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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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FUNNY PEOPLE (Judd Apatow/USA 2009)


"Do the MerMan!"

Funny People (Wie das Leben so spielt) ~ USA 2009
Directed By: Judd Apatow


Der supererfolgreiche Komiker George Simmons (Adam Sandler) erfährt, dass er an fortgeschrittener Leukämie leidet und beschließt, die ihm verbleibende Zeit mit Wichtigerem zu verbringen als dem Dreh flacher Komödien und der einsamen Abschottung in seiner Villa. Er beginnt wieder als Stand-Up-Comedian aufzutreten und lernt den finanzschwachen Nachwuchskomiker Ira Wright (Seth Rogen) kennen, der sich von George als Gaglieferant und Hauslakai engagieren lässt. Als George erfährt, dass ein ihm verschriebenes, neuartiges Medikament den Krebs besiegt hat, ist es mit seiner persönlichen New-Age-Philosophie auch schon wieder vorbei - ganz zum Missfallen von Ira, der sich unterdessen mit George angefreundet hat.

Ich mag die Arbeiten von Judd Apatow. Man möchte ihn fast als Großmeister der Monumentalkomödie bezeichnen, da es keine seiner bislang drei Regiearbeiten unter zwei Stunden Laufzeit macht - für dieses Genre eine ungewöhnliche Messlatte. Dennoch schafft es Apatow spielend, sein Publikum weder zu ermüden noch zu überreizen. Seine Gags stammen eher aus dem Schmunzelsektor und sind deshalb auch in einer solch quantitativ geballten Form noch immer deliziös. Hinzu kommt, dass die Themen seiner Filme eher klassischen Dramastoff stellen als zu merkbefreitem Spott hinzureißen; er nimmt seine Figuren ernst, katapultiert sie in ausweglos scheinende Situationen und lässt sie mit hintergründigem, didaktischem Ernst und lebensgestählt wieder daraus hervorsteigen.
Ich wusste vorher nicht viel über "Funny People", nur, dass Sandler (dessen Zusammenarbeit mit Apatow unabhängig von allen Befürchtungen für mich Pflichtprogramm war) einen Todkranken spielen sollte - eine Vorstellung, die mir alles andere als behagte und glücklicherweise schon nach der Hälfte des Films wieder ausgeräumt wird. Dessen letztendlicher Gesamteindruck verschaffte mir jedenfalls erneute Gewissheit darüber, dass Apatow so kluge wie entspannte Werke sowie, zumindest bislang, solche ohne Durchhänger kreiert und dass ich mich auf das nächste wieder reinen Gewissens freuen darf.

8/10

Krebs Judd Apatow Stand-up-Comedy


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MONSTER (Patty Jenkins/USA 2003)


"The bar's closed."

Monster ~ USA 2003
Directed By: Patty Jenkins


Als die langjährige Prostituierte Aileen "Lee" Wuornos (Charlize Theron) fast zum Ofer eines von einem ihrer Freier (Lee Tergesen) verübten Gewaltverbrechen wird, dreht sie den Spieß um und erschießt den Unhold. Der erste von insgesamt sieben Morden, die Wuornos in einer Mischung aus Rachsucht und Geldgier begeht. Dass sie später vor Gericht ausgerechnet von ihrer geliebten Lebensgefährtin Selby (Christina Ricci) belastet wird, nimmt sie im Hinblick auf Selbys eigenen Freispruch in Kauf.

Eine Frau als Serienkiller stellt in den Annalen der mit Serienkillern gesäumten amerikanischen Kriminalgeschichte noch immer eine Rarität dar; vielleicht bedurfte es auch erst einer Regisseurin, um die Geschichte der kurz vor der Entstehung des Films hingerichtete Aileen Wuornos hinreichend sensibel und verständnisvoll für einen Film aufzubereiten. Im Gegensatz zu ihren männlichen Verbrechensgenossen war Aileen Wuornos kaum das Opfer psychischer Störungen oder Paraphilie, zumindest, wenn man ihrer späten, selbst geschilderten Biographie Glauben zu schenken bereit ist. Während der erste Mord strenggenommen gar kein solcher war, sondern aus reiner Notwehr verübt wurde, geschahen die sechs weiteren aus Gründen finanzieller Not und wurden von der Täterin vor sich selbst dadurch gerechtfertigt, dass sie die Opfer als Perverse und Ehebetrüger, die die Dienste einer Prostituierten in Anspruch nehmen wollten, abzustrafen hatte. Ihrer Strafakte zufolge war Aileen Wuornos ein in höchstem Maße aggressiver und asozialer Mensch aus unterstem Sozialmilieu, der früh mit bürgerlicher Moral und Gesetz in Konflikt geriet sich zeitlebens durch körperliche Gewalt Gehör zu verschaffen pflegte.
Patty Jenkins' Inszenierung gibt sich im besten Sinne unspektakulär, still, gediegen, flächig und lässt der unglaublichen Performance von Charlize Theron freie Bahn. Natürlich taten auch die Maskenbildner ein reifes Werk an der Aktrice, wie sie ansonsten jedoch mit ihrer Rolle fusioniert, ist eines der hervorstechendsten in letzter Zeit von mir gesehenen Beispiele für erfolgreiches method acting.

