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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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SPONTANEOUS COMBUSTION (Tobe Hooper/ USA 1990)


"Burn, motherfuckers!"

Spontaneous Combustion (Fire Syndrome) ~ USA 1990
Directed By: Tobe Hooper

Erst als gesetzter Erwachsener findet Sam (Brad Dourif) heraus, dass sein ganzes Leben eine wohlfeil konstruierte Lüge ist. Tatsächlich waren seine Eltern (Stacy Edwards, Brian Bremer) vor 35 Jahren als Versuchskaninchen bei einer Atombombenzündung anwesend, die Mutter bereits hochschwanger. Kurz nach Sams Geburt kamen dann beide durch spontane Selbstentzündung ums Leben. Nun, als etablierter Hochschullehrer tätig und in einer scheinbar gesunden Beziehung lebend, muss Sam feststellen, dass er ein Mutant ist, der nicht nur selbst aus seinem Körper heraus Flammen schießen lassen kann, sondern der darüber hinaus auch pyrokinetische Kräfte besitzt, also weit entfernte Objekte durch reine Gedankenkraft in Brand zu setzen vermag. Für die Wissenschaftler-Clique, die Sam seit seiner Geburt beobachtet und lenkt, ein bedauerliches Faktum, denn Sam ist über diese Erkenntnisse alles andere als glücklich...

Was einem typischen Cronenberg-Stoff auf den ersten Blick sicherlich nicht unähnlich ist, entpuppt sich zumindest teilweise als idiosynkratisch inkompatibel mit den Filmen des Kanadiers. Immerhin ist Sam bzw. David, wie sein richtiger Name lautet, kein Resultat fehlgeleiteter chirurgischer oder pharmakologischer Experimente, sondern eine Art verfemte Superhelden-Antwort auf das Atomzeitalter, ein "X-Man" ohne die für die persönliche Stabilität notwendige peer group, sozusagen. Auch ein gutes inhaltliches Maß von Stephen Kings "Firestarter", respektive dessen Adaption durch Mark L. Lester hat Tobe Hooper für sein Script verwursten können, zumal ja auch die kleine Charlie gewissermaßen als Spielball für skrupellose Autoritäten herhalten muss und sich dafür grausam rächt. Im Gegensatz zu jenen popkulturellen Vorläufern verkraftet Sam selbst den Einsatz seiner Fähigkeiten jedoch weniger gut und verbrutzelt sich mit jedem weiteren Pyro-Akt stets ein bisschen mehr, bis hin zum Unausweichlichen. John Landis hat eine guest appearance erster Klasse bekommen, wenn er als genervter Radiotechniker als Erster die furchtbare Macht Sams zu spüren bekommt. Somit ist auch "Spontaneous Combustion" vielleicht am ehesten als spaßiger Schnack zu verstehen und weniger als bierenst zu nehmender Genrevertreter. Insofern kommt man sicherlich zumindest besser klar mit ihm.

5/10

Tobe Hooper Pyrokinese Atombombe Verschwörung


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INVADERS FROM MARS (Tobe Hooper/USA 1986)


"Don't worry, Son! We Marines have no qualms about killing Martians!"

Invaders From Mars (Invasion vom Mars) ~ USA 1986
Directed By: Tobe Hooper

Der kleine David Gardner (Hunter Carson) wird Zeuge einer nächtlichen Raumschifflandung hinter dem heimischen Grundstück. Nachdem sein bei der NASA tätiger Vater (Timothy Bottoms) am nächsten Morgen nach dem Rechten sieht, kommt er später seltsam verändert zurück und hat außerdem eine merkwürdige Wunde im Nacken. Als wäre dies nicht genug, nehmen immer mehr Personen in Davids Umfeld seltsame Verhaltensweisen an und weisen jene Nackenwunde auf; selbst seine ohnehin schreckliche Lehrerin Mrs. McKeltch (Louise Fletcher) gibt sich plötzlich noch viel schrecklicher als gewohnt. Nur die etwas einfältige Schulkrankenschwester Linda (Karen Black) steht David bald noch zur Seite. Der Junge findet bald heraus, was hinter dem häuslichen Sandhügel vor sich geht: Potthässliche Aliens vom Mars sind dort gelandet und treiben allerlei sinistres Zeug.

