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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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SCHWERKRAFT (Maximilian Erlenwein/D 2009)


"Ich bin jetzt kriminell. Und fühle mich gut dabei."

Schwerkraft ~ D 2009
Directed By: Maximilian Erlenwein


Der Bankangestellte Frederick Feinermann (Fabian Hinrichs) muss eines Tages miterleben, wie sich vor seinen Augen ein Kunde, dem Frederick zuvor einen Kredit gelündigt hat, erschießt. Ab diesem Zeitpunkt ist dem in einer einsamen, oberflächlichen Existenz lebenden jungen Mann klar, dass ein Ausbruch hermuss. Zuisammen mit seinem alten Bekannten Vince (Jürgen Vogel), der ihm zufällig wiederbegegnet, beginnt Frederick, in die Villen reicher Bankkunden einzubrechen.

Erfreulich bodenständige, schwarze Komödie in "Fight Club"-Tradition. Aus der Geschichte um einen jungen, im Establishment fest verankerten Anzugträger, der an einem Zeitpunkt seines Lebens feststellt, dass das doch längst nicht alles sein kann, macht Erlenwein im Gegensatz zu dem episch arbeitenden Fincher ein Drei-Personen-Kammerspiel. Auch beschränken sich die psychischen Untiefen seines Protagonisten auf das "alltäglichere" Problem einer bipolaren Störung. Die tiefgehende Persönlichkeitsspaltung eines Edward Norton ergreift von Fabian Hinrichs keinen Besitz, da ihn vermutlich jenes Schlüsselereignis um den Selbstmord seines Kunden noch gerade rechtzeitig davor bewahrt. Auch wird hier, in guter deutscher Tadition, immerhin die Liebe als letzter Ausweg angeboten. Dass Fredericks missgünstige Umwelt ihm diese finale Fluchtmöglichkeit jedoch versagt, steht auf einem anderen Blatt. Diese Geschichte endet nicht damit, dass die Hochfinanz in tausend Teile gesprengt wird, sondern ganz alltäglich - mit dem Knast nämlich. Und natürlich mit einem wunderschönen Song, "Let Your Light In, Babe" von Robert Forster, für dessen Verwendung Erlenwein allein schon ein Star of Fame gebührt.
Guter, alter Nationalrealismus.

7/10

Maximilian Erlenwein Satire Heist


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THE LEFT HAND OF GOD (Edward Dmytryk/USA 1955)


"Let's roll some dice."

The Left Hand of god (Die linke Hand Gottes) ~ USA 1955
Directed By: Edward Dmytryk


China, 1947: Während der Revolutionswirren kommt Pater O'Shea (Humphrey Bogart) zu einer kleinen Mission in den Bergen. Der Pater gewinnt bald das Vertrauen der ländlichen Bevölkerung, des Ärzteehepaars Sigman (E.G. Marshall, Agnes Moorehead) und besonders das der Krankenschwester Scotty (Gene Tierney), die sogar mehr für ihn empfindet als rein christliche Nächstenliebe. Tatsächlich ist der Pater gar kein Pater, sondern der amerikanische Jetpilot Jim Carmody, der für einige Zeit als Berater in den unfreiwilligen Diensten des grausamen General Yang (Lee J. Cobb) stand und sich nunmehr auf der Flucht befindet.

Angenehm anzuschauende Spät- und Heldenrolle für Bogey in einem von der Fox prachtvoll arrangierten Abenteuerdramas. Scope und leuchtendes DeLuxe lassen die Bilder des ansonsten kaum preisverdächtigen Filmes geradezu erstrahlen und machen jede Einstellung zu einem Genuss und einem kleinen Lehrstück für professionelle Kameraarbeit. Erwartungsgemäß für einen frühen Scope-Film arbeitet der große dp Franz Planer vornehmlich mit Totalen, belässt die spärlichen künstlichen Lichtquellen in Bodennähe und schafft damit den genannten Effekt. Tatsächlich genügt allein der ästhetische Reiz seiner Bilder, um "The Left Hand Of God" bei mancher sonstigen Schwerfälligkeit kurzweilig und bedeutsam erscheinen zu lassen - ob er dies denn auch wirklich ist, mag ein jeder selbst beurteilen. Die Betrachtung lohnt jedenfalls, so oder so.

7/10

Edward Dmtryk China period piece Mission Kirche


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MOON OVER PARADOR (Paul Mazursky/USA 1988)


"I hate actors."

