directed By: Alex Proyas

Eines Nachts erwacht John Murdoch (Rufus Sewell) in einer Badewanne - ohne jegliche Erinnerung an seine bisherige Existenz. Es scheint, dass er ein flüchtiger Serienmörder ist und von der Polizei gesucht wird. Nach und nach macht sich John mit den näheren Umständen seiner Amnesie vertraut. Die namenlose Stadt, in der er lebt, scheint sich auf einem hermetisch abgeschlossenen Areal zu befinden; niemals wird es dort Tag und jeweils zur zwölften Stunde verändern sich ihre gesamte Physis und Infrastruktur. Damit nicht genug werden die Geschicke der Stadt offenbar von ein paar kahlköpfigen, dunkel gewandeten Herren gelenkt.

Mit "Dark City" gelang dem ohnehin stets einen deutlichen Hang zu düsterem Bombast aufweisenden Alex Proyas sein bislang größter visueller Triumph. Besonders die traditionsverpflichtete Prämisse, eine SciFi-Story mit der typischen Optik des film noir zu kreuzen, trägt dem Rechnung. Proyas ließ eine manische Sorgfalt walten bei der Ausstattung und Beleuchtung seiner Innenräume, die der Kreierung einer möglichst authentischen Atmosphäre dienlich sein sollten. Das unterschwellig-latente Gefühl, im Rahmen seines Films unter einer Art gigantischer Kuppel zu existieren, stellt sich auch ohne die entsprechende Gewissheit rasch ein und genau darin liegt Proyas' Verdienst. Die inhaltlichen Versatzstücke, die sich in weiten Teilen klassischer Genremotive bedienen, müssen als reine Transporteure von Proyas' Vision erachtet werden. Er mag vielleicht sogar ein wenig Ende gelesen haben, denn seine Fremden sind unschwer identifizierbare, nahe Verwandte der Grauen Herren, die als uniformiert erscheinende Eminenzen aus dem Hintergrund ebenfalls wenig Gutes mit den Menschen im Sinn hatten.
Ob (und wenn ja, warum) der nun von mir gesehene Director's Cut der ursprünglichen Kinofassung prinzipiell vorzuziehen ist, kann ich leider nicht zur Gänze feststellen, da die letzte Betrachtung der Normalversion nunmehr allzu lange zurückliegt. Angesichts der notierten Änderungen und Proyas' leidenschaftlichen Plädoyers für seinen nachträglich erstellten Wunschschnitt dürfte aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sein.

8/10

neo noir Alex Proyas Weltraum Director's Cut Zukunft Aliens David S. Goyer


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O.C. AND STIGGS (Robert Altman/USA 1985)


"I've had a lot of fun. I have Legos, you know."

O.C. And Stiggs (Black Cats) ~ USA 1985
Directed By: Robert Altman


In Phoenix, das im Sommer einem Glutofen ähnelt, hat man als Jugendlicher wenige Möglichkeiten zur Entfaltung. Die beiden Kumpel Oliver Cromwell Ogilvie (Daniel Jenkins), genannt O.C. und Mark Stiggs (Neill Barry), genannt Stiggs, die auf Hummer, Briefmarken, King Sunny Adé, Gabun und verrückte Verkleidungen abfahren, machen dennoch das beste aus ihrer Lage: Sie rebellieren gegen die bourgeoise Verlogenheit des Spießertums! Dafür bedarf es nur eines auserkorenen Erzfeindes, und der findet sich in der Person des 'insurance emperor' Schwab (Paul Dooley), der O.C.s lustigem Opa (Ray Walston) auf hinterfotzigste Weise die Pflegeversicherung gekündigt hat. Der Guerilla-"Krieg" gegen Schwab, für den O.C. und Stiggs sich unter anderem der Penner der Stadt, zweier durchgeschossene Vietnam-Veteranen (Dennis Hopper, Alan Autry) und der freien Benutzung der Schwab'schen Gartenterrasse befleißigen, wird für den selbsternannten 'braven Amerikaner' gar fürchterlich.