Dass Tobe Hooper ein glänzender Satiriker ist, der vielleicht nicht ganz das Kaliber eines Joe Dante oder John Landis erreicht, zumindest aber einen vortrefflich-speziellen Sinn für Humor besitzt, wird mir immer bewusster. Sein Remake des hübsch naiven Kalter-Kriegs-Klassikers "Invaders From Mars", das er zu deren Hochphase für die Cannon inszenierte, geht jedenfalls als ziemlich wilde Humoreske durch, die neben der a priori betont kindlichen Perspektive betreffs der geschilderten Ereignisse - (prä-)pubertäre Kids waren damals ohnehin die Abenteurer der Stunde, wie man sich erinnern wird - ein bisschen was von grimm'schen Märchenwelten mit sich führt und diese lustvoll mit modischem Horrortrash verbindet. So steckt "Invaders From Mars" voller Reminiszenzen nicht nur an die eigene Urquelle. Zudem standen Hooper einige hervorragende Spezialisten zur Seite, die ergänzend die audiovisuellen Aspekte überaus ansehnlich zu gestalten wussten: John Dykstra, Stan Winston und, wenn schon nicht Jerry Goldsmith, so zumindest mit Christopher Young dessen perfekter Kopist. Purstes Gold natürlich die Szene, in der Hunter Carson Louise Fletcher beim heimlichen Vertilgen eines Frosches erwischt und fast noch mehr deren entsprechende Reprise, wenn Louise Fletcher auf dieselbe Weise von einem Marsmenschen verschlungen wird (derweil dessen Gegenüber sich totlacht). Doch doch, den kann man schon liebhaben.

7/10

Tobe Hooper Cannon Remake Aliens Invasion Kind Militär


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SLAUGHTERHOUSE-FIVE (George Roy Hill/USA 1972)


"Hello. Farewell."

Slaughterhouse-Five (Schlachthof 5) ~ USA 1972
Directed By: George Roy Hill

Der Weltkriegsveteran und wohlhabende Firmenvorsitzende Billy Pilgrim (Michael Sacks) besitzt die Fähigkeit, inmitten seines eigenen Bewusstseins ohne Zeit- und Raumbarrieren umherzureisen. So kann es sein, dass er in der einen Sekunde in seinem Körper als alter Mann in der heimischen Villa steckt, nur um sich in der nächsten als junger G.I. hinter feindlichen Linien in den Ardennen wiederzufinden. Das bedeutet auch, dass Billy den genauen Zeitpunkt und die Umstände seines Todes kennt. Ferner sind Aliens vom Planeten Tralfamadore auf ihn aufmerksam geworden, die wie er, vierdimensionale Lebewesen sind und ihn daher mitsamt seinem Lebensbegleiter und Hund Spot und seiner heimlichen Lebensliebe, dem Pin-Up-Girl Montana Wildhack (Valerie Perrine) auf ihren Planeten holen, um dort in abgeschirmtem Areal eine Familie zu gründen.

Drei Jahre nach Erscheinen von Vonneguts monolithischem Roman "Slaughterhouse-5 or The Children's Crusade: A Duty-Dance With Death" machte sich George Roy Hill an dessen Verfilmung und schuf mit ihr ein vordringliches Meisterwerk der Literaturadaption. Hinter einer komplex-tragikomischen Biographie, die, angesiedelt in New Hampshire statt in Minnesota und vielleicht noch ergänzend angereichert mit einem Bären, in ganz ähnlicher Form später auch von einem John Irving hätte stammen mögen, verbirgt sich ein zutiefst involvierendes Antikriegs-Pamphlet (Vonnegut hatte die Bombardierung Dresdens tatsächlich als Kriegsgefangener in jenem städtischen Schlachthof miterlebt und beidem durch den Roman eine weitaus größere Öffentlichkeit eingetragen), und, ganz beiläufig und profan, der weise Ratschlag, sich auf die schönen, wertvollen, unwiederbringlichen Momente im Leben zu konzentrieren und die bösen, traurigen, verzichtbaren beiseite zu schieben. Dabei sind die Science-Fiction-Elemente durchaus diskutabel bzw. lassen sich als eine Art literarischer Katabolismus begreifen: Ob Billy Pilgrim nur wirklich das "Zweite Gesicht" und die Fähigkeit zur vierdimensionaler Flexibilität besitzt oder sich wie jeder alternde Mensch lediglich bildhaft an Vergangenes erinnert, ob Tralfamadore nun wirklich ein ferner Planet oder vielleicht doch bloß ein bewusstseinsverändernder Schmerzlöser ist, das alles spielt letzten Endes eine untergeordnete Rolle. Was "Slaughterhouse-5" bestimmt und so wertvoll macht, ist seine leise, aber umso unmissverständlicher vorgetragene Botschaft.

