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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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PARIS BLUES (Martin Ritt/USA 1961)


"This romance is doomed."

Paris Blues ~ USA 1961
Directed By: Martin Ritt

Ram Bowen (Paul Newman) und sein Freund Eddie Cook (Sidney Poitier) leben als Jazzmusiker in Paris, wo sie allabendlich in einem kleinen Club spielen. Rams Ambitionen sind damit jedoch nicht erschöpft: Er mochte auch ein erfolgreicher Komponist werden wie seine großen Vorbilder. Als man die US-Touristinnen Lilian (Joanne Woodward) und Connie (Diahann Carroll) kennen lernt, bahnen sich unversehens zwei Romanzen an. Obschon Ram und Eddie von der Energie der Metropole leben und eigentlich nicht fortwollen, lassen sich beide zunächst von ihren Freundinnen überreden, mit in die USA zu kommen und dort mit ihnen zusammen zu leben. Doch nur einer wird am Ende wirklich den Mut aufbringen, zu seinen Plänen zu stehen.

Ein bisschen klischeprägend (und -geprägt) ist Ritts "Paris Blues", der zweite seiner insgesamt sechs Filme mit Paul Newman, ja schon. Spätestens seit "An American In Paris" wusste auch der mittwestliche Durchschnitts-Yankee, dass es in Paris in Europa eine Menge großer, alter Gebäude gibt und mindestens ebenso viele verruchte Spelunken, dass die Leute dort hemmungslos in der Öffentlichkeit herumknutschen, massig Rotwein trinken und rauchen und manche von ihnen gar Härteres konsumieren und dass der dunkelhäutigere Teil der Bevölkerung dort nichtmal halb so schief angeschaut wird wie daheim. Ein Menschenschlag für sich, die Altweltler. Hier hat auch der Jazz sein wahres Zuhause, weshalb auch hier nur ein kreativer Geist wie der Ram Bowens zur Entfaltung gelangen kann. Soviel zur Lebensweisheit von "Paris Blues". Dass dem gegenüber erwartungsgemäß phantastische Musik steht, von Duke Ellington aus dem off und von Satchmo aus dem on, dass Newman und Poitier gewohnt tadellos aufspielen und die Stadtimpressionen schöner kaum sein könnten, macht aus ihm einen sehens- und hörenswerten Film.

8/10

Martin Ritt Freundschaft Paris Musik Jazz Drogen Kokain Bohème Herbst


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ALMOST FAMOUS (Cameron Crowe/USA 2000)


"I didn't invent the rainy day, man. I just own the best umbrella."

Almost Famous ~ USA 2000
Directed By: Cameron Crowe

San Diego, 1973: William Miller (Patrick Fugit) ist erst 15 und versucht, sich verzweifelt aus den Klauen seiner vereinnahmenden Mutter Elaine (Frances McDormand) zu lösen. Seine momentan größte Liebe verdankt William seiner großen Schwester (Zooey Deschanel), die Elaine bereits aus dem Hause getrieben hat: Die zur Rockmusik. Da William zudem gern schreibt, kombiniert er seine zwei Leidenschaften und landet fix bei einem Angebot vom Rolling Stone Magazine, einen Artikel über Black Sabbath zu schreiben. Daraus wird über Umwege eine Tourgeschichte über Sabbaths Vorband Stillwater, die William zum größten Gram seiner Mutter auf deren folgender Konzertreise quer durch die Staaten begleitet. Dabei lernt William die Höhen und Tiefen des kriselnden Rock-Biz kennen und verliebt sich in das Groupie 'Penny Lane' (Kate Hudson), welches jedoch vornehmlich Augen für den Stillwater-Gitarristen Russell Hammond (Billy Crudup) hat...

