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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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LA MORTE NEGLI OCCHI DEL GATTO (Antonio Margheriti/I, F, BRD 1973)


"Too many books never did a woman any good."

La Morte Negli Occhi Del Gatto (7 Tote in den Augen der Katze) ~ I/F/BRD 1973
Directed By: Antonio Margheriti

Die Internatsschülerin Corringa (Jane Birkin) kommt auf das schottische Schloss ihrer Tante Mary (Françoise Christophe), wo zugleich ihre Mutter (Dana Ghia) zu Besuch ist. Mary ist nicht nur hoch verschuldet und sucht nach allen möglichen Wegen, das Geld für den Erhalt des Familienbesitzes aufzutreiben; ihr Sohn James (Hiram Keller) ist außerdem noch ein vorgeblich Wahnsinniger, der sich aus Spaß einen riesigen Menschenaffen im Käfig hält. Als es mit ihrer Mutter die erste Tote gibt, ist sich die arme Corringa zunächst überhaupt nicht sicher, wer hier nun eigentlich wirklich sein mörderisches Unwesen treibt: Ist es James, seine Mutter, der unurchsichtige Butler (Konrad Georg), oder vielleicht doch der zwielichtige Psychiater Dr. Franz (Anton Diffring) oder dessen undurchsichtige, bisexuelle Gespielin Suzanne (Doris Kunstmann)...?

Mit "La Morte Negli Occhi Del Gatto" verfolgt Margheriti mit ein wenig Verspätung die Linie der zunehmend zeigefreudigeren (und um diese Zeit bereits wieder zunehmend verschwindenden) Wallace-Verfilmungen: Ein modriges, altes Schloss in mooriger Landschaft mitsamt adligem Innenleben; ein komplett bizarr wirkendes Personeninventar, eine junge Unschuldige als Identifikationsfigur. Auf dieser Basis arbeitet sich "La Morte" denn auch recht annehmbar voran - eine durchweg ominöse und hirnverbrannte Dialogregie gehört allerdings ebenso dazu, wie das ebenso putzige wie zwecklose Unterfangen, das Ganze zu einem leidlich spannenden Whodunit aufzublasen. Erstens ist die am Ende aus dem Hut gezauberte Auflösung für den Rezipienten selbst mit kompetenster detektivischer Vorarbeit nicht zu entschlüsseln (wobei ich Fuchs dennoch ein paarmal über ebendiese Variante nachgedacht habe), zweitens verspielt der Film spätestens mit dem völlig redundanten Auftritt des schlecht kostümierten Darstellers im Affengewand (der Affe soll übrigens ständig als Orang Utan verkauft werden, sieht aber - wenn überhaupt - verdächtig nach einem Gorilla aus) jedwede Ernsthaftigkeit. Es bleibt eine naive, immerhin stimmungsvolle, kleine Trashgranate, die ihren letztlich einzigen Gewinn aus ihrem immerhin ansehnlichen Ensemble (Anton Diffring ist immer eine Bank, egal wo sie steht) bezieht.

5/10

Katzen Antonio Margheriti Schottland Schloss Giallo Europloitation Serienmord Affen


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MR. NICE (Bernard Rose/UK, E 2010)


"Any plainclothes policemen in here?"

Mr. Nice ~ UK/E 2010
Directed By: Bernard Rose

Nach einem Stipendium und erfolgreichem Studienabschluss in Oxford produziert sich der bereits seit längerem mit Marihuana liebäugelnde Howard Marks (Rhys Ifans) als Shitdealer, der bald einen gigantischen Markt mit global operierendem Netzwerk mitkontrolliert. Dabei unterstützt ihn unter anderem der soziopathische IRA-Terrorist Jim McCann (David Thewlis). Zudem genießt Marks einen besonderen Immunitätsstatus: Jedesmal, wenn er wegen seiner Dealerei mit dem Gesetz in Konflikt gerät, beruft er sich auf seine - tatsächlich existenten - Verbindungen zum britischen Geheimdienst. Irgendwann helfen ihm jedoch auch diese nicht mehr und Marks, der sich mittlerweile "Nice" nennt, wandert für mehrere Jahre in den Bau.