10/10

George Roy Hill Kurt Vonnegut Jr. WWII Ardennen-Offensive Dresden Minnesota Biopic period piece Aliens Satire Groteske New Hollywood


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Z.P.G. (Michael Campus/UK 1972)


"Baby! Baby!"

Z.P.G. (Geburten verboten) ~ UK 1972
Directed By: Michael Campus

In nicht allzu weit entfernter Zukunft greift die Menschheit zu einem letzten verzweifelten Mittel, um dem niederdrückenden Problem der Überbevölkerung Herr zu werden: Geburten sind auf Jahre hinaus verboten. Wer insgeheim dennoch ein Baby bekommt und entdeckt wird, wird umgehend und öffentlich zum sofortigen Erstickungstod verurteilt und hingerichtet. Für die beiden Museumsmitarbeiter Carol (Geraldine Chaplin) und Russ McNeil (Oliver Reed) ist der Wunsch nach Nachwuchs dennoch so stark, dass Carol sich schwängern lässt und ihren Säugling in einem Versteck bekommt. Durch Zufall bekommt das befreundete Ehepaar Borden (Don Gordon, Diane Cilento) Wind davon und besteht zunächst darauf, sich das Baby zu "teilen" um später, unter der Drohung, die Ereignisse zu melden, den kompletten Anspruch auf es zu erheben. Carol und Russ weigern sich jedoch und stellen sich ihrem Schicksal.

"Z.P.G.", die Abkürzung steht für "Zero Population Growth", ist inmitten der gewaltigen Welle an Dystopien jener Jahre etwas ins Hintertreffen geraten. Als gering budgetierter, englischer Produktion ist ihm wahrscheinlich bereits damals keine besondere PR-Kampagne zuteil geworden, dabei ist er nicht minder gräulich und warnhaft anzuschauen als ähnliche Filme wie "Fahrenheit 451" und "Soylent Green". "Z.P.G." bedient eine beinahe lückenlose Vielzahl dystopischer Szenarien und Albträume: Die Atmosphäre ist völlig verschmutzt, die Städte liegen in undurchdringlich-nebulösem Dauersmog und erlauben eine Bewegung außerhalb der kärglichen Appartements nurmehr mit Gasmaske. Letzte Pflanzen werden gehütet wie Schätze, frische Nahrungsmittel wurden längst durch synthetische ersetzt, die in genau abgezählter Kalorienabgabe ausgegeben werden. Um nur ja nicht den Wunsch nach vergangenen, überall als "ungesund" und "barbarisch" verleumdeten Genüssen zu wecken und die Sozietät zu affirmativen, gleichgeschalteten Zombies zu erziehen, beschränken sich die medialen Angebote auf Tele-Einkäufe, derweil soap-opera-ähnliche Szenen, so auch von den McNeils und den Bordens, live vorgespielt werden. Statt Freizeitparks gibt es heißbegehrte "Museen", in denen die Leute sich, oft erst nach monatenlanger Wartezeit, anschauen können, in welch abartiger Undiszipliniertheit ihre Vorgenerationen einst lebten. Die depressiven und/oder apathischen Senioren werden in eng abgeschirmten Wohneinheiten beherbergt; Nachwuchs gibt es lediglich in Form fabrikmäßig hergestellter Kinderpuppen. Die nicht genauer umrissenen, aber allgegenwärtigen Autoritäten besitzen eine nahezu lückenlose Überwachungsgewalt und indoktrinieren die Gesellschaft mittels pausenlos vermittelter, auditiver Botschaften.
Campus gelingt es, dieses Schreckensszenario so angemessen quälend und unerquicklich darzustellen, dass es noch lange nachwirkt. Insofern ein erstklassiger Lehrfilm über werdende Katastrophen und insbesondere für SciFi-Freunde 'not to be missed'.

