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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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HOLLYWOODLAND (Allen Coulter/USA 2006)


"Go on, I'm ready. Prove one fuckin' thing."

Hollywoodland (Die Hollywood-Verschwörung) ~ USA 2006
Directed By: Allen Coulter

Der als 'Superman' in einem TV-Serial zu Beliebtheit gelangte Schauspieler George Reeves (Ben Affleck) wird im Sommer 59 nach seinem Suizid in seinem Haus in Hollywood aufgefunden. Doch war es wirklich Selbstmord, oder steckt dahinter möglicherweise eine der Frauen aus Reeves' Leben? Die Mutter (Lois Smith) des Toten beauftragt den kleinen Privatschnüffler Louis Simo (Adrien Brody), sich auf die - von ihm medienwirksam gestaltete - Suche nach der Wahrheit zu begeben. Während dieser vergegenwärtigt sich der Detektiv seine eigenen Existenztrümmer.

Die schmutzigen Rätsel von Tinseltown - wer einmal Kenneth Angers zwei "Hollywood Babylon"-Bände gelesen hat, weiß um deren schillerndes Wesen. Morde, Selbstmorde, Sex-Skandale und Karrierebrecher, das golden- und silver age der Filmstadt war voll davon. Eines jener längst zu einer Art Meta-Pulp-Realität verklärten Mysterien ist der Selbstmord des Fernseh-Superman George Reeves, dessen wankelmütige Existenz vor seinem Ableben auch ganz andere Rückschlüsse zuließ. So wäre etwa die Affäre mit der älteren Produzentengattin Toni Mannix (Diane Lane) zu nennen, die sich in einem mehrfachen Eifersuchtsdrama auflöste, das sowohl Toni selbst als auch ihren als skrupellos berüchtigten Ehegatten Eddie (Bob Hoskins) sehr frustriert zurückließ. Außerdem seine geplante Ehe mit dem großmäuligen Starlet Leonore Lemmon (Robin Tunney), bei dem Reeves ohrenkundig wenig zu lachen hatte. "Hollywoodland", der ebenso mühelos wie geschickt zwischen seinen beiden Protagonisten hin- und herwechselt, enthält sich einer eindeutigen Interpretation der Ereignisse, liebäugelt aber doch mit der beruhigenden Auflösung, dass Reeves, zunehmend deprimiert von seiner abwärts deutenden Karriere, sich die Pistole doch selbst an die Schläfe gehalten haben könnte. Ob solcherlei De-Mystifikation dem alten Hollywood eher guttut oder schadet, liegt wohl im Auge des Betrachters. Coulters weitgehend gelungenen Film, der der von ihm porträtierten Ära so oder so neue Vitalität einhaucht, schadet sie jedenfalls überhaupt nicht. Der irreführende deutsche Titel ist derweil eine Beleidigung.

7/10

Allen Coulter period piece Hollywood Superman Kalifornien film noir


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TATORT - DER FALL SCHIMANSKI (Hajo Gies/D 1991)


"Ich hab' keinen Bock mehr."

Tatort - Der Fall Schimanski ~ D 1991
Directed By: Hajo Gies

Schimanski (Götz George) stolpert nun tatsächlich über seinen Schwanz, wie immer immer von Thanner (Eberhard Feik) weisgesagt. Infolge eines Campingplatz-Techtelmechtels mit der Politikergattin Nora (Maja Maranow) gerät Schimmi in eine böse Intrige, die ihn sein Renommee, seinen Job und schließlich sogar das polizeiliche Vertrauen in seine geistige Gesundheit kostet. Schließlich soll der "Ruhrpott-Rambo", wie in die Zeitungen zu nennen pflegen, sogar ermordet werden. Drahtzieher des Ganzen ist ein eurupaweit operierendes Drogenkartell, das zur Deckung seiner Geschäfte in Duisburg eine Stahlfabrik zu eröffnen plant.

