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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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FIELD OF DREAMS (Phil Alden Robinson/USA 1989)


"Is this heaven?" - "No, it's Iowa."

Field Of Dreams (Feld der Träume) ~ USA 1989
Directed By: Phil Alden Robinson


Der Ex-68er und jetztige Farmer Ray Kinsella (Kevin Costner) hört eine Stimme in seinem Mais, deren Geflüster er dergestalt interpretiert, dass er ein Baseballfeld anlegen soll. Kaum dass dieses fertiggestellt ist, läuft nicht nur der durch den berüchtigten 1919er Black-Sox-Skandal (der acht Spielern der Chicagoer White Sox wegen angeblicher Korruption das berufliche Genick brach) entehrte und 1951 verstorbene "Shoeless Joe" Jackson (Ray Liotta) dort auf, sondern gleich auch die sieben anderen Spieler. Doch damit nicht genug - Rays magische Aufträge gehen weiter...

Ein uramerikanischer Film um diverse uramerikanische Themen: Um die Rede- und Meinungsfreiheit geht es, um die Bastion Familie, darum, dass Iowa City ja irgendwie doch das Zentrum der westlichen Zivilisation sein muss. Und um Baseball natürlich. Der alte Schuld-und-Sühne-Topos um die versäumte Aussöhnung mit dem verstorbenen Vater steht zwar als Inspiration für das Finale parat, ist letztendlich jedoch bloße Ausflucht. Tatsächlich ist der ganze Film ein kaum verschleiertes, wenn auch recht schönes und weitgehend kitschbefreites Hohelied auf und um die Errungenschaften des land of the free. Mit James Earl Jones, der einen farbigen J.D. Salinger-Verschnitt spielt und Burt Lancaster hat Robinson zwei grandseigneurs des amerikanischen Kinos gebucht, die für die unverzichtbare Edelpatina des Stoffs zuständig sind. "Field Of Dreams" ist bei aller nicht unberechtigten Kritik wohl ein recht schöner Film, dessen implizite Naivität ausnahmsweise mal nicht als kalkuliertes Mittel zum Zweck erscheint, sondern sich aus der märchenhaften Geschichte um den Geist und die Geister des Baseball autogeriert.
Phil Alden Robinson hat bislang lediglich vier Kinostücke inszeniert (das letzte davon, die Clancy-Adaption "The Sum Of all Fears", 02), wovon allerdings nicht "Field Of Dreams", sondern "Sneakers" der beste ist. Momentan agiert er eher aus dem Hintergrund heraus. Schade eigentlich.

7/10

W.P. Kinsella Erwachsenenmaerchen Phil Alden Robinson Baseball Geister Iowa


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DRACULA (Tod Browning/USA 1931)


"I never drink... wine."

Dracula ~ USA 1931
Directed By: Tod Browning


Der Londoner Makler Renfield (Dwight Frye) kommt nach Transsilvanien, um dem Grafen Dracula (Bela Lugosi) die Verträge über den Kauf der Carfax Abbey zu bringen. Nichtsahnend gerät Renfield in die Fänge eines Vampirs, der sein Jagdgebiet auf die englische Metropole auszudehnen plant. Als Dracula, in London angekommen, die schöne Mina Seward (Helen Chandler) kennenlernt, ist es gleich um ihn geschehen. Nachdem er zunächst Minas Freundin Lucy (Frances Dade) zu einer Vampirin gemacht hat, erwählt er Mina zu seiner Braut für die ewigkeit. Doch Minas Verlobter John Harker (David Manners) und vor allem der Wissenschaftler Van Helsing (Edward Van Sloan) haben etwas dagegen.