8/10

Biopic Historie Serienmord Homosexualitaet Patty Jenkins


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JUDGMENT AT NUREMBERG (Stanley Kramer/USA 1961)


"We're not cut out to be occupiers. We're new at it and not very good at it."

Judgment At Nuremberg (Das Urteil von Nürnberg) ~ USA 1961
Directed By: Stanley Kramer


Nürnberg, 1948: Die Kriegsverbrecherprozesse sind im vollen Gange als Richter Dan Haywood (Spencer Tracy) in die zertrümmerte Stadt beordert wird, um über vier ehemalige Richter (Burt Lancaster, Werner Klemperer, Torben Meyer, Martin Brandt) des Reichs Gericht zu halten. Durch lange Spaziergänge und Unterhaltungen mit deutschen Bürgern versucht Haywood, sich auch abseits der Zeit im Gerichtssaal ein Bild von den Ungeheuerlichkeiten zu machen, die hier nur wenige Jahre zuvor statt gefunden haben und vor allem herauszufinden, inwieweit eine individuelle Schuldfrage überhaupt beantwortbar ist.

Nach "Inherit The Wind" ein weiterer Gerichtsfilm, erneut mit Spencer Tracy, der hier, deutlich abgenagert und von Krankheit gezeichnet, eine der allerbesten Vorstellungen seiner Karriere zum Besten gibt. Natürlich ist "Judgment At Nuremberg" ein Hollywoodfilm und natürlich dramatisiert er die Ereignisse, veräußert Stars und solche, die es mal waren, am Fließband und muss sich sogar den Vorwurf gefallen lassen, sein unerquickliches Thema unterhaltsam und spannend aufzubereiten. Allein ich sage, was ich in solchen Fällen (das heißt präzise: in Fällen von Unterhaltungsproduktionen, die das Dritte Reich und den Nationalsozialismus für ihre Zwecke instrumentalisieren) stets zu sagen pflege: Wenn auch nur bei einem einzelnen (jungen?) Zuschauer ein Bildungszuwachs, eine perspektivische Erweiterung, vielleicht sogar der Grundstein gelegt ist für weitere, eigene Recherchen - dann hat auch dieser Film seine Schuldigkeit getan. Man bedenke auch die Entstehungszeit: "Judgment At Nuremberg" liefert Gedankenanstöße und wirft Fragen auf, die damals, als hierzulande das Wirtschaftswunder gerade eben zu grassieren begann, am liebsten niemand gehört, geschweige denn gestellt und noch weniger gern beantwortet hätte. Dass er dies mit dennoch unerschütterlicher Chuzpe und großer Gewandtheit vollbringt und dabei seine latente Unbequemlichkeit zum obersten Prinzip erhebt, macht ihn zu einem der allerwichtigsten Beiträge zum Film über den Nationalsozialismus und darüberhinaus zu einem der besten existierenden Gerichtsfilme.

10/10

Historie period piece Nationalsozialismus Stanley Kramer Courtroom


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INHERIT THE WIND (Stanley Kramer/USA 1960)


"Disillusionment is what little heroes are made of."

Inherit The Wind (Wer den Wind sät) ~ USA 1960
Directed By: Stanley Kramer


Hillsboro, Tennessee, 1925: Der junge Biologielehrer Bertram Cates (Dick York) lässt in seinen Unterricht die darwinsche Evolutionslehre einfließen und wird dafür von der konservativen Führungsspitze des Städtchens vor Gericht gestellt. Als publikumswirksamer Ankläger findet sich der erzpuritanische Ex-Präsidentschaftsanwärter Matthew Brady (Fredric March). Eine namhafte Zeitung entsendet indes sowohl einen soitzfinden Journalisten (Gene Kelly) als auch den renommierten Strafverteidiger Henry Drummond (Spencer Tracy) für Cates. Drummond muss gegen die Mühlen jahrhundertealter, religiöser Kleingläubigkeit antreten.