Autobiographisch gefärbtes Meisterwerk des Musikjournalisten und Filmemachers Cameron Crowe, der seine innige Liebe zum Rock mit "Almost Famous" so unbestechlich vorgetragen hat wie es möglicherweise keinem anderen auteur je geglückt ist. Dem Film wohnt dieselbe, leichtfüßige Magie inne, die schon "Singles" bevölkerte - bittersüße Emotionalität trifft auf schwere Gitarren. In diesem Falle allerdings nicht immer. Mit dem erotischen Erwachen William Millers wird, ebewnso wie der gesamte Ton des Films, auch die Hintergrundmusik zunehmend leiser. So ist neben den multiplen Facetten, mit denen Crowe über die damalige Rockwelt in den USA berichtet, als Heavy Metal, ebenso wie die meisten anderen populärmusikalischen Subgenres gemeinhin noch nicht definiert und die entsprechenden Grenzen überhaupt noch sehr viel fließender waren, Crowes (natürlich höchstpersönlich getroffene) Songauswahl reinste, gegossene Poesie. Wenngleich Stillwater, die als fiktionaler Ersatz für die Allman Brothers herhalten, keine echte Band waren oder sind ("ihre" Songs stammen von Peter Frampton), spiegeln sie perfekt Lebens- und Zeitgefühl von damals wieder, soweit ein später Geborener wie ich sich das zumindest vorzustellen vermag. Ein musikalisches Tagebuch jener umwälzenden Zeit ist "Almost Famous", dazu eine der schönsten Coming-of-Age-Storys des jüngeren Kinos, die Traumwelten und Wahrheiten liebevollst diametralisiert.

10/10

Cameron Crowe period piece Road Movie Freundschaft Musik Journalismus Coming of Age Mutter & Sohn Kalifornien Band D.C. Drogen LSD


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THE LITTLE FOXES (William Wyler/USA 1941)


"I hope you die soon! I'll be waiting for you to die!"

The Little Foxes (Die kleinen Füchse) ~ USA 1941
Directed By: William Wyler

Die Familie Hubbard, verfilzter Südstaatenadel, der noch stolz die alten Traditionen pflegt, befindet sich im Jahre 1900 auf dem endgültigen weg zum moralischen Verfall. Die im Zentrum der Familie stehenden drei Geschwister Regina (Bette Davis), Oscar (Carl Benton Reid) und Ben (Charles Dingle) wollen, um sich finanziell zu sanieren, gemeinsam einen Vertrag mit einem Chicagoer Baumwollfabrikanten abschließen. Zudem sollen Reginas Tochter Alexandra (Teresa Wright) und Oscars dümmlicher Sohn Leo (Dan Duryea) - immerhin Cousine und Cousin ersten Grades - verheiratet werden. Zur Finanzierung der geschwisterlichen Pläne bedarf es jedoch eines großen Kapitalzuschusses, den Reginas herzkranker Ehemann Horace (Herbert Marshall) in Form seiner Inhaberobligationen stellen müsste. Dieser wird zu jenem Zwecke von Alexandra aus der Kur geholt, weigert sich jedoch zur Vergabe der Investition. Daraufhin organisieren Ben und Oscar mit Leos Hilfe den vorübergehenden Diebstahl von Horaces Wertpapieren, den dieser jedoch entdeckt...

Noch so ein große Südstaatentragödie, die exemplarisch demonstriert, welch wundervoll dramatisches Potenzial Land und Leute doch inne hatten - und noch haben! Ungebrochen akuter Rassismus, Inzucht, Standesdünkel, Intrige, Familienlügen und Gier, verstecken sich hinter schnöder Oberflächlichkeit, Altehrwürdigkeit und wohlfeilem Benehmen. Bette Davis lässt sich hier in einer ihrer vordringlichsten Rollen zu bewundern als nicht mehr ganz taufrische southern belle, hinter deren Stirn sich Heimtücke und Eigennutz verbergen. Gegen Ende, als ihr ungeliebter, todkranker Gatte ihre Hilfe benötigt, lässt sie ihn mittels schlichter Unterlassung, den blanken Wahnsinn in den riesigen Augen, über Umwege verrecken und benutzt dann noch seinen Tod, um ihre Brüder zu erpressen. Ökonomisch steht sie damit zwar hervorragend da, doch Tochter Alexandra, die sie zu guter Letzt doch noch durchschaut hat, bahnt sich nun endlich den Weg zu ihrem libertären Hofmacher David Hewitt (Richard Carlson) und Regina steht alleine da, um eines Tages vermutlich exakt so zu enden wie Davis' alter ego Charlotte Hollis in Aldrichs "Hush...Hush, Sweet Charlotte", vereinsamt, verrückt und keifend auf ihrem altehrwürdigen Plantagensitz.

8/10

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BUG (Jeannot Szwarc/USA 1975)


"Where are you, my little fellas?"