Eine jener typischen Filmbiographien schillernder, in den Sechzigern/Siebzigern/Achtzigern wirkender Outlaw-Gestalten, wie man sie bereits häufiger zu sehen bekam: Man erinnere sich an Ted Demmes mäßigen "Blow", Richets "Mesrine"-Filme, Refns meisterlichen "Bronson" oder jüngst Assayas' "Carlos". "Mr. Nice" von Bernard Rose (den ich seit seinem tollen "Candyman" gar nicht mehr auf dem Schirm hatte) fügt sich nahtlos in diese zwischen Zeitverklärung und vorgeblichem Kritizismus befindliche Filmphalanx. Dabei erscheint mir Roses Werk, wenngleich er einen durchaus schillernden Charakter porträtiert, weniger von inhaltlichem denn von formalästhetischem Wert. Rose, der "Mr. Nice" höchstselbst photographiert hat, verleiht selbigem durch nachträgliche Materialbearbeitung im Studio ein rundum authentisches Flair als Zeitdokument: Die Bilder wirken grobkörnig und wie leicht vergilbt von der Patina der Jahre, was der Atmosphäre des Films sehr zuträglich ist. Ansonsten schleppt er sich über diverse Strecken dahin, etwa, wenn uns einmal mehr versichert ist, was für ein verdammt netter Kerl Marks doch ist, wie er seine Familie und ganz besonders seine Kinder liebt etc.pp. Die besten Szenen gehören David Thewlis, der als wirrköpfiger, erznationalistischer und paraphiler Terrorist, für den Pornofilme, Dope und Geld in Wahrheit sehr viel wichtiger sind als aller Patriotismus, eine wahrliche grandiose Performance liefert.

7/10

Marihuana IRA period piece Drogen Biopic Familie Bernard Rose Gefängnis


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THE BIG SLEEP (Michael Winner/UK 1978)


"So many guns lately; so few brains."

The Big Sleep (Tote schlafen besser) ~ UK 1978
Directed By: Michael Winner

Philip Marlowe (Robert Mitchum) wird von dem alten General Sternwood (James Stewart) beauftragt, herauszufinden, wer ihn und seine beiden Töchter Charlotte (Sarah Miles) und Carmilla (Candy Clark) erpresst und womit. Marlowe stößt schon bald auf ein undurchdringliches Netz aus Lügen und Irrsinn sowie mehrere kleine und große Gangster, den windigen Joe Brody (Edward Fox), den ängstlichen Harry Jones (Colin Blakely) und den Casinochef Eddie Mars (Oliver Reed) mitsamt seinem Killer Canino (Richard Boone).

Nach Dick Richards' famosem "Farewell My Lovely" der zweite und letzte Auftritt Robert Mitchums als Philip Marlowe. Mitchum ist wie immer grandios, der Film ist es nicht. Dass Chandler sich relativ problem- und kompromisslos in die Gegenwart transponieren lässt, demonstrierte bereits Robert Altman mit seinem grandiosen "The Long Goodbye"; einen kapitalen Fehler begeht Winner jedoch darin, Marlowe seinen lokalen Wurzeln zu entreißen und ihn nach London und in die englische Provinz zu verfrachten. Zu Marlowe gehört schlichterdings Los Angeles und seine verkommene Unterwelt wie der Senf zum Würstchen, was besonders manifest wird angesichts der Tatsache, dass Winner sich an der Neuadaption eines bereits von Howard Hawks absolut vollkommen verfilmten Klassikers abarbeitet. Eindrucksvoll zeigt "The Big Sleep" zudem die Grenzen seines Regisseur auf: Sind seine zahlreichen Filme mit Charles Bronson wenn auch nicht durchweg meisterlich, so zumindest aber doch sehenswert, wirkt "The Big Sleep" nicht zuletzt ob seines bekanntlich höchst verwirrenden Handlungskonstrukts teilweise verloren und zerfasert. Die Verfilmung einer Marlowe-Geschichte bedarf einer stilsicheren, sensiblen Hand und nicht der eines inszenatorischen Rüpels wie Winner einer ist. Dafür gibt es zahlreiche Gastauftritte von teilweise fast vergessenen Altstars wie Richard Todd und Richard Boone, wobei letzterer mit seinen 61 Jahren reichlich steif daherkommt. Eine Schau ist außerdem die völlig hyperagierende Candy Clark, die sich - für den männlichen Betrachter - erfreulich offenherzig präsentiert. Insgesamt ein zwiespältiges Vergnügen.