Der auf einem authentischen Fall und einem zwischenzeitlich entstandenen Stück basierende "Inherit The Wind", erstes von zwei Courtroom-Dramen Stanley Kramers, markiert bis heute eine der klugsten und leidenschaftlichsten Anklagen gegen die Ungeheuerlichkeiten des christlich orientierten Fundamentalismus, der die USA in großen Teilen durchschüttelt. Es mutet unglaublich an, aber noch immer versuchen dort Kreationisten, ihre absurde, jede Form der Wissenschaft ignorierende und negiernde, biblische Schöpfungslehre zu verankern. Insofern besitzt der Film - bei all seinem bereits vor 50 Jahren akuten, realsatirischen Impetus - noch immer ein hochrelevantes Maß gesellschaftspolitischer Aktualität.
Kramer, der seine um diese Zeit entstandenen Filme allesamt selbst zu produzieren pflegte, besaß ein Faible für die Inszenierung von Dialog und diesen vortragenden Schauspielern. Mit Fredric March und Spencer Tracy treffen tatsächlich zwei Giganten ihres Fachs aufeinander, die sich gegenseitig nicht die Butter auf dem Brot lassen. In messerscharf geschliffenen Wortgefechten beweisen beide den hohen Intelligenzstandard ihrer Rollen, wobei der eine sich immer mehr als verblendeter Eiferer und seelenkranker Opportunist entpuppt.

10/10

based on play period piece Courtroom Stanley Kramer Suedstaaten


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ON THE BEACH (Stanley Kramer/USA 1959)


"I love Americans. They're so naive."

On The Beach (Das letzte Ufer) ~ USA 1959
Directed By: Stanley Kramer


1964 ist fast die gesamte bewohnte Welt einem Atomkrieg zum Opfer gefallen. Nur die südliche Hemisphäre ist teilweise verschont geblieben und Australien der letzte noch bewohnbare Kontinent. Der US-Navy-Kapitän Towers (Gregory Peck) kommt mit seinem U-Boot 'Sawfish' nach Melbourne, um den Wissenschaftler Osborne (Fred Astaire) und den jungen Verbindungsoffizier Holmes (Anthony Perkins) an Bord zu nehmen. Man soll in Erfahrung bringen, ob die von Norden heranziehende radioakative Wolke tatsächlich so gefährlich ist wie vermutet. Ferner empfangen die Funkstationen ein wirres Morsesignal aus San Diego. Die Erkundungsreise präsentiert sich als mehr als ernüchternd für Towers und seine Mannschaft. Jeder entwickelt seine persönliche Methode, um das endgültige Ende der Menschheit in Empfang zu nehmen...

Einer der ersten großangelegten Versuche Hollywoods, die Ängste vor den möglichen Folgen des Kalten Krieges zu thematisieren respektive die desolaten Folgen eines Atomkriegs darzustellen. Dabei hebt der Film sich wohltuend von überflüssiger Paranoia ab; vormalige Feindbilder und bereits die bloße Frage danach, wer denn eigentlich "angefangen" habe, sind im Angesicht des Armageddon nurmehr irrelevant. Die Menschheit wird als Ganzes begriffen, als vermeintlich vernunftbegabte Spezies, die im Angesicht höchster Krisenstände doch nicht davor zurückgeschreckt hat, sich selbst zu richten. Kramer präsentiert die Apokalypse als Kammerspiel: Wenn Gregory Peck und Ava Gardner, die zu dieser Zeit als jeweils sehr auf bestimmte Typen festgelegte Ensembledarsteller, etwa in Hemingway-Verfilmungen, bekannt waren, aufeinandertrafen, dann bedeutete das zumeist große Dialoge und große Gefühle. So auch hier: Abgesehen von ein paar wenigen Bildern menschenleerer Großstädte verzichtet "On The Beach" auf grelle Darstellungen von Leichenbergen, Strahlenopfern, wirren Mutanten oder gar eines in die Archaik zurückfallenden Zivilisations-Reboots. Diese Menschen nehmen ihr Ende mit Würde entgegen, trinken einen letzten Sherry, nehmen ihre Todeskapsel und "verkriechen sich zum Sterben, ganz so, wie es todkranke Hunde tun". Arme Welt, leere Welt.

