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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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SOMEBODY UP THERE LIKES ME (Robert Wise/USA 1956)


"Don't worry 'bout a thing."

Somebody Up There Likes Me (Die Hölle ist in mir) ~ USA 1956
Directed By: Robert Wise

Rocky Barbella (Paul Newman) wächst in der Lower East Side als Sohn armer Eltern auf und verbringt einen Großteil seiner Jugend als delinquenter Rebell mit Raub, Diebstahl und Aufenthalten in Erziehungsanstalten und Jugendgefängnissen. Wegen Desertierung wird er unehrenhaft aus der Armee entlassen und findet schließlich im Boxsport eine willkommene Möglichkeit, seine tief verwurzelten Aggressionen gewinnbringend zu sublimieren. Hier feiert er große Erfolge als Mittelgewichtler Rocky Graziano und findet seine Frau Norma (Pier Angeli).

Basierend auf der früh erschienen Autobiographie Grazianos ein ganz großartiger Vertreter des hollywoodschen Neorealismus im direkten Gefolge von Kazans "On The Waterfront" und Delbert Manns "Marty". Method acting, authentische Milieuzeichnung und ungeschönter Dialog brachen sich, beeinflusst vom italienischen Kino jener Jahre, unbeirrbar ihren Weg und läuteten gemächlich, aber brodelnd eine neue Studioära ein. Für Newman in seiner ersten wesentlichen Hauptrolle nach dem campigen Sandalenheuler "The Silver Chalice" eine dankbare Erfahrung und für ihn in etwa so eruptiv wie "A Streetcar Named Desire" für Brando oder "East Of Eden" für Dean.
Als typischer 'juvenile delinquent' macht er es nicht nur sich selbst und seinem Milieu anfänglich schwer, seine renitente Natur zu akzeptieren, auch dem Publikum geht es so. Newman wird instinktiv gewusst haben, welche Chancen ihm dieses Engagement bei geschickter Nutzung würde offerieren können und so spielt er den aggressiven Aufsteiger wie ein Derwisch und noch wesentlich exponierter und lauter als man es von ihm in späteren, deutlich subtiler angelegten Rollen gewohnt ist. Mir gefällt's. Überaus interessant auch der unmittelbare Vergleich mit dem nur zwei Monate früher gestarteten "The Harder They Fall": Direkt hintereinander geschaut, wird man hier förmlich Zeuge von Zäsur, Generationsverschiebung und Wachablösung; ein altes Publikumsidol geht, ein neues kommt, jedes von ihnen jeweils flankiert von einer inszenatorischen Gallionsfigur aus Val Lewtons Horrorzyklus. "The Harder They Fall" mit seinem naiven Szenario ist noch ein tragfähiges Beispiel klassischen, moralisch einwandfreien Studiohandwerks, "Somebody Up There Likes Me" atmet den weitaus ungestümeren Hauch einer neuen Öffnung desselben. Analog dazu entdeckt man inmitten von Wises Film teils länger, teils nur für Sekundenbruchteile, weitere frische Gesichter: Sal Mineo, Robert Logggia, Steve McQueen, Dean Jones, Robert Duvall. Ein Sprungbrettfilm.

9/10

Robert Wise Boxen New York Coming of Age Biopic


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THE HARDER THEY FALL (Mark Robson/USA 1956)


"Powderpuff punch and a glass jaw... that's a great combination!"

