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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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DI YI LEI XING WEI XIAN (Tsui Hark/Hong Kong 1980)


Zitat entfällt.

Di Yi Lei Xing Wei Xian (Söldner kennen keine Gnade) ~ HK 1980
Directed By: Tsui Hark

Pearl (Chi Lin Chen), die emotional schwer gestörte, kleine Schwester des Polizisten Tan (Lo Lieh), ertappt die drei nerdigen Schüler Paul (Albert Au), Lung (San Lung Tin) und Ko (Law Che Biu) bei einer üblen Unfallgeschichte mitsamt Fahrerflucht und mischt sich danach auf zunehmend aufdringliche Art in die einstmals so behüteten Existenzen des Trios ein. Wechselseitiges Getrieze ist die Folge für alle Beteiligten. Der Bogen wird jedoch endgültig überspannt, als sich die seltsame Clique in die Geschäfte einiger waffenschmuggelnder Vietnam-Veteranen einmischt und einen Haufen japanischer Barschecks an sich bringt. Das lassen sich die brutalen Gangster nicht gefallen und es geht den Teens schwer ans Leder...

Tsui Harks dritter Film ist ein mit Worten nur schwer zusammenfassbares Höllenfeuerwerk, das sich, einem wilde Kapriolen vollführenden, eitlen Rodeogaul gleich, oftmals zu überschlagen droht, eigentlich jedoch stets Fasson und Form wahrt. Eine wüste Montage, unfassbare Gewalttätigkeiten, die die merkwürdige Mischung aus Teenagerdrama und hartem Gangsterfilm wie beiläufig eskortieren und eine garantiert nie vorhersehbare Storyentwicklung bleiben als die vorrangigen Impressionsfixpunkte im Kopf. Alles geschieht mit absoluter, dabei fast choreographiert wirkender Rasanz. Der sich anfänglich einstellende Eindruck des Anrüchig-Billigen, den der unter anderem aus Soundbits von "Dawn Of The Dead" und Jean Michel Jarres "Oxygène 4" zusammengefrickelte Score hinterlässt, wird ganz schnell wieder verdrängt durch die Vergegenwärtigung des unheimlichen Post-Aufwands, der bei der Fertigstellung des Films ganz offenbar vonnöten war. Alles andere als ein leichter Genuss, wie ich zunächst dachte, aber durchaus lohnenswert selbst für seltene Gäste im Fernostkino wie meinereiner.

8/10

Hong Kong Tsui Hark Teenager


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STINGRAY (Richard Taylor/USA 1978)


"Wassup, asshole?"

Stingray ~ USA 1978
Directed By: Richard Taylor

Just in Als (Christopher Mitchum) neuerworbener, feuerroter Corvette Stingray haben die Gangster Lonigan (William Watson) und Tony (Bert Hinchman) einige Beutel Heroin und eine viertel Million Dollar versteckt. Klar, dass sie das Zeug nun wiederhaben wollen und bald haben Al und sein Kumpel Elmo (Les Lannom) nicht nur die Ganoven samt ihrer durchgeknallten Chefin Abigail (Sherry Jackson) auf dem Hals, sondern auch noch den halben Staatspolizeiapparat.

"Stingray" gleicht in punkto Stil und Niveau etwa einem xxx-beliebigen, zweitklassigen Hinterhof-Porno jener Tage, bloß, dass die fetischistische Orientierung der Mise-en-scène hier bei kostengünstig choreographierten Karambolagen und Schusswaffen zu finden ist. Ansonsten kann man diesen, seine wesensimmanente Dummheit mit stolz geschwellter Brust vor sich hertragenden, schamlosen "Smokey And The Bandit"-Abklatsch getrost auf den benachbarten Schrottplatz verfrachten. Das einzig Aufhorchenswerte zwischen den "lustigen" Westerngitarren-Klängen und den durchweg inzestuös geschädigten Chargen, denen wohl irrigerweise jemand anvertraut hat, sie seien Schauspieler, sind die regelrecht eklizistisch wirkenden Gewaltausbrüche, in deren Zuge etwa alle fünfzehn Minuten einer in wohlfeiler Peckinpah-Manier durchsiebt wird. Wie kleine, dreckige Lesezeichen kommen diese Szenen mir im Nachhinein vor. Wer gern mal eineinhalb Stunden am Stück scheel grinsen möchte oder wen es nach einen Film verlangt, den man auch mit 4,4 Promille noch problemlos durchblicken kann, der sollte bei "Stingray" einen Blick riskieren. Alle anderen können's auch getrost sein lassen und ebenso glücklich sterben.