Das Ende einer Ära nach bis dato 32 Auftritten als Kommissar der Kripo Duisburg (davon zweien fürs Kino und zweien als Gastcameos bei der Kollegin Odenthal): Ob Schimmi am Ende tatsächlich an seiner Dienstquittierung festhält, durften die bangenden Zuschauer damals vorläufig nicht mehr erfahren, denn "Der Fall Schimanski" bedeutete zugleich das Ende des wohl populärsten "Tatort"-Team. Am Ende wirft Schimanski symbolisch seinen längst zum Markenzeichen avancierten Anorak fort und juchzt danach wie von einer schweren Bürde befreit. Man mag sich denken, dass er ihn nie wieder anzieht. Götz George, gerade offen- und sichtbar tief in den Vorbereitungen zu seiner epochalen Rolle als Hermann Willié in Dietls "Schtonk", gibt nochmal alles für seine Fangemeinde, vermutlich in dem Bewusstsein, vorläufig selbst die Last der "Tatort"-Kosettierung ablegen zu können. Zudem wurde "Der Fall Schimanski" zu einer Art letztem Klassentreffen: Hajo Gies inszenierte, Dieter Bohlen schrieb den übelst bei Nick Cave abgeschauten und von Bonnie Tyler gesungenen Titelsong und sogar Schimmis Rockerkumpels aus "Zahn um Zahn" bekamen einen nochmaligen Auftritt. Und dicke Krokodilstränen meinerseits für den Abschied von meinem nach wie vor liebsten deutschen TV-Format.

8/10

Tatort Schimanski TV-Film Hajo Gies Ruhrpott Drogen Verschwörung


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TATORT - KINDERLIEB (Ilse Hofmann/D 1991)


"In was für einer Welt leben wir eigentlich?"

Tatort - Kinderlieb ~ D 1991
Directed By: Ilse Hofmann

Als Schimanski (Götz George) beim Eislaufen auf einem zugefrorenen See einbricht, entdeckt er im Wasser die Leiche eines kleinen Mädchens. Wie sich herausstellt, ist dieses mitnichten ertrunken, sondern zuvor an den Folgen sexuellen Missbrauchs gestorben. Zusammen mit Thanner (Eberhard Feik) findet Schimanski heraus, dass nicht nur das tote Mädchen, sondern auch sein älterer Bruder (Florian Dreyer) im Zusammenhang mit Missbrauchsdelikten polizeilich bekannt ist. Welche Rollen spielen jedoch die verschwiegene, verwitwete Mutter (Christine Merthan) und vor allem der gönnerhafte Krause (Wolfgang Reichmann)?

Hinein in den Sumpf von Missbrauch und Kinderpornographie. Immer wieder ein so sensibles wie delikates Thema, von Ilse Hofmann hinreichend behutsam angefasst und aufbereitet. Natürlich lassen sich die Bemühungen bestimmter Klischees hier und da im Zusammenhang einer Trivialisierung des Topos als Kriminalgeschichte kaum vermeiden. Dass der Täter am Ende etwa einmal mehr ein reicher Manager ist, dessen Geld und Einfluss seine perversen Neigungen zu großen Teilen deckeln können, dürfte etwa wohl eher eine realitätsferne Entschlüsselung darbieten. Interessant indes die Verbreitung kinderpornographischer Medien im Vergleich zum gegenwärtigen Zeitalter 2.0: Auf schwarzweiß kopierte, schlecht zusammengetackerte Heftchen oder FKK-Magazine aus Holland musste man damals zurückgreifen, wenn man nicht gerade persönlich Kontakt zu einem technisch gut ausgestatteten Täter oder Täterkreis hatte. Und heute?

9/10

Ilse Hofmann Schimanski Tatort TV-Film Winter Sexueller Missbrauch Ruhrpott


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TATORT - BIS ZUM HALS IM DRECK (Peter Carpentier/D 1991)


"Haben Sie nicht schon genug angerichtet?"

Tatort - Bis zum Hals im Dreck ~ D 1991
Directed By: Peter Carpentier

Während eines Zelturlaubs auf dem Land gerät Schimanski (Götz George) in einen Kleinkrieg zwischen der Familie Faber und den übrigen ansässigen Bauern. Als Schimanski den Veterinär Ascher (Max Herbrechter), der die Faber-Tochter Silke (Ilona Schulz) ehelichen will, ausgerechnet am Morgen seiner Hochzeit an einem Baum erhangen findet, alarmiert er Thanner (Eberhard Feik). Zusammen kommen die Ermittler einem Skandal um illegal verabreichte Hormone auf die Spur, der das Dörfchen in seinen Grundfesten erschüttert.

Moralische Gewissensfragen beginnen sich aufzutürmen, als Schimanski durch seine kriminalistischen Bohrungen die Existenz eines ganzen Dorfes ruiniert. Einst war er selbst Zeuge der Werksstilllegung in Rheinhausen und hatte dafür nur Verachtung gegenüber den Wirtschaftsmanagern übrig. Diesmal jedoch gilt es, ein Verbrechen aufzuklären, das, wie sich am Ende herausstellt, die Tat eines verletzten Eifersüchtlings und keinesfalls als Spurenlegung für etwas Größeres geplant war. Am Ende steht Schimanski vor den Trümmern einer kleinen, landwirtschaftlich organisierten Ortschaft, die demnächst ein Geisterstädtchen sein wird: Rheinhausen im Miniformat. Und dennoch möchte auch Schimanski gern, Luxusarsch hin oder her, sein Kalbsschnitzel irgendwie gern östrogenfrei genießen.