5/10

Michael Winner Raymond Chandler Remake Philip Marlowe London England film noir neo noir hardboiled


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DER STEIN DES TODES (Franz Josef Gottlieb/BRD, LK 1986)


"Versprich mir, dass du gerecht handelst und nicht aus Rache." - "Manchmal ist Rache Gerechtigkeit."

Der Stein des Todes ~ BRD/LK 1986
Directed By: Franz Josef Gottlieb

Der in Sri Lanka lebende Jungarchitekt Kumar Cunningham (Albert Fortell) verliert seine Freundin Jane (Birte Berg) durch eine Überdosis Heroin, nachdem sie einem brutalen Heroindealer (Christian Anders) etwas zu dicht auf die Fersen gekommen ist. Kumars Rache folgt auf dem Fuße, doch dafür wird er prompt eingebuchtet. Die flotte Reporterin Merryl Davis (Heather Thomas) ahnt derweil nicht, dass ausgerechnet ihre sich seriös exponierende Tante Kris Patterson (Elke Sommer) hinter dem schmutzigen Heroingeschäft der gesamten Insel steckt. Kumar kann schließlich fliehen und mithilfe Merryls sowie der beiden Vietnamveteranen Brain (Brad Harris) und Hemingway (Siegfried Rauch) der Patterson und ihrem schmierigen Galan Gomez (Tony Kendall) den Garaus machen.

Eine Besetzung wie geradewegs aus dem siebenten Trashhimmel importiert konnte Franz Josef Gottlieb für sein von Atze Brauners CCC co-produziertes Urlaubsvideo mit farbenfroher Landesfolklore und Elefanten zusammentrommeln; leider fehlt es "Der Stein des Todes" im Endeffekt dennoch ein wenig an Kaltschnäuzigkeit und feste zupackenden Klauen. Man muss sich schon mit den sagenhaft dümmlichen Dialogen, einem selten ekligen Christian Anders, einer stets hauteng gewandeten Heather Thomas sowie dem sympathischen Duo Harris/Rauch zufrieden geben, wenn man auf eine lustige Dosis Pöbelentertainment einzustellen gedenkt. An einigen anderen, wohlfeilen Ingredienzien dieser Art Film mangelt es leider. Von dem familienfreundlichen Massenabfertigungsregisseur Gottlieb wäre aber ehrlich gesagt auch nichts wesentlich anderes zu erwarten gewesen. Außerdem hätte ein etwas blut- oder fleischwürstigerer Metteur-en-scène sicherlich nicht auf eine solch familiäre Darstellergruppe zurückgreifen können. Man muss sich also fragen, was einem letzten Endes lieber ist, respektive was auf der Habenseite verbleibt. Und das, so meine ich, ist nichtmal übel.

5/10

Drogen Sri Lanka Europloitation Franz Josef Gottlieb Heroin Rache


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FAREWELL, MY LOVELY (Dick Richards/USA 1975)


"To hell with polite drinking."