Dem nach meinem Dafürhalten ungebrochen formidabel anzuschauenden Horrorklassiker, mit dem die Universal seinerzeit ihren berühmten Monsterzyklus vom Stapel ließ, wurde im Laufe der folgenden Jahrzehnte zuweilen vorgeworfen, er sei zu statisch gefilmt und verlasse sich allzu sehr auf Lugosis Präsenz, als dass er wirklich noch hinreichend schauerlich sein könne. Das ist natürlich nichts als neidische Makulatur. Mit "Dracula" heben Browning und sein dp Karl Freund etliche noch heute gültige Genremotive aus der Taufe und schöpfen archetypische Szenen und Bilder, die bis in die Gegenwart nahezu alle "Dracula"-, wenn nicht gar die allermeisten Vampirfilme zitieren. Die herrlichen Dekors mit ihren endlos scheinenden Treppen, die Spinnenweben, das Kleingetier und besonders die expressionistische Photographie sind allesamt nichts weniger als filmische Arrangements von Meisterhand. Dass die Fledermäuse zuweilen etwas albern aussehen, Charles Gerrard als Irrenwärter Martin (dessen Figur für einen humorigen Zwischenmoment für das schockierte Publikum zu sorgen hatte) eine im Grunde unverzeihliche atmosphärische Bremse darstellt und eine höchst seltsame Einstellung, in der eine Biene aus einem Minisarg klettert, kann man als vertretbare Patina-Erscheinungen verbuchen. Der Film im Ganzen ist und bleibt ein cineastisches Gedicht.

9/10

Karl Freund Universal-Monster Dracula Tod Browning London


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PICNIC AT HANGING ROCK (Peter Weir/AUS 1975)


"Everything begins and ends at the exactly right time and place."

Picnic At Hanging Rock (Picknick am Valentinstag) ~ AUS 1975
Directed By: Peter Weir


Südaustralien, im Jahre 1900. Ein Ausflug einiger Mädchen vom renommierten Appleyard-Internat zum nahe gelegenen Bergmassiv Hanging Rock endet katastrophal: Drei der Schülerinnen (Anne Lambert, Karen Robson, Jane Vallis) sowie eine Mathematiklehrerin (Vivean Gray) verschwinden spurlos, ein viertes Mädchen (Christine Schuler) bleibt völlig verstört zurück. Für die erzkonservative Schulleiterin Mrs. Appleyard (Rachel Roberts) bedeutet dieses Ereignis eine Katastrophe. Man beginnt zu reden, die Eltern fangen an, ihre Töchter von der Schule abzumelden, einige Kolleginnen nehmen den Hut. Mrs. Appleyard lädt ihren gesammelten Frust an der sensiblen, aus ärmlichen Verhältnissen stammenden Schülerin Sara (Margaret Nelson) ab, die mit den verschwundenen Mädchen befreundet war. Schließlich wird eine der drei (Robson) von einem unermüdlich suchenden Aristokratensohn (Tony Llewellyn-Jones) aufgespürt. Doch auch sie hat keine erklärung für die mysteriösen Ereignisse.

Dass Weirs prächtiges Sittengemälde mit allgemeiner Zustimmung in die Horrorecke gestellt wird, hat mir nie so ganz geschmeckt. Ich finde darin vielmehr ein mit einer durchaus magischen Konnotation versehenes Coming-of-Age-Drama über den zerstörerischen Einfluss der strengen, viktorianischen Autorität, in dessen Mittelpunkt eine ans Heroische grenzende Entscheidung steht. Drei (bzw. zwei) Mädchen und eine als streng logisch denkend bekannte Lehrerin durchbrechen die Zwänge der sie umgebenden Sozialgemeinschaft und bringen damit die Wände einer ihrer symbolischen Institutionen zum Wackeln und schließlich gar zum Einstürzen. Mit ihrem versammelten Verschwinden sorgen sie dafür, dass das stockkonservative Appleyard-College, für manche seiner Schülerinnen (wie die wegen fehlender Mittel gezielt ausgegrenzte Sara) wie ein Höllenvorhof anmutend, seine Pforten mittelfristig zu schließen hat. Dabei spielt auch das sexuelle Erwachen eine gewichtige Rolle: Mit dem Reifen zur Frau und damit zur erwachsenen Mündigkeit kommt der Ausbruchswunsch. Der Film ist voll von entsprechenden Hinweisen und Motiven. Ein besinnlicher, hochästhetischer Genuss, den ich zunehmend weniger als verstörend denn vielmehr als sehr luzid wahrnehme.