7/10

Schimanski Tatort TV-Film Peter Carpentier Dorf


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TATORT / POLIZEIRUF 110 - UNTER BRÜDERN (Helmut Krätzig/D 1990)


"Sowjetische Besatzungszone? Ich dachte, die kommen aus der DDR."

Tatort / Polizeiruf 110 - Unter Brüdern ~ D 1990
Directed By: Helmut Krätzig

Ein aus Ostberlin stammendes Mordopfer wird aus dem Duisburger Hafenbecken gefischt. Zusammen mit ihren Ost-Kollegen Fuchs (Peter Borgelt) und Grawe (Andreas Schmidt-Schaller) finden Schimanski (Götz George) und Thanner (Eberhard Feik) heraus, dass der Ermordete Kontakte zu einer obskuren Kunstschmuggler-Bande namens 'Gruppe Dürer' hatte. Hinter dieser verbergen sich Ex-Stasi-Mitglieder mit einem ganz speziellen Hang zum politischen Konservativismus, die aus staatlichen Enteignungen stammende Gemälde früherer Zonenbürger in den Westen verscherbeln, um damit ihre Verschwörungsideologie finanzieren zu können. Getarnt als Wessi-Playboys in Berlin-Ost ziehen Schimanski und Thanner bald die Aufmerksamkeit der Gruppe Dürer auf sich.

"Hand in Hand - vier Augen sehen mehr als zwei", singt Klaus Lage unverzagt aus dem Off dieses geradezu rührend um Toleranz bemühten, interdeutschen Krimis und beschreibt damit nicht seinen persönlichen Brillenträgerstatus, sondern dioe Tatsache, dass hier zwei berühmte Ermittlerduos aus Ost und West als Quartett agieren - mit jeweiligem Terrain-Austausch, versteht sich. Zunächst geht man zusammen in die Sauna, dann gibt es ein paar Misstrauensbekundungen und am Ende, nach geklärtem Falle, wird zusammen gutes Ruhrgebiets-Pils gesoffen, dass die Schwarte kracht, wie überhaupt einiges an Gebrautem und Gebranntem in "Unter Brüdern" verkonsumiert wird. In erster Linie bietet Krätzigs durchaus auf üblichem Duisburger "Tatort"-Niveau befindliche Film somit komische Szenen und geht wieder etwas ab von der eklatanten Schwarzfärbung der letzten Schimanski-/Thanner-Beiträge. Dennoch gibt es auch hier wieder deutliche Verbalkritik an systemischen Schwächen aus dem Munde des Hauptkommissars. Großartigst: Ulrich Thein als Polit-Psycho Dörfler.

8/10

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TATORT - SCHIMANSKIS WAFFE (Hans Noever/D 1990)


"War's das wert?"

Tatort - Schimanskis Waffe ~ D 1990
Directed By: Hans Noever

Während Schimanski (Götz George) zusammen mit seiner Freundin Renate (Caroline Schroeder) bei seinem Lieblingsitaliener Giovanni (Remo Remotti) an der Theke sitzt, kommen zwei Gangster (Herb Andress, Nellis Du Biel) in das Lokal. Im Hinterbereich entbrennt kurz darauf eine Schießerei, in die sich Schimanski einklinkt und in deren Gemenge er versehentlich Renate erschießt. Völlig entsetzt über diesen schweren Faux-pas legt er seine Waffe beiseite und versucht, dem Killerduo auf die Spur zu kommen, derweil der beharrlich schweigende Giovanni im Krankenhaus liegt. Als Thanner (Eberhard Feik) schwer verletzt, Giovannis Sohn (Martin Halm) ermordet und auch noch der geistig behinderte Erwin (Klaus J. Behrendt) in die Sache hineingezogen wird, geht Schimanski mit aller verbliebenen Härte gegen die Mafiosi vor...