Farewell, My Lovely (Fahr zur Hölle, Liebling) ~ USA 1975
Directed By: Dick Richards

Der Privatdetektiv Philip Marlowe (Robert Mitchum) wird von dem bulligen Ex-Knacki Moose Malloy (Jack O'Halloran) beauftragt, sein Mädchen, eine gewisse Wilma, ausfindig zu machen. Nachdem Marlowe etwas im Trüben gestochert und eine katatonische Klappsmühleninsassin gefunden hat, glaubt er den Fall bereits abgeschlossen. Da bittet ihn der zwielichtige Marriott (John O'Leary), ihn bei der Übergabe einer kostbaren Jadekette zu eskortieren, was mit einem getzielten Nackenschlag für Marlowe endet - nicht dem ersten, denn Malloy ist mit Marlowes Entdeckung keinesfalls zufrieden und die verruchte Richtersgattin Helen Grayle (Charlotte Rampling) spielt auch keine unwesentliche Rolle in dem immer undurchsichtiger werdenden Dickicht aus Lügen und falschen Fährten.

Die späteren Siebziger hielten neben einigen anderen schönen Rollen auch zwei besondere Bonmots für Robert Mitchum bereit: Er durfte für den Produzenten Elliott Kastner den klassischen L.A.-Detektiv Philip Marlowe in zwei Neuverfilmungen von ursprünglich bereits in den Vierzigern adaptierten Chandler-Romanen interpretieren. "Farewell, My Lovely" von dem leider nur sehr geringfügig beschäftigten Dick Richards wurde dabei zu einem der schönsten unter den vielen period pieces der New-Hollywood-Ära, während Michael Winners eher auf TV-Niveau befindlicher "The Big Sleep" in vielerlei Hinsicht als zelluloidgewordenes Sakrileg gilt, nicht zuletzt, weil Marlowe hier urplötzlich in England agieren musste. Richards' Film jedoch hält en gros sämtliche Stärken bereit, die ein hartgekochter Detektiv-Krimi benötigt: Eine Großstadt, die in nachtschwarzer Kriminalität, moralischer Verworfenheit und Korruption zu ersaufen droht, ein herrlich kunterbuntes Figureninventar, eine schön unübersichtliche Story mit diversen Irrläufern und Sackgassen sowie eine bis in höchste Kreise reichende, diverse Menschen ihr Leben kostende Verschwörung. Schließlich wäre da ein Robert Mitchum, dessen Schaffenszenit faktisch seine gesamte Karriere hindurch anhielt. Im Gegensatz zu vielen anderen Stars der goldenen Ära, die ihr Renommee wahlweise im Suff ertränkten, in billigen italienischen Exploitern ihren letzten Hafen fanden oder ihr Talent zumindest an schwachbrüstige Katsatrophenfilme verscheuerten, blieb Mitchum stets 'state of the art', ließ sich auf New Hollywood ein und blieb ein Monster der wahren Coolness. "Farewell, My Lovely", dessen Script ihm einige köstliche Oneliner in den Mund legt, ist dafür Beweis genug.

9/10

New Hollywood neo noir film noir Verschwörung Remake Los Angeles Philip Marlowe Raymond Chandler Dick Richards period piece hardboiled


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SUSAN'S PLAN (John Landis/USA 1998)


"Paul's going to be all right." - "Shit!" - "Fuck!" - "Damn it!"

Susan's Plan (Die Again) ~ USA 1998
Directed By: John Landis

Susans (Nastassia Kinski) Plan, mithilfe einiger mehr oder weniger idiotischer Gehilfen (Billy Zane, Michael Biehn, Rob Schneider, Dan Aykroyd, Lara Flynn Boyle) ihren Ex-Mann Paul (Adrian Paul) um die Ecke zu bringen, um dann dessen großzügige Lebensversicherung zu kassieren, geht mit Pauken und Trompeten in die Hose. Kein Wunder, bei solch einer Vollpfostentruppe.