8/10

Dystopie Zukunft Michael Campus Familie


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JOHN CARTER (Andrew Stanton/USA 2012)


"Did I not tell you he could jump!"

John Carter ~ USA 2012
Directed By: Andrew Stanton

Einige Jahre nach der Beendigung des Sezessionskrieges soll der junge Edgar Rice Burroughs (Daryl Sabara) das Erbe seines Onkels John Carter (Taylor Kitsch) in Empfang nehmen, der im Kriege als Captain der Konföderierten gedient hat und nun einem urplötzlichen, rätselhaften Tod erlegen, in seinem Mausoleum bestattet ist. Die Lektüre von Carters Tagebuch klärt Burroughs über die tatsächlichen Umstände um das "Versterben" seines Onkels auf: Von einer geheimen Höhle in Arizona aus wurde Carter im Zuge einer Fluchtaktion vor den Unionisten einst mithilfe eines außerirdischen Artefakts auf den Mars transportiert. Dort geriet er in die Wirren eines weiteren, lokalen Bürgerkriegs unter Beteiligung mehrerer Parteien: Der vierarmigen, archaisch lebenden Tharks, der humanoiden, fortschrittlicheren Bürger der Städte Helium und Zodanga sowie der rätselhaften Therns. Carter, der unter den atmosphärischen Bedingungen des Mars Superkräfte erlangte, gelang es damals im Zuge vieler Abenteuer, die verfeindeten Parteien zu befrieden, bevor er unfreiwillig wieder zurück zur Erde transportiert wurde.

Schade, dass "John Carter" so bös gefloppt ist, aber es ist offensichtlich so: Wenn effektvolles, teures Mainstreamkino einmal wirklich auf risikoreicher Basis und weniger einem kalkulierten Reißbrettmuster folgend entsteht, wird dies entweder, wie im vorliegenden Falle, gar nicht oder wenn, dann lediglich in Ausnahmefällen belohnt.
Stantons Film setzt sich ganz bewusst zwischen Stühle; er adaptiert eine rund einhundert Jahre alte, auf durchaus gewöhnungsbedürftigem Storykonstrukt fußende Pulp-Serie, lässt sich nicht eben unkompliziert folgen aufgrund des überfordernden Kontingents von Namen, Völkern und Beziehungsgeflechten, in das Carter auf dem Mars (oder, nach hiesiger Bezeichnung 'Barsoom') unversehens hineingeschubst wird und erfordert zudem den elementaren good will eines begeisterungsfähigen Publikums, sich bereitwillig auf jahrzehntealte Mythengeflechte und kindesbeinige Spinnereien einzulassen. Wenn CGI wie hier wenig selbstzweckhaft, sondern durchaus phantasievoll und das Gesamtkonzept unterstützend eingesetzt werden, dann habe ich ferner überhaupt nichts dagegen. "John Carter" hätte im besten Falle der Startschuss für ein schönes, neues Franchise geben können, steckt in der Geschichte um den schlussendlich freiwillig Gestrandeten doch noch massig Potenzial. Die Welt jedoch war offenbar anderer Ansicht. Und das ist verdammt schade.

8/10

Andrew Stanton Sezessionskrieg Edgar Rice Burroughs Mars Aliens period piece Pulp 3-D


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GOJIRA (Ishirô Honda/J 1954)


Zitat entfällt.