The Harder They Fall (Schmutziger Lorbeer) ~ USA 1956
Directed By: Mark Robson

Der klamme Sportreporter Eddie Willis (Humphrey Bogart) nimmt einen Job als Pressepromoter für den zwielichtigen Boxmanager Nick Benko (Rod Steiger) an. Dieser hat soeben Toro Moreno (Mike Lane), einen hünenhaften Faustkämpfer aus Argentinien, nach New York geholt, und plant, ihn zum neuen Star der Schwergewichtler-Szene aufzubauen. Schon Morenos erstes Sparring spricht jedoch eine ganz andere Sprache: Der kindliche Riese kann weder austeilen, noch einstecken. Doch Benko will seine Investition nicht einfach aufgeben. Getürkte Kämpfe mit gekauften Gegnern und Willis' geschicktes Marketing schüren Toros Reputation trotz seines mangelnden Talents in Rekordzeit. Als es nach etlichen Schiebungen gegen den amtierenden Weltmeister (Max Baer) geht, der sich nicht bestechen lässt, meldet sich endlich Willis' journalistisches Ethos: Er verhilft dem bereits weiterverkauften Toro zur Flucht, bevor dieser sich noch weiter prostituieren muss.

Der klassische Hollywood-Boxfilm hat den Studios ein paar echte Sternstunden ermöglicht, lange vor den siebziger Jahren, als er mit den "Rocky" und "Raging Bull" seine große Renaissance erleben sollte. Robsons "The Harder They Fall", in dem Bogey seinen letzten Auftritt hat und noch einmal eine Sternstunde seines Könnens präsentiert, zeigt den Boxsport als schmutziges, korruptes Geschäft, dessen Organisation unweit von mafiösen Vorgehensweisen angesiedelt ist. Die im Rampenlicht stehenden Athleten sind bloß Kanonenfutter für eine johlende Menge und die neue populistische Seuche Fernsehen, ihre Kämpfe derweil frei von Ehre und bloße Inszenierung, die grauen Eminenzen im Hintergrund Manager, Buchmacher, Gangster. Wer nicht mehr gebraucht wird, wandert auf den Müllhaufen der Sportgeschichte, mittellos, oft zum Krüppel oder Idioten geprügelt. Der Weg des naiven Toro Moreno dorthin ist bereits vorgezeichnet, als er aus dem Flieger von Buenos Aires steigt: Lediglich äußerlich imposant fehlt ihm jedwedes Talent zum echten Boxer, verzweifelt sucht er sich Vaterfiguren und findet doch bloß Verrat und Lüge. Gut, dass er da auf einen Mann wie Eddie Willis trifft, dessen Korrumpierbarkeit nicht unendlich flexibel ist und der hinter seiner scheinbar unbeteiligten Schale ein brodelndes Gewissen versteckt hält - die klassische Bogey-Rolle des Opportunisten, der Partei ergreift. Ein klein wenig film noir steckt da auch mit drin, insgesamt ist "The Harder They Fall" aber wohl allzu goldherzig und philanthropisch, um dieser zynischen Gattung zugerechnet zu werden.

8/10

Mark Robson Boxen Freundschaft


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BLACK SWAN (Darren Aronofsky/USA 2010)


"I got a little homework assignment for you..."

Black Swan ~ USA 2010
Directed By: Darren Aronofsky

Die ehrgeizige, aber stets biedere Nina Sayers (Natalie Portman) lebt bei ihrer dominanten Mutter (Barbara Hershey), die all die bösen Geschicke der Welt von Nina fernhalten möchte. Als Nina von dem Starregisseur Thomas Leroy (Vincent Cassel) unter vielen Mitbewerberinnen auserkoren wird, in seiner Neuinterpretation vom "Schwanensee" die Hauptrolle zu tanzen, ist dies für sie nur anfänglich ein Grund zur Freude. Unter dem nun auf ihr lastenden, allseitigen Druck, dessen größter Schlüssel Nina selbst ist, zerbricht sie allmählich.