Moon Over Parador (Mond über Parador) ~ USA 1988
Directed By: Paul Mazursky


Der New Yorker Schauspieler Jack Noah (Richard Dreyfuss) findet sich nach Dreharbeiten in der lateinamerikanischen Bananenrepublik Parador urplötzlich in einer ganz neuen Rolle wieder: Er soll den nach einem Herzinfarkt verstorbenen Diktator Alphonse Simms (Richard Dreyfuss) in der Öffentlichkeit verkörpern. Nach anfänglichem Zögern nimmt Jack das zunächst für ein paar Tage veranschlagte Engagement an und verkörpert dann über ein Jahr lang den verblichenen Simms. Eine gute Gelegenheit für Jack, dem Land ein paar Reformen angedeihen zu lassen, derweil "sein" Kabinettsminister Strausmann (Raul Julia) im Hintergrund vor Wut schäumt.

Ganz nette Farce, die jedoch mit Topoi hantiert, die schlicht eine Nummer zu groß für ihr Erscheinungsbild geraten sind. Wie man treffende Politsatire macht, hat Mazursky jedenfalls nicht so recht verinnerlicht. Man ahnt, dass er seinem Publikum gern einen zweiten "Great Dictator" geschenkt hätte, das Resultat bewegt sich jedoch eher im typisch lauen Dunstkreis der üblichen Spätachtziger-Komödie. Kein Vergleich mit dem sehr viel ausgewogeneren "Down And Out In Beverly Hills".
Was "Moon Over Parador" seinen gesunden Glamour verleiht, ist seine durch die Bank famos aufspielende Besetzung, insbesondere die illuster besetzten Nebenrollen, in denen etwa Reinhard Kolldehoff und Marianne Sägebrecht als in Simms' Diensten stehender, geflohener Altnazi nebst beleibtem Töchterlein zu sehen sind, der große Fernando Rey als Simms' Kammerdiener und natürlich Sammy Davis Jr. als er selbst. Zudem ist Mazursky in der Rolle von Simms' keifender Mutter eine Schau. In den wenigen, von diesen Charakterköpfen bestimmten Szenen, erreicht der Film eine Qualität, die man ihm auch für sein Gesamtbild gewünscht hätte. Leider ragt dieses jedoch nicht über biederes Mittelmaß hinaus.

5/10

Paul Mazursky Diktatur Satire


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MOTEL HELL (Kevin Connor/USA 1980)


"Meat is meat, and a man's gotta eat."

Motel Hell (Hotel zur Hölle) ~ USA 1980
Directed By: Kevin Connor


Schweinefarmer Vincent Smith (Rory Calhoun) und seine Schwester Ida (Nancy Parsons) sind im ganzen County für ihre leckeren Räucherwürstchen nebst angrenzendem Landhotel bekannt und beliebt - dass das in den Fleischprodukten befindliche Brät mit der nicht ganz alltäglichen Zutat Menschenfleisch angereichert ist, bleibt indes Vincents und Nancys kleines Geheimnis. Auch ihr Bruder Bruce (Paul Linke), der örtliche Sheriff, ahnt nichts. Als Vincent eines Tages die hübsche, auf ältere Männer fixierte Terry (Nina Axelrod) in die Hände fällt, steckt er diese nicht in sein kleines 'Spezialbeet', sondern lässt sie bei sich im Hause wohnen. Kurz bevor die Hochzeitsglocken läuten, was sowohl Ida als als auch der ebenfalls in Nancy verliebte Sheriff Bruce mit Missfallen beobachten, kommen einige unbequeme Wahrheiten auf den Tisch.

Kevin Connor, der seinen Popularitätsgrad bis dato vornehmlich durch die Inszenierung kleiner britischer Amicus-Monsterfilme mit schlechten Tricks und Doug McClure aufgebaut hatte, schlug mit "Motel Hell" eine ganz andere Richtung ein und gliederte sich ein in die illustren Reihen der Regisseure von Backwood-Horrorfilmen. Im Gegensatz zu vielen anderen Vertretern des Subgenres erkennt "Motel Hell" jedoch sein subversives, komisches Potential und macht aus dem zugrunde liegenden Stoff kurzerhand eine bitterböse Country-Satire, die zahlreiche sich innerhalb dieses Kontextes anbietende Themen wie religiöse Bigotterie und pathologische Sexualität aufgreift. Ungewöhnlich auch die Gestaltung des Protagonisten, der mit dem sympathischen, weißhaarigen Rory Calhoun eine Verkörperung findet, die man so gar nicht mit einem Irren, der kannibalische Gelüste als Lösung für die globale Überbevölkerung wähnt, assoziieren mag.
Hat man sich einmal auf den abseitigen Humor und die etwas schleppende Narration von "Motel Hell" eingelassen, darf man jedenfalls mit der einen oder anderen mehr oder weniger spaßigen Überraschung rechnen.