9/10

Peter Weir period piece Schule Coming of Age Australien


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AND SOON THE DARKNESS (Robert Fuest/UK 1970)


"What was that about 'meurt'?"

And Soon The Darkness (Tödliche Ferien) ~ UK 1970
Ditrected By: Robert Fuest


Die zwei jungen, englischen Krankenschwestern Jane (Pamela Franklin) und Cathy (Michelle Dotrice) wollen das französische Festland per Drahtesel erkunden. Nach einem kurzen Streit radelt Jane weiter zum nächsten Ort, während Cathy am Straßenrand ein Sonnenbad nehmen möchte. Bald beginnt Jane sich Sorgen zu machen, dann Cathy kommt nicht nach. Eine sich anschließende Suche bleibt ergebnislos. Weiß der sich als Sûreté-Beamter ausgebende Rollerfahrer Paul (Sandor Elès) womöglich mehr als er sagt? Was ist mit dem invaliden Vater (John Franklyn) des örtlichen Gendarms (John Nettleton) los? Und was verschweigt die alte Madame Lassal (Hana Maria Pravda)?

Am Interessanten an "And Soon The Darkness" fand ich die eigens für seine kompakte Erzählung entworfene Topographie; jede einzelne Sequenz spielt sich auf bzw. am Rande eines etwa fünf Kilometer langen Landstraßenabschnitts ab, an dem ständig und zumeist per Zweirad irrig hin- und hergefahren wird. Die gesamte Welt reduziert sich für die paar erzählten Stunden des Films sozusagen auf diese wenigen, von Grillenzirpen auditiv untermalten Meilen. Umso beunruhigender gestaltet sich die in nicht weiter Ferne harrende Aufklärung: Irgendwo hier, soviel ist spätestens nach der Hälfte des Films klar, muss sich die vermisste Cathy befinden. In welchem Zustand allerdings und aufgrund welcher Ursache sie dorthin gekommen ist, dass lässt Fuest so lange wie eben möglich im Dunkel des Ungewissen. Ein paar gravierende inhaltliche Logikschwächen, darunter das permanent völlig verblödete Verhalten der Protagonistin, trüben zwar ein wenig das Vergnügen am forcierten Rätselraten, bleiben aber noch halbwegs überschaubar. Insgesamt durchaus okay, aber nicht weltbewegend.

7/10

Robert Fuest Verschwinden Frankreich Fahrrad


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LADY IN WHITE (Frank LaLoggia/USA 1988)


"I won't harm you. Open the door!"

Lady In White (Die phantastische Reise ins Jenseits) ~ USA 1988
Directed By: Frank LaLoggia


Der erfolgreiche Gruselautor Frankie Scarlatti (Frank LaLoggia) erinnert sich an das prägende Erlebnis seiner Kindheit vor 25 Jahren: In dem verträumten Ostküstennest Willowpoint Falls treibt ein Kindermörder ein Unwesen, der bereits zehn Opfer auf dem Gewissen hat und bislang nicht gefasst werden konnte. Als Frankie (Lukas Haas) im Zuge eines Dumme-Jungen-Streichs am Vorabend von Halloween in der Klassengarderobe eingeschlossen wird, wird er Zeuge eines geisterhaften Schauspiels. Ein kleines Mädchen (Joelle Jacobi) wird ermordet und der höchst reale Täter vergreift sich hernach auch an Frankie, der jedoch rechtzeitig gerettet werden kann. Als Frankie herausfindet, um wen es sich bei dem Mädchen sowie bei einer die Klippen entlang weißen Geisterfrau (Karen Powell) handelt, ist es beinahe zu spät, denn auch der Mörder gibt sich unfreiwillig zu erkennen...