4/10

Richard Taylor car chase St. Louis Missouri Südstaaten Auto


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PANIC IN THE STREETS (Elia Kazan/USA 1950)


"Apologies to your mother, that's the second mistake she made."

Panic In The Streets (Unter Geheimbefehl) ~ USA 1950
Directed By: Elia Kazan

Bei der Obduktion eines infolge einer betrügerischen Pokerpartie getöteten Schiffsarbeiters (Lewis Charles) findet man heraus, dass selbiger unter einer aggressiven Form der Lungenpest litt und kurz darauf sowieso das Zeitliche gesegnet hätte. Dem Gesundheitsbeamten Clint Reed (Richard Widmark) und dem Polizisten Tom Warren (Paul Douglas) bleiben nur Stunden, um die mit dem Toten in Kontakt getretenen Personen, darunter vorrangig dessen Mörder, ausfindig zu machen, bevor eine Massenpanik oder gar eine Pandemie entsteht und mögliche Infizierte die Seuche ins ganze Land tragen.

Für "Panic In The Streets" verwebte Elia Kazan den klassischen film noir mit Elementen des SciFi- und Katastrophenfilms und baute mithilfe des MacGuffin um das tödliche Pestvirus eine typische Gangsterstory aus dem Rotlichtmilieu zu einer national bedeutsamen Affäre aus. Richard Widmark war hier unmittelbar nach "Night And The City" in einer fast schon als glorios einzuordnenden Heldenrolle zu bewundern. Als idealistischer Kleinfamilienvater, der im Laufe der Geschichte erfährt, dass sich ein weiteres Kind ankündigt und eminent wichtige Arbeit für einen Hungerlohn tut, gibt er ein liebenswertes buddy team mit dem knarzigen Paul Douglas ab. Auf der Gegenseite gibt es Jack Palance (damals noch als Walter Jack Palance kreditiert) in seinem Kinodebüt und dazu den stets sehenswerten Zero Mostel. Besonders Palance, dessen infolge schwerer Operationsnarben ohnehin kantige Gesichtszüge in Verbindung mit seiner merkwürdig ungeschlachten Statur und Gestik stets höchst einprägsam waren, ist als gieriger Kleingangster Blackie geradezu furchterregend. Erst aus der Parallelmontage der rast- und ratlosen, nach jedem Strohhalm greifenden Gesetzeshüter auf der einen und den einem Phantom nachjagenden Ganoven auf der anderen Seite bezieht "Panic In The Streets" sein hohes Maß an extensiver Spannung.

8/10

Elia Kazan New Orleans Pest Virus film noir


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NIGHT AND THE CITY (Jules Dassin/UK 1950)


"Harry is an artist without an art."

Night And The City (Die Ratte von Soho) ~ UK 1950
Directed By: Jules Dassin

Der Kleingauner, Nepper und Schlepper Harry Fabian (Richard Widmark) ist ein schmales Licht in der Londoner Unterwelt. Ständig verschuldet, von den meisten belächelt, nur von seiner gutmütigen Freundin Mary (Gene Tierney) heiß geliebt, befindet er sich meist auf der Flucht vor irgendwelchen brutalen Gläubigern. Als er bei einem Freistil-Veranstaltung zufällig der früheren Ringerlegende Gregorius (Stanislaus Zbyszko) und dessen Mündel Nikolas (Ken Richmond) begegnet, hat Harry mal wieder eine zündende Idee, die ihn leben lassen wird "wie Gott in Frankreich": Er plustert sich zum Konkurrenten des in seinen Kreisen gefürchteten Ringkampf-Veranstalters Kristo (Herbert Lom) auf, zugleich Gregorius' Sohn. Den naiven Alten und seinen Schüler ködert Harry mit dem Versprechen, ausschließlich Kämpfe im klassischen griechich-römischen Stil zu präsentieren. Schon bald jedoch bricht er die Abmachung und engagiert den brutalen Freistilkämpfer "Henker" (Mike Mazurki), der in Harrys Trainingskeller eine Katastrophe herbeiführt. Harrys Ende ist nunmehr beschlossene Sache, denn der rachedurstige Kristo setzt ein Kopfgeld auf ihn aus...