Bug (Feuerkäfer) ~ USA 1975
Directed By: Jeannot Szwarc

In einem kalifornischen Wüstenkaff bildet sich infolge eines Erdbebens eine meterlange Bodenspalte, aus der übergroße Käfer hervorkommen. Diese können bei Kontakt mit brennbarem Material Feuer entzünden und ernähren sich von Asche. Dem Biologen James Parmiter (Bradford Dillman) werden seine emsigen Untersuchungen der Käfer bald zum Verhängnis: Ein sich in seinem Hause versteckendes Exemplar verursacht den Verbrennungstod seiner Frau Carrie (Joanna Miles). Für Parmiter wird das Studium der Tiere fortan zu einer übermächtigen Obsession: Zurückgezogen unternimmt er Kreuzungsversuche der Käfer mit Hausschaben und muss bald feststellen, dass die immer intelligenter werdenden Sprösslinge ihm den persönlichen Krieg erklärt haben.

Was wie ein ordinärer Insekten-Katastrophestreifen beginnt, entwickelt sich, analog zu seinen krabbelnden Protagonsten, erst in der zweiten Hälfte zur eigentlichen Blüte: Hier gerät "Bug" zum vollblütigen Psychogramm eines dem Wahnsinn Verfallenden. Am Ende lässt sich tatsächlich kaum mehr bestimmen, ob die gezeigten Ereignisse sich nurmehr in Parmiters Kopf abspielen oder ob die in Rekordschnelle evolutionierenden Feuerkäfer tatsächlich so etwas wie Höllengesandte sind, die der Arroganz kurzsichtigen, humanen Forschungsdranges exemplarisch den Hahn abdrehen. Einige der Finalszenen sprechen für beide Ansätze und gerade diese Uneindeutigkeit fasziniert an "Bug".
Bradford Dillman gibt als besessener Forscher eine Glanzleistung, mit Sicherheit eine seiner vordringlichsten. Wie er sich, nach der Todesnachricht betreffs seiner Frau, in einer Mischung aus Schuldgefühlen, Rachsucht und unablässiger Neugier von einem freundlichen Lehrer zu einem innerlich und äußerlich verfallenden Eremiten verwandelt, das geht weit über jede gewöhnliche B-Film- oder auch Genre-Klassifikation hinaus.
Ein überraschend guter Film!

8/10

William Castle Jeannot Szwarc Kalifornien Insekten Tierhorror


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CITIZEN X (Chris Gerolmo/USA 1995)


"Together, you make a wonderful person."

Citizen X ~ USA 1995
Directed By: Chris Gerolmo

Rostow, UdSSR 1982: Der Gerichtsmediziner Viktor Burakov (Stephen Rea) wird urplötzlich von der lokalen Miliz zum Hauptermittler in einem Fall mehrerer im Wald gefundener Leichen ernannt. Früh ist Burakov davon überzeugt, es mit einem Serienmörder zu tun zu haben, doch während ihn sein Gönner Oberst Fetisov (Donald Sutherland) unterstützt und deckelt, torpediert ihr Vorgesetzter General Bondarchuk (Joss Ackland) sämtliche Untersuchungen, zum einen, um die Staatsräson nicht zu gefährden - im sozialistischen Sowjet-Gefüge darf es so etwas wie einen geisteskranken Schwerverbrecher nicht geben - und zum anderen, um seine eigene Homosexualität zu verschleiern. So wird Bukarov angehalten, seine Ermittlungen auf das Schwulenmilieu zu konzentrieren. Derweil mordet sich der schwer gestörte Angestellte Andrej Chikatilo (Jeffrey DeMunn) trotz einer zwischenzeitlichen Verhaftung unbehelligt weiter durchs Leben. Erst nach dem Zusammenbruch des Eisernen Vorhangs können Bukarov und Fetisov Chikatilo dingfest machen. Er wird in 52 Fällen des Mordes verurteilt und im folgenden Gewahrsam erschossen.