Lieber John,

ich möchte mich im Nachhinein herzlichst dafür entschuldigen, dass ich deinen während einer kommerziellen Dürreperiode entstandenen Film "Susan's Plan" gute zwölf Jahre lang allerorten schlecht gemacht und zerredet habe. Ich kann mich heutzutage über meine damalige Arroganz nur wundern und muss einige wohl mehr oder weniger unbrauchbare Ausflüchte bemühen, um mich überhaupt rechtfertigen zu können. Vermutlich war ich a.) einstweilen übersättigt von Filmen wie diesen, die ich manchmal vorschnell in die Ablage "Tarantino-Zögling" zu stecken geneigt war, hatte b.) noch den (leider wirklich miesen) "Beverly Hills Cop III" im Nacken sitzen und war diesbezüglich c.) nachhaltig beleidigt und somit d.) außer Stande, diesem neuerlichen, verschmitzten kleinen Rotzer von Film die gebührende Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen. Natürlich muss jeder darin Bewanderte auch in "Susan's Plan" den guten alten, höchst unikalen Landis-Humor wiederfinden, die duften Gastauftritte von Jeff Morris (der Bob von "Bobs Country Bunker") und Jake Steinfeld oder den Regie-Kollegen Randal Kleiser und Stuart Gordon beim Flachwitzreißen anhimmeln und deinen ausnehmend guten Frauengeschmack teilen. Gut, mit den (Alb-)Traum-Sequenzen hast du es vielleicht ein wenig zu gut gemeint, aber andererseits gehört die maßlose Übertreibung ja auch zu deinem speziellen humoristischen Arsenal und ist deswegen ein Obligatorium.
Ich habe jedenfalls just mal wieder überprüfen können, warum du einer meiner ewigen Lieblingsfilmemacher bist und verbleibe in aufrichtiger Zuneigung und Dankbarkeit,

Dein Funxton

8/10

Los Angeles Taranteenie Farce John Landis Hollywood Ensemblefilm


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UOMINI SI NASCE POLIZIOTTI SI MUORE (Ruggero Deodato/I 1976)


Zitat entfällt.

Uomini Si Nasce Poliziotti Si Muore (Eiskalte Typen auf heißen Öfen) ~ I 1976
Directed By: Ruggero Deodato

Die beiden einer Spezialeinheit angehörenden Polizisten Fred (Marc Porel) und Tony (Ray Lovelock) schießen grundsätzlich erst, bevor sie fragen. Jeder Gewaltverbrecher, der ihnen in die Finger kommt, wird kurzerhand vor Ort abgeurteilt und erledigt. Der Gangsterboss Pasquini (Renato Salvatori) jedoch entpuppt sich als härtere Nuss als die beiden gewohnt sind - gut, dass ihr väterlicher Chef (Adolfo Celi) ein wachsames Auge auf sie hat.

"Uomini Si Nasce Poliziotti Si Muore" ist genau das, was man in Ermangelung komparativen Vokabulars so gern als "Wahnsinn auf Stelzen" bezeichnet: Ein absolut rückhaltloser Bastard von einem Film, der nicht nur zynisch und beiläufig gewaltverliebt bis in die Haarspitzen ist und den Poliziottesco sozusagen bis auf die letzte denkbare Konsequenz herunterschält, sondern auch noch das Männlichkeitsbild des mediterranen maschillista böse ad absurdum führt. Wie jedes Genre hat ja auch der Actionfilm seine mehr oder weniger verhüllten Schwulenepen und Deodatos Film führt jene Liste ganz weit vorne mit an. Fred und Tony machen alles zusammen, heizen stets gemeinsam und eng umschlungen auf einer Enduro durch Roms Straßen (wobei Tony stets den Sozius belegt), hausen zusammen in einer Wohnung wie ein altes Ehepaar und baggern zum Schein die Sekretärin des Chefs mit schmierigen Sprüchen an. Als sich ihnen eine dralle blonde Nymphomanin (Sofia Dionisio) feilbietet, über die sie beide in geradezu verpflichteter Weise rüberrutschen, scheinen sie im Nachhinein eher angewidert denn glücklich und erledigen den "Job" im Prinzip sowieso nur, um ihrem Erzfeind Pasquini eins auszuwischen - die Begattete ist nämlich dessen Tochter. Ich weiß nicht, ob die zwei Süßen ein wenig an "Starsky & Hutch" gemahnen sollten, in jedem Fall ist dies bislang der erste und einzige (tatsächlich nicht nur latent) schwule Poliziottesco, den ich kennenlernen durfte. Eine ziemlich spezielle Erfahrung...