Gojira (Godzilla) ~ J 1954
Directed By: Ishirô Honda

Ein aus der Jura-Periode stammender, seit Jahrmillionen im Pazifik schlafender Urzeitdrache wird durch Atombombentests aufgeweckt und macht sich Richtung Japan auf. Die Ureinwohner nennen ihn nach einer alten Sage 'Godzilla'. Nachdem das Monster die Fischer-Insel Oto dem Erdboden gleich gemacht hat, bewegt es sich weiter Richtung Tokio, wo es im Zuge zweier Attacken nicht nur große Teile der Stadt niedertrampelt, sondern sich auch noch als Feuer zu spucken imstande entpuppt. Sämtliche Waffen vom MG über schwere Haubitzen bis hin zu Luftraketen stellen sich im Kampf gegen den Godzilla als wirkungslos heraus.Für die junge Emiko (Momoko Kôchi), die zwischen den beiden Galanen Serizawa (Akihiko Hirata) und Ogata (Akira Takarada) steht, gibt es somit nur eine Lösung: Sie muss, obschon sie anderes gelobt hat, Serizawas Geheimnis preisgeben. Dieser hat nämlich eine alles vernichtende Wunderwaffe, den 'Oxygen-Zerstörer', entwickelt, der, unter Wasser gezündet, sämtlichem organischen Leben die Grundlage entzieht und es binnen Sekunden skelettiert. Wenngleich Serizawa dieses Vernichtungswerkzeug nie einsetzen wollte, tut er es zum Wohle Japans dann doch - mit Erfolg: Der Godzilla und auch der sich opfernde Serizawa lösen sich in Wohlgefallen auf.

Dieser allererste "Gojira" hat, das weiß man, mit seinen nachfolgenden Inkarnationen wenig bis gar nichts zu tun. Was später zu einer - mir persönlich nicht besonders zusagenden - Zirkusnummer für Kinder und/oder Junggebliebene verkommen wird, ist in Hondas Erstbericht noch bierernster Monsterstoff. Als Warnung gegen den Missbrauch und generellen Einsatz von Atomwaffen begreift sich der Film, als Mahnmal gegen begangenes und noch folgendes Unrecht gegen Mensch, Gesellschaft und Natur. Godzilla ist noch kein knuffiges Gummimonster, das den Menschen je nach Laune auch mal den Tag rettet, sondern ein todbringender Höllenbotschafter, der, wo er geht und steht, Trümmer, Asche und bare Verzweiflung hinterlässt, stets von einer finsteren Aura umgeben scheint und aus dessen immer nur kurz zu erheischenden Augen handfester Wahnsinn zu sprechen scheint. Auch die 'intimen' Folgen seiner Attacken zeigt Honda - eine Mutter mit Kindern, die nicht rechtzeitig evakuiert werden konnte und zum Opfer der Bestie wird, verwaiste Kinder im Notkrankenhaus, ein mutiges Nachrichtenteam, das bis zur letzten Sekunde dokumentiert. Das Alles hat wenig von filmischem Katastrophentourismus und entspinnt sich, zumal im Verbund mit den eher trist gezeichneten Hauptfiguren um die zunehmend verzweifelte Emiko, als dräuendes Drama.

8/10

Ishirô Honda Monster Japan Tokio Godzilla Kaiju


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STRIDULUM (Giulio Paradiso/I, USA 1979)


"I couldn't kill a child, could I?"

Stridulum (Die Außerirdischen) ~ I/USA 1979
Directed By: Giulio Paradiso

Nachdem der superböse, interplanetarische Renegat Satin bereits vor Generationen unerkannt einige Erdenfrauen geschwängert hat, auf dass deren Nachkommen einst die Welt unterjochen mögen, wird sein alter Gegner und Verfolger Jerzy Colsowicz (John Huston) auf die kleine Katy Collins (Paige Conner) aufmerksam. Hinter diesem kleinen, blonden Engelchen verbirgt sich nämlich ein waschechtes Wechselbalg, das seine komplette Umwelt, allen voran seine verzweifelte Mutter Barbara (Joanne Nail), zu manipulieren versteht. Unter anderem wird, nachdem Katy die Querschnittslähmung der armen Mama verursacht hat, Detective Durham (Glenn Ford) auf das Mädchen aufmerksam, der jedoch nicht nur ein paar frechen Sprüchen Katys, sondern bald auch einem grauenvollen Unfalltod anheim fällt. Erst als Jerzy sich zu erkennen gibt, zeigt das Kind dann seine wahre Natur.