Schön stilisiert, wie man es von Aronofsky gewohnt ist, bildet "Black Swan" ein neuerlich hervorragend inszeniertes Psychogramm aus Könnerhand. Allerdings sind, so schien mir, hier die Einflüsse so übermächtig und spürbar wie noch bei keinem anderen Film des Regisseurs bislang: "The Red Shoes", "All About Eve", "Carrie und auch "All That Jazz", "'Night, Mother" und sein eigener "Pi" treten zu Teilen explizit aus dem Ideenfundus hervor, die Intrigen hinter der Bühne, die Gier nach Perfektion, Erfolg und Zuspuch, der extreme Tribut der sich immer weiter intensivierenden künstlerischen Arbeit, die alleinerziehende, schwer neurotische Mutter und ihre überbehütete, ergo sexuell längst überreife Tochter, darüberhinaus schließlich Realitsverzerrung, Psychose, Wahnsinn und Suizid. Die Kunst von "Black Swan" liegt darin, wie Aronofsky all diesen Motiven seine Ehrerbietung zollt, indem er sie potpourrisiert, neu aufbereitet, teils minutiös variiert und als audiovisuell vorzügliche Stilorgie auf sein Publikum herniedergehen lässt. Ganz bewusst wird da manchmal die Grenze zum Kitsch und zur Prätention überschritten, allerdings stets unter sorgsamer Wahrung des integren, formvollendeten Gesamtbildes. Vielleicht nicht Aronofskys stärkster Film, aber, vielleicht umso wichtiger, einer, der in dieser Form eindeutig nur von ihm hat stammen können.

8/10

Darren Aronofsky New York Ballett Madness Musik


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NORTH DALLAS FORTY (Ted Kotcheff/USA 1979)


"Hell coach, I love needles."

North Dallas Forty (Die Bullen von Dallas) ~ USA 1979
Directed By: Ted Kotcheff

Phil Elliott (Nick Nolte) reibt sich vollkommen auf für sein Football-Team, die "North Dallas Bulls". Körperlich längst ein Wrack mit kaputtem Knie und kaputter Schulter, übersteht er die Tage bloß mittels unablässiger Schmerzmitteleinnahme und diversen Joints und dem Traum von einer Pferderanch in der Provinz. Hinzu kommen die zermürbenden Partys nach den Spielen, Orgien voller Alkohol und willfähriger Groupies. Als man Elliott vor einem Spiel gegen Chicago wegen einer schmerzhaften Medikamententherapie an einem Mitspieler falsche Versprechungen macht und dieser die Unverfrorenheit seines Managements durchschaut, wird er für eine Lappalie geschasst. Für Elliott die im Grunde lang ersehnte Chance für einen Neuanfang.

Großartiger Sportfilm, nur oberflächlich betrachtet in höchstem Maße amoralisch und bravourös getragen nicht nur von seinem zermürbenden Job in einer Mischung aus ehrlich gemeinter Pflichterfüllung und sich schürendem persönlichen Ekel nachkommenden Nick Nolte als "Spielmacher", sondern auch von der supporting cast, die mit den unvergesslichen Stieren Bo Svenson und John Matuszak trumpft. Als eines der intelligenteren Teammitglieder lässt sich Elliott derweil nicht so leicht beugen wie jene etwas schlichter konstruierten Starspieler und ist deswegen dem Besitzer (Steve Forrest) und dem Coach (G.D. Spradlin) ein ewiger Dorn im Auge. Dennoch locken Geld und ein Rest Ehrbarkeit, die jedoch längst passé ist - Football ist längst nurmehr ein Geschäft ohne Herz, nichts weiter. Besonders toll an "North Dallas Forty" ist seine episodische Erzählweise, die sich auf die Ereignisse innerhalb einer Woche beschränkt. Für die Spieler beginnt die Werkswoche am Donnerstag mit der Trainingsphase und endet am Sonntag mit dem jeweils nächsten Spiel, eine vermeintlich verquere Lebensuhr. Binnen der ersten Wochentage besteht das Leben aus Zerstreuung in Form von Alkohol, Sex, Drogen und Schmerztoleranz, bis zur nächsten qualerfüllten Trainingsphase. The footbally circle of life.

8/10

Ted Kotcheff Football Alkohol Marihuana Freundschaft


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THE HOUSE ON CARROLL STREET (Peter Yates/USA 1988)


"That's not where I need it."