6/10

Backwood Kidnapping Kevin Connor Satire Kannibalismus Slasher


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THE CRAZIES (Breck Eisner/USA, AE 2010)


"I'm not right, am I?"

The Crazies ~ USA/AE 2010
Directed By: Breck Eisner


Im beschaulichen Mittelwest-Städtchen Ogden Marsh fangen die Leute plötzlich an, durchzudrehen: Über dem nahegelegenen Feuchtgebiet, aus dem die gesamte Gegend ihr Trinkwasser bezieht, ist ein mit biologischem Kampfstoff beladener Militärflieger abgestürzt. Wer mit dem Virus in Berührung kommt, wird tollwütig und stirbt innerhalb von 48 Stunden. Die Armee riegelt die gesamte Umgebung in einer Nacht- und Nebel-Aktion ab, interniert und exekekutiert die Infizierten ohne jede Vorwarnung. Nur Sheriff Dutten (Timothy Olyphant), seine schwangere Frau (Radha Mitchell), Deputy Clank (Joe Anderson) und die Schülerin Becca (Danielle Panabaker) können dem Zugriff der Uniformträger fürs Erste entkommen und haben fortan zwei Gegner - die tödliche Seuche und die nicht minder gefährliche Staatsgewalt...

Wie die meisten Vertreter der nicht abebben wollenden Horrorklassikerremakewelle ist auch "The Crazies" zu einer soliden, straight gemachten und zumindest nicht allzu dämlichen Angelegenheit geraten, die aufgeschlossene Genrefreunde wie *hüstel* meinereiner für hundert Minütchen absolut blendend zu unterhalten weiß. Zwar wird im Nachhinein vermutlich nicht allzu viel davon hängenbleiben, eidieweil Romeros kreuzungemütliches Original trotz der üblichen Aufplustereien sowieso nicht Gefahr läuft, in jedweder Hinsicht überboten zu werden; doch kennen Eisner und seine Autoren die Spannungsklaviatur immerhin gut genug, um effektiv darauf spielen zu können. Da meine antizipatorische Haltung auch gar nichts anderes voraussetzte, kann ich ergo zufrieden sein. Ein wenig erinnerte mich die Neufassung inhaltlich an eine der vielen King-Romane bzw. deren Adaptionen. Darin geht es ja auch häufig um einen rational vorgehenden Kleinstadtsheriff (man denke nur an den mehrfach auftretenden Alan Pangborn aus Castle Rock) im Angesicht einer globalen Gefahr. Zudem tut die systeminterne Kritik mal wieder recht gut - dass die Amis auf eigenem Boden die Bombe zünden, um die heranrollende Scheißewelle möglichst niedrig zu halten (etwas, das im Film höchst selten vorkommt), ist vielleicht verspäteter Mittelfingerzeig in Richtung Republikaner. Kein Wunder folglich, dass die Araber gern in sowas investieren. Dass Johnny-Cash-Songs zur Introduktion sich mittlerweile als Teil des guten Tons von Romero-Remakes etablieren, finde ich übrigens durchaus charmant.

7/10

Iowa Virus Apokalypse Atombombe Remake


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LE NOTTI EROTICHE DEI MORTI VIVENTI (Joe D'Amato/I 1980)


Zitat entfällt.

Le Notti Erotiche Dei Morti Viventi (In der Gewalt der Zombies) ~ I 1980
Directed By: Joe D'Amato


Als der in der schönen Karibik tätige Skipper Larry O'Hara (George Eastman) den Unternehmer John Wilson (Mark Shannon) und seine Zufallsbekanntschaft Fiona (Direce Funari) zur sagenumwobenen Katzeninsel herüberschippert, ahnt er nicht, was ihn dort erwartet: Zombies, Tod und Wahnsinn!