Nach der "Luzifer"-Pleite von neulich bin ich von diesem zweiten LaLoggia-Film regelrecht begeistert. All die Fehler und Anlasserprobleme seines Erstlings überantwortet der Regisseur und Autor mit "Lady In White" der Vergessenheit und schafft einen visuell überwältigenden, vor optischer Finesse aus allen Nähten platzenden Kleinstadt- und Kindheitsgruselfilm. Zwar mangelt es noch immer an inhaltlicher Ausgegorenheit, dafür ist LaLoggias Zweitling formal betrachtet deutlich konziser und überhaupt ein absolutes Gedicht. Zuweilen scheint es, als würde inmitten der gotisch angehauchten set pieces das dem Zeitkolorit geschuldete, alte Sechziger-Jahre-Technicolor wieder lebendig; die Herbstbäume leuchten vor azurblauem Himmel in knalligen Bonbon-Farben, der Nachthimmel funkelt wie eine Discokugel. Und die von LaLoggia selbst komponierte Musik mit all den Frauenchorälen und ihrem tonalen Bombast dürfte auch einen Danny Elfman mehr als zufriedenstellen. Darüber schert es sogar kaum, dass die offenbar autobiographisch gefärbte und insofern leicht übergebührlich stolz vorgetragene Story unwesentlich mehr bietet als ein romantisches Potpourri aus spielberg'schem Familienkonsens, "Poltergeist", "Ghost Story", "The Changeling", "Stand By Me" und der TV-Serie "The Wonder Years" (incl. Norbert Langer als Geschichtenerzähler in der deutschen Synchronfassung). Immerhin antizipiert "Lady In White" gewissermaßen auch spätere Genreklassiker von Burton bis Shyamalan. Somit lohnt sich der Film für jeden Freund des Genannten und wird mit seiner herrlichen Farbgebung vielleicht sogar Bava- und Argento-Fans berauschen. Mir jedenfalls ging es so. Und vielleicht sehe ich ja auch "Luzifer" beim nächsten Mal mit anderen Augen...

8/10

Frank LaLoggia period piece Kind Serienmord Familie Autor Geister


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THE SERPENT'S EGG (Ingmar Bergman/BRD, USA 1977)


"Through the thin membranes, you can clearly discern the already perfect reptile."

The Serpent's Egg (Das Schlangenei) ~ BRD/USA 1977
Directed By: Ingmar Bergman


Berlin, November 1923: Inflation und politische Orientierungslosigkeit machen das Leben in der Republik-Hauptstadt kaum angenehmer. Als sich sein Bruder umbringt, fällt der dem Alkohol zugeneigte Zirkusartist Abel Rosenberg (David Carradine) in tiefe Depression. Seine Schwägerin Manuela (Liv Ullmann) nimmt Abel bei sich auf. Zusammen ziehen die beiden in ein der Klinik des Professor Vergerus (Heinz Bennent) angegliedertes Appartment. Abel hat bald den Eindruck, dass im Krankenhaus nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Hinzu kommt, dass Kommissar Bauer (Gert Fröbe) Abel eröffnet, dass einige weitere gewaltsame Todesfälle aus seinem privaten Umfeld zu beklagen sind.