The House On Carroll Street (Das Haus in der Carroll Street) ~ USA 1988
Directed By: Peter Yates

Zur Zeit des McCarthyismus wird die engagierte Journalistin Emily Crane (Kelly McGillis) zu einer HUAC-Anhörung zitiert, weigert sich jedoch, auszusagen. Daraufhin verliert sie ihren Job und nimmt kurzfristig eine Stelle als Vorleserin für die alte Miss Venable (Jessica Tandy) an, derweil sie vom FBI-Mitarbeiter Cochran (Jeff Daniels) beschattet wird. Im an Miss Venables Garten angrenzenden Grundstück bemerkt Emily schließlich mysteriöse Vorgänge. Gesetzte Herren verschiedener Nationalität gehen dort ein und aus und ein dort tätiger, junger Dolmetscher (Christopher Buchholz) bekommt es mit der Angst. Als der junge Mann von Anzugträgern mit einem Messer angegriffen wird und in Emilys Armen stirbt, ist ihr klar, dass es sich um eine Verschwörung ersten Ranges handelt, der sie da auf der Spur ist. Und tatsächlich: Der vor antikommunistischer Gesinnung überbordernde Congressman Salwen (Mandy Patinkin) holt NS-Kriegsverbrecher ins Land und stattet sie mit neuen Identitäten aus. Zusammen mit Cochran geht Emily gegen Salwen und seine Schergen vor.

Mit einem der wenigen US-Politthriller, die sich infolge ihrer "hehren Gesinnung" auch auf späten DDR-Leinwänden gut machten, ist Peter Yates in seiner kreativen Hochzeit ein weiterer ordentlicher Film gelungen, der sich ein wenig in der Tradition hitchcockscher Spannungsdramen findet um starke Frauengestalten, die ein Mysterium zu durchdringen haben und dabei in höchste Lebensgefahr geraten. Vor allem "Notorious", in dem es ja ebenfalls um herausgeschleuste Nazis geht, schießt einem unweigerlich durch den Kopf, aber auch "Spellbound" oder "Rebecca". Somit ist Yates weithin unauffällig inszenierter, auf ein gediegenes Äußeres Wert legender Krimi vor allem ein Geschenk für die ehedem kantige Kelly McGillis, die hier eine ihrer schönsten Rollen kredenzt bekam. Jeff Daniels als unvermeidlicher männlicher Gegenpart hat eigentlich bloß die Aufgabe, Emilys besonders im Rahmen jener Zeit unabhängige Femininität auszuloten und ihr auch eine erotische Identität zu verleihen. Wie so oft spielt Daniels die Rolle des eher im Hintergrund befindlichen Unterstützers. Toll ist auch Mandy Patinkin als gefährlich-diabolischer McCarthy-Rädelsführer, dessen Patriotismus groteske Formen annimmt. Sein hübsch grelles Ende im Showdown enthebt "The House On Carroll Street" allerdings jedweden Restes von zuvor schwerlich geschürter Ernsthaftigkeit.

7/10

Peter Yates New York period piece FBI McCarthy-Ära Nationalsozialismus Verschwörung


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ELENI (Peter Yates/USA 1985)


"My children!"

Eleni ~ USA 1985
Directed By: Peter Yates

Dreißig Jahre nach der Ermordung seiner Mutter Eleni (Kate Nelligan) während der Wirren des griechischen Bürgerkriegs und seiner eigenen Emigration nach Amerika kann der mittlerweile als erfolgreicher Journalist tätige Familienvater Nick Gage (John Malkovich) die Vergangenheit nicht ruhen lassen, nicht, solange die Verantwortlichen noch frei und ungestraft herumlaufen. Unter dem Deckmantel der Korrespondenz reist der rachedurstige Nick nach Athen und wird dort mit der Vergangenheit seiner Familie und seiner Mutter konfrontiert, die einst, nachdem sie ihren Kindern die Flucht ermöglichte, von den kommunistischen Partisanen als Faschistin verleumdet, gefoltert und hingerichtet wurde. Nach einer investigativen Odyssee durch halb Südosteuropa steht Nick schließlich dem Mann (Oliver Cotton) gegenüber, der für den Tod seiner Mutter verantwortlich ist.