Seine Fernseh-Herkunft bekommt "Citizen X", der sich mit dem Sujet um Andrej Chikatilo eines der berüchtigsten Serienmörders des vergangen Jahrhunderts annimmt, ausnehmend gut. So wird nämlich deutlich weniger Wert auf Kolportage und hohle Oberflächlichkeiten gelegt als es bei einem Leinwandstück möhlicherweise der Fall gewesen wäre und stattdessen eine teils von dokumentarischer Strenge geprägt, nüchterne Zusammenfassung der Ereignisse wiedergegeben. Einer ebensolchen bedarf es das Thema, wie sich rasch erweist, auch. Der Fall Chikatilo ist tatsächlich voll von Reizen für ein exploitatives Genrestück: Nicht nur weist die Persönlichkeitsstruktur des multiplen Mörders etliche im profiling zum Quasiklischee gereifte Facetten auf (Chikatilo ist impotent, Päderast, und ein schwächliches, graues Staatsmitglied mitsamt Parteiausweis, das im Kollektiv kaum weiter auffällt), auch seine Vorgehensweise ist grausamer, als es sich Scriptfantastereien auszudenken mögen. Chikatilo vergewaltigt seine teilweise unter zehn Jahre alten Opfer, verstümmelt ihre Genitalien, isst Teile von ihnen und masturbiert dazu. Dass der Film sich schon notgedrungen entsprechende visuelle Details erspart und sein Hauptaugenmerk Bukarovs unermüdlicher Arbeit widmet, zeichnet ihn am Ende aus und lässt ihn eben nicht als eine ordinäre Serienkiller-Gesichichte unter Vielen dastehen, sondern als hellsichtige Kritik am verlogenen Sowjet-Idealismus.

8/10

Chris Gerolmo TV-Film Serienmord UDSSR Russland Rostow Historie HBO Biopic


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BELLES ON THEIR TOES (Henry Levin/USA 1952)


"We're getting bigger."

Belles On Their Toes (Im Dutzend heiratsfähig) ~ USA 1952
Directed By: Henry Levin

Nach dem plötzlichen Tod Frank Sr.s müssen die Gilbreths lernen, ohne den stets als Familien-Rückgrat fungierenden Vater auszukommen. Besonders für Mutter Lillian (Myrna Loy) ist es nicht leicht, sich als Ökonomin in einer von Männern dominierten Berufswelt zu behaupten. Derweil blühen die drei älteren Mädchen, Ann (Jeanne Crain), Ernestine (Barbara Bates) und Martha (Debra Paget) zu für die Junggesellenwelt attraktiven Damen auf...

Gleich der in der Gegenwart spielende Anfang, der Lillians Jüngste bei der College-Abschluss-Ehrung zeigt und von dem aus "Belles On Their Toes" als Rückblende erzählt wird, versichert uns, dass diesmal alles gut bleibt. Wurde der Vorgänger noch durch das abrupte, aufrüttelnde Wachmacher-Ende bekränzt, erfreut sich die Großfamilie Gilbreth diesmal durchweg stabiler Gesundheit - einen glimpflich verlaufenden Autounfall Lillians ausgenommen. Wir bekommen wesentlich mehr von dem versoffenen, aber unverzichtbaren Hausfaktotum Tom (Hoagy Carmichael) zu sehen, der mit der flotten Debra Paget sogar eine musikalische Einlage präsentieren darf und bekommen Jeffrey Hunter als Anns künftigen Göttergatten kredenzt. Dass all das zu Gänze weder Clifton Webbs Absenz noch den leiseren Humor des Vorgängers ausgleicht, ist hinnehmbar. "Belles On Their Toes" markiert eine simple, aber liebenswerte Fortsetzung.

6/10

Henry Levin Familie New Jersey Sequel


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CHEAPER BY THE DOZEN (Walter Lang/USA 1950)


"Believe me, it's no picnic!"

Cheaper By The Dozen (Im Dutzend billiger) ~ USA 1950
Directed By: Walter Lang

In den zwanziger Jahren zieht die Großfamilie Gilbreth nach New Jersey, weil Vater Frank (Clifton Webb) dort eine neue Stellung antritt. Ganze elf Sprösslinge haben er und seine Gattin Lillian (Myrna Loy) großzuziehen und Nummer 12 ist bereits unterwegs. Das Leben ist nicht immer einfach für die Gilbreths und es geht recht turbulent zu - die Spleenigkeit Franks und Lillians unbestechliche Ausgeglichenheit glätten jedoch sämtliche Alltagswogen.