Muddis ausgewiesener Albtraumstreifen; herrlich. Nahezu all jenes, dem die de facto haltlose Porno- und Gewaltvideo-Kritik der achtziger Jahre ihre Grundlagen verdankt, scheint in D'Amatos fröhlicher Schmuddelkiste in trauter Harmonie versammelt: schmierigster Schnauzbart-Porno, schlecht geschminkte Zombies, bildzentriertes Gekröse und Frauenfeindlichkeit vom Allergemeinsten; dass sämtliche nicht ausreichend befestigten Eine-Welt- und Kinderläden aus den Fugen zu rummsen drohen.
Im Ernst: tatsächlich dürfte "Le Notti Erotiche" zu den schwächsten Werken des, wie wir alle wissen, Aristide Massaccesi getauften Italoploitation-Wizards zählen. Barer Unfug, der auf den seinerzeit erfolgreichsten Billigwellengipfeln mitreiten will; sich wie Kaugummi ziehende, unerträgliche Hardcore-Einsprengsel, die das ganze, ungeschlachte Ding in der unzensierten Fassung auf sage und schreibe 112 Minuten Länge anschwellen lassen, gekreuzt mit einer hoffnungslos unmotivierten, selbst in der italienischen Zombie- und Kannibalenfilmlandschaft ihresgleichen an tolldreister Dummheit suchenden Narration. Einzig Laura Gemser, diesmal in sogar ziemlich gewagter Position zu begutachten, natürlich nebst ihrem Dauerspezi Luigi Montefiori aka George Eastman sorgt für Lichtblicke. Wobei, so ganz stimmt das auch nicht. Eigentlich ist der ganze Film ein einziger Lichtblick, vorausgesetzt zumindest, man wähnt sich als Sehender unter Blinden. Oder so.

3/10

Europloitation Karibik Trash Zombies Joe D'Amato Splatter


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PREDATORS (Nimród Antal/USA 2010)


"Let's find a way off this fucking planet."

Predators ~ USA 2010
Directed By: Nimród Antal


Eine achtköpfige Gruppe von Söldnern, Killern und Elitekämpfern findet sich auf einem fremden Planeten wieder. Offenbar kurzerhand von der Erde entführt und hierher verfachtet, dienen sie, wie sie zu ihrem Leidwesen bald feststellen müssen, als Trophäenbeute einer lustigen Predator-Safari. Zwar besteht die Anzahl der Jäger lediglich aus drei Köpfen, doch ein bereits seit längerem hier ansässiger, zum Psychotiker gewordener Eremit (Laurence Fishburne) sowie ein zunächst unerkannter Irrer in den eigenen Reihen machen den Helden von der Erde das hochgefährdete Leben noch umso schwerer.

Unterhaltsames Sequel, das viele, wenn auch nicht sämtliche Fehler der beiden primär zur Mythos-Demontage taugenden "AVP"-Filme wieder ausräumt und (vorläufig?) aus der Welt schafft.
Dass der in der Regel eher unbekümmert zu Werke gehende Spaßvogel und Popkulturrecycler Robert Rodriguez im Hintergrund mitmischt, merkt man "Predators" allerdings ohne Umschweife an: Alan Silvestris markanter Original-Score wird hier fast eins zu eins nachgespielt (inklusive einer zünftigen Abspannbegleitung durch Little Richards "Long Tall Sally") und zahlreiche aus McTiernans Original bekannte Einstellungen enthusiastisch wiederholt. Da das bloße Abspulen eines (sic!) Wasserfalls an Reminiszenzen aber noch keinen guten Film macht, bleibt "Predators" selbst trotz einiger flotter neuer Einfälle (darunter eine Jagdhund-Meute für die Predators) weitgehend überraschungsfrei. Warum Adrien Brody allerdings so vielgeschmäht aus der Sache herauskam, verstehe ich nicht so ganz - ich hatte im Gegenteil den Eindruck, dass er seine Sache absolut trefflich bewerkstelligte.
Ansonsten bewegt sich Antals Film aus meiner Sicht in etwa auf dem Level des immerhin bereits zwanzig Jahre alten ersten Sequels, wobei der Neuling mir schon aufgrund der wiederum naturbelassenen Kulisse wahrscheinlich sogar geringfügig besser gefällt. Ist aber irgendwie schon beinahe obligat, wenn einer, der Nimród heißt, ein solches Projekt angeht...

7/10

Nimrod Antal Kidnapping Jaeger Sequel Monster Aliens


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SHERLOCK HOLMES (Guy Ritchie/USA, D 2009)


"Je ne suis pas pressé."