Großes Meisterwerk aus der originären Ära des Film Noir, wenngleich ausnahmsweise nicht in Kalifornien entstanden, sondern in London und damit zugleich eine Bereicherung für den klassischen britischen Gangsterfilm. Dassin entwirft ein ebenso lyrisches wie mitreißendes Porträt der Londoner Halbwelt zwischen Schmutz und Neonreklamen, zeigt die Diskrepanz zwischen Lebensrealität und großen Hoffnungen; den ewigen Drang danach, auszubrechen und irgendwo eine bessere Existenz zu beginnen, wenngleich die so gern verleugneten Wurzeln und letzten Endes auch die Determinante des Schicksals nur hier und nirgendwo anders liegen. Richard Widmark, der besonders in jungen Jahren ein ausgesprochen unsympathisches Gesicht aufsetzen konnte und daher in seinen ersten Filmen zumeist wahlweise als diabolischer Bösewicht ("Kiss Of Death") oder als Westentaschen-Gangster ("Pickup On South Street") besetzt wurde, liefert hier die definitive Charakterisierung des zum Tode verurteilten Verlorenen, an denen sich eine ganze Latte späterer, analoger Figuren zu messen haben wird. Widmark meistert die Gratwanderung der Evokation gegensätzlicher Emotionspole perfekt, weiß man doch nie, ob man diesen Harry Fabian bemitleiden, mit ihm fühlen, oder ihn wegen seiner idiotischen, impulsiven Aktionen, die selbst vor schlimmsten Auswirkungen nicht Halt machen, verabscheuen soll. Am Ende hilft einem einmal mehr die engelsgleiche Gene Tierney bei der Entscheidungsfindung.

10/10

London Unterwelt Kiez Ringkampf Jules Dassin film noir


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TRUE CONFESSIONS (Ulu Grosbard/USA 1981)


"Cut the crap. I don't have all day. It's been 20 years since my last confession. I had a lot of things to do."

True Confessions (Fesseln der Macht) ~ USA 1981
Directed By: Ulu Grosbard

Als sein Bruder Pfarrer Desmond (Robert De Niro) ihm bei einem Besuch in seiner Wüstengemeinde seinen baldigen Tod ankündigt, erinnert sich der Polizist Tom Spellacy (Robert Duvall) an 15 Jahre zuvor stattgefundene Ereignisse: Damals war Desmond hoch gehandelter Nachfolger des Kardinalbischofs (Cyril Cusack) von L.A. und eng vertraut mit den Machenschaften der Katholischen Kirche, die neben diversen kleineren Halblegalitäten auch krumme Grundstücksspekulationen und Paktierungen mit Gangstern wie dem Ex-Zuhälter Jack Amsterdam (Charles Durning) beinhalteten. Als eine Prostituierte (Missy Cleveland) ermordet und grausam verstümmelt aufgefunden wird, führt die Spur unter anderem zu Amsterdam, der nach wie vor unter dem Schutzbann der Kirche steht. Für den eifrig ermittelnden Tom gerät da selbst die Tatsache, dass ein Skandal um Amsterdam auch seinen Bruder zu Boden reißen könnte, zur Nebensache.

Grosbards meisterliich inszenierter Film, eine Art "Chinatown" im klerikalen Milieu, verhandelt eine ganze Reihe schwerer Themen, darunter die (um 1980 ohnehin sehr angegriffene) Rolle der katholischen Kirche als eine der Säulen des sozialen Gefüges, ihre Verantwortung zwischen Weltlichkeit und Geistlichkeit, sowie, davon tangiert, den tief verwurzelten Konflikt zweier Brüder, die um der Familienehre Willen immer wieder versuchen, miteinander auszukommen, deren jeweilige Grundsätze jedoch diametraler Natur und spinnefeind sind. Während Desmond über sein Streben als Emporkömmling hinaus längst vergessen zu haben scheint, welche ethischen Dogmen sein Amt beinhaltet, ist Tom sich selbst gegegenüber stets ehrlich geblieben. Desmond genießt größte gesellschaftliche Popularität, verkehrt in den höchsten Kreisen der Stadt und hat betreffs jeder politischen Entscheidung zumindest ein inoffizielles Wort mitzureden, derweil Tom sich zwar tagtäglich mit dem Abschaum der Straße abgibt, Etikette und falsche Rüstungen jedoch nicht nötig hat. Dieser lange schwelende Streit kulminiert schließlich, als sich erweist, wer tatsächlich am längeren Hebel sitzt und das selbst ein kleiner Skandal bisweilen immer noch von genug Einfluss ist, die Mächtigsten unter uns vom Sockel zu heben. Spannend!