Engagiertes Politdrama, in dem sich autobiographische Episoden um den griechischstämmigen US-Journalisten Nicholas Gage und seine Suche nach Wahrheit und Vergeltung aufbereitet finden. Der als Enthüllungsjournalist in brisanten Fragen tätige Times-Mitarbeiter wendete sich in "Eleni" der tragischen Vergangenheit seiner Familie zu und erzählte darin weniger seine eigene Geschichte, denn die seiner Mutter Eleni, einer stolzen, integren Frau, die sich geduldig jedwede Demütigung und Ungerechtigkeit seitens der in der Provinz wütenden DSE-Kämpfer gefallen lässt, bis ihre Kinder in sozialistische Staaten verschickt werden sollen. Als diese Bedrohung über sie hereinbricht, stellt sich Eleni gegen die uneingeladenen Landnehmer und bezahlt dafür mit dem Tode. Ungeachtet seiner sicherlich tendenziösen Machart, die ein wenig an den thematisch nicht unverwandten "Dr. Zhivago" erinnert, ist Yates erneut eine große, bewegende Tragödie geglückt, die ganz besonders durch das aufrüttelnde Spiel Kate Nelligans fasziniert. Auch die Entscheidung, Vergangenheit und Gegenwart als zwei erzählerisch gleichberechtigte Stränge parallel nebeneinander herlaufen zu lassen, erweist sich als überaus tragfähig.
Leider ist die mir vorliegende, deutsche DVD durch verwaschenes Vollbild verhunzt. Hier wäre so schnell als möglich noch etwas Adäquates nachzulegen. Ansonsten überaus sehenswert.

8/10

Peter Yates Griechenland Griechischer Bürgerkrieg Familie Rache


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THE DRESSER (Peter Yates/UK 1983)


"Stop that train!"

The Dresser (Ein ungleiches Paar) ~ UK 1983
Directed By: Peter Yates

England im Zweiten Weltkrieg: Während der deutschen Bomberangriffe tourt der große Shakespeare-Mime Sir (Albert Finney) zusammen mit seinem Ensemble unverdrossen weiter über die Insel und hält der Bevölkerung mit seinen Aufführungen die Stange. Angewiesen ist Sir dabei a priori auf seinen Garderobier Norman (Tom Courtenay), der seit sechzehn Jahren Sirs Mädchen für alles ist und ihn durch und durch kennt. Am Tage seiner 227. Interpretation des King Lear wird Sir dann zum Opfer seiner bereits lange schlummernden Demenz. Während rings um das Theater Bomben fallen, schafft es Norman mit Mühe und Not, Sir auf die Bühne zu bewegen und ihn schließlich eine weitere, gefeierte Vorstellung geben zu lassen. Zwischen den Akten beginnt Sir derweil, sein Testament aufzusetzen...

Großartiges, intimes Schauspielkino, im Prinzip ein Zwei-Personen-Stück, in dem die beiden in der "Kitchen-Sink"-Ära verwurzelten, britischen Star-Akteure Finney und Courtenay die ganze Bandbreite ihres Könnens zum Besten geben, der eine als vom Größenwahn bedrohter Gala-Mime, der andere als sein tuntiger Lakai. Fast unmerklich ersteht während ihrer mitunter von der Groteske angehauchten Dialoge eine Reflexion über unbemerkte Abhängigkeiten, Beziehungsgeflechte und deren subjektive Wahrnehmung, die am Ende, als das ahnbar Unvermeidliche eingetreten ist, kulminiert. Eine reiche, komplexe und strikt britische Tragikomödie ist das opulente Resultat.
Die Tatsache, dass Peter Yates knapp fünf Monate zuvor das naive Science-Fiction-Märchen "Krull" in die Kinos gebracht hatte, zeugt von der Bandbreite und auch von der Arbeitsweise des unberechenbaren Filmemachers. Wo der wohl nicht ganz verwunderlicherweise etwas verwaist wirkende "Krull" als Kommerzprodukt für das Studio gefertigt wurde, ist der ungleich ambitioniertere "The Dresser" auch und vor allem ein Film seines Regisseurs, und einer seiner exzellentesten noch dazu.