Schimanskis Fälle gestalten sich gegen Ende der "Tatort"-Beiträge zunehmend von persönlicher Involvierung gefärbt und scheinen bereits auf sanfte Weise anzukündigen, dass der äußere Druck für den tatsächlich sehr sensiblen Polizisten allmählich zu groß zu werden droht. Mit dem in diesem Film traurig zelebrierten Niederlegen seiner Dienstpistole kündigt sich jedenfalls zugleich ein in nicht allzu ferner Zukunft befindliches Quittieren des Polizeidienstes an. Es ist so langsam aber sicher kein Geheimnis mehr - wenngleich Schimmi ein erfolgreicher Bulle ist, ist er keinesfalls für die Grünen gemacht. Schon beim vorherigen Fall war seinen genervten Worten zu entnehmen, dass er es langsam satt hat, für die Staatsgewalt in die Bresche zu bringen; nach seinen Erlebnissen in "Schimanskis Waffe" aber, die ihn seine Lebensabschnittsgefährtin, einen Freund und fast seinen Herzenskollegen kosten, beginnt man bereits um weitere Abenteuer des Gespanns Schimanski/Thanner zu bangen.

8/10

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TATORT - MEDIZINMÄNNER (Peter Carpentier/D 1990)


"Was ist? Kannst du nicht sprechen, oder hast du deine Zunge verschluckt?"

Tatort - Medizinmänner ~ D 1990
Directed By: Peter Carpentier

Schimanski (Götz George) versucht, Walter (Nikolai Bury), den infolge eines Schocks verstummten achtjährigen Sohn des bei einem Angelausflug ermordeten Pharma-Angestellten Jochen Bähr, aufzutauen, um von ihm etwas über die Täter in Erfahrung zu bringen. Als Walter gekidnappt wird, führt die Spur nach Rotterdam, wo Bährs Firma ihren Hauptumschlagplatz hat und Barbiturate nach Schwarzafrika verschifft.

Einer der besten Film der gesamten Reihe, gesegnet mit einem erstklassigen, knackigen Krimi-Buch und sowohl überaus witzigen als auch spannenden Momenten. Seinen dramatischen Höhepunkt erreicht "Medizinmänner" infolge einer halsbrecherischen Flucht Schimmis und seines Schützlings per Schlauchboot von einem Ozeanfrachter in der Nordsee; eine bestimmte Absage an die üblichen Formel-Interna in der deutschen TV-Krimi-Landschaft. Götz George erhält hier eine wunderbare Gelegenheit zu ungewohnt nuanciertem Spiel, das seiner bereits so etablierten Figur einige neue Facetten hinzusetzt. Ferner ist die Finalszene grandios, in der Schimanski sich eine kleine Privatrache erlaubt und den bösen Opiat-Schieber Schatz (Christoph Bantzer) von seinen eigenen Mittelchen kosten lässt. Ein wirklich schöner "Schimanski-Tatort" jedenfalls.

9/10

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TATORT - KATJAS SCHWEIGEN (Hans Noever/BRD 1989)


"I feel good. And you?"

Tatort - Katjas Schweigen ~ BRD 1989
Directed By: Hans Noever

Schimanski (Götz George) trainiert eine aus jugendlichen Outcasts bestehende American-Football-Mannschaft. Gesponsert und betreut wird das Team von dem großspurig auftretenden Bewährungshelfer und Manager Jannek (Ulrich Pleitgen), mit dem Schimmi sich jedoch gut versteht. Als einer von dessen Kollegen bei der Vereitelung eines Einbruchs zu Tode kommt, führt die Spur just zu den Football-Jungs und bald auch zu Schimanskis persönlichem Mündel, dem renitentenTommy Schaaf (Paul Cabanis). Als Tommy bei einem nächtlichen Treffen aus dem Hintergrund erschossen wird, macht man zunächst den armen Thanner (Eberhard Feik) für die Tat verantwortlich. Mithilfe der eher unfreiwilligen Unterstützung von Tommys Schwester Katja (Katja Riemann) findet das Duo jedoch den wahren Schuldigen...

Dass Schimmi als selbst aus dem "Milieu" Stammender ein großes Herz für straffällig gewordene Jugendliche und allgemein für freche juvenile Rotznasen hat, weiß man nicht erst seit diesem Fall. Zudem geht es hier einmal mehr um Persönliches. Sowohl der ermordete Polizist als auch die an der Tat Beteiligten, insbesondere Tommys Familie, als auch der etwas zu glatte Jannek sind gute Freunde von ihm. Als dann auch noch Thanner als möglicher Kindsmörder aus dem Affekt in den Fokus der fallspezifischen Ermittlungen gerät, wird die Sache für Schimanski nopch mehr zu einem emotionalen Spießrutenlauf als sie es ohnehin schon war. Entsprechend nachdenklich und in beinahe schon ungewohnt ratloser Pose begegegnet man dem sonst so souveränen Ruhrpottbullen in "Katjas Schweigen". Die Tatsache, dass Schimanski am Ende sogar dazu übergeht, Beweise zu fälschen um den eigentlichen Übeltäter dingfest machen zu können, gab seiner ja stets etwas kritisch beäugten Figur neuen, kontroversen Zünd- und Treibstoff.