9/10

Ulu Grosbard Los Angeles Brüder Kirche Verschwörung Prostitution


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DAS NETZ (Manfred Purzer/BRD 1975)


"Soll das etwa 'Nein' heißen?"

Das Netz ~ BRD 1975
Directed By: Manfred Purzer

Eine in Rom tätige, deutsche Prostituierte (Andrea Rau) wird ermordet - woraufhin sich der für das populistische Wochenblatt 'Questatore' tätige Klatschjournalist Emilio Bossi (Klaus Kinski) an die Zeugin Christa Sonntag (Elke Sommer) schmeißt und von ihr exklusiv alle Hinweise auf den Täter einfordert, ganz zum Unwillen des aufrechten Ermittlers Canonica (Heinz Bennent). Bei dem Mörder handelt es sich um niemand geringeren als den einsamen, lebensfrustrierten Literaten Aurelio Morelli (Mel Ferrer), der über den Misserfolg seines letzten Buches wahnsinnig geworden ist und bereits zwei Mädchen auf dem Gewissen hatte. Mit Absegnung seines Chefs lässt sich Bossi gegen fürstliches Entgelt Morellis Memoiren schreiben und liefern, um sie in seinem Journal veröffentlichen zu können. Durch sein egoistisches Vorgehen bringt Bossi jedoch erneut ein Mädchen (Susanne Uhlen) in tödliche Gefahr.

Eine seltsame, wenngleich als gelungen zu erachtende Mixtur aus deutschem Autorenkino und italienischem Krimi-Sleaze haben wir hier, vorzüglich besetzt und von seinen jeweils denkwürdig aufspielenden Darstellern getragen. Kinski und Ferrer, die leider nur wenige gemeinsame Szenen haben, balancieren die Geschichte zwischen sich wie zwei Magnetpole eine Stecknadel; auf der einen Seite der alternde, besonnen auftretende Hollywood-Star, dessen psychische Untiefen sich nur ganz sachte, den Schichten einer Zwiebel gleich, entblättern; auf der anderen das wieder einmal berserkernde deutsche Schauspielgenie, permanent rauchend und sich die oberen Schneidezähne befeuchtend rast er mit seinem roten Cabrio wie ein Irrer durch Rom, um seine neuesten Intrigen zu verknoten. Purzer scheint sich dabei, im Gegensatz zu einem Werner Herzog etwa, gezielt zu weigern, Kinskis Egomanie ein Forum zu bieten - sein Charakter ist bloß ein kleiner, schmieriger Hund, der am Ende mit seinen gemeinen Spielen auch noch durchkommt. Allerdings zuckt man regelrecht zusammen, als er von Bennent einmal ein paar Ohrfeigen kassiert und diesen daraufhin nicht gleich völlig zur Schnecke macht. Dazu passt der illustre Name Manfred Purzers, der in erster Linie als Autor zwischen allen Stühlen tätig war und selbst nur vier Filme inszeniert hat (von denen "Das Netz" der erste ist). Wie Purzers Gesamtschaffen lässt sich auch dieser spezielle Film bestenfalls sehr widerborstig in irgendwelche Schablonen pressen.

7/10

Manfred Purzer Hans Habe Rom Journalismus Serienmord


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NUMBER ONE WITH A BULLET (Jack Smight/USA 1987)


"Hi, Speed. How they hangin'?"

Number One With A Bullet ~ USA 1987
Directed By: Jack Smight

Die beiden L.A.-Detectives Barzak (Robert Carradine) und Hazeltine (Billy Dee Williams), Partner und beste Kumpel, versuchen mit allen Mitteln,dem nach außen hin ehrbaren Geschäftsmann DeCosta (Barry Sattels) dessen miese Drogengeschäfte nachzuweisen. Erst ihre harten, teils unkonventionellen Ermittlungsmethoden locken nicht nur DeCosta ins Freie, sondern legen zudem noch eine unerwartete Verbindung von ihm zur obersten Polizeietage offen.