Die zwei echten Gilbreth-Kinder Frank Jr. und Ernestine haben den autobiographischen Familienklassiker zu Wege gebracht, der Walter Langs Film zu Grunde liegt; einstmals ein Prestigewerk der Fox, das in wunderschön anzuschauenden Sepiafarben sehr viel Zeitkolorit transportiert. Weniger eine laute Lachnummer denn sich zusammensetzend aus kleinen Schmunzelanekdötchen präserviert "Cheaper By The Dozen" eine offen episodische Erzählstruktur, die mal mehr, mal weniger komische Geschichten darbringt. Erzählt wird das Ganze (im Film) rückblickend von der Ältesten, Ann (Jeanne Crain), die ihre Eltern und Geschwister mit warmherzigem Ton verklärt und jeden Zuschauer zumindest befristet dazu bringt, einmal selbst Teil einer Großfamilie sein zu wollen.
Das recht urplötzlich erfolgende, traurige Ende zieht dann einen ziemlich dicken Realitätsstrich durch die vormals idyllische Rechnung, aber auch so etwas gehört eben zum Leben.

7/10

Walter Lang Familie period piece New Jersey Ehe


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THE PAPER (Ron Howard/USA 1994)


"You do have a problem, Henry. But it's your problem."

The Paper (Schlagzeilen) ~ USA 1994
Directed By: Ron Howard

Ein halsbrecherischer Tag für Redakteur Henry Hackett (Michael Keaton) von der Postille "The New York Sun": Er hat ein Vorstellungsgespräch für eine deutlich besser bezahlte Stelle bei der Konkurrenz vom "Sentinel", seine hochschwangere Frau Martha (Marisa Tomei) bekommt eine pränatale Sinnkrise und zwei Kids (Vincent D'Arbouze, Michael Michael) aus der Bronx sollen als offizielle Sündenböcke für einen Mafiamord herhalten - eine Schweinerei, der Henry unbedingt auf den Grund gehen will. Parallel zu ihm muss Henrys Chef Bernie (Robert Duvall) akzeptieren, dass er Prostatakrebs hat und die emsige Alicia (Glenn Close) sich ihrer Berufsdepression stellen.

24 Stunden im Leben dreier New Yorker Zeitungsredakteure gaben Ron Howard den Basisstoff für einen seiner schönsten Filme. Mit "Parenthood" hatte der Regisseur bereits hinreichend Erfahrungen im Ensemblefach gesammelt und konnte diese neuerlich für den atmosphärisch sehr ähnlich gelagerten "The Paper" einsetzen: Eine wiederum exzellente Besetzung stand ihm zur Verfügung für seine achterbahnartige Melange aus komischen und dramatischen Wendungen, die jedoch garantiert nie zu trübselig wird, um das Publikum mit grauem Realismus zu konfrontieren.
Am Ende markiert einmal mehr ein neugeborenes Baby das ebenso simple wie umwälzende Sinnbild für den Wert des Weitermachens und jedes der drei vormaligen Krisenopfer hat einen gehörigen nach vorn Schritt getan. Howard inszeniert dies mit der ihm eigenen, gepflegten Hektik, einer nur höchst selten pausierenden Kamera und all seinen sonstigen, liebenswerten Spleens.

8/10

Ron Howard New York Zeitung Journalismus Ensemblefilm Ehe Freundschaft Krebs Sommer


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BORN AMERICAN (Renny Harlin/USA, FIN 1986)


"Sleep, my little friend. You deserve a better world."

Born American ~ USA/FIN 1986
Directed By: Renny Harlin

Die drei jungen amerikanischen Freunde Savoy (Mike Norris), Mitch (Steve Durham) und K.C. (David Coburn) bereisen Europa. In der finnischen Provinz, in die sie zum Jagen gekommen sind, sitzen sie aus einer bierseligen Laune heraus auf der verhängnisvolle Idee auf, aus reinem Jux die sowjetische Grenze zu überschreiten, hinter der sie sich dann prompt verirren. In einem nahe gelegenen Dorf hält man sie für die Mörder eines erst kurz zuvor getöteten Mädchens und es kommt zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung, bei der sich das Trio gegen flugs anrückende Militärs zur Wehr setzen muss. Man wird gefasst und landet in einem desolaten Gefängnis. Mitch verfrachtet man in den Trakt mit den Verrückten, der schwer verletzte K.C. wird von einem Mitgefangenen "erlöst". Savoy trifft auf den geheimnisvollen 'Admiral' (Thalmus Rasulala), einen politischen US-Gefangenen im Besitz vieler brisanter Geheimnisse um CIA und KGB. Mit seiner Hilfe soll Savoy aus jenen gräulichen Mauern und zurück über die Grenze fliehen.