Sherlock Holmes ~ USA/D 2009
Directed By: Guy Ritchie


Nachdem der Meisterdetektiv Sherlock Holmes (Robert Downey jr.) und sein Partner Dr. Watson (Jude Law) den mordenden Kultisten Lord Blackwood (Mark Strong) festgenagelt und ins Gefängnis gebracht haben, tut sich eine geräumige Flaute in ihrem Berufsleben auf. Jene nutzt Watson dazu, seine Verlobung mit der hübschen Mary Morstan (Kelly Reilly) zu stabilisieren sowie seinen Auszug aus der Baker Street 221B vorzubereiten und die Holmes zu allerlei exzentrischen Experimenten nötigt. Als Lord Blackwoods Leiche kurz nach der Exekution aus ihrer Gruft verschwindet und Holmes' Verflossene, die Trickdiebin Irene Adler (Rachel MacAdams) aus der Versenkung auftaucht, warten gefährliche neue Herausforderungen auf das Heldenduo.

Mag Ritchies Jüngster auch keineswegs der aufregendste Mainstream-Film des letzten Jahres sein - ein heißer Anwärter auf den bestaussehenden ist er ganz gewiss. "Sherlock Holmes" verwöhnt sein Publikum über die ganze stattliche Distanz mit sepiafarbenen Bildern des viktorianischen London, das, ganz anders als etwa in der vorsätzlich dreckig gestalteten "Ripper"-Verfilmung "From Hell" von den Hughes Brothers, in altehrwürdigem Empire-Glanz erstrahlt. Zwar lässt sich erahnen, dass da eine Menge am Rechner nachbereitet wurde; doch die Aufnahmen von der im Bau begriffenen Tower Bridge oder des Westminster-Palasts sind von höchsten ästhetischen Gnaden und sollten jeden Liebhaber britischer Weltkultur zu begeistern wissen. Der Film selbst mit seiner dürftigen Story und diversen fragwürdigen Dramaturgie-Bausteinen verblasst angesichts seiner formalen Gnade allerdings sehr. Weder mag die deutlich in der Nähe von Alan Moores "League Of Extraordinary Gentlemen" positionierte, um Verschwörung und elitäres Sektierertum kreisende Geschichte ein zufriedenstellendes Maß an Spannung zu suggerieren, noch ist die Neudefinition von Holmes als drahtigem Prügelknaben, der seine Gegner mittels fundierter anatomischer Kenntnisse auf die Bretter schickt, von geringstem Reiz. Weder bereichert Ritchie die Tradition der Rathbone-Filme um einen bemerkenswerten Späteintrag, noch kratzt er am Sockel meiner beiden persönlichen Lieblings-Holmes-Verfilmungen (nämlich Fishers "The Hound Of The Baskervilles" & Clarks "Murder By Decree"). Da aber der Bucheinband nunmal nicht die Qualität seines Inhalts bestimmt, bleibt "Sherlock Holmes" für mich im - wenn auch oberen - Durschnittssegment.

6/10

London Sherlock Holmes England Guy Ritchie Victorian Age Verschwörung


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THE TOMB (Fred Olen Ray/USA 1986)


"The more things change, the more they stay the same."

The Tomb (Das Geheimnis des Grabmals am Nil) ~ USA 1986
Directed By: Fred Olen Ray


Die beiden Grabräuber John (David O'Hara) und Tyler (Craig Hamann) stoßen bei Kairo nichtsahnend auf das Grab der bösen, altägyptischen Vampirpriesterin Nefratis (Michelle Bauer) und befreien diese aus ihrem Sarkophag. Während Tyler sogleich zum Opfer der Blutsaugerin wird, kann John zurück nach L.A. entkommen. Dort verkauft er einige der Reliquien aus Nefratis' Grabkammer an die zwei Wissenschftler Manners (Jack Frankel) und Phillips (Cameron Mitchell), was Nephratis gar nicht gefällt - sie benötigt die Gegenstände nämlich zur Wiedererstarkung ihrer Macht. Die Monsterfrau kommt also nach Kalifornien und nur Manners' wackerer Sohn David (Richard Hench) kann mithilfe von Phillips' Nichte Helen (Susan Stokey) und Dr. Stewart (George Hoth) Nephratis aufhalten.