Launiges Buddy Movie, mit dem die Cannon seinerzeit einmal mehr versuchte, sich gemächlich auch ins familientauglichere Genre-Segment vorzuwagen und eines der damals äußerst beliebten, schwarzweißen Buddy Movies unter kompetenter Regie abzuliefern. Der Film ist denn auch absolut ordentlich geraten, trotz vier Schreiberlingen (was normalerweise auf ein sehr inhomogenes Script schließen lässt; darunter war wohl auch James Belushi) mit Herz und lockerer Hand gefertigt und hier und da sehr komisch. Dies gilt auch für die hervorragende deutsche Synchronarbeit. Leider wurden die Bemühungen von Golan und Globus jedoch lediglich aufs Erbärmlichste vom Publikum honoriert, so dass man sich in der Folge flugs wieder aufs politisch unkorrekte Actionsegment verlagerte und noch einige harte Bronson- und Dudikoff-Filme nachlegte, bevor dann ein paar Jahre später endgültig Schluss war mit dem Studio. Heute kennt diesen Film mit seinem etwas sperrigen Titel leider kaum mehr jemand; eine DVD-Veröffentlichung wäre dennoch - oder vielleicht gerade deshalb - nachhaltig begrüßenswert.

7/10

Jack Smight Cannon Buddy Movie Los Angeles


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TATORT - SCHWARZES WOCHENENDE (Dominik Graf/BRD 1986)


"Ich hab' Zeit."

Tatort - Schwarzes Wochenende ~ BRD 1986
Directed By: Dominik Graf

Ein schwarzes Wochende für Schimanski (Götz George): Nachdem er Zeuge wurde, wie ein amoklaufender Geiselnehmer (Martin May) sich selbst mit einer Handgranate in die Luft gejagt hat, gerät er in die blutige Fehde der Möbelfabrikanten-Familien Möhlmann und Hencken, die mehrere Todesopfer fordert. Dabei ist der Auslöser des jüngsten, harschen Familienstreits eigentlich ein denkbar banaler...

Der erste von bislang zwei "Tatort"-Filmen, die Dominik Graf inszeniert hat. Sowohl in inhaltlicher als auch in inszenatorischer Hinsicht übersteigt "Schwarzes Wochenende" deutlich die bisherigen zwölf Duisburg-Beiträge der Reihe. Graf meistert die Gratwanderung zwischen einer Spiegelung des Innenlebens Schimanskis, der sich hier im Gegensatz zu seinem eher diametral charakterisierten Kollegen und Freund Thanner (Energhard Feik) als sehr angreifbar und verletzlich zeigt, wenn es um die Gewalt-Ausübung bei der Feld-Arbeit geht. Aus genau diesem Umstand bezieht "Schwarzes Wochenende" ja überhaupt erst Idee und Titel. Ingesamt gibt es nicht weniger als vier Mordopfer zu beklagen - deutlich mehr als gewohnt - und jedes einzelne davon nimmt Schimanski als weitere, persönlich eingeschätzte Fehlleistung nur noch umso mehr mit. "Das nächste Mal bin ich rechtzeitig zur Stelle," flüstert er nach der Entdeckung des gewaltsamen Todes von Vera Karpinski (Mariele Millowitsch) - und behält - Graf gesteht im zumindest das zu, vor dem endgültigen moralischen Rückgratbruch - Recht. Danach konnte dann alles wieder eine Spur entspannter und komplexitätsreduzierter angegangen werden. Zumindest bis zu Grafs erschütterndem 95er-Meisterwerk "Frau Bu lacht".

9/10

Dominik Graf Schimanski Tatort TV-Film Duisburg Ruhrpott Familie Fehde


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TATORT - DAS HAUS IM WALD (Peter Adam/BRD 1985)


"Du hast jetzt Funkstille, Kaffer."

Tatort - Das Haus im Wald ~ BRD 1985
Directed By: Peter Adam

Schimanski (Götz George) wird just in der Nacht vor einem Gerichtstermin, bei dem er als Hauptzeuge gegen einen Unterweltboss aussagen soll, von der mysteriösen Ulla Mangold (Christiane Lemm) in eine Stadtkneipe bestellt. Ulla bittet Schimmi um Hilfe bezüglich ihres Ehemannes, des Entrhüllungsjournalisten Michael "Mungo" Mangold (Nicholas Brieger): Dieser hat offenbar wichtige Beweise gegen die Machemschaften eines Kaffefahrten-Unternehmers gesammelt. Schimanski soll Ulla nach Hause zu begleiten, wo er die entsprechenden Unterlagen sichten könne. Im abgelegenen Haus der Mangolds angekommen, ist der Ermittler zum Dortbleiben und Übernachten gezwungen, denn Ullas Wagen springt nicht mehr an. Am nächsten Morgen fallen plötzlich Schüsse aus dem angrenzenden Wald. Zusammen mit dem Milchlieferanten Franz (Dominic Raacke) finden sich Ulla und Schimanski im Haus eingeschlossen und belagert, ohne die Möglichkeit der Kontaktaufnahme nach draußen. Glücklicherweise wird Thanner (Eberhard Feik) schon bald stutzig...