8/10

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TATORT - BLUTSPUR (Werner Masten/BRD 1989)


"Immer ruhig bleiben!" - "Ich bin ruhig. Muss nur mal pissen."

Tatort - Blutspur ~ BRD 1989
Directed By: Werner Masten

Während Schimanski (Götz George) und Thanner (Eberhard Feik) sich tierisch darüber aufregen, dass sie als Mordkommissare irgendeinem windigen "Drachen-Exhibitionisten" hinterherspüren sollen, gerät der als "Schrottpole" bekannte Kleinkriminelle und Polizeispitzel Leszek (Vadim Glowna) in einen mitten im Ruhrgebiet ausgetragenen Konflikt zwischen Palästinensern und radikalen schiitischen Milizen. Leszek hat für die Palästinenser Blutkonservben aus Polen eingeschmuggelt, deren Übergabe ihre Gegner unbedingt verhindern wollen. Inmitten dieser Turbulenzen stoßen die Ermittler noch auf den windigen Ex-Zuhälter Freddie (Rolf Zacher) und dessen früheres "Pferdchen" Ela (Marita Marschall) - jetzt Leszeks Freundin...

Grandiose Auftritte von Zacher und Glowna beinhaltet dieser flott und trotz seines brisanten Themas höchst witzig gestaltete Schimmi-"Tatort" mit der verpflichtenden Seriennummer 222. Thanner gibt sich wie immer als intellektueller Herr der Lage uind faselt ständig etwas vom 'Libanon', derweil er seinem Liebchen, einer von einer noch recht pummligen Veronica Ferres gespielten Döner-Wirtin, mit seinem neuen japanischen Auto imponieren will. Die Schiiten sind derweil ähnlich abstrus dargestellt wie das Araber-Trio in Landis' "Into The Night": Fenster vom Mercedes herunter und mit den Kalshnikovs wild in alle Richtungen geballert, dass es nur so rauscht. Lohnt, wie immer.

8/10

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LONE STAR (John Sayles/USA 1996)


"Forget the Alamo."

Lone Star ~ USA 1996
Directed By: John Sayles

Sam Deeds (Chris Cooper), sheriff des texanischen Grenzstädtchens Frontera, bekommt es mit der eigenen Familienhistorie zu tun als mitten in der Wüste das Skelett des früheren, von allen gefürchteten Gesetzeshüters Charlie Wade (Kris Kristofferson) gefunden wird. Der einsame Sam, der nach einer langen Zeit außerhalb erst vor Kurzem wieder zurück nach Frontera gekommen ist, muss sich nunmehr dräuenden Fragen betreffs seiner eigenen Vergangenheit und Identität stellen, die noch eine ganze Reihe weiterer Einwohner der Stadt tangieren.

Meisterhaft gescripteter und montierter Ensemblefilm von John Sayles, der sich gleichermaßen als Polizeifilm und Neo-Western begreift, eine südstaatliche Kleinstadt mit all ihren totgeschwiegenen Geheimnissen porträtiert und mittels aller bedurften Gleichmut ein komplexes Beziehungs-Mosaik entwirft. Sayles belegt, dass die alten, geschichtsimmanenten Fragen betreffs Wahrheit und Legende so lange nicht zur Gänze beantwortet werden können, wie alle möglichen kleinen, staubigen Nester im Lande ihre ganz speziellen Pioniersagen um des Fortbestandes Willen benötigen. Somit steht "Lone Star" auch in direkter Ahnenreihe von Fords "The Man Who Shot Liberty Valance", in dem es genau wie in Sayles' Film um Lug, Trug und Vergangenheitsbewältigung in Form bewusster Geschichtsklitterung geht. Darüberhinaus verhandelt der Auteur noch auf höchst integre Art ethnische Platzbestimmungen, die an der Grenze Texas/Mexiko als ein Thema immerwährender Aktualität erscheinen: Indianer, Mexikaner, Weiße, Schwarze und deren Nachkömmlinge, teils längst nicht mehr ohne Weiteres einer Kultur zuzuordnen, finden sich oftmals in einen Frontalzusammenprall mit längst obsoleten Feindbildern involviert. Daraus, dass es neue Hoffnung und Arrangements mit dem Früher geben muss, um weitermachen zu können, macht Sayles keinen Hehl; selbst, wenn dies erst der Bewältigung moralisch höchst prekärer Slalomkurse bedarf.

10/10

John Sayles Grenze Texas Mexiko Ensemblefilm Rassismus Südstaaten ethnics





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Funxton

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