Wohlan, einen gezielteren Blick auf Altmans Schaffen zu werfen lohnt sich: Es gibt offenbar noch massig ungehobene Schätze zu entdecken. Mit "O.C. And Stiggs", der lose auf Kurzgeschichten aus dem Satire-Magazin National Lampoon beruht, setzte der Filmemacher der Welle der Achtziger-Teenkomödie in einer für ihn kommerziell wenig tragfähigen Karrierephase sozusagen ihren leisen Höhe- und Endpunkt entgegen. Wie schade, dass auch das niemand sehen wollte. Aber Hughes und Konsorten waren eben soviel leichtgewichtiger, konformistischer, braver, durchschaubarer, kurz: konsumierbarer - da war tragischerweise für zwei echt originelle Typen wie O.C. und Stiggs schlicht kein Raum mehr übrig. Altman nimmt die Wüstenstadt mit diebischer Schadenfreude Stein für Stein auseinander; nahezu alles, was den Reagonomics heilig ist, wird so lustvoll wie böse durch den Staub gezogen, die nette Familie von nebenan komplett dekonstruiert. Das gilt auch für erzählerische Konventionen, weswegen dem ordinären Teenkomödienkucker sowohl damals auch heute fairerweise von der Betrachtung abgeraten werden sollte. Ich für meinen Teil sehe da einen möglichen neuen Kandidaten für die persönliche Lieblingsfilmliste heranreifen...

9/10

Mexiko Schule Freundschaft Groteske Satire Farce Robert Altman Arizona Teenager Coming of Age


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THE DOLL SQUAD (Ted V. Mikels/USA 1973)


"What about some antidot for our friends?" - "In our business you have no friends!" - "Of course, I neither have any. I just wanted to ask in place of people having friends. Me, I surely have none."

The Doll Squad (Das Kommando der Frauen) ~ USA 1973
Directed By: Ted V. Mikels

Um den irren Erpresser und Globalgangster Eamon O'Reilly (Michael Ansara), der plant, mit Pestviren infizierte Ratten an internationale Terroristen zu verscherbeln. dingfest zu machen, befleißigt man sich der Super-Agentin Sabrina Kincaid (Francine York) und ihrer nicht minder taffen 'Doll Squad'. Mit vereinten Kräften stöbern die Damen O'Reilly, der pikanterweise zugleich einer von Sabrinas Ex-Liebhabern ist, auf und machen ihm einen dicken Strich durch die Rechnung.

Gammelkino aus der zweiten Schublade von unten, das nunmehr, da ja alles, was nach retrochic, grindhouse, cheesiness, camp, drive-in blablabla riecht, eine bevorzugte Zuwendung erfährt. Das rüttelt aber nichts daran, dass der Billigregisseur Mikels hier einen echten Stinker vom Stapel gelassen hat, der wohl schon damals primär von verklemmten Herren im Trenchcoat frequentiert wurde. Als Gegenentwurf zu James Bond und anderen Spionagehelden sollte clevererweise eine in Sachen Kampfeskraft geschulte Damenriege herhalten, die sich allerdings erwartungsgemäß aus bloßen Bikiniständern rekrutierte und sich durch eine von Halbidiotie zerfressene Story quälte. Dabei sind ein paar nette Ideen dabei: Unter anderem ist die Doll Squad im Besitz eines Pülverchens, das, dem Gegner verabreicht, zur kurzfristigen Explosion desselben führt. Was hätte man daraus machen können und wie schlapp wurde es letztlich umgesetzt! Da nützt auch die symbolträchtige Durchbohrung des Oberbösewichts mit einem überdimensionalen Schwert nichts mehr. Leider kein Sündenfall, allerhöchstens für die feministische Bewegung, die sich durch Filme wie diesen böse zurückgeworfen gefunden haben dürfte. Dann lieber gleich 'nen Sidaris, der wusste, wo die Glocken höngen, äh, hingen.

3/10

Ted V. Mikels Trash Independent


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URBAN LEGENDS: FINAL CUT (John Ottman/USA 2000)


"O.J. left more blood than that on the Bronco."