Einer der verrücktesten, wenn nicht der verrückteste Film, den ich in diesem Filmjahr erstmals bewundern durfte, ist Giulio Paradisos "Stridulum", nach dessen Genuss ich mich frage, warum er keinen viel weitflächigeren Bekanntheits- und Bewunderungsgrad genießt. Abgesehen davon, dass härtere Goreeffekte weitestgehend fehlen, bietet er nämlich alles auf, was großes Italo-Plagiatskino ausmacht: Da wäre zunächst die unfassbare Besetzungsliste anzuführen: Neben den erwähnten Huston und Ford geben sich Mel Ferrer, Shelley Winters, Lance Henriksen, Franco Nero und - unfassbar - Sam Peckinpah die Ehre teils sporadischer Auftritte, immerhin aber haben sie alle sich für den Film zur Verfügung gestellt. Produziert wurde der Schmarren von Ovidio G. Assonitis, der ja gern vor Ort in den Staaten arbeitete, zwei seiner Hauptdarsteller (Huston, Winters) gleich aus dem zuvor inszenierten "Tentacoli" mitbrachte (was durchaus auf reziproke Sympathien schließen lässt) und der mutmaßlich wohl hier und da auch mal auf dem Regiestuhl Platz nahm. Der Film schwelgt in erlesen Bildern Atlantas, der renommierte, bis heute aktive dp Ennio Guarnieri, der auch mit Lina Wertmüller, Zeffirelli und Fellini zusammengearbeitet hat, beweist ein großartiges Auge für Räume, Architekturen und weite Flächen. Die teils etwas (vor-)laute Musik stammt von Franco Micalizzi. Was nun all diese untadeligen Talente veranlasst haben mag, für ein solch krudes, offenbar mindestens im Halbwahn zusammengeleimtes Stück mit ganzem Elan einzustehen, das soll wohl zu den ganz großen Rätseln des Kino-Orkus gehören. Keine Frage, es macht viel, viel Spaß, "Stridulum" beim fortschreitenden Geistesverfall zuzusehen; es gibt Manches zu bestaunen, viel zu lachen und sogar zu bewundern. Grob gefasst setzt der Inhalt sich zusammen aus Versatzstücken und Elementen aus "Village Of The Damned", "The Bad Seed", "The Exorcist", "The Omen" und sicherlich noh einer Menge, die ich nicht gleich erkannt habe. Der somit erwartungsgemäß komplett zerfahrene Plot, der mit einem Prolog um Franco Nero als goldgelocktem Messias, der glatzköpfigen Alienkindern eine völlig hanebüchene Geschichte auftischt und sich mit fortlaufend stringenter Dramaturgie immer weiter verdeht, bildet ein zum gesamten Rest in krassem Gegensatz stehendes, eklektisches Zentrum.
Alles in allem ein Muss für jeden Italo-Heuler-Komplettisten, das ich mir gern noch oft anschauen werde und dessen deutsche (Münchener) Synchro großartig geworden ist: "Na schön, was hast du mir bis jetzt denn noch nicht erzählt, Katy?" - "Haben Sie einen Kugelschreiber?" - "Ja." - "Stecken Sie ihn sich in den Arsch."

8/10

Giulio Paradiso Ovidio G. Assonitis Georgia Atlanta Europloitation Kind Aliens Duell


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DEVIL'S PASS (Renny Harlin/USA, UK, RU 2013)


"What we're doing is right."