8/10

Apokalypse Zukunft Kalter Krieg Atombombe Stanley Kramer U-Boot


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THE KARATE KID, PART II (John G. Avildsen/USA 1986)


"Daniel-San, this is no tournament. This is for real!"

The Karate Kid, Part II (Karate Kid II - Entscheidung in Okinawa) ~ USA 1986
Directed By: John G. Avildsen

Als Mr. Miyagi (Pat Morita) erfährt, dass sein Vater (Charlie Tanimoto) bald sterben wird, reist er eilends heim nach Okinawa. Sein junger Freund Daniel Larusso (Ralph Macchio) begleitet ihn. Prekärerweise har Miyagis alter Rivale Sato (Danny Kamekona), mittlerweile zum reichen Grundstücksmakler aufgestiegen, auch nach knappen fünfzig Jahren nicht verwunden, dass Miyagi ihm einst die Freundin (Nobu McCarthy) ausgespannt hat und will nachträglich seine Ehre im Kampf verteidigen. Satos Neffe (Yuji Okumoto) hat es derweil auf Daniel abgesehen, der wieder ein paar Lebenslektionen zu lernen hat.

Auch wenn das Sequel qualitativ und betreffs seiner Originalität keinesfalls mit dem Original gleichziehen kann, so hat man sich doch immerhin bemüht, dem Publikum keinen lauen Aufguss zu kredenzen, sondern eine halbwegs schlüssige Fortsetzungsgeschichte zu erzählen, die charakterliche Weiterentwicklungen erlaubt und sogar den leider nicht mehr ganz so kauzig wie im ersten Teil gezeichneten Mr. Miyagi etwas weiter ins Zentrum rückt. Besonders gelungen ist dabei ein nachträglicher Epilog zum Vorgänger, den man sich auch gut an Ort und Stelle hätte vorstellen können. Was dann die Kerngeschichte anbelangt, bemerkt man bereits als Laie die Halbherzigkeit, mit der die japanische Kultur, ihre Geschichte und Meriten sozusagen tourismuswirksam aufbereitet und mundgerecht verhackstückt werden. Quasi, um sie hernach flugs mit Holzstäbchen verspeisen zu können.
Schön eklig-fies: Der Junggegenspieler Yuji Okumoto, ein wahrer Kotzbrocken vor dem Herrn. Dass der mit 25 immer noch wie 14 aussehende (und sprechende) Ralph Macchio gleich zu Beginn die knackige Elisabeth Shue für "irgendeinen Footballspieler" sausen lässt (gut, vermutlich wurde sie "in echt" aus Gründen der Dramaturgiestraffung schlicht für überflüssig erklärt und ausgeladen), spricht übrigens nicht eben für ihn, trotz netter Neuerwerbung in Fernost. Dummbatzen.

6/10

Japan Martial Arts John G. Avildsen Karate Teenager Sequel Coming of Age


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THE KARATE KID (John G. Avildsen/USA 1984)


"Find balance."

The Karate Kid ~ USA 1984
Directed By: John G. Avildsen

It's a cruel summer: Nachdem der fünfzehnjährige Daniel Larusso (Ralph Macchio) mit seiner Mutter (Randee Heller) von New Jersey nach L.A. gezogen ist, handelt er sich gleich Ärger ein. Er hat es nämlich ausgerechnet auf Ali (Elisabeth Shue), die Ex-Freundin des Schlägers und Karatechamps Johnny Lawrence (William Zabka) abgesehen, der Daniel zusammen mit seinen Kumpels alle Nase lang gehörig zu verbimsen beginnt. Väterliche Hilfe und Weisheit findet Daniel unerwartet beim japanischen Hausmeister und Gärtner Mr. Miyagi (Pat Morita), Experte für Zentechniken und Karate.