Urban Legends: Final Cut (Düstere Legenden 2) ~ USA 2000
Directed By: John Ottman


Die Filmhochschülerin Amy Mayfield (Jennifer Morrison) möchte unbedingt den begehrten Hitchcock-Award gewinnen, der dem Studenten, der den besten Abschlusfilm des Jahres vorlegen kann, winkt. Ein hochdotiertes Stipendium und eine Eintrittskarte nach Hollywood sind die attraktiven Begleiterscheinungen des Preises. Als Thema für ihr Werk wählt Amy die vertuschten Ereignisse vom Pendleton-College, bei denen sich ein Mörder urbaner Mythen bediente und diese dann an realen Opfern durchexerzierte. Doch, o Graus, schon bald wird auch Amys Crew von einem irren Maskenkiller dezimiert...

Abgesehen von einer wirklich unangenehmen und wunderbar fies inszenierten ersten Mordszene bleibt John Ottmans "Urban Legend" - Sequel auf dem Teppich jedweder Genre-Gesetzmäßigkeiten, wobei die selbstreflexive Grundidee schlicht von "Scream III" abgekupfert wurde, in dem eigentlich exakt dasselbe geschieht. Andererseits geht der Plagiatsvorwurf als nützlicher Kritikaspekt natürlich vollkommen an sämtlichen Slasherprämissen vorbei, erst recht so viele Jahre, nachdem diese Art Film aus ihrer popkulturellen Taufe gehoben wurde. Schenken wir ihn uns also. Dennoch - mit "Urban Legends: Final Cut" gibt es bloß eine weitere überraschungsfreie Fortsetzung, in der schlussendlich nur zwei Dinge von Interesse sind: Der jeweils nächste Mord bzw. dessen Durchführung und die Identität bzw. Motivlage des sich erst am Schluss zu erkennen gebenden Täters. Dass die Scriptautoren offenbar schon mal was von Godard und Truffaut gehört haben und gern mit Begrifflichkeiten wie Mise-en-scène und Cinéma vérité um sich werfen, verhindert ferner auch nicht die notwendige Entlarvung des Umstandes, dass das ganze Ding mit all seinen teils abenteuerlichen Einfällen für den schnellen Dollar heruntergekurbelt wurde. Immerhin ist es auch nicht schlechter als das Original.

5/10

College Film im Film Madness Sequel Slasher Splatter John Ottman


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THE PACKAGE (Andrew Davis/USA 1989)


"I've lost my package."

The Package (Die Killer-Brigade) ~ USA 1989
Directed By: Andrew Davis


Sgt. Gallagher (Gene Hackman) wird unwissentlich als Eskortierer missbraucht, um einen als Militärhäftling getarnten Attentäter (Tommy Lee Jones) in die USA zu schleusen. Dieser soll im Auftrag einer übernationalen Verschwörung den sowjetischen und den US-Staatsführer töten, bevor diese einen bedeutenden Abrüstungsvertrag unterzeichnen können. Gallagher entdeckt, dass er für dumm verkauft wurde und versucht, mit der Hilfe seiner Ex-Frau (Joanna Cassidy), die Pläne der Bösewichte zu durchkreuzen.

Ganz ansehnlicher Verschwörungsthriller des Genre-Regisseurs Davis, der jedoch, da gibt es gar kein Vertun, seine brauchbareren (weil ehrlicheren) Arbeiten mit Chuck Norris und Steven Seagal vorlegte - Hackman hin oder her. Dennoch macht es Freude, den alternden Star sich in einer nochmal recht körperbetonten Rolle abplagen und als seinen Antagonisten einen Tommy Lee Jones auf dem Weg zum Vorzeigeschauspieler (Davis sollte ihm ja schon bald darauf gar den Weg zum Darsteller-Oscar ebnen) zu sehen. Dennis Franz gibt wieder denselben Typus des herzlichen Bullen, den man von ihm schon aus ein paar De Palmas kennt. Über die eigentlich schon damals im Zeichen der Verjährung stehende Story braucht man indes gar keine Worte mehr zu verlieren, wobei "The Package" ohnedies kein besonderes Gewicht auf Realismus zu legen scheint. Dagegen ist jeder Bond-Film ein ernstzunehmendes globalpolitisches Kulturartefakt.
Nettes Fast Food, kaum mehr.

6/10

Kalter Krieg Chicago Militaer Andrew Davis


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BLOOD DINER (Jackie Kong/USA 1987)


"Come to our big party!"