9/10

Peter Yates England Shakespeare Theater period piece WWII Freundschaft


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BREAKING AWAY (Peter Yates/USA 1979)


"What are we gonna do about him?" - "I don't know dear. We could always strangle him while he's asleep."

Breaking Away (Vier irre Typen - Uns schlägt keiner) ~ USA 1979
Directed By: Peter Yates

Dave (Dennis Christopher), begeisterter Radrennfahrer, und seine drei Freunde Mike (Dennis Quaid), Cyril (Daniel Stern) und Moocher (Jackie Earle Haley) leben in dem beschaulichen Universitätsstädtchen Bloomington, Indiana - allerdings nicht als vier der zahhllosen jungen Studierenden, sondern als Ableger der hier verwurzelten Steinschneider-Familien, weswegen die College-Kids die Einheimischen auch gern abschätzig als "Cutter" beschimpfen. Das Freundesquartett hat es schwer, sich gegen die Arroganz der Akademiker durchzusetzen, besonders Mike leidet unter deren Hochnäsigkeit. Als die Uni ein Team-Radrennen anberaumt, an dem jeder teilnehmen darf, ist die große Chance der vier Freunde gekommen.

Ein Hohelied auf die US-Kleinstadt im Mittelwesten und deren Einwohnerschaft und somit beinahe ein Heimatfilm. Anders als die stets dramatischen, mitunter etwas politisierten Coming-Of-Age-Storys aus dem New-Hollywood-Dunstkreis, also "The Last Picture Show", "American Graffiti" oder "Big Wednesday", versteht sich der ansonsten recht ähnlich inszenierte "Breaking Away" allerdings nicht als Abgesang auf Jugend und Unschuld, sondern als Mut- und Muntermacher, als Lebensabschnittsporträt ohne perfide Hintergedanken. Daher traut er sich auch zu manch feiner Humornote und betrachtet die zum Erwachsenwerden gehörenden Nöte und Identitätskrisen mit ruhiger Gelassenheit - am Ende warten ohnehin Sieg und Enthusiasmus und sogar ein guter Verlierer auf der Gegenseite - Entspannung allerorten.
Ein feiner, kleiner Film, getragen von einem leuchtend positiven Menschenbild, der auch für Regentage taugt. Den bescheuerten deutschen Titel wollen wir in diesem Zusammenhang getrost vergessen.

8/10

Peter Yates Radsport Indiana Freundschaft Vater & Sohn Coming of Age


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MEN IN WAR (Anthony Mann/USA 1957)


"I want to live as long as I can."

Men In War (Tag ohne Ende) ~ USA 1957
Directed By: Anthony Mann

Während des Koreakrieges bewegt sich ein siebzehnköpfiges Bataillon von US-Marines unter der Führung von Lt. Benson (Robert Ryan) mitten durchs Feindgebiet. Es gilt, die Höhe 46 zu erreichen, auf der heimische Truppen lagern sollen. Unterwegs trifft das Platoon auf Sergeant Montana (Aldo Ray) und seinen schwer traumatisierten Colonel (Robert Keith), die sich Benson und seinen Männern mehr oder wenig unfreiwillig anschließen. Der Weg zur Höhe 46 führt durch Haubitzenbeschuss und Mienenfelder, doch der größte Schrecken wartet am Ziel: Der Hügel befindet sich bereits in Feindeshand und muss zurückerobert werden.