Stilprägendes Jugend- und Kampfsportabenteuer von einem in dieser Hinsicht durchaus erfahrenen Regisseur. Die obligatorische, mit einem aufpeitschend textualisierten Popsong unterlegte Turniermontage (hier: "You're The Best"), wie sie später noch in dutzenden weiteren Filmen zu sehen sein wird, erfährt hier ihre glamouröse Premiere. Ferner gibt es noch ein paar Eindrücke vom class struggle, der es Jungs aus Receda und Mädels aus Encino besonders schwer macht, miteinander Körpersäfte auszutauschen sowie eine Veräußerung der stets notwendige Regel, dass Karate verantwortungsvoll nur zu Verteidigungszwecken ausgeübt werden darf. Wirklich interessant wird der Konflikt der gegnerischen Parteien im Hinblick auf die beiden patriarchalischen Trainer (bzw. Senseis) im Hintergrund: Hier ein - natürlich rassistisch veranlagter - Vietnamveteran (Martin Kove), der sein Dojo primär zu Kanalisierungszwecken seiner permanenten Hassattacken benutzt und dort der kauzige alte Japaner mit Yoda-Touch, der nach seinem Einsatz im Zweiten Weltkrieg für die US-Armee (!) und gegen die Nazis die Tapferkeitsmedaille verehrt bekam, derweil Frau und Kind im "heimatlichen" Internierungslager sterben mussten. Erst diese tief verwurzelte Antagonie verleiht "The Karate Kid" eine Diskursivität, die über bloße Teenage-Angst- und Coming-of-Age-Elemente hinausreicht.

8/10

Los Angeles Martial Arts Teenager Karate John G. Avildsen Coming of Age


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THE MAN WITH THE GOLDEN ARM (Otto Preminger/USA 1955)


"I'll be around..."

The Man With The Golden Arm (Der Mann mit dem goldenen Arm) ~ USA 1955
Directed By: Otto Preminger


Nach sechsmonatiger Entzugstherapie, die er als Alternative für den Strafvollzug vorzog, kehrt Frankie Machine (Frank Sinatra), der unterdessen die Liebe zum Jazz und zum Schlagzeugspiel entdeckt hat, in sein altes Viertel zurück. Nichts hat sich geändert, seine psychisch gestörte Frau (Eleanor Parker) versucht noch immer, ihn mit allen Mitteln an sich zu binden, Gauner Schwiefka (Robert Strauss) will ihn sogleich wieder als Spielmacher in seine schmierige Zockerhöhle umleiten und Pusher Louie (Darren McGavin) hält ihm das H unter die Nase. Es dauert nicht lang und Frankie hängt trotz aller Bemühungen wieder an der Nadel. Mithilfe der ihn aufrichtig liebenden Molly (Kim Novak) versucht er den kalten Entzug...

Filmische Pionierarbeit in Sachen Drogenabhängigkeit. "The Man With The Golden Arm" ist der erste wichtige, sich mit dem bis dato eher ein Dasein im Schatten fristenden Thema der zerstörerischsten Form von Drogenkonsum, der Heroinsucht, auseinandersetzenden Beitrag aus dem Branchenbereich der siebenten Kunst. Preminger dokumentiert den trotz aller zwischenzeitlichen Abstinenz so sicher geglaubten, dabei jedoch illusorischen Ausstieg mit gnadenloser Konsequenz, zeigt das schmerzliche Taumeln vor dem nächsten letzten Schuss, den "Affen im Genick", die Hölle des kalten Entzugs.
Wie so oft in Filmen, die ein Tabuthema ankratzen, werden allerdings auch hier ein paar Klischees bedient, die offenbar der unkomplizierteren Vermittlung dienlich sein sollen: Heroin und Junkies sind bei Preminger Elemente der Slums und anzutreffen in Kumpanei mit Glücks- und Falschspiel, schummrigen Kneipen, Kleinkriminellen und Jazzmusik, bald verrucht, bald verraucht. Natürlich ist "The Man With The Golden Arm" nebenbei auch ein später Vertreter des film noir, mitsamt umfassendem Unterweltsporträt und polizeilich aufzuklärendem Totschlag.

9/10

Heroin Gluecksspiel Otto Preminger Drogen film noir


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INVICTUS (Clint Eastwood/USA 2009)


"The Rainbow Nation starts here. Reconciliation starts here."

Invictus ~ USA 2009
Directed By: Clint Eastwood


Südafrika, 1995: Die Rugby-WM steht vor der Tür, für den erst kurz im Amt befindlichen Präsidenten Nelson Mandela (Morgan Freeman) eine wichtige Möglichkeit, die globale Reputation seines Landes zu verbessern und eine neue, liberale Stärke zu demonstrieren. Gezielt motiviert Mandela in jeder erdenklichen Weise die Spieler der Springboks, wie sich die Nationalmannschaft nennt und sorgt so schließlich mit für das unmöglich Scheinende: Im Finale gewinnt Südafrika gegen den gefürchteten Gegner Neuseeland.