Sein Langfilmdebüt, ein wütendes, offen populistisches Pamphlet gegen das damalige "Reich des Bösen", brachte Renny Harlin erwartungsgemäß zunächst nur wenige Freunde auf liberaler Seite ein. In einer mehr oder weniger eindeutigen Replik auf und zu Alan Parkers "Midnight Express" ließ Harlin die Söhne von Chuck Norris und James Coburn in russische Gefangenschaft geraten, deren Methodik die Menschenrechte dem Vernehmen nach ebenso mit Füßen trat wie die türkische weiter südlich. Wer hier keine Beziehungen oder einen übermächtig starken Willen besitzt, der ist unausweichlich zum Tode verdammt; sei es durch Kälte, Hunger, äußere Gewalt oder, am Wahrscheinlichsten, das schiere Abdriften in den Wahn.
Mike Norris als Savoy Brown (toller Rollenname) wird gleich von Beginn an als besonnenster und stärkster des Freundetrios charakterisiert, der Grund, warum er auch als einziger am Leben bleibt. Die kick moves hat er sich beim berühmten Papi abgeschaut und auch der zielsichere Umgang mit der Uzi und anderem Feuerwerk deutet auf dessen stramme häusliche Erziehung hin.
Ansonsten scheinen mir die durchaus ambitionierte, zu einiger Dramatik neigende Inszenierung und das vergleichsweise tendenziöse Script nicht immer in homogener Weise zu arbeiten; man glaubt häufig zu spüren, dass Harlin doch mehr wollte, als er es letztlich zu formulieren im Stande war. Nichtsdestotrotz ein beachtliches Zeitporträt auf Augenhöhe mit Milius' gesinnungsgenössischem "Red Dawn".

5/10

Renny Harlin Finnland Helsinki Russland Kalter Krieg Gefängnis Flucht UDSSR


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THE BROTHER FROM ANOTHER PLANET (John Sayles/USA 1984)


"White folks get stranger all the time..."

The Brother From Another Planet (Der Typ vom anderen Stern) ~ USA 1984
Directed By: John Sayles

Ein äußerlich wie ein Afroamerikaner aussehendes Alien (Joe Morton) crasht auf der Flucht vor zwei intergalaktischen Polizisten (David Strathairn, John Sayles) vor Ellis Island ins Wasser. Der stumme, mit Heilungs- und Reperaturkräften ausgestattete Außerirdische kann sich bis nach Harlem retten und findet dort unter anderem in der Kneipe von Odell (Steve James) sowie in Person des Sozialarbeiters Sam (Tom Wright) neue Freunde. Er lernt die New Yorker Polizeimethoden kennen, eine abblätternde Souldiva (Dee Dee Bridgewater), einen jamaikanischen Dope-Priester (Sidney Sheriff jr.), Obdachlosigkeit und den Fluch der Heroinsucht. Am Ende solidarisieren sich all seine Freunde und Bekannten gegen die Astrocops.

Mustergültiges Filmemachen aus der stets willkommenen Unangepasstheits-Schublade; von John Sayles autark sowie für ein Taschengeld inszeniert und doch einer der wichtigsten mir bekannten New-York-Filme. Mindestens so schwarz wie bei einem frühen Spike-Lee-Joint (auch wenn jener auf eine solche - weiße - Einschätzung vermutlich spucken würde) nutzt Sayles die Perspektive des Extraterrestriers, um den alltäglichen (und -nächtlichen) Irrsinn der Manhattaner Urbanität zu illustrieren. Berühmte New Yorker Akteure wie Giancarlo Esposito, Fisher Stevens oder Josh Mostel sind in Kleinstrollen als Verhaftungsopfer, Kartentrickser und Straßenverkäufer zu bewundern und runden Sayles' nahezu durchweg brillante, kaleidoskopartig gefasste Szenenanordnung ab. Einzig in den wenigen Aktionsszenen, deren Inszenierung ihm offenbar so fern liegt wie jede sonstige Form von Hektik auch, schwächelt der Meister. Hier wird's dann ungebührlich ungelenk bis albern. Aber: damit kann man, angesichts des formidablen Rests, überaus gut leben.

9/10

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Funxton

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