Bergman, damals steuerflüchtig, inszenierte unter den Produzenten Dino De Laurentiis und Horst Wendlandt diese bis heute unangemessen kritisch bewertete, faszinierend morbide Faschismus-Parabel. Angesiedelt im Berlin und in der Zeit von Döblin, Lang und Dix, in schummrigen Cabarets und absinthgetränkten Hurenhäusern lässt Bergman einen eigentlich stadtfremden, kafkaesken Protagonisten, ausgerechnet gespielt von David Carradine, durch die Szenerie stolpern und der zeitweisen Irrlichterei anheim fallen. Dass ebenjener Abel Rosenberg schlussendlich einer Verschwörung auf die Spur kommt, die in Umfang, Konsequenz und moralischer Verworfenheit an die Untaten eines Dr. Mabuse (an den ohnehin vielerlei Reminiszenzen vorhanden sind), erscheint nicht unbedingt Bergman-typisch, wie überhaupt der ganze Film eine leicht exotische Position im Schaffen des Filmemachers bekleidet. Das heißt jedoch nicht, dass man ihn hier nicht wiederfände, den großen Psycho-Tragöden. Verlorenheit, Angst, zerfließende Realitsgrenzen, das gibt es alles (auch) im "Schlangenei". Und dazu einen mad scientist. Wahrscheinlich mag ich persönlich "The Serpent's Egg" deswegen so gern.

8/10

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CAPTAIN CLEGG (Peter Graham Scott/UK 1962)


"This is my private inventory!"

Captain Clegg (Die Bande des Captain Clegg) ~ UK 1962
Directed By: Peter Graham Scott


Im 18. Jahrhundert: Die Leute eines englischen Moordorfes fühlen sich nicht ganz zu Unrecht ertappt, als der königliche Marine-Offizier Captain Collier (Patrick Allen) bei ihnen nach Schnapsschmugglern sucht. Tatsächlich scheint der örtliche Vikar Reverend Blyss (Peter Cushing) deutlich mehr zu wissen als er sagt. Stellt sich noch die Frage, welcher Herkunft die im Moor herumspukenden Geisterreiter sind und wieso der "Mulatte" (Milton Reid), der stumme Gehilfe Colliers, beim Anblick des Reverends dermaßen in Rage gerät.

Ein hübscher kleiner Abenteuerfilm der Hammer, der von Piraten über Moorgeister, knarrige alte Windmühlen, schaurige Vogelscheuchen und vollbusige Schönheiten (Yvonne Romain) so ziemlich alles auffährt, was die Produktionen dieses Studios ehedem so liebenswert machte. Neben Peter Cushing und Oliver Reed, der hier ausnahmsweise einen waschechten Helden zum Besten geben durfte, hat es noch Studio-Faktotum Michael Ripper in einer seiner schönsten Rollen und Fleischklops Milton Reid, letzterer von unverwechselbar ungeschlachter Physiognomie. Leider entpuppt sich der Geisteranteil der Geschichte am Ende als inszenierter Mummenschanz, ansonsten wäre "Captain Clegg" noch viel sympathischer geraten und hätte sich nebenbei als "Reitende Leichen"-Vorläufer rühmen können. So bleibt halt eben alles bodenständig-irdisch.

7/10

period piece Piraten Hammer Peter Graham Scott Alkohol Sumpf


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E TU VIVRAI NEL TERRORE - L'ALDILÀ (Lucio Fulci/I 1981)


"It'll take as long as it takes."

E Tu Vivrai Nel Terrore - L'Aldilà (Die Geisterstadt der Zombies) ~ I 1981
Directed By: Lucio Fulci

Die New Yorkerin Liza Merril (Catriona MacColl) erbt ein verfallenes Hotel im tiefsten Süden von Louisiana. Sie plant, das Gebäude trotz seiner unrühmlichen Vergangenheit - einst hat man hier den Künstler Schweick (Antoine Saint-John) grausam gelyncht - wieder aufzubauen. Doch schon bald überschlagen sich die Ereignisse. Ein Installateur (Giovanni De Nava) wird, als er die eingemauerte Leiche des im Keller eingemauerten Schweick entdeckt, von mysteriöser Hand dahingeschlachtet und steht kurz darauf wieder auf der Matte; ein blindes Mädchen (Cinzia Monreale) mit Schäferhund taucht auf. Mit alldem scheint ein altes Buch namens 'Eibon' verknüpft zu sein, das von 'sieben Toren des Schreckens' berichtet...