Anno 86 liefen solche Sauergürkchen tatsächlich noch auf der Leinwand hierzuland - heutzutage absolut nicht mehr vorstellbar. Schon damals war Fred Olen Ray einer der Regisseure, die lange, bevor jemand wie Quentin Tarantino den Film B zum schicken Salonthema erhob, ihren eigenen kleinen "Kult" fabrizierten; und das - zumindest auf kleiner Flamme - sogar hinreichend gewinnträchtig. "The Tomb" versteht sich selbst (neben seinem unvermeidlichen Status als schneller Monetenberapper natürlich) von vorn bis hinten als Hommage. Die Genrealtstars Cameron Mitchell und John Carradine lassen sich kurz blicken, für Sybil Danning gibt es einen prologischen Kurzauftritt und sogar Meyer-Muse Kitten Natividad lässt in einer Stripshow die Möpse kreisen. Angereichert wird dieses Potpourri mit fast dokumentarischen Bildern des nächtlichen Sunset Strip nebst seiner diversen Bars und Sexbunker. Dass die angeblich in Ägypten spielenden Anfangsszenen unverhohlen im kalifornischen Hinterland aufgenommen wurden, läst sich dabei ebenso gut verkraften wie die Tatsache, dass die nominelle Prominenz trotz ihres Cameostatus an den ersten Besetzungslistenstellen rangiert. Vorsätzlicher Nepp gehört hier schlicht zum Usus und kann den wahren Trashgourmet sowieso nicht er-, geschweige denn abschrecken...

5/10

Fred Olen Ray Trash Independent Mumie Los Angeles Vampire


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THE SHEPHERD OF THE HILLS (Henry Hathaway/USA 1941)


"The bigger the man, the deeper the imprint."

The Shepherd Of The Hills (Verfluchtes Land) ~ USA 1941
Directed By: Henry Hathaway


Das Ozark-Gebirge, um die vorletzte Jahrhundertwende. Die Familie Masters, eine Sippe von 'moonshiners', illegaler Schnapsbrenner, wird von den abergläubischen Einheimischen misstrauisch beäugt. Ein Fluch soll auf ihnen lasten, seit vor vielen Jahren die Mutter in einer stürmischen Gewitternacht infolge schwerer Krankheit starb, ohne dass ihr aus unklaren Gründen abwesender Ehemann rechtzeitig Hilfe herbeiholte, und ihr kleiner Neffe (Marc Lawrence) beinahe von einem herabstürzenden Baumstamm erschlagen wurde. Matt Masters (John Wayne) lebt seitdem als verbitterte Halbwaise bei seiner Hass predigenden Tante Mollie (Bellulah Bondi) und hat nur eins im Sinn: Seinen Vater, den er für alles verantwortlich macht, zu finden und zu erschießen. Als ein wohlhabender, den Ansässigen durchweg mit Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft begegnender Fremder (Harry Carey) in die Gegend kommt, um sich hier niederzulassen, entspinnt sich ein Drama.

Eine Annäherungsgeschichte auf steinigen Pfaden, ähnlich wie Hawks' ein paar Jahre später entstandener "Red River". Die Mauer des tief verwurzelten Hasses muss erst durchbrochen werden, um ein Leben in Idylle und seelischem Wohlstand führen zu können; dazu ist es bisweilen auch nötig, die Lügen der Vergangenheit auszuräumen und verbohrte menschliche Störelemente zur Wahrheit zu bekehren.
"The Shepherd Of The Hills" ist ein Stück klassischer amerikanischer Heimatliteratur, mehrfach verfilmt und vor rauer Hillbilly-Romantik strotzend. Besonders wenn ältere Filme eintauchen in diese hinterwäldlerische Parallelkultur hat man oft das Gefühl, einer fremden Welt im Inneren ansichtig zu werden. Die Menschen hier kümmern sich bloß um sich selbst, sind mit ihrer zivilisationsautarken Existenz zufrieden und begegnen allen und allem von außerhalb mit mindestens ebensolch misstrauischer Arroganz wie umgekehrt. Ein emotionales Vater-Sohn-Drama vor diesem hermetischen lokalen Hintergrund bildet die erste von sieben Zusammenarbeiten von Henry Hathaway mit Duke, die meisten davon freilich Western. Zu jener Kategorie zählt "The Shepherd Of The Hills" allerdings nicht, er ist tatsächlich ein lupenreiner Heimatfilm mit allem, was so dazugehört. Gefilmt in wunderprächtigem Drei-Farben-Technicolor ist Hathaways dabei vor allem von ästhetischem Reiz, bevor man die manchmal leicht schwülstigen, inhaltlichen Verwicklungen ernst nimmt. Hat der Film einen dann jedoch erstmal auch in dieser Hinsicht im Griff, lässt er nicht mehr los.

8/10

period piece Familie Henry Hathaway





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Funxton

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