Hoffnungsorientiertes Weltverbesserer- und Gutmenschenkino aus Hollywood? Nun, wenn es mit einem solchen Selbstverständnis und so souverän und aufrichtig inszeniert ist wie in diesem Fall, kann ich nur sagen: Immer her damit. Filme über Südafrika und das Apartheids-Regime im Speziellen sehe ich stets gern, da sie als Vertreter eines so sensiblen wie problematischen politischen Themas häufig mit großer Leidenschaft und Emotionalität gefertigt sind. "Invictus", der ein wenig wie eine Fortsetzung daherkommt von Bille Augusts Mandelas 27-jährige Inhaftierung auf Robben Island thematisierenden "Goodbye Bafana", befasst sich nun mit des neugewählten Präsidenten atemlosen Versuchen, die tiefe Rassismus-Scharte, die sein Land durchzieht, auszuwetzen und dazu geschickterweise ein sportliches Großereignis zum Anlass nimmt. Außerdem bildet der Film eine tiefe Verbeugung vor Mandela, fraglos einem der vorbildlichsten Menschen und Politiker unserer Zeit. Dass ebendiese Verbeugung durch einen Filmemacher geschieht, angesichts dessen bravourösem Spätwerk sich wiederum die Welt verneigt, darf wohl als recht und billig betrachtet werden. Möglicherweise will Eastwood sich im fortgeschrittenen Alter bloß sein Seelenheil oder ein Plätzchen auf Wolke 7 sichern, vielleicht, und diese Vorstellung gefällt mir deutlich besser, möchte er aber auch ein humanistisches Zeichen setzen in diesen unseren Tagen des Zynismus.

8/10

Historie Apartheid Suedafrika Biopic Afrika Clint Eastwood


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THE IMAGINARIUM OF DOCTOR PARNASSUS (Terry Gilliam/UK, CAN, F 2009)


"Voilà!"

The Imaginarium Of Doctor Parnassus (Das Kabinett des Doktor Parnassus) ~ UK/CAN/F 2009
Directed By: Terry Gilliam


Der unsterbliche Dr. Parnassus (Christopher Plummer) fährt mit seinem in einem Pferdewagen befindlichen Zauberspiegel durch London. Parnassus hat die Fähigkeit, sich in Trance zu versetzen und dabei die tiefsten Wunschvorstellungen der Menschen wahr werden zu lassen. Seine Lebensspanne und Kräfte verdankt Parnassus fortwährenden Wettgeschäften mit dem sinistren Mr. Nick (Tom Waits). Dabei leben Parnassus und seine Mitreisenden, Tochter Valentina (Lily Cole), Percy (Verne Troyer) und Anton (Andrew Garfield) fortwährend am Existenzminimum entlang, weil niemand mehr bereit scheint, an Geschichten und Fantasie zu glauben. Als das Quartett auf den angeblich unter Amnesie leidenden Toni (Heath Ledger) trifft, scheint sich eine Besserung einzustellen - bis sich zeigt, wer Toni wirklich ist.

Zusammen mit Charles McKeown, dessen Mitarbeit bereits "Brazil" und "The Adventures Of Baron Munchhausen" ins Leben hievte, ersann Gilliam seinen neuesten Streich, einen auf den ersten Blick nur schwer fassbaren Einblick in die Allmacht und Allgegenwart der Imagination. Gewohnt majestätisch bebildert, finden sich inmitten dieser stark existenzialistisch geprägten Mär sowohl Bruchstücke des alten Python-Humors als auch aus modernen Gangstergeschichten wieder. Wie der selige "Munchhausen" ist "Parnassus" bemüht, die Physik auszuhebeln und als nichtig zu erklären, wirkt schwer drogeninfiziert und von einer Art erzählerischen Kraft, die, ganz dem Credo der Geschichte gemäß, für gegenwärtige Zuschauer, die sich an 3D-Effekten und Computer-Monstren berauschen, kaum mehr gemacht scheint. Ich muss zugeben, dass ich Gilliams Film bei aller grundsätzlichen Sympathie teils selbst als sperrig und ihm schwer zu folgen empfunden habe; bei kurzem Nachgrübeln aber erinnerte ich mich, dass es mir mehr oder weniger mit jedem von Gilliams Filmen nach der Erstbetrachtung so ging; später wurden sie dann - mit Ausnahme von "The Brothers Grimm" - allesamt zu Lieblingsstücken. Ob es in diesem Falle genauso sein wird, das kann ich luziderweise noch nicht sagen, halte es aber für ein gutes Omen, dass ich schon jetzt wieder eine latente Lust auf einen erneuten Besuch im Imaginarium verspüre.

8/10

London Terry Gilliam Satan Zwerg





Filmtagebuch von...

Funxton

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