Fulcis Meisterstück, ein, wie Schifferle es so vortrefflich pointiert, "Film des tiefen Südens", in jeder Hinsicht. An einer schlüssigen oder stringenten Narration ist Fulci nur wenig bis gar nicht interessiert; stattdessen legt er Wert auf Atmosphäre, Assoziationen, Schauer- und Ekelgefühle. Die teils ominösen und fast redundanten Dialoge sowie die mitunter einfältigen Gore-Sequenzen gliedern sich auf seltsame Weise in den Kontext der großartigen, vor Ort entstandenen Kamerarbeit ein; mit dem gleichsam faszinierten und befremdeten Blick des Europäers bannt Fulci das tatsächlich von unaussprechlichen Geheimnissen umweht scheinende Louisiana auf seine Bilder und gleicht dem sogar die periphere Akustik an. Aus der Ferne hört man permanent die Nebelhörner der Mississippi-Raddampfer erschallen und das Zirpen der Sumpfgrillen - von Anfang an lässt sich erahnen, dass jeder Großstädter hier verloren sein muss. Fulci demonstriert hier so eingängig wie kaum jemand vor oder nach ihm (mit Ausnahme von Argento freilich), wie bezaubernd pure Leinwandpoesie und billiges, exploitatives Horrorkino miteinander harmonieren können, wenn man sie nur nahe genug aneinander heran lässt.

9/10

Hotel Splatter New Orleans Louisiana Europloitation Zombies Lucio Fulci


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THE BOX (Richard Kelly/USA 2009)


"I have quite a few employees."

The Box ~ USA 2009
Directed By: Richard Kelly


Virginia, 1976: Das Ehepaar Lewis erhält von einem Fremden (Frank Langella), der sich als Arlington Steward vorstellt, eine kleine Holzbox mit einem Druckknopf. Man habe 24 Stunden Zeit, diesen Knopf zu betätigen oder eben es sein zu lassen. In ersterem Falle bekomme man eine Million Dollar in bar und ein Unbekannter müsse sein Leben lassen. Zunächst scharwenzeln Norma (Cameron Diaz) und Arthur (James Marsden) ungläubig um das Kistchen herum, dann obsiegen jedoch Neu- und Geldgier. Als Arthur beginnt, dem Fremden nachzuspüren, nachdem dieser die Box wieder abgeholt hat, stößt er auf eine unheimliche Macht im Hintergrund, die womöglich indirekt etwas mit der Entsendung der Marssonde 'Viking' zu tun hat...

Richard Kelly macht wohl ein ähnliches Schicksal durch wie sein Kollege M. Night Shyamalan: Nach einem allerorten enthusiastisch zum Instant-Klassiker ausgerufenen Initiationsfilm genießen beide Autoren sozusagen kreative Narrenfreiheit, nur will unter zunehmendem Desinteresse entweder niemand mehr sehen, was sie fabrizieren oder das Publikum wendet sich im Nachhinein unverständig ab. Kelly scheint ja nun von der Apokalypse selbst besessen zu sein: Ständig müssen sich Kleinstadtmenschen in seinen Filmen ethisch orientierten Tests unterziehen, die irgendwelche übermächtigen Entitäten inszenieren und anordnen; unter Aufhebung jedweder physikalischen Schranken versteht sich. Die inhaltliche Prämisse mit dem Kistchen, das seinem "Mieter" eine hohe Geldsumme offeriert, so dieser nur bereit ist, einen unbekannten Menschen sterben zu lassen, stammt dabei nicht von Kelly, sondern von Richard Matheson bzw. dessen schon vor vierzig Jahren erschiener Kurzgeschichte "Button, Button". Die Fortführung der Story, in der eine scheinbar allmächtige Rasse von Aliens über das künftige Schicksal der sich als immer egozentrischer erweisenden Menschheit urteilt, ist indes auf Kellys Mist gewachsen. Die Frage danach, warum Fremde, die solch grausame Spiele treiben, überhaupt das moralische Recht zur Hybris haben, scheint mir allerdings nicht hinreichend konsequent zu Ende gedacht, ebensowenig wie die Tatsache, dass der - zumindest deutlich hervortretende - Bruch von der zunächst noch geheimnisvollen Mystery-Geschichte hin zur SciFi dem hypothetischen Kammerspiel "The Box" viel von seiner Faszination raubt.
Vielleicht wäre die Form des Kurzfilms in diesem Fall die bessere Wahl gewesen.