Blood Diner ~ USA 1987
Directed By: Jackie Kong


Die beiden grenzdebilen Brüder und Köche Michael (Rick Burks) und George (Carl Crew), die in ihrem Imbiss vorzugsweise frittierte Menschenteile anbieten, wollen mithilfe ihres nurmehr als Gehirn mit Augen vorhandenen Onkels (Drew Godderis) eine uralte Totengöttin namens Shitaar wieder ins Leben zurückrufen. Zu diesem Zwecke bedarf es eines flugs zusammengenähten Körpers und einer zünftigen kannibalistischen Blutorgie. Doch die Cops sind den beiden Spinnern bereits auf den Fersen.

"Blood Diner" bewegt sich neben der überdeutlichen Reminiszenz an H.G. Lewis' "Blood Feast" in seiner inhaltlichen und formalen Ausrichtung in etwa parallel zu den Troma-Werken und ähnlichem Underground-Zeug dieser Zeit Marke "Street Trash". Zu den Höhepunkten jener lustvoll-geschmacklosen Kinowelle lässt sich Jackie Kongs kleines Ekelpaket allerdings nicht zählen. Die Gags sind einfach schon zu doof und dermaßen gaga, dass sie sich bestenfalls des Laufens nicht mächtigen Säuglingen erschließen dürften. Die formalen Schwächen - ob aus echtherzigen Anarchie-Zugeständnissen oder reiner Schlampigkeit installiert - sind haarsträubend und bei klarem Verstand kaum zu ertragen. Normalerweise gehöre ich ja ganz und gar nicht zur Etepetete-Fraktion, die an dieser Einstellung herummäkelt und über jenen Anschlussfehler raunzt, aber irgendwo muss es auch mal gut sein. Na ja, manche Einfälle, vornehmlich die sich in irgendwelchen bescheuerten Bandauftritten manifestierenden musikalischer Natur, zünden auch. Ein Streifen klassischen BABA-Zuschnitts (BABA = Bitte Ausschließlich Bedröhnt Anschauen).

4/10

Groteske Splatter Jackie Kong Independent Trash Underground


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TWELVE MONKEYS (Terry Gilliam/USA 1995)


"There's no right, there's no wrong, there's only popular opinion."

Twelve Monkeys ~ USA 1995
Directed By: Terry Gilliam


In nicht allzu ferner Zukunft hat ein virologischer Kampfstoff den größten Teil der Menschheit ausgelöscht. Die letzten Reste von Überlebenden können nurmehr unter der Oberfläche existieren, wo sie das für Tiere ungefährliche Virus nicht erreicht. Wissenschaftler vermuten, dass ein paar militante Öko-Aktivisten, die sich selbst "Army Of 12 Monkeys" nannten, für die Freisetzung des Virus verantwortlich waren und schicken den Sträfling James Cole (Bruce Willis) per Zeitreise in die Vergangenheit, um ihre Gegner zu sondieren. Coles erster Trip geht schief; er landet sechs Jahre zu früh und kommt in eine psychiatrische Klinik, in der er jedoch notwendige Kontakte knüpfen kann. Eine weitere Rückreise, diesmal ins korrekte Jahr, zeigt Cole und seinen Entsendern, dass Zeitabläufe unabänderlich und karmisch festgelegt sind.

Wieder pure Exzellenz von Terry Gilliam, diesmal immerhin ein zumindest ansätzlich sehr an etablierten Strukturen entlangschlitterndes Zeitreise-Abenteuer. Natürlich setzt sich Gilliam mitsamt seiner verqueren Blickwinkel durch, repetiert mannigfaltige Motive aus seinen vorherigen Arbeiten und lässt einmal mehr eine gleichsam von Irrsinn wie von kalter Logik geprägte Welt vom Stapel, die ihr Ende verdient hat und es ob ihrer Dysfunktionalität mit Kusshand aufnehmen sollte, anstatt daran zu verzagen. Angesichts der Zukunftsoptionen wünschte man sich vielmehr, der Urheber des Armageddon würde seine Arbeit noch etwas gründlicher bzw. flächendeckender verrichten. Ein wenig reaktionär mag diese Konsequenz schon erscheinen, bisweilen vielleicht sogar etwas radikal, aber Gilliam wäre nicht Gilliam, wenn es ihm nicht gelänge, uns zumindest ein bisschen auf seine Seite zu ziehen. Am Ende läuft, wie bei Zeitreisefilmen üblich, alles auf die Hinterfragung quantenphilosophischer Wahrscheinlichkeit hinaus, sicherlich einhergehend mit der Entdeckung ein paar wissenschaftlich-theoretischer Unmöglichkeiten- Doch sollte man sich davon erst gar nicht jucken lassen. Es würde den visuellen und atmosphärischen Hochgenuss von "Twelve Monkeys" nur unverdientermaßen trüben.