7/10

Buddy Movie Fernando Di Leo Europloitation Rom Ruggero Deodato Poliziottesco


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LA POLIZIA RINGRAZIA (Steno/I, BRD, F 1972)


Zitat entfällt.

La Polizia Ringrazia (Das Syndikat) ~ I/BRD/F 1972
Directed By: Steno

Der römische Commissario Bertone (Enrico Maria Salerno) hat alle Hände voll damit zu tun, der sich immer höher auftürmenden Verbrechenswelle in der Stadt Herr zu werden und gleichzeitig das öffentliche Bild der Polizei in den Medien zu präservieren. Als zeitgleich ein flüchtiger junger Raubmörder (Jürgen Drews) ein Mädchen (Laura Belli) kidnappt und immer wieder eine offenbar von höchsten Würdenträgern finanzierte Vigilanten-Organisation zuschlägt, wird Bertone mit dem Stress kaum mehr fertig.

Einer der ersten Poliziottesci, der mitbestimmend war für das Bild jenes nationalspezifischen italienischen Subgenres. Bevor die zunehmend actionbetonte Inszenierung dieser Filme begann, mehr und mehr in Exploitationgefilden zu wildern und sich dem nicht minder beliebten italienischen Gangsterfilm immer mehr anglich, bis nurmehr schwerlich eindeutige Trennlinien gezogen werden konnten und Helden wie Maurizio Merli, Henry Silva, Fabio Testi oder Franco Gasparri das Feld übernahmen, war noch der sozialpolitische Subtext vorrangiges Element und der Polizeifilm näher an den Politthrillern von Damiani und Petri. Es gab daher auch einen tapferen, zu Beginn noch allzu systemtreuen und verblendeten Staatsanwalt (Mario Adorf), der am Ende sozusagen die Heldenfackel weiterzutragen hat. Später ging es dann nurmehr darum, den unbestechlichen Polizisten als einsamen Stadtwolf und Superhelden zu verklären. Ganz interessant die Besetzung, die durchblicken lässt, dass an der Produktion auch der deutsche Dieter Geissler maßgeblich beteiligt war: Mario Adorf in einem seiner nicht mal seltenen Auftritte im italienischen Genrefilm der Siebziger hat es da und natürlich den Sonnyboy Drews in einem ungewohnten, gerade deshalb jedoch sehenswerten Auftritt.

8/10

Steno Poliziottesco Rom


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PERRAK (Alfred Vohrer/BRD 1970)


"Und das ist dann wohl der Beichtstuhl?"

Perrak ~ BRD 1970
Directed By: Alfred Vohrer

Kommissar Perrak (Horst Tappert) von der Hamburger Polizei muss den Mord an einem jungen Transvestiten (Art Brauss) aufklären. Als sich erweist, dass das Opfer sich nebenbei als Erpresser betätigt hat, vergrößert sich schlagartig der Verdächtigenkreis: Steckt womöglich der russische Diplomat Oblomov hinter der Gewalttat? Der brutale Gangster Kaminsky (Herbert Suschka)? Der undurchsichtige Manager Bottke (Werner Peters)? Oder gar der reiche Geschäftsmann Imhoff (Hans Schellbach)? Der unbestechliche Perrak lässt sich nicht beirren, selbst dann nicht, als sein Sohn (Georg M. Fischer) entführt wird, um ihn aufzuhalten...