Ein recht ungewöhnlicher Beitrag zur Reihe, der hermetischen, kammerspielartigen Handlungsprämisse, des, mit Ausnahme der Parallel-Ermittlungen von Thanner, strikt eingegrenzten Schauplatzes sowie der überschaubaren Personalsituation wegen. "Das Haus im Wald" begreift sich als Hommage an all die großen Belagerungs-Filme des Kinos, von "Escape From Fort Bravo" über "Rio Bravo" und "Night Of The Living Dead" bis hin zu "Assault On Precinct 13": Eine unüberblickbare Anzahl fast durchweg anonymer Gegner wartet im Verborgenen, um die kleine "Heldenschar" der Eingeschlossenen wahlweise zu erpressen, zu dezimieren, oder gleich komplett auszuradieren - im Zweifelsfall alles drei. Hauptbösewicht in "Das Haus im Wald" ist ein gelackter, psychotischer Drogendealer namens Sonny (Andras Friskay), dessen überborderndes, größenteils improvisiert wirkendes Overacting genau den beabsichtigten Effekt erzielt: Man hat schlichtweg Angst vor seiner potenziell irrationalen Handlungsweise, seiner Unberechenbarkeit. Adams Film geriert sich deutlich spannender als das Gros der übrigen Schimanski-Tatort-Filme, was auch von immenser Bedeutung ist, da der sonst übliche, charakteristische Milieu-Effekt der Sub-Serie hier fast völlig außen vor gelassen wird. Da bedarf es anderer Reizauslöser, um den Zuschauer bei der Stange zu halten. In einer schönen Nebenrolle als Drogenfahnder dabei: Rolf Zacher.

8/10

Tatort Peter Adam Schimanski Duisburg Wald Belagerung TV-Film Drogen Heroin


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TATORT - DOPPELSPIEL (Hajo Gies/BRD 1985)


"Jetzt ma' langsam hier, Bruder..."

Tatort - Doppelspiel ~ BRD 1985
Directed By: Hajo Gies

Über den anscheinenden Selbstmord einer depressiven, jungen Frau stoßen Schimanski (Götz George) und Thanner (Eberhard Feik) auf die global existente Sekte "Kirche der Gemeinschaft", deren Stifter, ein Südkoreaner, in den Staaten lebt. Verteter der Gruppe im Duisburger Raum ist der gelackte Gassmann (Franz Buchrieser), der jede Beteiligung der Sekte am Tod der Frau leugnet und auch ihren gestörten Ehemann, den Makler Stark (Wolf-Dietrich Sprenger) in Schutz nimmt. Doch sind die Methoden der Sekte Schimanski nicht geheuer. Und siehe da: Bald stößt er hinter den Kulissen auf Drogen- und Waffengeschäfte. Zusammen mit der Aussteigerin Ann Silenski (Angelika Bartsch) kommt Schimmi Gassmann auf die Schliche.

Wenngleich das Mitte der Achtziger nochmal boomende Sektenwesen als periodisches Sujet eines Schimmi-Klassikers durchaus seinen Reiz besitzt, muss der Film zu den unausgereiftesten der Serie gezählt werden. Die Handlung wurde mühselig um das Sektenthema herumgestrickt und mit dem banalen TV-Krimi-Rahmen und illegale Deals kontextualisiert. Dabei konnte man es sich nicht verkneifen, der (akzentuiert) antikommunistischen Gruppierung ein intensives Martial-Arts-Training zu verordnen, wobei die entsprechenden Sequenzen wirken, wie aus dem Christian-Anders-Heuler "Brut des Bösen" abgeschaut. Da speziell Gies - man merkt es der oftmals desinteressierten Inszenierung deutlich an - "Doppelspiel" merklich wenig ernst nimmt und ihn scheinbar als Schnellschuss und/oder Abschreibungsproduktion begreift, bleibt sein Film bis auf ein paar mittelmäßige bis gute Gags, die sich vor allem aus dem respektlosen bis beleidigenden Umgang Schimanskis mit den Religionsheinis ergeben, eher farblos.

5/10

Tatort Schimanski TV-Film Hajo Gies Duisburg Ruhrpott Sekte





Filmtagebuch von...

Funxton

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