10/10

Zukunft Zeitreise Terry Gilliam Madness Groteske Terrorismus Psychiatrie Virus Dystopie Apokalypse


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JEREMIAH JOHNSON (Sydney Pollack/USA 1972)


"Where you headed?" - "Same place you are, Jeremiah. Hell, in the end."

Jeremiah Johnson ~ USA 1972
Directed By: Sydney Pollack


Der Navyveteran Jeremiah Johnson (Robert Redford) zieht um 1840 in die Rocky Mountains, um der Zivilisation den Rücken zu kehren und Trapper zu werden. Nach einigen Lektionen in Sachen Überleben in der Wildnis will er sich mit einem stummen Jungen (Josh Albee) und einer Hals über Kopf geheirateten Flathead-Indianerin (Delle Bolton) ein ruhiges Leben aufbauen. Als er jedoch wider besseres Wissen aus Gründen der Zeitnot einen Rettungstrupp über einen Friedhof der Crow führt, rächt sich der eigentlich befreundete Stamm grausam: Jeremiah findet seine Ersatzfamilie ermordet und verstümmelt. Der wortkarge Einzelgänger begeht ein Massaker unter den Crow und tötet fortan jeden ihrer Krieger, der ihm zu nahe kommt. Der Beginn einer jahrelangen Fehde.

Der mountain man ist aus den Annalen des Westen und der frontier days nicht wegzudenken. Gesellschaftsmüde Individuen, die einen den Indianern ähnlichen, einsamen Lebensstil vorzogen, und aus eigener Hand beziehungsweise von dem lebten, was sie selbst erlegten oder in ihren Fallen fangen konnten. "Jeremiah Johnson" suchte sich den berüchtigsten aller mountain men heraus, um dessen von diversen Überhöhungen und Fabulierereien geschmückte Geschichte zu erzählen. John "Liver-Eating" Johnson, auch bekannt als "The Crow Killer", galt viele Jahre lang als Todfeind der Crow-Indianer, nachdem diese seine Flathead-Frau ermordet hatten. Seinen Beinamen erhielt er, weil er angeblich die Lebern seiner Gegner verzehrte, um ihnen so eine dem indianischen Glauben gemäß zusätzliche Schmach zuzufügen. Mehrere hundert Menschen sollten auf sein Konto gehen, bis er nach fünfundzwanzig Jahren seinen Rachefeldzug einstellte und eine Art zweckmäßigen Frieden mit den Crow schloss. Johnson starb mit 74 Jahren eines natürlichen Todes.
Wie viele Genreproduktionen ging es auch "Jeremiah Johnson" um ungehemmte Mythologisierung sowie das Schüren folkloristischer Landeslegenden. Jeremiah Johnson wäre eigentlich ein perfekter Eastwood-Part gewesen, doch irgendwie riss sich Pollack das Script von John Milius und Edward Anhalt rechtzeitig unter den Nagel und machte das Ding mit seinem Dauerdarsteller Redford. Milius betonte in seiner Version der Geschichte auch die kannibalistischen Aspekte um den Protagonisten, Pollack und Redford jedoch verwarfen diese; sicherlich, um ihren zwar harten, aber stets human agierenden Helden nicht zu denunzieren, ebenso aber nicht zuletzt, um Redfords Sunnyboy-Image nicht zu gefährden. Wie dem auch sei, "Jeremiah Johnson" ist mit seinen prächtigen landscapes und einigen schönen Songs eine Zierde für das sterbende Genre und demonstrierte der Konkurrenz, wie man dem in seinen finalen Zügen liegenden Western noch ein prachtvolles Abschiedsgeschenk machen konnte, ohne gleich wie Peckinpah, Altman oder Penn Grabsteine zu meißeln.

10/10

Sydney Pollack Biopic Rocky Mountains





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Funxton

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