Vier Jahre vor "Derrick" war erstmal "Perrak", und dass es mir da keine Verwechslungen gibt. Alfred Vohrer wagte sozusagen eine 'home invasion' in die maßgeschneiderten Arbeitsviertel von Jürgen Roland und Rolf Olsen und lieferte mit "Perrak" einen schön sleazigen Kiezfilm ab, der dem Rest Deutschlands mit staunend offenstehendem Mund vorführte, welche sexuellen Abartigkeiten im Rotlichtmilieu der Hansestadt auf dem Tagesplan stehen. Einen "pulvertrockenen Sittenreißer" versprach das Kinoplakat. Die Ex-Hure "Trompeten-Emma" (Judy Winter), mittlerweile zur Puffmutter aufgestiegen, ermöglicht in ihrem (Blankenesener?) "Heim der betenden Schwestern" allerlei Perversionen hinter gediegener Fassade: Von Rollenspielen über S/M bis hin zur Pädophilie gibt es hier einfach alles. Und dann die Drag Queens, die allenthalben ihre illustren Auftritte haben (Zitat eines Show-Besuchers: "Kaum zu glauben, dass das in Wirklichkeit ein Mann ist!"). Als "Perrak" dann die südprovinziellen Bahnhofskinos enterte, gab es somit für den ortsansässigen Bauern Dimpflmoser noch gehörig was zu lernen! Zwar hätte man sich auch über Curd Jürgens als "Perrak" gefreut, aber wer weiß, vielleicht wäre dem deutschen TV-Publikum dann eine künftige Legende erspart, äh, verwehrt geblieben. "Bimbo, hol' schonmal den Wagen!"

7/10

Kiez Alfred Vohrer Sleaze Hamburg


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KNOCK ON ANY DOOR (Nicholas Ray/USA 1949)


"Live fast, die young, leave a good-looking corpse."

Knock On Any Door (Vor verschlossenen Türen) ~ USA 1949
Directed By: Nicholas Ray

Der aus einem Elendsviertel stammende Anwalt Andrew Morton kennt ihn schon lange, den jungen Delinquenten Nick Romano (John Derek), der immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt gerät. Diesmal ist es jedoch ernst: Nick soll einen Polizisten erschossen haben; im Falle einer Verurteilung wartet die Todesstrafe auf ihn. Nick selbst beteuert derweil seine Unschuld. Ein weiteres Mal lässt sich Morton dazu hinreißen, einen von Nicks Fällen zu übernehmen, zumal er sich für den schiefen Werdegang des Jungen mitverantwortlich fühlt, seit dessen Vater wegen einer liderlichen Verteidigung durch einen von Mortons Kompagnons im Gefängnis sterben musste.

In seinem zweiten Film verfolgt Nicholas Ray die hohe Schule des Sozialdramas und versetzt seinem Publikum die gesellschaftskritische Injektion sozusagen intrakardial. Und sie funktioniert vortrefflich, diese Art der Milieuschilderung, in der einmal mehr Bogey als tapferer Anwalt (diesmal als Verteidiger) und unbestechliches Gewissen der Bevölkerung auftritt. Sein Schlussmonolog, einer der Väter aller filmgerichtlichen Schlussmonologe bzw. -plädoyers, ist in Inhalt und Darbietung von schneidender, bitterer Eloquenz, zumal sich ihm vorher praktisch das Blatt in der Hand gedreht hat. Am Ende muss alles mit anderen Augen gesehen werden, der unsympathische Staatsanwalt, der Fall, ja, das Leben selbst. Und auch Andrew Morton, der selbst das beste Beispiel dafür symbolisiert, dass am Ende jeder eine Wahl hat.

9/10

Biopic Courtroom Slum Los Angeles Nicholas Ray film noir





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Funxton

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