Devil's Pass ~ USA/UK/RU 2013
Directed By: Renny Harlin

Die US-Studentin Holly King (Holly Goss) begeistert sich für einen Zwischenfall im Ural, der sich 53 Jahre zuvor ereignete: Damals sind neun Bergwanderer, nach ihrem Führer 'Dyatlow-Expedition' benannt, auf unerklärliche, gewaltsame Weise auf einem Bergpass ums Leben gekommen. Die Umstände sind bis dato ungeklärt. Zusammen mit vier Kommilitonen reist Holly zum Unglücksort, um dort eine Film-Dokumentation über die Expedition zu drehen. Den Teilnehmertn wird bald mulmig: Riesige Barfußspuren finden sich im Schnee, merkwürdige, knallartige Geräusche sind zu vernehmen, in einer Wetterstation liegt eine menschliche Zunge. Und irgendjemand versucht offenbar krampfhaft, sie von weiteren Entdeckungen abzuhalten, auch unter Inkaufnahme ihrer aller Tode. Eine von außen verriegelte Stahltür im Berg schließlich scheint Aufschluss zu geben...

Mal etwas geringfügig anderes im Found-Footage-Bereich: Diesmal liegt der geschilderten Expedition kein fiktives, sondern ein reales Ereignis zugrunde. Die Dyatlow-Expedition hat es nämlich wirklich gegeben und die Umstände ihres Scheiterns und der Tode ihrer Teilnehmer sind tatsächlich so mysteriös, wie sie in Harlins Film dargestellt werden: Trotz der immensen Kälte erfroren einige, weil sie in ihrer Unterwäsche um ein Lagerfeuer saßen, andere wurden offenbar erschlagen, einem Opfer fehlte die Zunge, ohne, dass Spuren respektive Hinweise auf Kämpfe oder Angriffe äußerer Gewalten gefunden worden wären. Eine solche Geschichte gibt natürlich hinreichend Anlass zu Spekulationen und ganz gewiss auch zu einem Genrewerk im "Blair-Witch"-Stil. Selbiges kredenzt uns Renny Harlin, von dem, wie ich mal ganz vorlaut behaupte, schon seit einigen Jahren nicht viel Bedeutsames verlautbar wurde und der sich mit diesem stilistisch erwartungsgemäß kaum eklatanten Genrefilm zumindest mein Interesse zurückerobert hat. Ich entwickle ja zunehmend Herz für das Found-Footage-Segment und auch "Devil's Pass" konnte mich mitreißen, trotz einiger persönlicher Abstriche. Ziemlich toll, weil ziemlich wild fand ich die Auflösung am Ende, die in dieser Form wohl wirklich niemand erwarten kann, zumal im Prinzip alle sonstigen Spekulationen bereits im Vorhinein dramaturgisch abgetötet wurden. Weniger begeisternd die leider omnipräsente, etwas geschwätzige Protagonistin, die einer ihrer Mitreisenden mit der neunmalklugen Streberin 'Velma' aus der "Scooby-Doo"-Trickserie vergleicht und damit so ziemlich den Nagel auf den Kopf trifft. Auch die etwas sehr hektisch hingezauberten Creature-F/X im letzten Fünftel hätten im Idealfall noch einiger Optimierung bedurft, gehen aber infolge des Indie-Charakters des Streifens schon in Ordnung. Nicht übel.

7/10

Renny Harlin embedded filming found footage Russland Monster Experiment Independent Mockumentary


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WARNING SIGN (Hal Barwood/USA 1985)


"I warned you, Joanie!"

Warning Sign (Warnzeichen Gen-Killer) ~ USA 1985
Directed By: Hal Barwood

Die sich nach außen hin als agrarbiologisches Forschungszentrum gebende Firma 'Biotek' entwickelt hinter verschlossenen Türen in Wahrheit einen biologischen Kampfstoff. Als dieser infolge eines dummen Zufalls zum Ausbruch kommt, reagiert die besonnene Pförtnerin Joanie Morse (Kathleen Quinlan) sofort und riegelt das Gebäude hermetisch ab. Die zunächst an ein Versehen glaubenden Mitarbeiter finden sich schon bald eines Schlimmeren belehrt: Das Virus lässt seine Opfer zunächst unter starken Schmerzen zusammenbrechen und dann als mordlustige Wahnsinnige wieder aufstehen. Joanie, die seltsamerweise selbst immun gegen den Kampfstoff ist, hat alle Hände voll zu tun sich der umherstaksenden Irren zu erwehren, derweil ihr Mann Sheriff Morse (Sam Waterston) zusammen mit dem früheren Biotek-Mitarbeiter Fairchild (Jeffrey DeMunn) einen Weg in das Gebäude findet und ihr zur Hilfe eilt.