6/10

Apokalypse Richard Kelly Familie Richard Matheson Aliens


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SHERLOCK HOLMES (Guy Ritchie/USA, D 2009)


"Je ne suis pas pressé."

Sherlock Holmes ~ USA/D 2009
Directed By: Guy Ritchie


Nachdem der Meisterdetektiv Sherlock Holmes (Robert Downey jr.) und sein Partner Dr. Watson (Jude Law) den mordenden Kultisten Lord Blackwood (Mark Strong) festgenagelt und ins Gefängnis gebracht haben, tut sich eine geräumige Flaute in ihrem Berufsleben auf. Jene nutzt Watson dazu, seine Verlobung mit der hübschen Mary Morstan (Kelly Reilly) zu stabilisieren sowie seinen Auszug aus der Baker Street 221B vorzubereiten und die Holmes zu allerlei exzentrischen Experimenten nötigt. Als Lord Blackwoods Leiche kurz nach der Exekution aus ihrer Gruft verschwindet und Holmes' Verflossene, die Trickdiebin Irene Adler (Rachel MacAdams) aus der Versenkung auftaucht, warten gefährliche neue Herausforderungen auf das Heldenduo.

Mag Ritchies Jüngster auch keineswegs der aufregendste Mainstream-Film des letzten Jahres sein - ein heißer Anwärter auf den bestaussehenden ist er ganz gewiss. "Sherlock Holmes" verwöhnt sein Publikum über die ganze stattliche Distanz mit sepiafarbenen Bildern des viktorianischen London, das, ganz anders als etwa in der vorsätzlich dreckig gestalteten "Ripper"-Verfilmung "From Hell" von den Hughes Brothers, in altehrwürdigem Empire-Glanz erstrahlt. Zwar lässt sich erahnen, dass da eine Menge am Rechner nachbereitet wurde; doch die Aufnahmen von der im Bau begriffenen Tower Bridge oder des Westminster-Palasts sind von höchsten ästhetischen Gnaden und sollten jeden Liebhaber britischer Weltkultur zu begeistern wissen. Der Film selbst mit seiner dürftigen Story und diversen fragwürdigen Dramaturgie-Bausteinen verblasst angesichts seiner formalen Gnade allerdings sehr. Weder mag die deutlich in der Nähe von Alan Moores "League Of Extraordinary Gentlemen" positionierte, um Verschwörung und elitäres Sektierertum kreisende Geschichte ein zufriedenstellendes Maß an Spannung zu suggerieren, noch ist die Neudefinition von Holmes als drahtigem Prügelknaben, der seine Gegner mittels fundierter anatomischer Kenntnisse auf die Bretter schickt, von geringstem Reiz. Weder bereichert Ritchie die Tradition der Rathbone-Filme um einen bemerkenswerten Späteintrag, noch kratzt er am Sockel meiner beiden persönlichen Lieblings-Holmes-Verfilmungen (nämlich Fishers "The Hound Of The Baskervilles" & Clarks "Murder By Decree"). Da aber der Bucheinband nunmal nicht die Qualität seines Inhalts bestimmt, bleibt "Sherlock Holmes" für mich im - wenn auch oberen - Durschnittssegment.

6/10

London Sherlock Holmes England Guy Ritchie Victorian Age Verschwörung





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Funxton

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