Bereits die minimalistisch-karge, fast kammerspielartige Form, die Anthony Mann für seinen Kriegsfilm gewählt hat, verleiht seiner Intention Glaubwürdigkeit. In schmucklosem Schwarzweiß gefilmt, zeitlich begrenzt auf einen singulären Tag, erzählt "Men In War" von der persönlichen Hölle, die der versprengte, zunehmend dezimierte Soldatenhaufen durchlebt. Daran ist nichts Glorioses und nichts Feierliches, manche Szenen, speziell jene, in deren Zuge die Gruppe sich mit einer weiteren Todesfalle konfrontiert sehen, werden bis an die Grenzen der Erträglichkeit gedehnt. Man meint förmlich, die stickig-feuchte Luft und die schwitzige Atmosphäre omnipräsenter Todesangst atmen zu können. Von hausgemachter Romantik, wie sie etwa "Thunder Bay", aber auch andere Filme Manns versprühen, ist in "Men In War" garantiert nichts zu spüren. Gut, die Finalminute - Lt. Benson verteilt zu ferner Zapfenstreichmusik poshume Tapferkeitsmedaillen an seine gefallenen Kameraden - trägt dann doch einem wie auch immer gearteten Heldenethos Rechnung, lässt sich allerdings auch wohlwollend in einen kritischen Subtext setzen. "Men In War" hätte ebensogut auch von Ray, Fuller, Milestone oder Aldrich stammen mögen; den traurigen Fatalismus ihrer Kriegsfilme teilt er in melancholischem Gedenken.

8/10

Anthony Mann Freundschaft Koreakrieg period piece Historie


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THUNDER BAY (Anthony Mann/USA 1953)


"Ha! Stupid oil men..."

Thunder Bay (Die Todesbucht von Louisiana) ~ USA 1953
Directed By: Anthony Mann

Louisiana, 1946: Der Bauingenieur Steve Martin (James Stewart) und sein Kumpel Johnny Gambi (Dan Duryea) wittern endlich die große Chance, einen langgehegten Traum zu verwirklichen: Vor der Küste, im Golf von Mexiko, vermutet Martin riesige, unterseeische Ölvorkommen. Um diese ausfindig zu machen, will er zunächst eine Öl-Rig errichten. Damit eckt er bereits bei den hiesigen Garnelenfischern an, die hinter dem Engagement der Ölförderer eine immense Störung ihres täglichen Broterwerbs wittern. Doch nicht nur die Einheimischen bereiten Martin und Gambi Probleme, auch der finanzierende Konzern wartet auf handfeste Resultate und setzt die Arbeiter unter Zeitdruck.

Inmitten ihres berühmten Westernzyklus fertigten Anthony Mann und sein Hauptdarsteller James Stewart noch drei andere Projekte, das erste davon dieser aus heutiger Sicht inhaltlich reichlich hausbacken wirkende Heimatfilm, in dem die historische, ökonomische und soziale Bedeutsamkeit der landeseigenen Ölförderung betont wird. James Stewart als klassischer amerikanischer Held und Vorreiter ungern gesehener, nichtsdestotrotz progressiver Ideen ist in einer für ihn typischen Rolle zu sehen; ruppig, exzentrisch, mit Ecken und Kanten versehen, aber nichtsdestotrotz beseelt von güldenem Pioniergeist. Am Ende wird alles gut, Martin und der reiche Multi im Hintergrund haben ihr Öl, die Helden jeweils ihr Mädchen und sogar ihre vormaligen Rivalen Ruhe, da sich unter der Bohrplattform ganz zufällig auch die vermissten Garnelen sammeln und damit die Zukunft der Fischer gesichert ist. Die Leistungen von Mann und Stewart sind im Gegensatz zu dieser etwas haarsträubenden Öko-Utopie allerdings tadellos und hätten natürlich, ein etwas anderes Setting vorausgesetzt, auch ebensogut im Wildwest-Milieu angesiedelt werden können.

7/10

Anthony Mann Louisiana Südstaaten period piece Fischerei





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Funxton

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