Eine inhaltliche Mischung aus "The Crazies" und dem unmittelbar zuvor geschauten "The Andromeda Strain", erreicht das Regiedebüt des vormals als Scriptautor aktiven Hal Barwood nie die Intensität seiner Vorbilder. Dafür erweist er sich hier und da dann doch als allzu ungeschlossen betreffs seines Gesamtbildes. Barwood vermisst es schlicht, klarzumachen, wohin sein Film eigentlich will; - eine exploitative Horrorgeschichte mit entstellten Wutzombies, eine Kritik an den Regierungsmachenschaften im Kalten Krieg oder schlicht der Versuch eines Katastrophenfilms? Irgendwie wohl alles davon und nichts so recht. Dann die vielen groben dramaturgischen Schnitzer: Die angerückten Nationalgardisten finden sich nicht in der Lage, gegen eine Wagenladung protestierender Farmer zu bestehen und riskieren eine kontinentale Krise, Morse und Fairchild schlüpfen recht problemlos durch ein offenes Treibhaus in das Biotek-Gebäude - warum schlüpft das Virus nicht einfach auch dort hinaus? Fragen über Fragen, deren Antworten der Film leider schuldig bleibt. Immerhin: Unterhaltsam ist er, gut besetzt und en gros irgendwie auch lohnenswert. Man sollte lediglich eine gute Portion Gutgläubigkeit als Rüstzeug mitbringen.

7/10

Hal Barwood Virus Utah


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THE ANDROMEDA STRAIN (Robert Wise/USA 1971)


"There's a fire, sir."

The Andromeda Strain (Andromeda - Tödlicher Staub aus dem All) ~ USA 1971
Directed By: Robert Wise

Eine Raumkapsel stürzt über der Kleinstadt Piedmont, New Mexico ab. Nachdem sie geöffnet wurde, dringt eine mikroskopisch große Spore aus, die sofort fast alle Stadteinwohner und Säugetiere tötet und sich auszubreiten droht. Nun greift 'Operation Wildfire', ein von dem Wissenschaftler Jeremy Stone (Arthur Hill) initiiertes Forschungsprojekt, das in einem virologischen Notfall sämtliche Vorkehrungsmaßnahmen trifft von der Analyse bis hin zur Vernichtung des Organismus. Stone und seine drei Mitarbeiter Dutton (David Wayne), Hall (James Olson) und Leavitt (Kate Reid) arbeiten rund um die Uhr in dem eigens angelegten, unterirdischen Komplex.

Die besondere Faszination von "The Andromeda Strain" liegt in seiner minutiösen, hochnüchtern-präzisen Aufbereitung der im Zentrum stehenden Ereignisse. Zwar gönnt sich Wise hier und da modische formale Spielereien wie split screen und clevere Spezialeffekte, bleibt ansonsten aber extrem konzentriert am Kern des Geschehens - nämlich der Sondierung des alsbald mit dem Codenamen 'Andromeda' versehenen, sich als extraterrestrisch herausstellenden Erregers, der zum Entsetzen seiner Entdecker das Blut seiner Opfer gerinnen lässt und zu Staub zersetzt. Wise müht sich wie schon Michael Crichton in seiner Romanvorlage erfolgreich, eine unnachgiebige Ernsthaftigkeit mit höchster dramatischer Spannung zu verknüpfen. Dafür bedarf es weniger ausführlicher Charaktersektion (viel erfährt man über das Kern-Quartett im Grunde nicht) denn einer ausführlichen Schilderung des Untersuchungsprozesses, der Entdeckung und Isolierung von Andromeda, seines Wirkungsgrades, möglicher Immunstoffe und schließlich seiner Unschädlichmachung, die um ein Haar mit einer Atomexplosion nebst katastrophaler Folgen einhergeht. Sehr dicht, somit ein feines Genrestück und einer von Wises Besten.

9/10

Robert Wise Michael Crichton Virus Nevada New Mexico





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